Urteil des OLG Köln vom 03.12.1996

OLG Köln (geldstrafe, verhältnis, schuldspruch, stpo, stv, nachteil, strafzumessung, kommentar, bestand, schwere)

Oberlandesgericht Köln, Ss 585/96 - 197 -
Datum:
03.12.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
1. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
Ss 585/96 - 197 -
Tenor:
Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das
angefochtene Urteil im Strafausspruch mit den dazu gehörigen
Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an
eine andere Abteilung des Amtsgerichts K. zurückverwiesen.
G r ü n d e :
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Das Amtsgericht hat den Angeklagten "wegen Diebstahls geringwertiger Sachen" zu
einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 90,-- DM verurteilt.
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Zum Schuldspruch hat das Amtsgericht folgendes festgestellt:
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"Am 6.9.1995, also ca. einen Monat nach seiner letzten Verurteilung wegen Diebstahls,
entwendete der Angeklagte aus den Geschäftsräumen der Firma S. Markt in der V.
Straße in K. eine Packung Fischfutter zum Preise von 8,99 DM. Er kaufte andere Waren
und steckte das Fischfutter in eine mitgeführte Tasche und verließ nach Bezahlung der
anderen Ware die Geschäftsräume, ohne daß Fischfutter zu bezahlen."
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Im Urteil sind Vorverurteilungen des Angeklagten angeführt, zu denen das Amtsgericht
die jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte nicht mitgeteilt hat.
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Den Strafausspruch hat das Amtsgericht wie folgt begründet:
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"Zur Einwirkung auf den Angeklagten hält das Gericht diesmal letztmalig eine Geldstrafe
für schuldangemessen. Diese Geldstrafe muß jedoch fühlbar sein und muß in
Anbetracht der Tatsache, daß der Angeklagte kurz vor der Tat zu einer erheblichen
Geldstrafe verurteilt worden ist, auch höher sein als die letzte Geldstrafe. 120
Tagessätze erschienen schuldangemessen und sachgerecht. Bei den
Einkommensverhältnissen des Angeklagten erscheint der Tagessatz mit 90,-- DM
durchaus angemessen."
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Die (Sprung-)Revision des Angeklagten rügt Verletzung formellen und materiellen
Rechts.
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Das Rechtsmittel hat einen (vorläufigen) Teilerfolg.
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Was den Schuldspruch angeht, ist die Revision entsprechend dem Antrag der
Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu
verwerfen, weil die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
ergeben hat.
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Im Strafausspruch hat das angefochtene Urteil hingegen wegen materiell-rechtlich
unvollständiger Feststellungen zu den Vorstrafen des Angeklagten keinen Bestand.
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Wenn der Tatrichter Vorbelastungen zum Nachteil eines Angeklagten berücksichtigt,
muß er in der Regel auch die den einzelnen Vorverurteilungen zugrunde liegenden
Sachverhalte zwar knapp, aber doch so deutlich mitteilen, daß nachprüfbar wird, ob die
Vorstrafen im Hinblick auf ihre Bedeutung und Schwere für die Strafzumessung richtig
bewertet worden sind (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsentscheidung vom
15.3.1996 - Ss 29/96 und vom 29.10.1996 - Ss 538/96; OLG Frankfurt StV 1989, 155;
OLG Koblenz StV 1994, 291; vgl. auch Gribbohm in Leipziger Kommentar, StGB, 11.
Aufl., § 46 Rdnr. 158). Ohne eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem
Gewicht der Vortaten, das sich regelmäßig erst durch eine knappe
Sachverhaltsdarstellung erschließt, ist eine vollständige Strafzumessung zumindest
dann nicht möglich, wenn es um die Verhängung einer im Verhältnis zur äußerst
geringfügigen Diebesbeute empfindlichien Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geht. Gerade
in solchen Fällen bedarf es der besonders eingehenden Prüfung, ob die verhängte
Strafe in dem Rahmen liegt, innerhalb dessen sie noch als gerecht anerkannt werden
kann, oder ob sie bei Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Strafrahmens als
so unvertretbar hoch erscheint, daß dem Tatrichter ein offensichtlich grober Fehlgriff
vorzuwerfen ist (vgl. BGH NJW 1990, 846; Senatsentscheidungen a.a.O.;
Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO, 42. Aufl., § 337 Rdnr. 34 m.w.N.).
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Hier fehlt im angefochtenen Urteil die Mitteilung der den Vorverurteilungen jeweils
zugrunde liegenden Sachverhalte, so daß nicht überprüft werden kann, ob die im
Verhältnis zur äußerst geringfügigen Diebesbeute verhängte hohe Geldstrafe noch als
gerecht anerkannt werden kann.
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