Urteil des OLG Köln vom 11.12.1997

OLG Köln (tatsächliche sachherrschaft, klage auf zahlung, besitz, bild, behörde, zahlung, kommentar, beschwerde, annahme, zpo)

Oberlandesgericht Köln, 22 W 40/97
Datum:
11.12.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
22 W 40/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 5 O 174/97
Normen:
BGB § 978 II;
Leitsätze:
BGB § 978 II Ein Anspruch auf Finderlohn ist nicht gegeben, wenn ein
im Besitz einer Behörde (Museum) befindliches und verloren/gestohlen
geglaubtes Bild in öffentlichen Räumen dieser Behörde von einem
Dritten aufgefunden wird.
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des
Landgerichts Köln vom 29.08.1997 - 5 O 174/97 - wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
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I.
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Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für die Erhebung einer Klage auf Zahlung
von Finderlohn.
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Die Antragsgegnerin hatte ein ihr als Dauerleihgabe zur Austellung in einem ihrer
Museen zur Verfügung gestelltes Bild in den Restaurationstrakt des Museums gebracht.
Am 10.03.1997 meldete sie das Bild als verloren, weil es sich nicht mehr im
Werkstattraum befand. Die Antragstellerin behauptet, am 23.03.1997 das Bild im
Eingangsbereich des Restaurierungstraktes hinter einem Bilder- bzw. Glasrahmen
gefunden zu haben. Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von
Prozeßkostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage zurückgewiesen.
Es hat gemeint, der Antragstellerin stehe ein Anspruch auf Zahlung von Finderlohn nicht
zu, da sich das Bild durchgehend, auch im Zeitpunkt des Entdeckens durch die
Antragstellerin, im Besitz der Antragsgegnerin befunden habe. Hiergegen wendet sich
die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
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II.
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Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Die
beabsichtigte Klage hat, wie das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt
hat, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Antragstellerin steht gegen die
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Antragsgegnerin ein Anspruch auf Zahlung von Finderlohn nach §§ 978 Abs. 2, 971
BGB nicht zu.
Es kann nicht festgestellt werden, daß die Beklagte den Besitz an dem Bild auch nur
zeitweise, und auch nicht durch Verbringen in den Eingangsbereich des
Restaurierungstrakts, verloren hatte. Zum Zeitpunkt des "Fundes" durch die Klägerin
war das Bild in öffentlichen Räumen der Beklagten, die hinsichtlich der
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in solchen Räumen befindlichen Gegenständen einen generellen Besitz- und
Besitzerwerbswillen hat. Zwar besteht ein Anspruch auf Finderlohn auch beim Fund von
Sachen in solchen Räumlichkeiten, wenn die Voraussetzungen von § 978 II BGB
gegeben sind.
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§ 978 II BGB trifft hinsichtlich der Besitzlage nur insoweit eine über das allgemeine
Fundrecht hinausgehende Regelung, als auch Sachen gefunden werden können, die
ein Dritter in den öffentlichen Räumen verloren hat, die aber aufgrund des generellen
Besitzerwerbwillens der Behörde nicht besitzlos geworden sind. Sachen der Behörde,
an denen diese den Besitz für sich erworben und ausgeübt hat, können ausgehend von
diesem Normzweck der Bestimmung des § 978 Abs. 2 BGB jedoch nur Gegenstand
eines Fundes sein, wenn die Behörde den Besitz an ihnen verloren hat. Dies war
vorliegend weder aufgrund der Verbringung in den Eingangsbereich der
Restaurationsräume noch aufgrund der irrigen Annahme der Antragsgegnerin, das Bild
sei möglicherweise abhanden gekommen, der Fall.
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Auch der Eingangsbereich der Restaurationsräume gehört zur tatsächlichen
Sachherrschaftssphäre der Antragsgegnerin, auf den sich der Besitzwille und die
tatsächliche Sachherrschaft der Antragsgegnerin ohne weiteres erstrecken. Ob der
Eingangsbereich auch Dritten zugänglich war, kann dahinstehen. Der Besitz als
tatsächliche Sachherrschaft über die Sache ist weder von der realistischen Chance
noch gar von der Sicherheit abhängig, andere Personen von der Einwirkung
ausschließen zu können (Münchener Kommentar Jost, § 854 Rdnr. 5).
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Die Antragsgegnerin hat ihren Besitz auch nicht deshalb verloren, weil sie nicht wußte,
wo das Bild sich befand. Auch an innerhalb der allgemeinen Sachherrschaftssphäre
verlegten Sachen, deren Aufenthaltsort dem Besitzer daher nicht bekannt
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ist, wird der Besitz nicht verloren (Münchener Kommentar Jost, § 856 Rdnr. 9).
Ebensowenig führt die irrige Annahme des Besitzers, Gegenstände seien aus einem
Raum entfernt worden,
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für den er einen allgemeinen Besitzwillen hat, nicht zur Beendigung des Besitzes (BGH
DB 1978, 1928; Münchener Kommentar Jost, § 856 Rdnr. 4). Die irrige Annahme, den
Besitz unfreiwillig verloren zu haben, führt weder zum Verlust der - tatsächlich
vorhandenen - Sachherrschaft noch ist hiermit der Wille verbunden, den Besitz freiwillig
aufzugeben.
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III.
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Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da Kosten nicht erstattet werden, § 127
Abs. 4 ZPO.
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Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 4.000,00 DM.
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