Urteil des OLG Köln vom 22.04.1996

OLG Köln (vergütung, sache, höhe, umfang, umstände, gestaltung, nachprüfung, mehrwertsteuer, halten, stand)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 195/95
Datum:
22.04.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 195/95
Schlagworte:
HÖHE DER BETREUERVERGÜTUNG
Normen:
BGB § 1836 ABS. 1;
Leitsätze:
Die aus dem Vermögen des Betreuten zu zahlende Betreuervergütung
ist nicht in irgendeiner Form prozentual an die Höhe des dem Betreuten
gehörenden Vermögens gebunden. Ebensowenig orientiert sie sich am
Stundensatz des § 1836 Abs. 2 BGB. Die angemessene Vergütung wird
einerseits durch den nachgewiesenen Zeitaufwand bestimmt,
andererseits durch einen Stundensatz, in den ganz individuell alle für
die Abwicklung und Gestaltung der Betreuung durch den konkreten
Betreuer maßgebenden Umstände einfließen müssen.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
1
Die zulässige weitere Beschwerde der früheren Betreuerin hat in der Sache insoweit
Erfolg, als sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung
der Sache an das Amtsgericht führt.
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Amts- und Landgericht haben der Vergütung der Betreuerin eines vermögenden
Betreuten im Ansatz zutreffend deren Zeitaufwand zugrundegelegt und eine -
antragsgemäße Bemessung der Vergütung nach Prozentsätzen zu Recht abgelehnt.
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Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Vergütung für den Betreuer nach
§§ 1836 Abs. 1 Satz 2, 3, 19O8 i. Abs. 1 BGB vor, so wird ihre Höhe vorrangig durch die
vom Betreuer erbrachten Leistungen bestimmt, nicht von dem Wert des dem Betreuten
gehörenden Vermögens. Eine prozentuale Berechnung der Vergütung aus dem
Vermögen ist als Maßstab ungeeignet, da sie in der Regel den Umfang und die
Bedeutung der vom Betreuer vorgenommenen Geschäfte außer acht läßt (vgl. BayObLG
Rpfl. 1987, 67). Sie konnte insbesondere den vielfältigen Aufgaben, für die ein Betreuer,
dessen Aufgabenkreis nicht nur die Vermögenssorge umfaßt, eine Vergütung erhalten
soll, nicht gerecht werden.
4
Die Angemessenheit einer nach § 1836 Abs. 1 BGB zu zahlenden Vergütung einer
selbständigen Berufsbetreuerin, auf die hier abzustellen ist, wird durch den
nachgewiesenen Zeitaufwand und den Stundensatz bestimmt, in den alle
maßgebenden Umstände für die Abwicklung und Gestaltung der Betreuung einfließen
5
müssen. Dies sind die anteiligen Bürokosten einschließlich der Personalkosten (die
Schwierigkeit der Sache und der damit verbundene Verantwortungsgrad, der Umfang
des Vermögens, auf das Zugriff genommen werden kann (vgl. Beschluß des Senats
vom 19.6.1995 - 16 Wx 74/95 -). Besteht für den Betreuer eine Umsatzsteuerpflicht, so
ist die Mehrwertsteuer ebenfalls zu berücksichtigen.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten rechtlicher Nachprüfung insoweit nicht
stand, als sie sich wegen der Höhe des Stundensatzes an § 1836 Abs. 2 BGB orientiert
haben. Die Sätze dieser Bestimmung gelten beim vermögenden Betreuten nicht; sie
können allenfalls eine Mindestvergütung darstellen, aber die Vergütung gemäß § 1836
Abs. 1 BGB nicht nach oben begrenzen.
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Die Entscheidungen des Amts- und Landgerichts lassen daher nicht erkennen, weshalb
für den vorliegenden Fall für den Zeitraum von ca. einem Monat ab Beginn der
Betreuung ein Stundensatz von 8O,OO DM und für den Zeitraum danach ein
Stundensatz von 1OO,OO DM angemessen ist.
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Dem Senat ist eine Überprüfung dieser Stundensätze und eine eigene Entscheidung
nicht möglich, weil es hierzu weiterer Ermittlungen bedarf (§ 12 FGG), die dem
Rechtsbeschwerdegericht verwehrt sind.
8
Die Sache war daher an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Diesem wird die
Beschwerdeführerin mit einer plausiblen Aufstellung der Bürokosten darzulegen haben,
mit welcher konkreten Kostenstruktur sie arbeitet und welcher Stundensatz sich daraus
unter Berücksichtigung der übrigen oben genannten Bemessungsgrundlagen ergibt. Der
aufgrund der konkreten Kostenstruktur errechnete Stundensatz ist mit dem Stundensatz
zu vergleichen, der üblicherweise von einem selbständigen Berufsbetreuer mit der
Qualifikation der Beschwerdeführerin unter Zugrundlegung der Kosten, die ein solcher
Berufsbetreuer üblicherweise für ein Büro mittleren Zuschnitts aufwendet, verlangt
werden kann.
9
Für die Festlegung des angemessenen Stundensatzes unter Berücksichtigung der
konkret enstandenen Kosten sowie der üblicherweise entstehenden Kosten steht dem
Amtsgericht ein Schätzungsermessen zu, da § 287 ZPO entsprechend anzuwenden ist.
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