Urteil des OLG Köln vom 05.12.1994

OLG Köln (wirtschaftliche einheit, kläger, einheit, verkäufer, höhe, kaufvertrag, geschäft, finanzierung, vereinbarung, kauf)

Oberlandesgericht Köln, 12 U 75/94
Datum:
05.12.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 U 75/94
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 2 0 497/93
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. Februar 1994
verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 0 497/93
- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird
verurteilt, an den Kläger 4.935,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29. Juli
1993 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des
Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 2 %, die Beklagte zu 98
%. Die Kosten zweiter Instanz tragen der Kläger zu 3 %, die Beklagte zu
97 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
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Die zulässige Berufung hat nur teilweise Erfolg.
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Der Kläger kann gemäß §§ 9, 7 VerbrKrG in Verbindung mit § 3 HausTWG von der
Beklagten Zahlung in Höhe von 4.935,-- DM verlangen.
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Auf das Rechtsverhältnis der Parteien ist das Verbrau-cherkreditgesetz anwendbar,
weil es sich bei dem am 13. Mai 1993 zwischen den Parteien zustandegekommenen
Kaufvertrag und dem vom Kläger an das Bankhaus F. ##blob##amp; Co., H.,
gerichteten Kreditantrag vom 14. Mai 1993 um ein verbundenes Geschäft im Sinne von
§ 9 Abs. 1 VerbrKrG handelt.
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Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG bildet ein Kaufvertrag mit einem Kreditvertrag ein
verbundenes Geschäft, wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient und
beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Die erstgenannte
Voraussetzung ist hier unstrei-tig gegeben. Auch das weitere Tatbestandsmerkmal
"der wirtschaftlichen Einheit" ist als erfüllt anzusehen. Die Parteien streiten darüber, in
welchem Umfang der Verkäufer der Beklagten M. und der Kreditvermittler B. bei
Abschluß des Kaufvertrages und bei Beantragung des Kredites durch den Kläger
zusammengewirkt haben. Darauf kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreites
nicht an. Denn die Beklagte räumt ein, daß ihr Verkäufer dem Kläger den
Finanzierungsvermittler B., den er zufällig gekannt habe, benannt habe. Zwar trifft es
zu, daß nach § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen
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Einheit insbesondere dann zu bejahen ist, wenn sich der Kreditgeber bei der
Vorbereitung oder dem Abschluß des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers
bedient. Bei § 9 Abs. 1 Satz 2 handelt es sich jedoch nur um ein Regelbeispiel (vgl.
Emmerich in Graf von Westphalen/Emmerich/Keßler, Verbraucherkre-ditgesetz, 1991,
§ 9 Rdnr. 40). Es ist darüber hinaus anerkannt, daß der Begriff der wirtschaftlichen
Einheit im Verbraucherkreditgesetz die gleiche Bedeutung hat, wie ihn die
Rechtsprechung auf der Grundlage des frühe-ren Abzahlungsgesetzes
herausgearbeitet hat (vgl. Emme-rich a.a.0. Rdnr. 37; Bülow, Verbraucherkreditgesetz,
2. Aufl., 1993, § 9 Rdnr. 23). Ziel der Gleichstellung des Abzahlungsgeschäftes mit
dem verbundenen Geschäft war es immer, daß der Abzahlungskäufer durch die Auf-
spaltung des Geschäfts in einen Kauf- und einen Darle-hensvertrag nicht schlechter
stehen darf, als wenn der Verkäufer selbst den Kredit gewährt hätte. Deshalb ist die
"wirtschaftliche Einheit" insbesondere dann zu be-jahen, wenn beide Verträge derart
miteinander verbunden sind, daß keiner ohne den anderen abgeschlossen worden
wäre (st. Rspr., vgl. z.B. BGH NJW 1992, 2560). Die Feststellung des Begriffes
"wirtschaftliche Einheit" erfordert, daß objektiv bestimmte Umstände (sogenannte
Verbindungselemente) vorliegen und dadurch subjektiv beim Darlehensnehmer - für
den Darlehensgeber erkennbar - der Eindruck erweckt wird, Verkäufer und
Darlehensge-ber stünden ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber (BGH a.a.0.
m.w.N.).
Solche "Verbindungselemente" im Sinne dieser Rechtspre-chung liegen hier in
ausreichender Zahl vor. So wurden die beiden Verträge zeit- und ortsgleich
geschlossen. Der Kaufvertrag datiert vom 13. Mai 1993 (Bl. 5 d. A.), der Kreditantrag
vom 14. Mai 1993 (Bl. 7 d. A.). Beide Schriftstücke nehmen darüber hinaus
aufeinander Bezug. Im Kaufvertrag heißt es bezüglich des vom Kläger noch nicht
gezahlten Restkaufpreises: "Finanzierung B.". Der Kreditantrag ist ausdrücklich als
Kraftfahrzeugkre-ditvertrag bezeichnet. In den Einzelangaben wird das vom Kläger am
Tage zuvor gekaufte Kraftfahrzeug näher beschrieben und aufgeführt, wie der Kläger
den Kauf-preis, nämlich einerseits durch eigene Zahlung in Höhe von 17.000,-- DM
und andererseits durch Finanzierung des Restbetrages mit Hilfe des beantragten
Kredits aufbringen will. Die Zweckbindung der beantragten Kre-ditaufnahme wird
durch die weiter erteilte Anweisung, den Darlehensbetrag unmittelbar an die
Verkäuferin zu zahlen, besonders deutlich. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß
die Vereinbarung, wonach der Käufer und Darlehensnehmer zu keiner Zeit
Verfügungsberechtigter des Kreditbetrages wird, und die sofortige Sicherungs-
übereignung des Kaufgegenstandes auf die finanzierende Bank gewichtige Indizien
für das Vorliegen eines ver-bundenen Geschäftes sind (vgl. BGH NJW 1989, 163; Bü-
low, a.a.0. Rdnr. 24 f.).
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Soweit die Beklagte geltend macht, daß sie mit der Bank bzw. mit dem Kreditvermittler
B. nicht in irgendeiner Geschäftsbeziehung stehe, ist das unerheblich, denn nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Vorliegen einer solchen (Rahmen-
)Vereinbarung als unab-dingbare Voraussetzung für die Annahme eines finanzier-ten
Geschäftes nicht erforderlich (BGHZ 47, 233 ##blob##lt;237##blob##gt;, WM 1971,
1265; Dauner-Lieb, WM 1991, Beilage 6, S. 13 f.; Emmerich a.a.0. Rdnr. 30). Danach
kann ein verbun-denes Geschäft sogar dann zu bejahen sein, wenn die Verbindung
zwischen dem Verkäufer und dem Kreditinsti-tut nur locker und sogar nur einmalig ist
(Bülow a.a.0. Rdnr. 24).
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Der fristgemäße Widerruf des auf Abschluß des Darle-hensvertrages gerichteten
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Angebotes des Klägers durch Anwaltsschreiben vom 18. Mai 1993 hat die
Unwirksamkeit des Kaufvertrages zur Folge (§ 9 Abs. 2 VerbrKrG). Dem-gemäß kann
der Kläger gemäß § 7 Abs. 4 VerbrKrG i.V.m. § 3 Abs. 1 HausTWG die von ihm
erbrachten Leistungen zurückverlangen. Ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 15
% gemäß Ziff. V, 5 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen steht der Beklagten
demgegenüber damit nicht zu.
Allerdings kann die Beklagte für die Benutzung des Kraftfahrzeuges für drei Tage
gemäß § 3 Abs. 3 HausTWG eine Vergütung in Höhe des üblichen Mietzinses verlan-
gen (BGH NJW 1985, 1544). Dabei mindert sich der übli-che Mietzins um darin
enthaltene Gewinn- und Gemeinko-stenanteile (Bülow § 7 Rdnr. 73; MünchKomm-
Ulmer, § 7 VerbrKrG Rdnr. 61). Der Senat macht insoweit von seiner
Schätzungsmöglichkeit nach § 287 ZPO Gebrauch und bewertet den üblichen Mietzins
unter Abzug der Gewinn- und Gemeinkostenanteile bezüglich des hier dem Kläger
überlassenen Fahrzeuges auf 150,-- DM pro Tag, so daß von der Klageforderung für
drei Tage 450,-- DM in Abzug zu bringen sind.
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Weitere Gegenansprüche stehen der Beklagten nicht zu.
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Die Anmelde-und Abmeldekosten kann der Beklagte nicht erstattet verlangen. Nach §
3 Abs. 3 HausTWG werden nur die Leistungen im Falle eines Widerrufs
zurückgewährt, die zu einer Vermögensmehrung des Kunden geführt haben (vgl.
Palandt-Putzo § 3, HausTWG, Rdnr. 15). Das ist bei den Anmelde- und
Abmeldekosten nicht der Fall.
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Auch ein Zurückbehaltungsrecht steht der Beklagten nicht zu. Der Kläger hat mit
Schriftsatz vom 2. Septem-ber 1994 eine Quittung zu der Gerichtsakte gereicht, nach
der er der Beklagten die in seinem Besitz befind-lichen Fahrzeugschlüssel sowie die
Fernbedienung am 4. Juni 1993 übergeben hat. Hierauf hat die Beklagte nicht mehr
erwidert, so daß dieses Vorbringen als un-streitig anzusehen ist.
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Die Zinsentscheidung beruht auf § 291 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10,
713 ZPO.
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Streitwert:
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bis 7. November 1994: 25.385,-- DM ab dann: 5.385,-- DM.
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