Urteil des OLG Köln vom 23.03.2001

OLG Köln: vormerkung, gutgläubiger erwerb, erlass, beurkundung, verfügung, unrichtigkeit, festschrift, nichtigkeit, entstehung, käufer

Oberlandesgericht Köln, 19 W 8/01
Datum:
23.03.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 W 8/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 20 O 141/01
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Landgerichts Köln vom 14. März 2001 in der Fassung des
Nichtabhilfebeschlusses vom 15. März 2001 - 20 O 141/01 - wird
kostenpflichtig zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht
hat das Landgericht den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
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I.
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Der Verfügungsantrag zu 1), mit dem die Antragstellerin den Erlass einer
Sicherungsverfügung, gerichtet auf ein Erwerbsverbot begehrt, scheitert daran, dass ein
Verfügungsanspruch nicht ersichtlich ist. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Eintragung der
Antragsgegnerin als neue Eigentümerin, die die Antragstellerin verhindern will, zu einer
Unrichtigkeit des Grundbuchs führen würde. Die dafür vorausgesetzte Formnichtigkeit
des notariellen Kaufvertrages folgt aus den vorgelegten Verträgen nicht. Der überreichte
notarielle Kaufvertrag bemerkt ausdrücklich, dass der Grundstückskauf unabhängig von
der späteren Baumaßnahme durchgeführt werden sollte; der erst drei Monate später
datierende Generalübernehmervertrag erwähnt ebenso wenig die von der
Antragstellerin behauptete rechtliche Einheit mit dem Grundstücksgeschäft. Angesichts
der für diese Verträge zunächst sprechenden Vermutung der Vollständigkeit und
Richtigkeit müsste die Antragsgegnerin einen Sachverhalt darlegen und glaubhaft
machen, aus dem sich die von ihr behauptete rechtliche Verbindung von Kauf- und
Generalunternehmervertrag ergibt. Ob hierfür die überreichte eidesstattliche
Versicherung ihres Abschlussvertreters vom 12.3.2001 ausreicht, kann im Ergebnis aber
dahin stehen. Selbst unter Zugrundelegen dieses Vortrags kommt der Erlass einer
einstweiligen Verfügung nicht in Betracht:
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Hätte der Abschluss eines einheitlichen Rechtsgeschäfts dem erkennbaren Willen auch
nur einer Partei entsprochen, so hätte der Abhängigkeit der Verträge voneinander zwar
durch notarielle Beurkundung Rechnung getragen werden müssen (vgl. BGHZ 78, 346
(350)); dass auf Seiten der Antragstellerin zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten
handelten, stünde dem "Verknüpfungswillen" nicht entgegen (vgl. aaO, ferner Koeble
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NJW 1992, 1142 (1143)). Die Parteien hätten in diesem Fall ein Scheingeschäft
beurkundet, während das gewollte Geschäfte mangels notarieller Beurkundung nach §§
125, 139 BGB nichtig wäre.
Die Formnichtigkeit des Vertrages begründet jedoch keinen Verfügungsanspruch. Zwar
wird ein Erwerbsverbot als Sicherungsmaßnahme im Sinne von § 938 ZPO zur
Verhinderung der Heilung eines nichtigen Kaufvertrages nach § 313 S. 2 BGB
zugelassen (Palandt/Bassenge, 60. Aufl. (2001), § 888 Rn. 11). Ein solches Verbot setzt
aber einen Verfügungsanspruch voraus. Als solcher kommt im Fall eines
formunwirksamen Grundstückskaufvertrags allein ein Kondiktionsanspruch des
Verkäufers gegen den Käufer bezüglich der rechtsgrundlos erteilten Auflassung in
Betracht (Palandt-Heinrichs aaO § 313, Rn. 51).
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Bei einem bewusst formnichtig abgeschlossenen Vertrag, wie er bis zum Schriftsatz
vom 22.3.2001 behauptet worden ist, steht einem bereicherungsrechtlichen Anspruch
aber § 814 BGB entgegen. Wenn die Antragstellerin trotz ihrer bisher selbst
eingeräumten Kenntnis von der Unwirksamkeit des Grundstücksvertrages dennoch die
Auflassung erklärt hat, so ist es ihr verwehrt, im folgenden aus der Unwirksamkeit noch
Rechte herzuleiten (vgl. RGZ 133, 275 (276); Müko-Kanzleiter, Band 2 (§§ 241-432), 3.
Aufl. (1994), § 313, Rn. 80/67). Ein Verfügungsanspruch entfällt damit, wenn der
Antragsteller - wie hier - aufgrund seines Handelns als nicht schutzwürdig angesehen
werden muss (Habscheid, in: Festschrift für Schiedermair, 1976, S. 245 (252)).
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Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22.3.2001 möglicherweise behaupten will,
sie sei bei Abschluss des Vertrages über die Rechtslage nicht unterrichtet gewesen,
steht dieses Vorbringen in einem von ihr nicht erklärten Widerspruch zu dem bisherigen
Vortrag und ist zudem nicht glaubhaft gemacht. Im übrigen fehlt es an jeglichem Vortrag
zu der subjektiven Vorstellung ihres Bevollmächtigten. Die bisher vorgetragenen
Gesamtumstände ergeben, dass der Verkäuferseite die Rechtslage in vollem Umfang
bekannt war.
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II.
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Der Antrag zu 2), gerichtet auf die Eintragung eines Widerspruchs gegen die
Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers, hat ebenfalls keinen Erfolg.
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Die Eintragung eines Widerspruchs gegen eine Vormerkung ist jedenfalls bei der hier
gegebenen Sachlage nicht möglich. Ein Widerspruch nach § 899 BGB hat allein die
Funktion, einen redlichen Dritterwerb aufgrund guten Glaubens auszuschließen (Müko-
Wacke, Band 6 (§§ 854-1296), 3. Aufl. (1997), § 899, Rn. 25). Soweit ein
Gutglaubenserwerb nicht in Frage kommt, scheidet daher auch ein Widerspruch aus
(vgl. Erman-Hagen/Lorenz, Band 2 (§§ 854-2385), 10. Aufl. (2000), § 899, Rn. 6). So
liegt der Fall hier.
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Bei einer Vormerkung ist die Frage eines redlichen Zweiterwerbs zwar strittig; dies
betrifft aber nur die Fälle, in denen ein Bucheigentümer aufgrund eines schuldrechtlich
wirksamen Kaufvertrags eine Vormerkung bewilligt hat. Ergibt sich die Nichtigkeit der
Vormerkung aber aus einer Formunwirksamkeit des Kausalgeschäfts (vgl. insoweit
Erman-Battes, Band 1 (§§ 1-853), 10. Aufl. (2000), § 313, Rn. 63), ist die Vormerkung
also - wie hier behauptet - deswegen unwirksam, weil ein zu sichernder Anspruch gar
nicht zur Entstehung gelangt ist, kommt ein gutgläubiger Erwerb der Vormerkung
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unstreitig nicht in Betracht (vgl. Medicus AcP 163 (1963), 1 (12)). Selbst im Fall einer
späteren Heilung nach § 313 Satz 2 BGB entsteht die Vormerkung nicht nachträglich
und wird auch nicht etwa gegenüber gutgläubigen Dritten fingiert (BGHZ 54, 56 (57)).
Damit besteht vorliegend die Möglichkeit der Eintragung eines Widerspruchs gegen die
Vormerkung nicht (so auch OLG Düsseldorf MDR 2000, 846 (847)). Ein solcher
Widerspruch würde auch ohnehin nicht die Heilung der Formnichtigkeit nach § 313 Satz
2 BGB verhindern (RGZ 109, 331 (334); Müko-Wacke, § 899, Rn. 27).
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Die Ausführungen im letzten Schriftsatz zu den Interessen der B., die
Eigentumsumschreibung zu verhindern, sowie zur Vorwegnahme der Hauptsache, hat
der Senat geprüft und als unbeachtlich angesehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gegenstandswert für das Verfahren: 130.000 DM.
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