Urteil des OLG Köln vom 19.11.1981

OLG Köln: anwartschaft, versorgung, ergänzung, rentenanspruch, abtretung, dienstverhältnis, schuldrecht, meinung, öffentlich, ehescheidung

Oberlandesgericht Köln, 25 UF 86/81
Datum:
19.11.1981
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
25. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
25 UF 86/81
Vorinstanz:
Amtsgericht Köln, 320 F 34/80
Tenor:
Die am 6. Mai 1981 bei Gericht eingegangene Beschwerde der
Antragsgegne-rin gegen das am 7. April 1981 verkündete Urteil des
Amtsgerichts - Familiengericht - Köln wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, daß die Versorgungsanwartschaft des Antragstellers
auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus seinem
Beschäftigungsverhältnis beim Bundesverband Bürowirtschaft , S. 69 ,
K. dem schuldrechtlichen Versorgsausgleich vorbehalten bleibt.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller 114
und die Antragsgegnerin 3/4.
G r ü n d e :
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Die Parteien haben am 18. März 1960 geheiratet. Der Antragsteller hat am 27. Februar
1980 einen Ehescheidungsantrag zustellen lassen.
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Die Antragsgegnerin ist niemals berufstätig gewesen und hat keine Anwartschaften auf
Altersversorgung erworben.
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Der Antragsteller hat in der Ehezeit Rentenanwartschaften bei der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Höhe von monatlich 876,70 DM
erworben, außerdem bei seinem früheren Arbeitgeber, der Hauptgemeinschaft des
Deutschen Einzelhandels e. V. , K
.
begrenzte, noch nicht laufende, nicht voll dynamische Arbeitgeberrente für Alter und
Invalidität, die bei Erreichen des 65. Lebensjahres zu einer Jahresrente von 23.097,36
DM führen wird.
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Am 31. Dezember 1978, also noch während der Ehezeit, hat der Antragsteller sein
Dienstverhältnis zu seinem früheren Arbeitgeber beendet, am 1. Januar 1979 ist er in
die Dienste seines heutigen Arbeitgebers getreten, des Bundesverbandes
Bürowirtschaft e. V. , K. Sein heutiger Arbeitgeber hat ihm eine neue, zusätzliche
Versorgungszusage erteilt, die am 1. August 1994, d.h. bei Vollendung des 65.
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Lebensjahres des Antragstellers, 2.293,23 DM monatlich betragen wird; diese
zusätzliche Versorgungsanwartschaft ist noch bis Ende 1988 verfallbar.
Mit Verbundurteil vom 7. April 1981 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Köln die Ehe
der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt; es hat vom Konto
des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin auf ein
für die Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin zu
begründendes Konto bestimmte Rentenanwartschaften übertragen und dem
Antragsteller aufgegeben, als Beiträge zur Begründung von Anwartschaften auf eine
Rente in bestimmter Höhe zugunsten der Antragsgegnerin an die
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin 25.706,96 DM zu zahlen. Die
Versorgungsanwartschaft des Antragstellers bei seinem heutigen Arbeitgeber ist im
ersten Rechtszug unbeachtet geblieben, das Familiengericht hat zu ihr keine Auskünfte
eingeholt und sie in Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils
gar nicht erwähnt .
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Gegen das Verbundurteil hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt mit dem
Antrag,
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unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung den
Versorgungsausgleich auch insoweit durchzuführen, als der Antragsteller in der
Zeit vom 1. Januar 1979 bis zum 31. Januar 1980 Versorgungsanwartschatten auf
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus seinem
Beschäftigungsverhältnis beim Bundesverband Bürowirtschaft, S. erworben hat.
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Wie die Besehwerdebegründung zeigt, geht die Antragsgegnerin davon aus, daß die
von ihr angesprochene Versorgungsanwartschaft bereits unverfallbar sei .
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Der Antragsteller hat beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Der Saat hat zu der in Rede stehenden Versorgungsanwartschaft Auskünfte eingeholt,
die das vorstehend bereits wiedergegebene Ergebnis erbracht haben.
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II.
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Die Beschwerde ist an sich statthaft, § 621 e Abs. 1 ZPO, sie ist form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden, §§ 621 e Abs. 3 Satz 2, 516, 519 Abs. 1 und 2 ZPO.
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Auch alle sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt.
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Insbesondere kann eine Beschwer der Antragsgegnerin nicht verneint werden. Sie
ergibt sich daraus, daß das Familiengericht einerseits zum Versorgungsausgleich eine
Entscheidung erlassen hat, die sich zumindest ihrem äußeren Anschein nach als
vollständig und abschließend darstellt, andererseits aber die hier in Rede stehende
Versorgungsanwartschaft nicht berücksichtigt hat. Angesichts dessen erscheint es nicht
ganz ausgeschlossen, daß - vor allem später, beim Eintritt des Versorgungsfalles - die
Auffassung vertreten werden könnte, über den Versorgungsausgleich sei bereits
insgesamt, endgültig entschieden worden, aus dem angefochtenen Verbundurteil
ergebe sich, daß die Versorgungsanwartschaft aus dem jetzigen Arbeitsverhältnis des
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Antragstellers nicht in den Versorgungsausgleich gehöre, und dies sei ein für allemal
rechtskräftig entschieden. Die Antragsgegnerin muß die Möglichkeit haben, dieser
Gefahr zu begegnen.
III.
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In der Sache ist das Rechtsmittel nur insoweit begründet, als in Ergänzung des
angefochtenen Verbundurteils ausgesprochen werden kann, daß die noch verfallbare
Versorgungsanwartschaft des Antragstellers aus seinem jetzigen Arbeitsverhältnis dem
schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten ist.
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Der Beschwerdeantrag der Antragsgegnerin ist unscharf gefaßt. Er läßt nicht erkennen,
in welcher Weise der "Versorgungsausgleich auch insoweit durchzuführen" sein soll,
als der Antragsteller die hier in Rede stehende Versorgungsanwartschaft erworben hat.
Wie die Beschwerdebegründung zeigt, hat die Antragsgegnerin - zu Unrecht - bereits
Unverfallbarkeit der fraglichen Versorgungsanwartschaft angenommen. Andererseits hat
sie ihre Beschwerde aufrechterhalten, obwohl der Senat ihr die von ihm eingeholten
Auskünfte mitgeteilt und sie so über die noch bestehende Verfallbarkeit der
Versorgungsanwartschaft des Antragstellers aus seinem derzeitigen Arbeitsverhältnis
unterrichtet hat. Der Senat geht daher davon aus, daß die Antragsgegnerin in jedem
Falle die für sie möglichst günstige Entscheidung erreichen möchte.
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Eine Einbeziehung der noch verfallbaren Anwartschaft auf eine betriebliche
Altersversorgung in den dinglichen Versorgungsausgleich kommt nicht in Betracht, für
Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die
im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch nicht unverfallbar sind, finden
vielmehr die Vorschriften über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich
Anwendung, §§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3, 1587 f Ziff. 4 BGB.
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Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldrente im Rahmen des schuldrechtlichen
Versorgungsausgleiches steht der Antragsgegnerin ebenfalls noch nicht zu, die Rente
kann vielmehr erst dann verlangt werden, wenn beide Ehegatten eine Versorgung
erlangt haben oder wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte eine Versorgung erlangt hat
und der andere Ehegatte wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwäche
seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine ihm nach
Ausbildung und Fähigkeiten zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder das
65. Lebensjahr vollendet hat, § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB.
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Auch für ein Feststellungsurteil des Inhaltes, daß die Anwartschaft auf betriebliche
Altersversorgung aus dem derzeitigen Arbeitsverhältnis des Antragstellers im Rahmen
des schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches auszugleichen sei, ist kein Raum
(Allgemeine Meinung, vgl. OLG Schleswig FamRZ 1981, 372; OLG Düsseldorf FamRZ
1981, 565 MünchK Rdz. 9 zu § 1587; Zöller Anm. 4 d zu § 623).
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Für eine derartige Feststellung fehlen derzeit sowohl die Grundlagen als auch ein
rechtsschutzwürdiges Interesse. Heute steht noch gar nicht fest, ob die noch verfallbare
Versorgungsanwartschaft des Antragstellers jemals zu einer unverfallbaren
Versorgungsanwartschaft erstarken wird; dies wird vom Fortbestand seines
Arbeitsverhältnisses abhängen, wozu sich heute nichts sagen Iäßt. Würde jetzt eine
Feststellung in dem eben erwähnten Sinne getroffen und würde das zur Zeit bestehende
Arbeitsverhältnis des Antragstellers, aus welchen Gründen auch immer, alsbald
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beendet, so wäre der Feststellung jedwede Grundlage entzogen. Außerdem ist auch die
Höhe einer der Antragsgegnerin demnächst zustehenden Ausgleichsrente noch
unbestimmt, vgl. § 1587 g Abs. 2 Satz 1 BGB. Fehlt es danach schon an den
tatsächlichen Voraussetzungen für eine Feststellung des eben erwähnten Inhaltes, so
gibt es für sie auch kein rechtsschutzwürdiges Interesse. Es ist der Antragsgegnerin
unbenommen, bei, Eintritt des Versorgungsfalles gemäß § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB
eine Ausgleichsrente zu fordern. Dieser ihr Anspruch ist unabhängig davon, ob heute -
vorweg eine ihn betreffende Feststellung getroffen. wird. Eine solche Feststellung wäre
insbesondere nicht geeignet, den Ausgleichsanspruch der Antragsgegnerin zu
verstärken oder sonstwie zu verbessern.
Nicht gehindert sieht der Senat sich jedoch an einem Ausspruch des Inhaltes, daß die
noch verfallbare Versorgungsanwartschaft des Antragstellers dem schuldrecht- lichen
Versorgungsausgleich vorzubehalten ist. Ein solcher Ausspruch erscheint schon
deshalb geboten, weil er geeignet ist, Klarheit zu schaffen. Anders als nach dem
angefochtenen Verbundurteil des Familiengerichtes kann es nun keinen Zweifel mehr
darüber geben, daß die erwähnte Versorgungsanwartschaft des Antragstellers im
jetzigen Verfahren gesehen und beachtet worden ist. Gleichzeitig wird jeder künftigen
Auseinandersetzung oder Unklarheit darüber, in welcher Form diese Anwartschaft in
den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist, der Boden entzogen: In bezug auf sie
scheidet ein Versorgungsausgleich nach §§ 1587 a ff. BGB aus. Sie kann nur
Gegenstand eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleiches gemäß §§ 1587 f ff. BGB
sein. Wenngleich ungewollt, so ist dies doch inzidenter auch schon vom Familiengericht
entschieden worden, welches den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich
durchgeführt und dabei die hier in Rede stehende Versorgungsanwartschaft eben nicht
berücksichtigt hat. Im Ergebnis trifft der Senat somit keine Entscheidung, welche von
derjenigen des Familiengerichtes abweichen oder sie in der Sache ergänzen würde. Es
geht, wie bereits erwähnt, nur um eine Klarstellung, die freilich dann naheliegt, wenn die
Parteien gerade über eine bestimmte Versorgungsanwartschaft streiten oder, wenn wie
im vorliegenden Fall, gerade ihretwegen ein Rechtsmittel eingelegt wird. Auf die
Rechtsbeziehungen der Parteien zueinander, insbesondere auf einen etwaigen
zukünftigen Rentenanspruch der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller hat die
vorliegende Entscheidung keinen Einfluß. Erst nach dem Eintritt des Versorgungsfalles,
wenn die Antragsgegnerin die Rente gemäß § 1587 g Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen
kann, wird im Streitfall darüber zu entscheiden sein, ob ihr überhaupt ein
Rentenanspruch zusteht, wie hoch - bejahendenfalls - die Rente zu berechnen ist, ob
etwa ein Ausschluß des Ausgleichsanspuches nach § 1587 h BGB in Betracht kommt ,
ob Raum ist für eine Abtretung der Versorgungsansprüche in Höhe der laufenden
Ausgleichsrente gemäß § 1587 i BGB usw. Eine Entscheidung hierüber wäre heute
noch gar nicht möglich .So kommt es zum Beispiel für einen Ausschluß des
Ausgleichsanspruches auf die Lebensverhältnisse der Parteien an, wie sie zukünftig
gegeben sein werden, vgl. § 1587 h Satz 1 Ziff. 1 BGB, oder darauf, ob der Berechtigte
nach der Ehescheidung bewirkt hat, das ihm eine Versorgung, die auszugleichen wäre,
nicht gewährt wird, vgl. § 1587 h Satz 1 Ziff. 2 BGB; eine Abtretung von
Versorgungsansprüchen setzt voraus, daß überhaupt ein Anspruch auf eine laufende
Ausgleichsrente besteht und daß deren Höhe bekannt ist.
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Nach alledem führt die Beschwerde der Antragsgegnerin nur zu der klarstellenden
Ergänzung der Entscheidungsformel des angefochtenen Verbundurteils dahingehend,
daß die noch verfallbare Anwartschaft des Antragstellers auf betriebliche
Altersversorgung aus seinem jetzigen Dienstverhältnis dem schuldrechtlichen
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Versorgungsausgleich vorzubehalten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Dem Senat erscheint es
angemessen, dem Beschwerdegegner ein Viertel der Kosten des
Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, da die Antragstellerin immerhin die eben
beschriebene Klarstellung erreicht hat und mit ihrem Rechtsmittel so nicht ganz erfolglos
geblieben ist.
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Streitwert für die Beschwerde: 1.OOO,-- DM.
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