Urteil des OLG Köln vom 27.08.1998

OLG Köln (angemessene entschädigung, verhältnis zu, kläger, staat, griechenland, völkerrecht, entschädigung, höhe, gerichtliche zuständigkeit, pariser abkommen)

Oberlandesgericht Köln, 7 U 167/97
Datum:
27.08.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 U 167/97
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 1 O 358/95
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom
23.06.1997 - 1 O 358/95 - wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die
Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen
Sicherheitsleistung von 6.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch eine
unbedingte, unwiderrufliche, unbefristete und selbstschuldnerische
Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen
Bankinstituts zu erbringen. Die Revision an den Bundesgerichtshof wird
zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Kläger sind griechische Staatsangehörige. Ihre Eltern, die Eheleute N. A. und V. N.
S., wurden am 10.06.1944 in dem damals besetzten Griechenland von Angehörigen
einer SS-Einheit nach einer vorausgegangenen bewaffneten Auseinandersetzung mit
Partisenen im Zuge einer gegen das Dorf Distomo (Böotien) gerichteten
"Sühnemaßnahme" zusammen mit weiteren 300 an den Partisanenkämpfen
unbeteiligten Dorfbewohnern - überwiegend Frauen und Kinder - sowie 12 gefangen
genommenen Partisanen erschossen. Das Dorf wurde niedergebrannt.
2
Wegen dieses Vorgangs nehmen sie die Beklagte aus eigenem Recht (Nachteile in der
beruflichen Ausbildung und in ihrem Fortkommen sowie gesundheitliche Schäden) und
aus übergegangenem Recht (Zerstörung des elterlichen Hauses nebst Inventar und
Warenbestand des von ihren Eltern geführten Einzelhandelsgeschäftes) im Wege der
Feststellungsklage auf Schadensersatz bzw. auf Leistung einer Entschädigung in
Anspruch. Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche waren bereits
Gegenstand eines von der Präfektur Böotien für die Kläger und weitere Geschädigte vor
dem Kammergericht Livadeia (Griechenland) geführten Rechtsstreits, in dem die - nicht
vertretene - Beklagte, soweit es um die Ansprüche der Kläger geht, rechtskräftig zur
Zahlung von insgesamt 240.000.000 Drachmen verurteilt worden ist. Im übrigen ist die
Klage abgewiesen worden.
3
Die Kläger haben beantragt,
4
##blob##nbsp;
5
1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Erbengemeinschaft, bestehend
aus den Klägern zu 1. bis 4., als Gesamtgläubigern nach den Eheleuten N. A. S. und
V. N. S., verstorben am 10.06.44, den materiellen Schaden zu ersetzen, der durch
den Einsatz der 4. SS-Pol. Pz. Gren. Division am 10.06.44 in Distomo entstanden ist,
6
##blob##nbsp;
7
hilfsweise,
8
##blob##nbsp;
9
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, der Erbengemeinschaft, bestehend
aus den Klägern zu 1. bis 4., als Gesamtgläubigern für den aufgrund des Einsatzes
der 4. SS-Pol. Pz. Gren. Division am 10.06.44 in Distomo entstandenen materiellen
Schaden eine angemessene Entschädigung in noch festzusetzender Höhe zu
zahlen;
10
##blob##nbsp;
11
2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger zu 1. für die aufgrund
der Ereignisse am 10.06.44 entstandenen Nachteile in seiner Ausbildung und
seinem beruflichen Fortkommen sowie für die aufgrund des Ereignisses vom
10.06.44 entstandenen gesundheitlichen Schäden Schadensersatz in angemessener
Höhe,
12
##blob##nbsp;
13
hilfsweise,
14
##blob##nbsp;
15
eine angemesse Entschädigung in noch festzusetzender Höhe zu zahlen;
16
##blob##nbsp;
17
3. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin zu 2. für die
aufgrund des Ereignisses vom 10.06.44 in ihrer Ausbildung und ihrem beruflichen
Fortkommen entstandenen Nachteile sowie für die aufgrund des Ereignisses vom
10.06.44 entstandenen gesundheitlichen Schäden einen angemessenen
Schadensersatz,
18
##blob##nbsp;
19
hilfsweise,
20
##blob##nbsp;
21
eine angemessene Entschädigung in noch festzusetzender Höhe zu zahlen;
22
##blob##nbsp;
23
4. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin zu 3. für die
aufgrund des Ereignisses vom 10.06.44 in ihrer Ausbildung und ihrem beruflichen
Fortkommen entstandenen Nachteile sowie für die aufgrund des Ereignisses vom
10.06.44 entstandenen gesundheitlichen Schäden einen angemessenen
Schadensersatz,
24
##blob##nbsp;
25
hilfsweise,
26
##blob##nbsp;
27
eine angemessene Entschädigung in noch festzusetzender Höhe zu leisten;
28
##blob##nbsp;
29
5. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin zu 4. für die
aufgrund des Ereignisses vom 10.06.44 in ihrer Ausbildung und ihrem beruflichen
Fortkommen entstandenen Nachteile sowie für die aufgrund des Ereignisses vom
10.06.44 entstandenen gesundheitlichen Schäden einen angemessenen
Schadensersatz,
30
##blob##nbsp;
31
hilfsweise,
32
##blob##nbsp;
33
eine angemessene Entschädigung in noch festzusetzender Höhe zu zahlen.
34
Die Beklagte hat beantragt,
35
##blob##nbsp;
36
die Klage abzuweisen.
37
Zur Begründung ihres Abweisungsantrages hat sie darauf verwiesen, daß die Vorgänge
in Distomo dem Kriegsgeschehen zuzurechnen seien und daß deshalb ein Ausgleich
wegen eingetretener Schäden nur zwischen den beteiligten Staaten stattfinde.
Zivilrechtliche Ersatzansprüche einzelner Staatsangehöriger bestünden neben diesen
völkerrechtlich als Reparationen einzuordnenden Ansprüchen dagegen nicht. Es sei
Sache des reparationsberechtigten Staates, aus ihm gezahlten Reparationen die
Individualansprüche der geschädigten Staatsbürger zu befriedigen.
38
Außerdem bestehe der Vorbehalt des Artikel 5 Abs. 2 des Londoner
Schuldenabkommens nach wie vor weiter, wonach die Prüfung und ein Ausgleich
derartiger Forderungen bis zu einer endgültigen Regelung der Reparationsfrage
zurückgestellt werde. Der auf Herstellung der endgültigen Souveränität des vereinigten
39
Deutschland gerichtete Zwei-plus-Vier-Vertrag ändere hieran nichts.
Schließlich sei auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende die
Reparationsfrage als obsolet anzusehen. Sie habe nach Jahrzehnten friedlicher,
vertrauensvoller und fruchtbarer Zusammenarbeit der Bundesrepublik mit der
internationalen Staatengemeinschaft ihre Berechtigung verloren.
40
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dazu im wesentlichen darauf
verwiesen, daß etwa bestehende Individualansprüche nicht von den betroffenen
Ausländern gegen den geschädigten Staat, sondern nur von Staat zu Staat geltend
gemacht werden könnten. Griechenland habe derartige Individualansprüche aufgrund
des Pariser Abkommens vom 14.01.1946 und des Londoner Schuldenabkommens vom
27.02.1953 zunächst bis zu einem Reparationsabkommen gestundet. Mit dem Zwei-
plus-Vier-Vertrag sei die Reparationsfrage auch im Verhältnis zu den nicht unmittelbar
am Vertrag beteiligten Kriegsparteien abschließend in dem Sinne geregelt worden, daß
Reparationen nicht zu leisten seien. Von dem Vertrag nicht erfaßt seien zwar
Individualansprüche der Geschädigten nach nationalem Recht. Ansprüche nach dem
Bundesentschädigungsgesetz scheiterten jedoch schon daran, daß es sich nicht um
eine Verfolgungsmaßnahme im Sinne des § 1 BEG-Schlußgesetz handele. Für einen
Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Artikel 34 GG fehle es an der zum
Zeitpunkt des Verbrechens nicht verbürgten Gegenseitigkeit gemäß § 7 RBHG.
41
Gegen das ihnen am 04.07.1997 zugestellte Urteil haben die Kläger mit einem bei
Gericht am 04.08.1997 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie innerhalb
der ihnen bis zum 19.01.1998 eingeräumten Fristverlängerungen mit einem am Tage
des Fristablaufs eingegangenen Schriftsatz begründet haben.
42
Im wesentlichen führen sie aus: Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestehe
kein völkerrechtlicher Grundsatz des Inhalts, wonach Ansprüche aus dem
Kriegsgeschehen zuzuordnenden Handlungen nur von Staat zu Staat geltend gemacht
werden könnten. Vielmehr sei dem Völkerrecht die Parallelität von staatlichen
Reparationsansprüchen und individuellen Schadensersatzansprüchen wohl bekannt.
Artikel 5 Abs. 2 des Londoner Schuldenabkommens stehe den Ansprüchen der Kläger
nicht entgegen. Auch seien sie nicht durch völkerrechtliche Verträge oder
Verzichtserklärungen aus der Nachkriegszeit erloschen. Ebensowenig könne ihnen
entgegengehalten werden, daß die Vier Mächte anläßlich des Zwei-plus-Vier-Vertrages
Verzichtserklärungen zu Lasten der an diesem Abkommen nicht beteiligten Drittstaaten
und deren Staatsangehöriger abgegeben hätten oder hätten abgeben wollen. Einem
Anspruch aus Staatshaftung stehe nicht entgegen, daß im Verhältnis zu Griechenland
zur Tatzeit nicht die Gegenseitigkeit verbürgt gewesen sei. § 7 RBHG könne
Staatshaftungsansprüchen aus völkerrechtlichen Verbrechen nicht entgegengehalten
werden; dies wäre schon mit völkerrechtlichen Haftungsgrundsätzen, die nach Artikel 25
GG vorgingen, unvereinbar und im übrigen auch nicht mit dem Sinn und Zweck dieser
Haftungsgrundsätze in Einklang zu bringen. Überdies verstoße § 7 RBHG gegen das
Diskriminierungsverbot des Artikel 6 Abs. 1 EGV.
43
Die Kläger beantragen,
44
##blob##nbsp;
45
das angefochtene Urteil abzuändern und
46
##blob##nbsp;
47
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Erbengemeinschaft, bestehend
aus den Klägern zu 1. bis 4. als Gesamtgläubigern nach den Eheleuten N. A. S. und
V. N. S., verstorben am 10.06.1944, den materiellen Schaden zu ersetzen, der durch
den Einsatz der 4. SS-Pol. Pz. Gren. -Division am 10.06.1944 in Distomo entstanden
ist;
48
##blob##nbsp;
49
hilfsweise,
50
##blob##nbsp;
51
festzustellen, daß die Beklagte dazu verpflichtet ist, der Erbengemeinschaft,
bestehend aus den Klägern zu 1. bis 4. als Gesamtgläubigern, für den aufgrund des
Einsatzes der 4. SS-Pol. Pz. Gren.-Division am 10.06.1944 in Distomo entstandenen
materiellen Schaden eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
52
##blob##nbsp;
53
2. festzustellen, daß die Beklagte dazu verpflichtet ist, an die Kläger zu 1. bis 4. für
die ihnen aufgrund des Ereignisses vom 10.06.1944 entstandenen Nachteile in ihrer
Ausbildung und in ihrem beruflichen Fortkommen sowie für die aufgrund des
Ereignisses vom 10.06.1944 entstandenen Schaden Schadensersatz in
angemessener Höhe,
54
##blob##nbsp;
55
hilfsweise,
56
##blob##nbsp;
57
eine angemessene Entschädigung in noch festzusetzender Höhe an den jeweiligen
Kläger zu zahlen.
58
Die Beklagte beantragt,
59
##blob##nbsp;
60
die Berufung zurückzuweisen.
61
Das Landgericht habe zutreffend darauf verwiesen, daß die vorliegend maßgebliche
Reparationsregelung sich bereits im Pariser Abkommen vom 14.01.1946 finde. In dem
Abkommen werde das gesamte deutsche für Reparationsleistungen zur Verfügung
stehende Wirtschaftsgut zwischen den 18 Signaturmächten des Abkommens, zu denen
auch Griechenland gehöre, aufgeteilt und quotiert. Im übrigen seien etwaige Ansprüche
der Kläger nach § 1 Abs. 1 AKG erloschen. Der Erlöschensgrund beziehe sich auch auf
Amtshaftungsansprüche. Einem Amtshaftungsanspruch stehe überdies § 7 RBHG
entgegen. Das Grundgesetz und damit auch Artikel 25 GG sei auf vorkonstitionelle
62
Haftungsfälle wie den vorliegenden nicht anwendbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der beiderseits gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen
verwiesen.
63
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
64
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
65
I.
66
Die Klage begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Insbesondere steht ihrer
Zulässigkeit nicht entgegen, daß die mit ihr geltend gemachten Ansprüche (teilweise)
auch Gegenstand eines von der Präfektur Böotiens in Prozeßstandschaft für die Kläger
und weitere Bewohner des Dorfes Distomo vor dem Kammergericht in Livadeia
geführten Zivilverfahrens waren und daß das griechische Gericht der Klage mit in
Rechtskraft erwachsenem Versäumnisurteil vom 30.10.1997 teilweise stattgegeben hat.
Denn bereits zuvor hatte das Landgericht Bonn mit am 23.06.1997 verkündetem Urteil
über die hier anhängig gemachte Klage entschieden. Danach entfaltete dieses Urteil
bereits Wirkungen, bevor das ausländische Urteil ergangen war, so daß letzteres
aufgrund der Regelungen des "Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen" vom 26.05.1989 (Art. 26, 27 Zif. 3 EuGVÜ), das an die Stelle des
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland
geschlossenen "Vertrages über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von
gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und
Handelssachen" vom 04.11.1961 getreten ist (Art. 55 EuGVÜ), im Inland keine Wirkung
entfalten kann (Zöller-Geimer, ZPO, 20. Aufl., Anh. I Art. 27 GVÜ, Rd. 25 ff.). Das
Landgericht war deshalb nicht gehindert, eine Sachentscheidung zu treffen.
67
II.
68
In der Sache selbst hat die Klage jedoch keinen Erfolg. Den Klägern steht gegenüber
der beklagten Bundesrepublik weder aus eigenem noch aus übergegangenem Recht
ein Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch zu.
69
1. Für einen völkerrechtlichen Haftungsanspruch sind die Kläger nicht aktivlegitimiert.
70
a) Bei der Massenexekution und der Brandschatzung des Dorfes Distomo am
10.06.1944 durch eine Einheit der 4. SS-Pol. Pz. Gren.-Division, aus denen die Kläger
ihre Ansprüche herleiten, handelt es sich um dem Kriegsrecht unterliegende
völkerrechtswidrige Handlungen.
71
Seit dem Angriff der deutschen Wehrmacht am 06.04.1941 (vgl. dazu Gerhardt,
Handbuch der Deutschen Geschichte, 9. Aufl., Bd. 4, S. 524) war Griechenland u. a.
durch deutsche Truppen besetzt. Während der Besetzung ist es nicht nur in Distomo,
sondern auch in anderen Orten zu Massenexekutionen gekommen (vgl. Hering in:
Handbuch der Europäischen Geschichte, 1. Aufl., 7. Bd., S. 1326). Das hier zu
beurteilende Geschehen erfolgte durch eine der deutschen Wehrmacht (Heeresgruppe
E) eingegliederte Truppeneinheit.
72
Deren Einheitsführer handelte zwar, wie sich schon aus der gegen ihn gerichteten
disziplinarischen Untersuchung ergibt (vgl. die mit der Klage überreichten Anlagen),
militärischen Weisungen zuwider, als er die Exekution der Dorfbewohner und die
Brandschatzung des Dorfes befahl. Er war sich dessen auch bewußt, weil er den Anlaß
der Exekution im Nachhinein durch einen falschen Gefechtsbericht zu vertuschen
versuchte. Gleichwohl handelt es sich um eine dem Kriegsvölkerrecht unterliegende
Handlung. Denn die Haftung für die zur bewaffneten Macht gehörenden Personen
besteht nicht nur dann, wenn diese kompetenzmäßige Akte begehen, sondern auch
dann, wenn sie ohne oder gegen Befehle handeln (vgl. etwa: Berber, Lehrbuch des
Völkerrechts, Zweiter Band, Kriegsrecht, 2. Auf., (1969), S. 48; ders., a.a.O., Dritter Band,
Streiterledigung, Kriegsverhütung, Integration, 2. Aufl. (1977), S. 13; Castrén, The
present Law of War and Neutrality, S. 594). Dies hat seinen Grund darin, daß auch
Handlungen der ihre Kompetenzen überschreitenden Organe äußerlich als
Staatshandlungen erscheinen, sofern sie überhaupt nur im Rahmen der staatlichen
Tätigkeit liegen. Der Staat setzt seine Organe in die Organstellung ein, er überträgt
ihnen die öffentliche Gewalt und verschafft ihnen damit auch die Möglichkeit, diese zu
mißbrauchen. Daher erscheint es nach zutreffender Ansicht im Interesse der Sicherheit
des internationalen Verkehrs geboten, den Staat auch für Schäden haften zu lassen, die
durch Kompetenzüberschreitungen seiner Organe veranlaßt sind (Schoen, Die
völkerrechtliche Haftung aus unerlaubten Handlungen, S. 48).
73
b) Die hier zu beurteilenden Vorgänge verstießen in eklatanter Weise gegen das
"Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges" vom 18.10.1907
(Haager Landkriegsordnung-LKO). Verstoßen wurde insbesondere gegen die
kriegsvölkerrechtlichen Verbote, Angehörige des feindlichen Volkes meuchlerisch zu
töten (Art. 23 lit. b d. Anl. zur LKO) und feindliches Eigentum zu zerstören (Art. 23 lit. g d.
Anl. zur LKO). Von der Art des Vorgehens und seinen Auswirkungen her stellt sich das
von der damaligen militärischen Führung als "Sühnemaßnahme" bezeichnete
Geschehen als Massaker an der Zivilbevölkerung dar.
74
Der Anwendung der Haager Landkriegsordnung steht nicht entgegen, daß sie zwar am
26.01.1910 vom Deutschen Reich, nicht jedoch von Griechenland ratifiziert worden ist
und es deshalb an der formalen Voraussetzung fehlt, wonach das Abkommen nur
zwischen den Vertragsparteien gilt (sog. Allbeteiligungsklausel). Denn mit dem
Abkommen sind lediglich die bis dahin bestehenden, gewohnheitsrechtlich anerkannten
"coutumes de la guerre" kodifiziert worden (Laun, Die Haager Landkriegsordnung, 3.
Aufl. (1947), Einl. S. 26/27; ebenso: Berber, a.a.O., Dritter Band, § 3 IV; Ipsen,
Völkerrecht, 3. Aufl. (1990), S. 1034; zu der neueren Kodifikation vgl. das
"Zusatzprotokoll vom 12.12.1977 zu dem Genfer Abkommen vom 12.08.1949 über den
Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte", BT-Drucksache 11/6770, 7), so
daß die Haftung der Beklagten für die im Jahre 1944 begangenen Kriegsverbrechen
grundsätzlich gegeben ist. Diesen Standpunkt hat auch der Nürnberger
Militärgerichtshof eingenommen, indem er erklärt hat, daß die Haager
Landkriegsordnung Bestandteil des allgemeinen Völkerrechts sei und deshalb auch in
Konflikten gelte, in denen diese Bedingungen nicht erfüllt seien (vgl. Seidl-
Hohenveldern, Völkerrecht, 9. Aufl. (1997), Rd. 1826).
75
c) Folge der gegen die Eltern der Kläger begangenen Kriegsverbrechen ist, daß die
Beklagte grundsätzlich zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist. In dem -
entsprechend anwendbaren - Art. 3 der Haager Landkriegsordnung ist bestimmt, daß
76
die Kriegspartei, die die LKO verletzt, nicht nur selbst für den aus dieser Verletzung
entstandenen Schaden haftet, sondern auch für alle Handlungen verantwortlich ist, die
von den zu ihrer bewaffneten Macht gehörenden Personen begangen wurden. Damit
wurde für den Bereich des Landkriegsrechts eine Regel kodifiziert, die, was die
unmittelbare Haftung der Kriegspartei für ihre eigenen Handlungen anbelangt, nichts
anderes ist als der gewohnheitsrechtlich in Frieden und Krieg geltende allgemeine
Haftungsgrundsatz (Berber a.a.O., Zweiter Band, S. 238). Für die Art der
Schadensersatzleistung, die regelmäßig als Reparation bezeichnet wird, gelten die
Regeln des allgemeinen völkerrechtlichen Haftungsrechts, soweit nicht ein
Friedensvertrag die Einzelheiten regelt.
d) Den Klägern steht jedoch nicht die Befugnis zu, einen - bei Vorliegen der übrigen
Voraussetzungen - gegebenen völkerrechtlichen Schadensersatzanspruch gegenüber
der Beklagten geltend zu machen.
77
Da das Völkerrecht prinzipiell nur Rechte und Pflichten von Völkerrechtssubjekten
regelt, können nur Völkerrechtssubjekte, wie Subjekte der internationalen
Rechtsverletzung, so auch Subjekte des völkerrechtlichen Haftungsanspruches sein
(Berber a.a.O., Dritter Band, S. 19). Im Völkerrecht gilt auch heute noch nach
überkommener und ganz überwiegend vertretener Ansicht im allgemeinen der
Grundsatz der Mediatisierung des Einzelnen. Es wird fingiert, daß in der Person des
Geschädigten dessen Heimatstaat geschädigt wurde, zusätzlich zu einer oft ebenfalls
gegebenen Direktschädigung des Heimatstaates. Ein Einzelner kann also
Schadensersatzansprüche gegen einen Staat nur vorbringen, wenn sein Heimatstaat
diesen Anspruch im eigenen Namen geltend macht. Die Mediatisierung macht es dem
Einzelnen in der Regel unmöglich, Träger völkerrechtlicher Rechte zu sein. Es wird ihm
nicht nur die Handlungsfähigkeit im Wege des sog. "self-executing" verweigert.
Vielmehr stehen die Ansprüche selbst in der Regel nicht ihm, sondern seinem
Heimatstaat zu (vgl. Schoen, a.a.O., S. 135; Kelsen, Unrecht und Unrechtsfolgen im
Völkerrecht, ZöR, Bd. XII, S. 481 (523); Berber a.a.O.; Seidl-Hohenveldern, a.a.O., Rd.
927 ff. und 1654 ff.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 1976, S. 633 unter
Hinweis auf StIGH im Falle der Mavrommatis Palestine Concessions, A 2, S. 12 und im
Falle der Panivizys/Sandutiskis Railway, A/B 76, S. 16; Ipsen, a.a.O., § 7).
78
Völkerrechtserheblich für einen anderen Staat kann ein Individium werden, wenn sein
Heimatstaat und jener andere Staat Beteiligte einer völkerrechtlichen Beziehung sind,
die das Individium betrifft. In diesem Fall kann es ausnahmsweise eine partielle
Völkerrechtsfähigkeit erlangen, und es wird Träger ganz bestimmter, ihm zugeordneter
Rechte und Pflichten allein in der Beziehung zu den Staaten, die diese Zuordnung
vorgenommen und seine partielle Völkerrechtsfähigkeit anerkannt haben (Ipsen, a.a.O.,
S. 76; vgl. z. B. Art. 25 EMRK vom 04.11.1950). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend
nicht gegeben. Artikel 3 der Haager Landkriegsordnung räumt dem in seinen Rechten
verletzten Individium nicht die Befugnis ein, von einem Staat in einem gerichtsförmigen
Verfahren Schadensersatz zu verlangen. Der Einzelne kann deshalb für im Völkerrecht
wurzelnde Ansprüche grundsätzlich weder die Feststellung des Unrechts noch einen
Unrechtsausgleich verlangen. Er ist nicht reklamationsberechtigt.
79
2. Die mit der Klage verfolgten Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche
ergeben sich auch nicht aus nationalem Recht.
80
a) Dabei kann dahinstehen, ob generell neben völkerrechtlichen Ansprüchen solche
81
aus nationalem Recht überhaupt bestehen können. Dies wird teils mit der Begründung
verneint, daß in Bezug auf Schäden, die dem Vermögen und der Person feindlicher
Staatsbürger im Zusammenhang mit dem Kriege zugefügt werden, der Grundsatz des
umfassenden Einstehenmüssens der Staaten für das Tun aller Personen gelte, die er in
irgendeiner Form im Rahmen seiner Maßnahmen einsetzt (Grundsatz der Exklusivität
des Völkerrechts; vgl. Féaux de la Croix, Schadensersatzansprüche ausländischer
Zwangsarbeiter im Lichte des Londoner Schuldenabkommens, NJW 1960, 2208; ders.,
Betrachtungen zum Londoner Schuldenabkommen, in: Festschrift für Bilfinger, S. 27 (61
ff.); ähnlich: Granow, Ausländische Kriegsschädenansprüche und Reparationen, AöR
77, 67 ff.; dagegen aber: BVerfG NJW 1996, 2271).
Offenbleiben kann ferner, ob für den Fall, daß Schadensersatz- oder
Entschädigungsansprüche der Kläger bestehen sollten, deren Geltendmachung gemäß
Art. 5 Abs. 2 des Abkommens über Deutsche Auslandsschulden vom 27.02.1953
(Londoner Schuldenabkommen) bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage
suspendiert ist (vgl. dazu: Gurski, Komm. zum LAK S. 185 ff.; ders., Der Fall "Bothania",
BB 1954, 397 ff.) und ob diese Voraussetzung inzwischen gegeben ist. Soweit das
Landgericht vor allem im Anschluß an Eichhorn (Reparationen als völkerrechtliche
Deliktshaftung (1992), S. 143 ff.) und Rauschning (Beendigung der Nachkriegszeit nach
dem Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, DVBl. 1990,
1275 ff.) im Hinblick auf den Abschluß des Zwei-plus-Vier-Vertrages angenommen hat,
daß mit ihm eine umfassende friedensvertragliche Regelung auch mit den nicht an dem
Vertrag unmittelbar beteiligten Vertragsstaaten des Londoner Schuldenabkommens
getroffen worden ist und Griechenland auf Schadensersatz- und
Entschädigungsansprüche, auch soweit es sich um dem Völkerrecht unterstellte
Individualansprüche handelt, (konkludent) verzichtet hat, erscheint dies schon deshalb
zweifelhaft, weil Griechenland an den Vertragsverhandlungen und am Abschluß des
Vertrages nicht beteiligt war. Über die Ansprüche Griechenlands konnten die
Signatarmächte nicht entscheiden. Verträge zu Lasten Dritter kennt das Völkerrecht -
von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - ebensowenig wie das
Privatrecht. Es widerspricht dem Grundsatz der Souveränität, über völkerrechtlich
begründete Ansprüche gegen oder ohne Einwilligung des betroffenen Staates zu
befinden (vgl. z. B. Seidl-Hohenveldern, a.a.O., Rd. 323 ff.).
82
Schließlich braucht auch nicht entschieden zu werden, ob eine Haftung der Beklagten
aus dem Gesichtspunkt der Funktionsnachfolge für gegen das Deutsche Reich
gerichtete Ansprüche durch die Regelung des § 2 Nr. 1 des "Gesetzes zur Allgemeinen
Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reichs
entstandener Schäden" vom 05.11.1957 (Allgemeines Kriegsfolgengesetz - AKG)
wirksam ausgeschlossen ist (vgl. dazu: Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, §
839, Rd. 67 m.w.N.) oder ob bei der vorliegenden Sachgestaltung die
Ausnahmevorschriften der §§ 5 oder 101 AKG greifen.
83
b) Ein Anspruch der Kläger nach dem Bundesentschädigungsgesetz in der zuletzt
geltenden Fassung vom 14.09.1965 (BEG-Schlußgesetz) scheidet schon deshalb aus,
weil die Kläger oder ihre Eltern nicht zu dem nach § 1 BEG geschützten Personenkreis
gehören. Entschädigungsberechtigt sind danach nur Personen oder ihnen
gleichgestellte Personen (Abs. 2), die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung
geworden sind und dadurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit,
Vermögen oder ihrem beruflichen oder wirtschaftlichen Fortkommen erlitten haben.
Diese Voraussetzungen sind ersichtlich nicht gegeben. Bei der Brandschatzung des
84
Dorfes und der Exekution ihrer Bewohner handelte es sich, wie oben bereits dargelegt
worden ist, um dem Kriegsgeschehen zuzuordnende Handlungen. Gründe der
politischen Gegnerschaft oder der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung
lagen ihnen nicht zugrunde.
c) Ebensowenig steht den Klägern ein Amtshaftungsanspruch zu. Dessen
Voraussetzungen richten sich nach dem zur Tatzeit maßgeblichen Rechtszustand,
wobei (auch) bei im Ausland begangenen Amtshaftungsdelikten deutsches Recht
anzuwenden ist (vgl. Palandt-Heldrich, 57. Aufl., (IPR) EGBGB 38, Rd. 23 m.w.N.).
Einschlägig ist danach § 839 BGB mit seiner damaligen staatsrechtlichen Verankerung
in Art. 131 WeimVerf., die auch noch während der politischen Wandlungen nach 1933
bestehen geblieben ist (RGZ 160, 193 (196)). Für danach begründete
Reichsverbindlichkeiten hätte die Beklagte in Funktionsnachfolge des Deutschen
Reichs einzustehen (vgl. z. B. Sachs-Ipsen/Koch, Grundgesetz, 1. Aufl. (1996), Art. 134,
Rd. 7 m.w.N.).
85
Die Beklagte haftet danach jedoch nicht. Schadensersatz wird nach diesen Vorschriften
nur geschuldet, wenn die im einzelnen verletzte Amtspflicht auch gerade gegenüber
dem Geschädigten bestand (sog. Drittbezogenheit). Ob im Einzelfall der Geschädigte zu
dem Kreis der Dritten gehört, beantwortet sich dabei entscheidend danach, ob die
Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch - den Zweck hat, das
Interesse gerade dieses Geschädigten wahrzunehmen. Nur wenn sich aus den die
Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der
besonderen Natur des Amtsgeschäftes ergibt, daß der Geschädigte zu dem
Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und den rechtlichen
Bestimmungen des Amtsgeschäfts geschützt werden sollten, besteht ihm gegenüber
eine Amtspflicht. Hingegen tritt anderen Personen gegenüber, selbst wenn sich die
Amtspflicht auf sie mehr oder weniger nachteilig auswirkt, eine Ersatzpflicht nicht ein
(Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl., S. 47/48).
86
Die Drittbezogenheit der Amtspflicht wird zwar nach allgemeiner Meinung gerade bei
der Verletzung absoluter Rechte bejaht. Der unmittelbar Verletzte kann deshalb in
einem solchen Fall die Beseitigung der Unrechtsfolgen verlangen. Das gilt jedoch
grundsätzlich nicht für Kriegsschäden, also für solche Nachteile und Verluste, die von
Nichtkombattanten an ihrer Person, ihrem Eigentum oder ihrem Vermögen durch Kriegs-
oder Besetzungshandlungen, namentlich durch die Anwendung bewaffneter Gewalt,
erlitten werden (Granow, in: Handbuch des Völkerrechts, 2. Aufl. (1961) Zweiter Band,
S. 359). Der Krieg ist ein Ausnahmezustand des Völkerrechts. Sein Wesen besteht im
umfassenden Rückgriff auf die Gewalt, die nicht nur die Rechtsgüter eines Staates und
seiner Bürger bedroht, sondern auch zur Grundlage aller Beziehungen zwischen
mehreren Staaten wird. In dem von Gewaltanwendung geprägten Zustand wird die
bisher geltende Rechtsordnung weitgehend suspendiert, und an die Stelle der
suspendierten Vorschriften der normalerweise geltenden Rechtsordnung tritt eine
Ausnahmeordnung ("ius in bello"). Ihrem Wesen nach gelten in ihr jene Normen nicht,
die im Rahmen der Friedensordnung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen für
die Verletzung von Amtspflichten gehaftet wird. Die Vorstellung, die kriegsführenden
Parteien hafteten nach Deliktsgrundsätzen den Millionen von Opfern und Geschädigten
gegenüber, ist deshalb dem Amtshaftungsrecht systemfremd. Es gelten vielmehr bei
bewaffneten Auseinandersetzungen die Regelungen des internationalen Kriegsrechts,
die das Amtshaftungsrecht überlagern.
87
Etwas anderes könnte indessen gelten, wenn sich die handelnden Organe außerhalb
des für die Kriegsführung geltenden Regelwerks stellen. Dies ist namentlich der Fall,
wenn die in der Haager Landkriegsordnung postulierten Handlungs- und
Unterlassungspflichten verletzt werden. Die Frage ist deshalb, ob für diesen Fall nicht
nur dem Staat, sondern auch dem Einzelnen, der in seinen Rechten verletzt wird, ein
Anspruch auf Beseitigung der Unrechtsfolgen eingeräumt wird (vgl. dazu Kelsen, a.a.O.,
S. 522 f).
88
Hierfür könnte die in Art. 3 LKO getroffene Regelung sprechen, die die Verpflichtung
ausspricht, bei Verstößen gegen die Haager Landkriegsordnung Schadensersatz zu
leisten. Dies besagt aber noch nicht, daß dem in seinen Interessen verletzten Individium
auch ein entsprechendes subjektives Recht zusteht. Bei der Prüfung, ob eine Norm dem
Individium ein Recht gewährt, ist zu unterscheiden zwischen den echten
Berechtigungen im Sinne einer personalen Zuordnung des Rechts einerseits sowie
andererseits einer bloßen Begünstigung des Individiums, die als Reflex aus Rechten
und Pflichten der Staaten entstehen kann (Ipsen, a.a.O., S. 76; Verdross/Simma, a.a.O.,
S. 256/257). An einer solchen personalen Zuordnung des Rechts fehlt es hier. Das
Regelwerk der LKO spricht durchweg nur die "Kriegspartei" und die "Kriegsführenden"
als Zuordnungsobjekte an. Eine Befugnis des Einzelnen in dem Sinn, daß er bei
Rechtsverletzungen reklamationsberechtigt sein soll, ist in der LKO nicht vorgesehen.
89
Ein Anspruch aus Amtspflichtsverletzung besteht deshalb nicht. Der - vom Landgericht
im Ergebnis bejahten - Frage, ob ein Amtshaftungsanspruch daran scheitert, daß zu
dem hier maßgeblichen Zeitpunkt (1944) im Verhältnis zu Griechenland die
Gegenseitigkeit nicht verbürgt war (vgl. § 7 des Gesetzes über die Haftung des Reichs
für seine Beamten vom 22.05.1910 - RBHG) braucht daher nicht weiter nachgegangen
zu werden (zu der veränderten Rechtslage vgl. MüKo-Papier, BGB, 3. Aufl., § 839, Rd.
340 ff.).
90
d) Schließlich können die Kläger auch keine Entschädigung in entsprechender
Anwendung des Art. 153 WeimVerf. bzw. § 75 EinlPreußALR nach den Grundsäzten
des enteignungs- und aufopferungsgleichen Eingriffs beanspruchen. Dafür fehlt es
schon an der beiden Ansprüchen gemeinsamen Voraussetzung, daß es sich um einen
Eingriff aufgrund von E i n z e l - Maßnahmen der Staats- v e r w a l t u n g handeln muß.
Durch diese Einengung sollten gerade Schäden im Gefolge von kriegerischen
Auseinandersetzungen von der Entschädigungspflicht generell ausgenommen werden
(vgl. Ossenbühl, a.a.O., S. 110 f.; Kreft, a.a.O., Vor § 839, Rd. 4 f.). Überdies fehlt es bei
kriegsbedingten Handlungen an der Intention, dem Betroffenen ein besonderes Opfer im
Interesse der Allgemeinheit aufzuerlegen.
91
III.
92
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
93
Die Revision zum Bundesgerichtshof ist zuzulassen. Die Entscheidung berührt
Rechtsfragen von grundsäztlicher Bedeutung, die noch nicht entschieden worden sind
und die wichtige Problemkreise betreffen, zu denen unterschiedliche Ansichten
vertretbar sind.
94
Streitwert: 25.000,00 DM.
95