Urteil des OLG Köln vom 13.09.2004

OLG Köln (versammlung, zur unzeit, verhältnis zwischen, abrechnung, sache, verwaltung, vereinbarung, beschwerde, verhältnis, kostenverteilung)

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 168/04
Datum:
13.09.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 168/04
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 T 131/02
Tenor:
Auf die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der
Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 09.07.2004 -
29 T 131/02 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss des
Amtsgerichts Köln vom 08.05.2002 dahingehend abgeändert, dass der
Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 17.12.2001 zu
TOP 6 für ungültig erklärt wird.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller Instanzen tragen die Beteiligten zu 1) und 2) zu
je 50 %.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
G r ü n d e
1
Die weitere sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
2
Die Begründung der Vorinstanzen, dass die Versammlung der Wohnungseigentümer
vom 17.12.2001 zur Unzeit stattgefunden habe und schon deshalb die Beschlüsse der
Wohnungseigentümer nicht wirksam seien, ist rechtsfehlerhaft. In der Sache ist nur der
Beschluss zu TOP 6 für ungültig zu erklären; die Beschlussfassung zu TOP 3 ist nicht
zu beanstanden.
3
Der Senat ist der Rechtsauffassung, dass im vorliegenden Fall der
Versammlungsbeginn um 15.00 Uhr an einem Werktag zur Beschlussanfechtung nicht
berechtigt.
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Das WEG enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, um welche Uhrzeit eine
Versammlung der Wohnungseigentümer stattfinden soll. Die Frage ist deshalb nach den
Regeln des § 21 WEG über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu
beantworten. Da hier weder eine Vereinbarung noch ein Eigentümerbeschluss
vorliegen, kann gemäß § 21 Abs. 4 WEG jeder Wohnungseigentümer eine Handhabung
verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entspricht.
Insoweit steht die Zeit der Eigentümerversammlung im pflichtgemäßen - gerichtlich
nachprüfbaren - Ermessen der für die Einberufung zuständigen Person, die eine
Abwägung der Belange aller Wohnungseigentümer vorzunehmen hat. Die Zeit muss
verkehrsüblich und zumutbar sein, um allen Wohnungseigentümern die Teilnahme zu
ermöglichen und nicht zu erschweren, wobei auch auf die Bedürfnisse Berufstätiger,
Versammlungen möglichst außerhalb der üblichen Dienstzeiten anzusetzen, Rücksicht
zu nehmen ist. Diese Grundsätze hat die Verwalterin bei Anberaumung der
Versammlung vom 17.12.2001 nicht verletzt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich
vorliegend um eine große Eigentümergemeinschaft mit mehr als 500
Wohnungseigentümern handelt, die überwiegend nicht in Köln leben und zum Teil weite
Anfahrtswege haben, z. B. aus München oder Berlin anreisen müssen. Die
Tagesordnung zur Versammlung enthielt 13 Tagesordnungspunkte und laut Protokoll
endete die Versammlung um 20.00 Uhr, das heißt, sie dauerte 5 Stunden. Ein
außerhalb der üblichen Dienstzeiten liegender späterer Versammlungsbeginn - ab
18.00 Uhr - hätte zur Folge gehabt, dass die Versammlung erst am späten Abend um
23.00 Uhr ihr Ende gefunden hätte. Die weit entfernt wohnenden Teilnehmer hätten
auch bei Wahrnehmung eines Versammlungsbeginns um 18.00 Uhr innerhalb der
üblichen Dienstzeiten anreisen müssen, wären darüber hinaus aber gezwungen
gewesen, entweder - soweit überhaupt möglich - zur Nachtzeit die Rückreise anzutreten
oder die Nacht in Köln zu verbringen. Berufstätige Teilnehmer hätten am Tag darauf
völlig übermüdet ihre Arbeit aufnehmen oder aber einen weiteren Urlaubstag für die
Rückreise am darauffolgenden Tag "opfern" müssen. Hinzu kommt, dass in der
Vergangenheit - bis zur Versammlung vom 17.12.2001 - die Eigentümerversammlungen
immer an einem Nachmittag in der Woche stattgefunden haben und die Antragstellerin
den Vortrag der Antragsgegner, dass es deswegen bisher noch nie Beanstandungen
gegeben habe, nicht erheblich bestritten hat. Die Entscheidung der Verwalterin, auch
die Versammlung vom 17.12.2001 wieder an einem Werktag auf 15.00 Uhr
anzuberaumen, war deshalb nicht ermessenfehlerhaft.
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Da die Sache entscheidungsreif ist, bedurfte es einer Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und der Zurückverweisung an das Landgericht nicht, der Senat war
vielmehr selbst in der Lage, die angefochtenen Beschlüsse auf ihre materielle
Richtigkeit zu überprüfen.
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In der Sache ist die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer zu TOP 3
(Wohngeldabrechnung 2000) nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin rügt insoweit
lediglich die Abrechnung der Warmwasserkosten, weil diese - zu 100 % nach
Nutzflächen abgerechnet - der Heizkostenverordnung (§ 8) widerspreche. Unabhängig
davon, dass sich vorliegend eine Kostenverteilung nach Verbrauch schon nach den
tatsächlichen Gegebenheiten nicht durchführen lässt, gelten die Regelungen der
Heizkostenverordnung nicht unmittelbar für die Kostenverteilung, sondern müssen von
den Wohnungseigentümern erst durch Vereinbarung oder - falls eine Öffnungsklausel
existiert - durch entsprechenden Beschluss übernommen werden. Umlageregelungen,
welche der Heizkostenverordnung nicht entsprechen, wurden mit Inkrafttreten dieser
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Verordnung am 30.06.1984 nicht unwirksam. Es besteht allein ein Anspruch des
einzelnen Wohnungseigentümers auf Änderung der Ausstattung und auf entsprechende
Verwaltungsregelung. Da eine Vereinbarung oder ein Eigentümerbeschluss, der eine
Änderung der in § 7 Abs. 2 g der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) enthaltene
Kostenverteilung vorsieht, nicht vorliegt, hat die Verteilung der Warmwasserkosten auf
der Grundlage dieser Regelung grundsätzlich nach dem Verhältnis der
Miteigentumsanteile zu erfolgen. Die Abrechnung der Verwaltung für das Jahr 2000, in
der die Warmwasserkosten zu 100 % nach der Nutzfläche auf die einzelnen Nutzer
verteilt werden, ist dennoch nicht zu beanstanden, weil vorliegend die
Miteigentumsanteile den jeweiligen Nutzflächen entsprechen. Dies haben die
Antragsgegner mit Schriftsatz vom 19.02.2003 unter Vorlage der Auflistung der
Stammdaten sämtlicher Wohnungen im Einzelnen dargelegt. Sie haben weiter mit
Schriftsatz vom 07.11.2003 anhand von zwei Beispielen betreffend die
Warmwasserkostenabrechnung 2000 (für die Wohnungen der Antragstellerin Nr. 548 im
Haus 3 und Nr. 020 im Haus 1) durch Gegenüberstellung einer Aufteilung der
Gesamtkosten nach Miteigentumsanteilen aufgezeigt, dass die Abrechnung der
Warmwasserkosten nach Flächen statt nach Miteigentumsanteilen zu einem nahezu
identischen Ergebnis führt. Die Miteigentumsanteile verhalten sich hiernach proportional
zu den Nutzflächen. Das Verhältnis zwischen Wohnflächen und Miteigentumsanteilen
ist beibehalten, auch wenn die Eigentümerin der Parkpalette nach § 7 Abs. 5 der
Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) für diese keine Warmwasserkosten zu
zahlen hat. Die Parkpalette steht im alleinigen Sondereigentum der Firma D und diese
ist am Sondereigentum der Häuser 1 und 3 nicht beteiligt. Der Abrechnung der
Warmwasserkosten liegt nur die Nutzfläche der Häuser 1 und 3 mit 19.478 qm zugrunde
und bei der Berechnung nach Miteigentumsanteilen haben die Miteigentumsanteile an
der Parkpalette unberücksichtigt zu bleiben.
Da weitere Beanstandungen hinsichtlich der Jahresabrechnung 2000 nicht erhoben
werden, solche auch nicht evident sind und davon auszugehen ist, dass etwaige Fehler
der Abrechnung von den Wohnungseigentümern gerügt würden, bestehen gegen die
Beschlussfassung der Wohnungseigentümer vom 17.12.2001 zu TOP 3 keine
Bedenken.
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Ungültig ist hingegen der Beschluss der Wohnungseigentümer zu TOP 6. Er verstößt -
soweit von der Antragstellerin gerügt - gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer
Verwaltung. Die Eigentümerin des Hauses Nr. 5 und der Parkpalette vollends von der
Kostenart "Gemeinschaftswasser" auszunehmen, ist auch unter Berücksichtigung der
Regelungen in § 2 Abs. 2 und § 7 der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) nicht
sachgerecht. Die Fa. D hat sich nach Akteninhalt zumindest an den Wasserkosten zu
beteiligen, die durch die Bewässerung der gemeinschaftlichen Grünflächen anfallen.
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Soweit die Wohnungseigentümer weiter unter TOP 6 beschlossen haben, die
Eigentümerin des Hauses Nr. 5 und der Parkpalette bei der Kostenart
"Hausmeister/Gartenpflege" nur noch mit 3 % statt bislang 37,71 % zu belasten, zeigt
der Schriftsatz der Antragsgegner vom 23.04.2002, dass bei der Schätzung dieser
Kosten u. a. die umfangreichen Pförtnerdienste eine Rolle spielten, die nach Vortrag der
Antragsgegner eine Hausmeistertätigkeit allein für die Häuser Nr. 1 und 3 darstellen.
Die "Pförtnerdienste" stellen in der Abrechnung für das Jahr 2000 aber einen eigenen
Posten dar, so dass die der Beschlussfassung vom 17.12.2001 zugrunde liegende
Schätzung von einer falschen Grundlage ausgeht, wie auch die erneute
Beschlussfassung der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom
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23.10.2002 zeigt. Der Beschluss der Wohnungseigentümer kann allein aus diesem
Grunde keinen Bestand haben.
Widersprechen die Beschlüsse der Wohnungseigentümer betreffend die Veränderung
des Verteilungsschlüssels den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, so hat das
auch die Ungültigkeit der Beschlussfassung zum Vorteilsausgleich für die Jahre 1999
und 2000 zur Folge. Soweit die Wohnungseigentümer unter TOP 6 des weiteren
beschlossen haben, dass der Eigentümer des Hauses Nr. 5 und der Parkpalette ab dem
Wirtschaftsjahr 2001 gleichberechtigt an den Einnahmen und Kosten der Verpachtung
der Dachflächen des Hauses Nr. 1 nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu
beteiligen ist, so ist auch dieser Beschluss in entsprechender Anwendung der Regelung
des § 139 BGB ungültig. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die
Beschlussfassung zu diesem Punkt auch ohne die Regelungen betreffend die Änderung
des Verteilerschlüssels erfolgt wäre.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, die
gerichtlichen Kosten aller drei Instanzen entsprechend dem jeweiligen Obsiegen und
Unterliegen zu verteilen. Im Übrigen bestand keine Veranlassung, von dem Grundsatz
abzuweichen, dass außergerichtliche Kosten im Wohnungseigentumsverfahren nicht
erstattet werden.
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Der Geschäftswert wird gemäß § 48 Abs. 3 WEG auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
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