Urteil des OLG Köln vom 26.05.2000

OLG Köln: gemischte schenkung, unterhalt, bedürftigkeit, grundstück, wohnrecht, vollziehung, miete, herausgabe, entgeltlich, datum

Oberlandesgericht Köln, 3 W 39/00
Datum:
26.05.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 W 39/00
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 8 O 5/00
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 03.04.2000 (Blatt 108 GA)
gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom
21. März 2000 - 8 O 5/00 - (Blatt 90 bis 93 GA) wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der
Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht Aachen den Antrag der
Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage
mangels Bedürftigkeit zurückgewiesen (§ 114, 115 ZPO).
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Dabei kann im Ergebnis letztendlich dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin ihre
Bedürftigkeit schuldhaft mit der Folge herbeigeführt hat, dass ihr Prozesskostenhilfe zu
verweigern war, weil es nicht Aufgabe des Staates sein kann, der "prozessarmen" Partei
die Führung eines Prozesses zu finanzieren, wenn diese in Ansehung eines drohenden
Prozesses ihr Vermögen in vorwerfbarer Weise schmälert. Die Antragstellerin ist nicht
bedürftig im Sinne der §§ 114, 115 ZPO, wobei zu berücksichtigen ist, dass auf ihrer
Seite maximal ca. 6.000,-- DM Prozesskosten anfallen.
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Nach Auffassung des Senates kann der Antragstellerin nämlich gem. § 528 Abs. 1 ZPO
gegen ihre Tochter ein Rückforderungsanspruch wegen Notbedarfs zustehen, mit der
Folge, dass es der Antragstellerin zumutbar ist, sich zunächst an ihre Tochter zu halten,
um die Mittel zur Finanzierung des Prozesses zu erhalten. Erst wenn feststeht, dass
solche Ansprüche - aus welchen Gründen auch immer - nicht durchsetzbar sind, könnte
von einer "Prozessarmut" auf Seiten der Antragstellerin ausgegangen werden.
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Der Antragstellerin steht gegen ihre Tochter der Rückforderungsanspruch aus § 528
Abs. 1 BGB zu, da nach Vollziehung der Schenkung die Antragstellerin außer Stande
ist, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Zum angemessenen Unterhalt gehört
auch die Führung eines Prozesses in eigenen Angelegenheiten, insbesondere dann,
wenn es sich im weitesten Sinne um Familienangelegenheiten handelt. Dies zeigt
bereits die Existenz des § 127 a ZPO. Danach steht dem Unterhaltsberechtigten gegen
den Unterhaltsverpflichteten ein Prozesskostenvorschuss zu. Auch die §§ 620 Nr. 9
ZPO und 621 f Abs. 1 ZPO sowie der § 1360 a Abs. 4 BGB regeln die Verpflichtung zur
Leistung eines Kostenvorschusses durch den Unterhaltsschuldner in Ehe- und
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Familiensachen sowie persönlichen Angelegenheiten. All dies zeigt, dass es auch zum
angemessenen Unterhaltsbedarf gehört, in höchstpersönlichen Angelegenheiten einen
Gerichtsprozess führen zu können. Anderenfalls würde einem Unterhaltsberechtigten
kein Anspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten auf Tragung der Prozesskosten
zustehen.
Die Antragstellerin ist aufgrund einer (gemischten) Schenkung außer Stande, ihren
angemessenen Unterhalt voll umfänglich zu bestreiten. Dies zeigt der Umstand, dass
sie nicht in der Lage ist, den von ihr beabsichtigten Prozess zu führen.
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In der Übertragung des Hausgrundstückes von der Antragstellerin auf ihre Tochter liegt
eine gemischte Schenkung zugunsten der Tochter. Denn die Tochter hat
gewolltermaßen das Hausgrundstück weit unter Wert erhalten. Der tatsächliche Wert
des Hausgrundstücks beläuft sich auf 370.000,00 DM. Die Tochter der Antragstellerin
hat aber lediglich Verbindlichkeiten i. H. v. 150.000,00 DM, welche auf dem Grundstück
lasteten, abgelöst bzw. übernommen. Die Wertdifferenz von 220.000,00 DM ist nicht
ausgeglichen worden. Insbesondere stellt die Einräumung des Wohnrechtes zugunsten
der Antragstellerin keinen Wertausgleich dar, da dieses Wohnrecht entgeltlich ist und
die Antragstellerin gemäß dem notariellen Übertragungsvertrag vom 5. September 1997
vor dem Notar W. in Eschweiler - UR-Nr.: 1107/1997 - gemäß D. 2. als Entgelt für das
Wohnrecht die ortsübliche Miete zu zahlen hat (vgl. Blatt 24 bis 33; 31 GA = K 8).
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Da nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin die Führung des vorliegenden
Prozesses erst nach Abschluss des Übertragungsvertrages erkennbar und notwendig
geworden ist, ist ihre Bedürftigkeit nach der Vollziehung der Schenkung mit der Folge
eingetreten, dass sie einen Rückforderungsanspruch gemäß § 528 Abs. 1 BGB wegen
Notbedarfs hat. Dabei kann der Beschenkte die Herausgabe des Geschenkes durch
Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrages abwenden, dies wären
vorliegend die Prozesskosten.
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Dieser Herausgabeanspruch der Antragstellerin gegen ihre Tochter ist
Vermögensbestandteil des Vermögens der Antragstellerin. Sie ist gehalten diesen
Anspruch zu realisieren, und den Prozess zu finanzieren.
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Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin möglicherweise ihr Hausgrundstück
zur Finanzierung des Prozesses nicht hätte einsetzen müssen. Veräußerte sie das
Grundstück, so ist sie gehalten, die erzielten Geldmittel einzusetzen. Im übrigen hätte
sie der Antragstellerin Wohnwert des Hauses und Mietwert der Einliegerwohnung
anrechnen lassen müssen.
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Nach alldem steht nach Auffassung des Senates fest, dass der Antragstellerin aus
wirtschaftlichen Gründen die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu verweigern war.
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Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich.
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Beschwerdegebühr: 50,00 DM.
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