Urteil des OLG Köln vom 14.04.2004

OLG Köln: reisekosten, verwaltung, erwerb, hamburger, anfang, prozesskosten, verbreitung, markt, unternehmen, software

Oberlandesgericht Köln, 17 W 95/04
Datum:
14.04.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 95/04
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 21 O 255/2003
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Senat tritt den Gründen des angefochtenen Beschlusses und der
Nichtabhilfeentschließung der Rechtspflegerin vom 26. März 2004 bei;
sie stimmen mit seiner in ständiger Rechtsprechung vertretenen
Auffassung überein (vgl. nur den in JurBüro 2002, 425 ff. veröffentlichten
Beschluss vom 26. November 2001 - 17 W 107/01 -, ferner den unver-
öffentlichten Beschluss vom 11.08.2003 - 17 W 157/03 -), dass die
Reisekosten des örtlichen Prozessbevollmächtigten der auswärtigen
Partei unabhängig von der Entfernung ihres Wohnorts oder des Orts
ihrer gewerblichen Niederlassung vom Ort des Prozessgerichts
grundsätzlich in voller Höhe zu erstatten sind, und dass die Reisekosten
des an einem dritten Ort praktizierenden Prozessanwalts in Höhe
derjenigen Kosten zu erstatten sind, die der Partei entstanden wären,
wenn sie - was erstattungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden
ist (vgl. nur BGH NJW 2003, 898 ff. und 2027 f.) - einen am Ort oder
ortsnah ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung im Rechtsstreit
beauftragt hätte. Daraus wiederum folgt, dass die Reisekosten eines
Anwalts am dritten Ort jedenfalls dann in vollem Umfang als
erstattungsfähig anzuerkennen sind, wenn die Entfernung zwischen dem
Ort seiner Kanzlei und dem Ort des Prozessgerichts diejenige zwischen
dem Wohnort oder dem Ort des Geschäftssitzes der Partei und dem
Gerichtsort nicht übersteigt. So ist es hier.
Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen der
Rechtspflegerin ist Hamburg, wo die Prozessbevollmächtigten der
Beklagten ihre Kanzlei unterhalten, von Köln als dem Ort des
erstinstanzlichen Prozessgerichts weniger weit entfernt als der
Geschäftssitz der Beklagten in Jena. Es kann daher unbedenklich davon
ausgegangen werden, dass die Kosten, die ein in Jena praktizierender
Rechtsanwalt für die Reise zum erstinstanzlichen Prozessgericht hätte
ersetzt verlangen können, nicht geringer, sondern im Gegenteil höher
gewesen wären, als die Kosten, die der Beklagten durch die Reise des
Rechtsanwalts Dr. U. aus der Sozietät ihrer Hamburger
Prozessbevollmächtigten tatsächlich erwachsen sind.
Richtig ist allerdings, dass die auswärtige Partei unter Kostengesichts-
punkten gehalten ist, einen Anwalt am Ort des Prozessgerichts zum
Prozessbevollmächtigten zu bestellen, wenn schon im Zeitpunkt der
Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass es eines
Informationsgesprächs nicht bedarf. Dafür sind im gegebenen Fall
Anhaltspunkte indessen nicht ersichtlich. Das gilt unbeschadet der
Tatsache, dass die Beklagte über eine Rechtsabteilung verfügt. Wie der
Kläger in seiner Anspruchsbegründung selbst vorgetragen hat, sind
Gegenstand des Unternehmens der Beklagten die Entwicklung, die
Produktion und der Vertrieb von Hard- und Software-Produkten im
Computerbereich, die Verwaltung des eigenen Vermögens und der
Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen an
anderen Gesellschaften und Unternehmen mit einem gleichen oder
ähnlichen Unternehmensgegenstand sowie alle dazugehörigen
Dienstleistungen und damit in wirtschaftlichem Zusammenhang
stehende Geschäfte. Der dem Kostenfestsetzungsverfahren zugrunde
liegende Prozess ist jedoch nicht aus einem der üblichen, in gleicher
oder ähnlicher Weise ständig wiederkehrenden Geschäftsvorgänge der
Beklagten hervorgegangen. Im vorangegangenen Rechtsstreit hatte sich
die Beklagte vielmehr des Vorwurfs zu erwehren, den Markt durch
Falschmeldungen zum Geschäftsverlauf und zu dem voraussichtlichen
Umsatzwachstum sowie über den in der Zeit von Anfang Mai 2000 bis
Anfang Januar 2001 zu erwartenden Gewinn irregeführt und den Kläger
durch die Verbreitung dieser geschönten Gewinnprognosen zum Erwerb
von Aktien ihres Unternehmens veranlasst zu haben. Die zur
Bearbeitung einer solchen nicht auf die gewöhnlichen geschäftlichen
Aktivitäten der Beklagten zu-rückzuführenden Rechtsangelegenheit
erforderlichen Kenntnisse auf dem Gebiet des
Kapitalanlegerschutzrechts können bei den Mitarbeitern ihrer
Rechtsabteilung nicht vorausgesetzt werden, dies umso weniger, als die
Beklagte glaubhaft vorgetragen hat, dass sie in der Bundesrepublik
Deutschland bisher nur von dem Kläger auf Schadensersatz wegen
falscher Ad-Hoc-Mitteilungen in Anspruch genommen worden sei. Nach
dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten hat denn
auch der Informationsaustausch in vorliegender Sache im Rahmen einer
persönlichen Besprechung in der Kanzlei ihrer Hamburger
Prozessbevollmächtigten stattgefunden. Einen in Köln praktizierenden
Rechtsanwalt zum erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zu
bestellen und diesen ausschließlich schriftlich und ergänzend
telefonisch über den maßgeblichen Prozessstoff zu informieren, war der
Beklagten daher - wenn nicht unmöglich, so doch zumindest - nicht
zumutbar.
Die Höhe der mit 167,59 € geltend gemachten Terminsreisekosten
begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, so dass sie in der
antragsgemäß gegen den Kläger festgesetzten Höhe den zu
erstattenden Prozesskosten der Beklagten zuzurechnen sind.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO der
Kläger zu tragen.
Streitwert: 167,59 €