Urteil des OLG Köln vom 15.09.2006

OLG Köln: geburt, scheidung, verzicht, rechtskraft, gefahr, vaterschaftsanerkennung, meinung, unterbrechung, sicherheit, einverständnis

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 196/06
Datum:
15.09.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 196/06
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 4 T 154/06
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 4.
Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 02.08.2006 – 4 T 154/06 – wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e
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I.
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Der Beteiligte zu 4. wendet sich mit seinem Rechtsmittel dagegen, dass der Beteiligte
zu 3. als leiblicher Vater des Kindes aufgrund des § 1599 Abs. 2 BGB im Geburtseintrag
beigeschrieben wird, wie das Amtsgericht entschieden hat. Der leibliche Vater hat am
10.08.2000 noch vor der Geburt des Kindes am 14.09.2000 seine Vaterschaft anerkannt.
Die Mutter des Kindes war zu diesem Zeitpunkt noch mit dem Beteiligten zu 2.
verheiratet. Die Eheleute hatten jedoch bereits im Oktober 1999 beim zuständigen
Amtsgericht die Scheidung beantragt. Der Scheidungsantrag war zum Zeitpunkt der
Geburt des Kindes anhängig. Nach Absprache zwischen den Beteiligten zu 1. und 2.
wurde am 13.10.2000 der Scheidungsantrag zurückgenommen, um eine wirksame
Regelung zum Verzicht der Beteiligten zu 1. auf ihren Rentenanspruch treffen zu
können, wie diese selbst vorgetragen hat. Am 17.10.2000 wurde der Scheidungsantrag
erneut eingereicht. Die Ehe wurde am 16.02.2001 – Rechtskraft seit 10.04.2001 –
geschieden. Die Beteiligten zu 1. und 2. haben der Beischreibung zugestimmt.
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II.
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Das zulässige Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet.
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Die Entscheidung des Landgerichts läßt keine Rechtsfehler erkennen (§§ 27 Abs. 1
FGG, 546 ZPO).
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Das Landgericht hat ausgeführt:
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"Die Kammer ist der Auffassung, dass die vom Gesetzgeber gewollte vereinfachte
Vorgehensweise des § 1599 Abs. 2 BGB hier anzuwenden ist. Denn der Sinn und
Zweck der Regelung liegt darin, die Zuordnung des Kindes zum Ehemann der Mutter
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bei kumulativem Vorliegen situationsbezogener und konsensbezogener
Tatbestandsmerkmale zu beseitigen, die die Geburt in der zur Scheidung führenden
Ehekrise, die Anerkennung durch den wirklichen Vater und das Einverständnis aller
Beteiligten umfassen (vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, 2004, § 1599 Rdnr. 86; MüKo-
Wellenhofer-Klein, BGB, 4. Aufl., § 1599 Rdnr. 43; zur analogen Anwendung der
Vorschrift bei Geburt des Kindes nach Rechtskraft des Scheidungsurteils, vgl. LG
Saarbrücken, StAZ 2005,18 f). Diese Voraussetzungen liegen hier .... vor. Das Kind ist
in der Ehekrise geboren. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass der bereits
lange vorher .... anhängig gemachte Scheidungsantrag aus formalen Gründen noch
einmal für wenige Tage zurückgenommen und dann neu erhoben worden ist. Den
Betroffenen war mit Sicherheit nicht klar, dass sie damit Gefahr liefen, die vereinfachte
Vaterschaftsanerkennung gem. § 1599 Abs. 2 BGB, zu der sie alles Erforderliche längst
rechtzeitig in die Wege geleitet hatten, wieder aus der Hand zu geben."
Diese Überlegungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. In dieser, – soweit für den
Senat erkennbar - bisher noch nicht obergerichtlich entschiedenen Frage schließt sich
der Senat der Meinung des Landgerichts an und nimmt zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses Bezug.
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Die formale Betrachtungsweise des Standesamtes vermag in dieser speziellen
Fallkonstellation nicht zu überzeugen. Entscheidend ist aus Sicht des Senats, dass das
Kind während des anhängigen Scheidungsverfahrens, das aus formalen Gründen für
einige Tage unterbrochen wurde, geboren worden ist. Denn der ursprüngliche
Scheidungsantrag wurde von den Beteiligten zu 1. und 2. nach der Geburt des Kindes
durch erneuten Antrag mit Eingang am 17.10.2000 in der Sache weiter verfolgt; auf
diesem beruht auch die später ausgesprochene Scheidung. Die aus rechtstechnischen
Gründen – wirksamer Verzicht auf Rentenansprüche – erfolgte Unterbrechung des
Scheidungsverfahrens führt im vorliegenden Fall, in dem die Beteiligten ihr Anlagen mit
dem zweiten Antrag unverändert fortgeführt haben, nicht dazu, dass von zwei
verschiedenen Scheidungsanträgen bzw. -verfahren auszugehen ist. Nur so kann der
mit der Neuregelung beabsichtigte Zweck, wie ihn das Landgericht dargelegt hat,
erreicht werden.
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Mithin bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, § 11 KostO.
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