Urteil des OLG Köln vom 18.03.2005

OLG Köln: wiedergabe, fotografie, ausgabe, auflösung, schuh, bildschirm, internetseite, vertragsstrafe, pressespiegel, drucker

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 6 U 203/05
18.03.2005
Oberlandesgericht Köln
6. Zivilsenat
Urteil
6 U 203/05
Landgericht Bonn, 9 O 208/05
Auf die Berufung der Beklagten wird unter teilweiser Abänderung des am
19. Oktober 2005 verkündeten Urteils der 9. Zivilkammer des
Landgerichts Bonn - 9 O 208/05 - das Versäumnisurteil der 9.
Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 10. Juni 2005 - 9 O 208/05 -
aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit
Ausnahme der im Verfahren erster Instanz entstandenen Kosten der
Säumnis, die von der Beklagten zu tragen sind.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
I.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen zweier
Zuwiderhandlungen gegen eine von der Beklagten am 13.10.2004 abgegebenen
Unterlassungserklärung in Anspruch genommen, mit der die Beklagte sich verpflichtet
hatte, "es zu unterlassen, Schuhe der C. Schuh GmbH – wie in der Zeitschrift "X." Ausgabe
Nr. 20 vom 07.09.2004, Seite 114, geschehen - abzubilden" und für jeden Fall der
Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 € zu zahlen. Wegen des
zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem
angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat ein Versäumnisurteil erlassen und dieses mit dem angefochtenen
Urteil aufrecht erhalten, soweit die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe
darauf stützt, dass die Beklagte ausweislich eines Screen Shots vom 15.04.2005 den in der
Zeitschrift "X." Ausgabe Nr. 20 vom 07.09.2004, Seite 114, abgedruckten Artikel mit einer
verkleinerten Wiedergabe des dort abgebildeten Fotos in den Pressespiegel der Internet-
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Seite ihres Unternehmens eingestellt hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung der Verurteilung der Beklagten hat das Landgericht unter Anderem
ausgeführt, es könne nach seiner Auffassung nicht darauf ankommen, welche Bildgröße
der Pressespiegel wiedergegeben habe, weil sich die Unterlassungsverpflichtung selbst
nicht auf ein bestimmtes Bildformat bezogen habe. Zudem sei gerichtsbekannt, dass die
Auflösung von Bildwiedergaben innerhalb des Internets nicht nur von der Auflösung des
Monitors, sondern auch von dessen Bildgröße und der Möglichkeit einer
Ausschnittsvergrößerung abhängig sei, so dass der Einwand der Beklagten, das gezeigte
Foto habe kaum oder gar nicht das Schuhwerk der Klägerin erkennen lassen, nicht
durchgreife.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage
insgesamt begehrt. Die Beklagte meint, das Landgericht habe zu Unrecht ihren Einwand,
auf dem ins Internet eingestellten Foto sei kein Schuh der Klägerin identifizierbar und es
seien deshalb keine "Schuhe der C. GmbH" abgebildet worden, zurückgewiesen. Die
streitige Abbildung im Internet sei mit keinem Mittel für den Betrachter derart zu gestalten,
dass irgendein Schuh identifizierbar würde. Die gescannte Abbildung der Magazinseite sei
auf eine sehr geringe Pixelzahl durch Bildgrößenänderung eingestellt und dann auf die
Seite gespeichert worden. Da durch eine Vergrößerung mit der Funktion "Zoom" lediglich
das einzelne Pixel vergrößert dargestellt werde, sich die für die Schärfe der Abbildung
maßgebliche Zahl der Pixel aber nicht verändere, werde die Genauigkeit des Bildes durch
die Vergrößerung nicht verbessert. Es sei im Übrigen von der Klägerin darzulegen, und –
nachdem die Beklagte dies bestritten habe – zu beweisen, dass durch die streitige
Abbildung ein bestimmter Schuh abgebildet werde und nicht irgendeine abgeänderte
schemenhafte Abbildung irgendeines Schuhs. Die Beklagte treffe schließlich kein
Verschulden. Sie habe dem Gestalter der Internetseite ausdrücklich gesagt, dass die
Schuhe der Klägerin nicht erkennbar sein dürften. Daran habe dieser sich gehalten und
das Bild in Qualität und Größe entsprechend bearbeitet.
Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihren
erstinstanzlichen Vortrag, rügt die Verspätung des von ihr bestrittenen Vortrags der
Beklagten zu der angeblichen Speicherung des Bildes mit geringer Pixelzahl und
behauptet, die vorgelegten Screen Shots seien mit einem sehr einfachen
Tintenstrahldrucker hergestellt worden; bereits auf diesem Ausdruck seien die Schuhe der
Klägerin eindeutig zu erkennen. Wäre der Ausdruck auf einem qualitativ hochwertigen
Drucker vorgenommen worden, so hätte kein qualitativer Unterschied zu der Original-
Fotografie in der Zeitschrift "X." mehr bestanden.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Der Klägerin steht der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der
Vertragsstrafe wegen der Einstellung der verkleinerten Wiedergabe des in der Zeitschrift
"X." Ausgabe Nr. 20 vom 07.09.2004, Seite 114, abgebildeten Fotos durch die Beklagte in
den Pressespiegel der Internet-Seite ihres Unternehmens nicht zu, weil sich nicht
feststellen lässt, dass die Beklagte dadurch ihrer Unterlassungsverpflichtung gemäß der
am 13.10.2004 abgegebenen Unterlassungserklärung zuwidergehandelt hat.
Ob ein Handeln eine Zuwiderhandlung darstellt, bestimmt sich nach der durch Auslegung
zu ermittelnden Reichweite der Unterlassungserklärung. Dabei ist die
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Unterlassungserklärung regelmäßig dahingehend zu verstehen, dass davon nicht nur
identische Handlungen erfasst werden sollen, sondern auch kerngleiche Handlungen, die
das Charakteristische der verletzenden Handlung aufweisen (BGH GRUR 1996, 290, 291
– Wegfall der Wiederholungsgefahr I; BGH GRUR 1997, 379, 380 – Wegfall der
Wiederholungsgefahr II; BGH GRUR 1997, 931, 932 - Sekundenschnell; BGH GRUR 1998,
483, 485 – Der M.-Markt packt aus).
Die Beklagte hat sich verpflichtet, es zu unterlassen, "Schuhe der C. Schuh GmbH – wie in
der Zeitschrift "X." Ausgabe Nr. 20 vom 07.09.2004, Seite 114, geschehen - abzubilden".
Eine der danach verbotenen Handlung identische Handlung stellt die Einstellung der
verkleinerten Wiedergabe des in der Zeitschrift "X." Ausgabe Nr. 20 vom 07.09.2004, Seite
114, abgebildeten Fotos auf die Internetseite nicht dar. Der Annahme einer Identität der
Handlungen steht schon entgegen, dass das Foto deutlich kleiner und – soviel ergibt sich
aus dem als Anlage K 3 vorgelegten Screen Shot ohne weiteres – deutlich unschärfer ist.
Bei der Einstellung der verkleinerten Wiedergabe des Fotos auf die Internetseite handelt es
sich auch nicht um eine kerngleiche Handlung.
Da die Beklagte sich nicht verpflichtet hat, es zu unterlassen, das konkrete Foto zu
veröffentlichen, sondern "Schuhe der C. Schuh GmbH abzubilden", kommt die Annahme
einer kerngleichen Handlung nur in Betracht, wenn sich diese als Abbildung von Schuhen
der Klägerin darstellt. Von der Abbildung dieser Schuhe kann man in diesem
Zusammenhang – entgegen der Auffassung der Klägerin - nur sprechen, wenn die Schuhe
auch als solche erkennbar sind. Es genügt nicht, dass aufgrund der Vorgeschichte und weil
es sich unstreitig um eine Wiedergabe des Fotos aus der Zeitschrift "X." Ausgabe Nr. 20
vom 07.09.2004, Seite 114, handelt, feststeht, dass die Schuhe auf dem Foto solche der
Klägerin sind. Denn Grund für die Beanstandung der Veröffentlichung der Fotografie in der
Zeitschrift "X." Ausgabe Nr. 20 vom 07.09.2004, Seite 114, war ausweislich der
Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift, dass durch den gesamten Bildaufbau und
den dazugehörigen Text der Eindruck erweckt wurde, dass alle auf dem Bild abgebildeten
Schuhe von der Beklagten entworfen worden sind und von ihrem Unternehmen produziert
wurden. Dieser Eindruck kann aber nur entstehen, wenn die Schuhe als Schuhe der
Klägerin erkennbar sind.
Dass die Schuhe als Schuhe der Klägerin erkennbar sind, ist – wie die Beklagte zutreffend
ausführt – von der Klägerin darzulegen und zu beweisen, die für die Zuwiderhandlung
darlegungs- und beweispflichtig ist ( vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 65. Aufl. § 345 Rdn. 1;
Köhler in: Köhler/Piper, UWG 3. Aufl. Vor § 13 Rdn. 227).
Diese Darlegung und Beweisführung ist der Klägerin nicht gelungen. Es ist schon
zweifelhaft, ob sie die Erkennbarkeit der Schuhe als Schuhe der Klägerin dargelegt hat;
jedenfalls fehlt es an einem ordnungsgemäßen Beweisantritt.
Soweit die Klägerin in der Klageschrift und erneut in der Berufungserwiderung behauptet,
bereits auf dem von ihr vorgelegten qualitativ nicht besonders guten Screen Shot (Anlage K
3) seien die Schuhe eindeutig zu erkennen, wird ihr Vortrag durch einen Blick auf diesen
Screen Shot widerlegt. Auf diesem Screen Shot ist die Wiedergabe der Schuhe so unscharf
– die Konturen sind so verschwommen -, dass allenfalls zu erahnen ist, dass es sich dabei
um Sandalen bzw. offene Schuhe handelt, aber schon nicht zu erkennen ist, dass es sich
um Sandalen mit mehreren ganz schmalen Riemen handelt, die Schuhe erst recht nicht als
Schuhe der Klägerin zu identifizieren sind.
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Soweit die Klägerin behauptet, sowohl auf einem Bildschirm durchschnittlicher Qualität als
auch bei einem Ausdruck der Internet-Seite mit einem besseren Drucker seien alle Details
der Fotografie gut erkennbar, fehlt es dem Vortrag der Klägerin schon an ausreichender
Substanz. Die Beklagte hat behauptet, die Schuhe seien auch dann als solche nicht zu
erkennen, wenn man den Screen Shot mit der Lupe untersuche, das Internetbild am
Bildschirm betrachte oder es gar – wie das Landgericht in der mündlichen Verhandlung
vom 11.07.2005 als Möglichkeit einer besseren Wiedergabe angesprochen hat - am
Bildschirm vergrößere; im letzteren Fall zeige sich ein unscharfes Bild, wie es sich aus den
vorgelegten Fotokopien Bl. 32, 116 d.A. eines vom Unterzeichner mit Bildschirm und
Drucker hoher Qualität gefertigten Ausdrucks ergebe. Spätestens jetzt hätte die Klägerin
ergänzend dazu vortragen müssen, dass und auf welche Weise sich eine schärfere
Wiedergabe der auf die Internetseite eingestellten Fotografie erreichen lässt. Zumindest
wäre es nach diesem substantiierten Bestreiten der Beklagten an der Klägerin gewesen,
Beweis dafür anzutreten, dass es doch eine Möglichkeit gibt, auf dem streitigen Bild die
Schuhe als solche zu erkennen. Diesen Beweis hat die Klägerin nicht ordnungsgemäß
angetreten. Soweit sie die Behauptung, sowohl auf einem Bildschirm durchschnittlicher
Qualität als auch bei einem Ausdruck der Internet-Seite seien alle Details der Fotografie gut
erkennbar, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis stellt, ist ihr
Beweisantritt ungeeignet, weil die Feststellung der Erkennbarkeit der Fotografie keiner
Sachkunde bedarf und die Klägerin technische Zusammenhänge, die etwa die
Erkennbarkeit der Fotografie ermöglichen würden und von einem Sachverständigen
beurteilt werden könnten, nicht dargelegt hat. Soweit sie ihre Schlussfolgerung, da bereits
auf einem 15"-Monitor eindeutig die Schuhe der Klägerin erkennbar gewesen seien, müsse
dies erst recht der Fall gewesen sein, wenn man dieses Bild auf einem 17"– bzw. 19"-
Monitor betrachte, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis
stellt, kommt eine Beweisaufnahme schon deshalb nicht in Betracht, weil schon die
Prämisse, auf einem 15"-Monitor seien die Schuhe der Klägerin eindeutig erkennbar
gewesen, nicht feststeht. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob ein Fachmann mit den
ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten das Bild in einer Weise darstellen kann, die
die Schuhe erkennbar macht. Maßgeblich ist, ob der Verbraucher mit den bei ihm zu
erwartenden PC-Kenntnissen und den ihm üblicherweise zur Verfügung stehenden Mitteln
das Bild in einer solchen Weise darstellen kann. Dazu hat die Klägerin nichts vorgetragen.
Mit der Annahme des Landgerichts, es sei gerichtsbekannt, dass die Auflösung von
Bildwiedergaben innerhalb des Internets nicht nur von der Auflösung des Monitors, sondern
auch von dessen Bildgröße und der Möglichkeit einer Ausschnittsvergrößerung abhängig
sei, so dass der Einwand der Beklagten, das gezeigte Foto habe kaum oder gar nicht das
Schuhwerk der Klägerin erkennen lassen, nicht durchgreife, kann der fehlende Vortrag
bzw. Beweisantritt der Klägerin im Ergebnis nicht ersetzt werden. Es wird zwar zutreffen,
dass die Auflösung von Bildwiedergaben innerhalb des Internets von der Auflösung des
Monitors, dessen Bildgröße und der Möglichkeit einer Ausschnittsvergrößerung abhängt.
Sie hängt aber auch von der Qualität des eingescannten Fotos ab. Ein Foto, das – wie die
Beklagte in der Berufungsbegründung vorträgt – mit einer geringen Pixelzahl eingescannt
wird und deshalb unscharf ist, wird auch nicht besser, wenn es vergrößert wird. Es kann
dahinstehen, ob die streitige Behauptung der Beklagten, das eingescannte Foto sei durch
Verringerung der Pixel in der Qualität heruntergesetzt worden, um die Schuhe unkenntlich
zu machen, im Hinblick darauf, dass sie in dieser konkreten Fassung erstmals in der
Berufungsbegründung aufgestellt worden ist, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr
berücksichtigt werden kann oder ob sie sich mit Rücksicht darauf, dass die Beklagte im
Verfahren erster Instanz schon vorgetragen hat, es handele sich bei dem Bild um eine
gegenüber dem Foto in der Zeitschrift "X." inhaltsveränderte Reproduktion, die
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verantwortliche Agentur habe die generelle Anweisung gehabt, auf der Seite jede
Verwechslung der Sandalen der Beklagten mit anderen Produkten zu vermeiden, als zu
berücksichtigende zusätzliche Konkretisierung bereits schlüssigen Vorbringens der ersten
Instanz darstellt (dazu BGH, Urteil vom 18.10.2005 – VI ZR 270/04, BGH-Report 2006, 192,
193). Denn selbst wenn diese Behauptung der Beklagten nicht zu berücksichtigen wäre,
vermöchte der Senat der Einschätzung des Landgerichts nicht zu folgen, weil sich schon
aus der Unschärfe der Abbildungen auf der Anlage K 3 und den Fotokopien Bl. 32, 116 d.A.
Zweifel an der Möglichkeit ergaben, eine Wiedergabe des ins Internet eingestellten Bildes
erreichen zu können, die die Schuhe als Schuhe der Klägerin erkennbar machten. Dabei
ist auch zu berücksichtigen, dass sich auf der Anlage K 3 das umstrittene Bild – anders, als
wohl die Klägerin meint - insgesamt als verschwommen und unscharf darstellt, während die
darüber stehende Abbildung klarer und der daneben stehende Text gestochen scharf sind,
was sich mit einer schlechten Druckerqualität kaum erklären lässt.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, § 708 Nr. 10, §§ 711,
713 ZPO.
Anlass, gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht.