Urteil des OLG Köln vom 16.09.1996

OLG Köln: mahnung, anschrift, muster, exemplar, akteneinsicht, briefkasten, besitz, form, zugang, wahrscheinlichkeit

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Tenor:
Oberlandesgericht Köln, 5 W 58/96
16.09.1996
Oberlandesgericht Köln
5. Zivilsenat
Beschluss
5 W 58/96
Landgericht Köln, 23 O 448/95
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte Beschwerde ist in der Sache nicht
gerechtfertigt.
Die beabsichtigte Klage bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil die Beklagte
nach § 39 Abs. 2 VVG leistungsfrei geworden ist.
Das Landgericht hat mit Recht angenommen, daß der Kläger eine den Anforderungen des
§ 39 Abs. 1 VVG genügende Mahnung der Beklagten vom 13./15. September 1994
erhalten hat. Der Beweis einer sogenannten Haupttatsache (hier der Zugang der Mahnung)
kann auch durch Indizien geführt werden. Lassen die festgestellten Indiztatsachen
vernünftigerweise nur den Schluß auf die Haupttatsache zu, ist der erforderliche Beweis
erbracht. Die Überzeugungsbildung des Richters hat sich dabei an § 286 ZPO zu
orientieren. Danach ist der Beweis erbracht, wenn eine derart hohe Wahrscheinlichkeit für
das Vorliegen der Behauptung besteht, daß Zweifeln Schweigen geboten ist, ohne sie
völlig auszuschließen (BGH in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur BGHZ 61, 169).
Zugegangen ist eine Willenserklärung - hier in Form der schriftlichen Mahnung -, wenn sie
so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, daß dieser unter normalen Verhältnissen die
Möglichkeit hat, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Das ist bei Briefen der Fall, wenn sie in
den häuslichen Briefkasten oder ähnliches des Empfängers gelangen. Davon ist hier
auszugehen.
Daß der Kläger eine qualifizierte Mahnung mittels eines Computerausdrucks nach dem
Muster E 302, das inhaltlich den Anforderungen des § 39 Abs. 1 VVG genügt, wie sich aus
einem von der Beklagten vorgelegten Exemplar ergibt, erhalten hat, folgt aus der
Überweisung des angemahnten Betrages vom 5. Dezember 1994. Im Überweisungsträger
ist nämlich genau der Betrag angegeben, der am Stichtag 13.9.1994 rückständig war,
nämlich die Versicherungsbeiträge für die Zeit vom 21.5. bis 21.8. und vom 21.8 bis
21.11.1994 in Höhe von jeweils 67,50 DM zuzüglich insgesamt 6,00 DM Mahngebühren
(Bl. 92/93 d.A.). Die Behauptung des Klägers, die Überweisung vom 5. Dezember 1994
könne sich auch auf die späteren Mahnungen beziehen, die - unstreitig - nicht den
Anforderungen des § 39 Abs. 1 VVG genügen, kann schon deshalb nicht zutreffen, weil mit
diesen Mahnungen wegen des weiterhin bestehenden Verzugs nunmehr ein höherer
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Betrag gefordert worden ist, nämlich insgesamt 161,00 DM (Bl. 94/95 d.A.), statt wie mit der
qualifizierten Mahnung 141,00 DM.
Des weiteren wird auf dem Überweisungsträger in der Rubrik Verwendungszweck auf eine
Zahlenkombination Bezug genommen, die sich nur aus dem qualifizierten Mahnschreiben
erschließt (3340002511356), nicht aus sonstigen Mahnschreiben der Beklagten. Der
Veranlasser der Überweisung muß also die qualifizierte Mahnung in Händen gehabt
haben. Nach Lage der Sache kann er in deren Besitz nur gelangt sein, indem er sie dem
Machtbereich des Klägers entnommen hat, woraus sich wiederum ergibt, daß sie dem
Kläger zugegangen ist. Soweit der Kläger rügt, ihm sei der Überweisungsträger nicht zur
Kenntnis gelangt, bleibt dies ohne Erfolg. Der Überweisungsträger befand sich bereits zu
einem Zeitpunkt bei den Gerichtsakten, zu dem der Kläger über seinen
Verfahrensbevollmächtigten Akteneinsicht genommen hat. Er hätte sich also auch
substantiiert dazu äußern können und müssen, wer die Überweisung veranlaßt hat, zumal
sich aus dem Überweisungsträger die angewiesene Bank und das Konto ergeben.
Schließlich macht der Kläger ohne Erfolg geltend, er habe zum 1. September 1994 seinen
Wohnsitz gewechselt, so daß die qualifizierte Mahnung an seine frühere Anschrift
abgesandt worden sein könne und ihn deshalb nicht erreicht habe. Wie sich aus dem
Nachtrag zum Versicherungsschein ergibt, hat die Beklagte diese Änderung damals bereits
berücksichtigt. Aus den bei den Akten befindlichen Mahnschreiben ergibt sich, daß der
Kläger bis Ende August 1994 unter seiner früheren Anschrift, ab September 1994 indessen
unter seiner neuen Anschrift (E.31, W.) angeschrieben worden ist.
Wert des Beschwerdegegenstandes: bis 14.000,00 DM.