Urteil des OLG Köln vom 14.01.1993

OLG Köln (antragsteller, aufrechnung, forderung, hausrat, künftige forderung, zpo, begründung, beschwerde, brand, antrag)

Oberlandesgericht Köln, 25 WF 192/92
Datum:
14.01.1993
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
25. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
25 WF 192/92
Vorinstanz:
Amtsgericht Wipperfürth, 9 F 222/91
Schlagworte:
Hausrat Ausgleichsanspruch Aufrechnung Zahlungsanspruch
Normen:
BGB §§ 294, 399; ZPO § 851
Leitsätze:
Ist im Hausratteilungsverfahren einem Ehegatten ein Zahlungsanspruch
gegen den anderen Ehegatten zuerkannt worden, weil der gemeinsame
Hausrat durch Brand zerstört worden ist und der andere Ehegatte eine
entsprechende Versicherungsleistung erhalten hat, so ist eine
Aufrechnung gegenüber diesem Zahlungsanspruch ausgeschlossen.
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des
Amtsgerichts - Familiengerichts - Wipperfürth vom 24. September 1992
wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
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1.
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Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie waren je zur Hälfte Miteigentümer eines
bebauten Grundstückes, auf welchem sich die gemeinsame Ehewohnung, ein
Einfamilienhaus, befand. Einige Zeit, nachdem die Antragsgegnerin sich im Frühjahr
1984 vom Antragsteller getrennt hatte und dieser allein in der bis dahin
gemeinsamen Ehewohnung zurückgeblieben war, wurde das Gebäude am 17.
November 1984 durch Brand zerstört. Unter Einsatz der von der Feuerversicherung
erhaltenen Zahlung und nicht unerheblicher Kreditmittel errichtete der Antragsteller
einen Neubau, welchen er teilweise selbst bezog. An den durch den Bau
entstandenen Kosten, insbesondere denjenigen der Darlehensaufnahme, beteiligte
die Antragsgegnerin sich nicht.
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Zusammen mit dem Gebäude verbrannte auch der Haus-rat der Parteien. Er war
gegen diesen Schadensfall versichert, die Versicherungsgesellschaft zahlte an den
Antragsteller insoweit einen Betrag von 52.000,00 DM.
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In der Folgezeit kam es zu mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen der
Parteien, unter anderem zu einem Hausratsteilungsverfahren. In diesem wurde der
Antragsteller durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Wipperfürth vom 12.
April 1990 verurteilt, an die Antragstellerin anstelle nicht mehr vorhandener
Hausratsgegenstände die Hälfte der Versicherungsleistung, also 26.000,00 DM nebst
4 % Zinsen seit dem 2. Juli 1987, zu zahlen; die hiergegen gerichtete Beschwerde
des Antragstellers wurde durch Beschluß des Senates vom 6. August 1991
zurückgewiesen (9 F 24/89 AG Wipperfürth = 25 UF 100/90 OLG Köln).
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Bereits in jenem Verfahren hatte der Antragsteller sich auf aufrechenbare
Gegenforderungen berufen, die er damit begründete, daß die Antragsgegnerin
verpflichtet sei, sich zur Hälfte an den durch die Errichtung des Neubaus
entstandenen Kosten zu beteiligen, ihm also insbesondere die Hälfte der
monatlichen Kreditannuitäten zu erstatten. Dieses Vorbringen wurde
zurückgewiesen, da es nicht hinreichend substantiiert sei; in seinem Beschluß vom 8.
August 1991 wies der Senat überdies darauf hin, daß es schon zweifelhaft sei, ob
gegenüber der der Antragsgegnerin zustehenden Forderung eine Aufrechnung
überhaupt zulässig sei.
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Nunmehr möchte der Antragsteller gegen die drohende Zwangsvollstreckung aus der
vorgenannten familien-gerichtlichen Entscheidung eine Vollstreckungs-gegenklage
erheben, zu deren Begründung er sich auf die ihm nach seiner Meinung zustehenden
Erstat-tungsansprüche wegen der im Zusammenhang mit dem Neubau stehenden
Aufwendungen für die Zeit von 1984 bis einschließlich Dezember 1991 in Höhe von
insgesamt 81.989,28 DM beruft; diese Forderung stellt er gegenüber der der
Antragsgegnerin zugesprochenen Forderung zur Aufrechnung.
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Der Antragsteller hat beantragt, ihm für diese Klage Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
Mit Beschluß vom 24. September 1992 hat das Familiengericht den Antrag
zurückgewiesen; zur Begründung hat es ausgeführt, über die jetzt - erneut - zur
Aufrechnung gestellten Gegenforderung seien bereits rechtskräftig entschieden
worden, im übrigen müsse der Antragsteller sich, soweit er eine Beteiligung der
Antragsgegnerin an den Zins- und Tilgungslasten begehre, entgegenhalten lassen,
daß er allein das Haus nutze.
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Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt.
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Soweit der Antragsteller Prozeßkostenhilfe auch für eine Zahlungsklage beantragt
und das Familien-gericht diesen Antrag zurückgewiesen hat, verfolgt er sein
Begehren nicht weiter, da er diese Forde-rung anderweitig, nämlich vor dem
Landgericht Köln, eingeklagt hat.
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Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung
ist im Ergebnis zu Recht ergangen.
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Ob der Antragsteller als hilfsbedürftig im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO anzusehen ist,
kann dahin-stehen. Hierauf kommt es nicht an, da die beabsich-tigte
Rechtsverfolgung jedenfalls keine Aussicht auf Erfolg bietet.
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Es kann unerörtert bleiben, ob die Zwangsvoll-streckungsgegenklage, welche der
Antragsteller zu erheben beabsichtigt, nicht schon als unzulässig betrachtet werden
müßte, immerhin rühren die Gegenforderungen, deren er sich berühmt, zum aller-
größten Teil aus der Zeit vor dem Abschluß des die Hausratteilung betreffenden
früheren Verfahrens und die dort von ihm erklärte Aufrechnung ist mit der
Begründung, es fehle an einem hinreichend substan-tiierten Vortrag, zurückgewiesen
worden. Grundsätz-lich geht es allerdings nicht an, die Zulässigkeit einer Klage oder
eines Antrages dahinstehen zu lassen und das Begehren des Klägers oder Antrag-
stellers mit dem Argument zurückzuweisen, es sei jedenfalls nicht begründet.
Vorliegend ist jedoch nicht über einen Klageantrag oder ein ähnliches Petitum zu
befinden, sondern über einen Prozeß-kostenhilfeantrag. Hier kommt es allein darauf
an, ob die beabsichtigte Klage eine die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe
rechtfertigende hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Für diese Entscheidung aber
spielt es keine Rolle, ob die beabsichtigte Klage als unzulässig zu behandeln oder
als unbegründet abzuweisen wäre.
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Mit einem etwaigen Erstattungsanspruch, zu dessen Begründung er auf § 426 BGB
verweist, kann der An-tragsteller in einer Zwangsvollstreckungsgegenklage nicht zum
Zuge kommen, da die titulierte Forderung keiner Aufrechnung zugänglich ist, auch
nicht im Rahmen einer Klage nach § 767 ZPO.
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Es ist allgemein anerkannt, daß in einem Hausrat-teilungsverfahren ein
Zurückbehaltungsrecht gegen-über dem Anspruch auf Herausgabe der
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Hauratsgegen-stände nicht wirksam geltend gemacht werden kann
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(vgl. BayObLGZ 1960, 370 = FamRZ 1961, 220; BayObLGZ FamRZ 1975, 421;
OLG Hamm FamRZ 1981, 293 und 875 (877); Münch-Komm-Müller-Gindullis, 2.
Aufl., RZ 10 zu § 2 HausrVO; Palandt-Diederichsen, 52. Aufl., RZ 8 zu § 2
HausrVO).
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Die Begründung hierfür ist leicht einsehbar: Die Ausübung eines
Zurückbehaltungsrechtes ist mit dem Zweck des Hausratteilungsverfahrens nicht zu
vereinbaren. Dieses soll möglichst schnell die Rechtsverhältnisse am Hausrat der
Parteien regeln, deren Lebensbedarf soll gesichert, die Hausrats-gegenstände sollen
ihrem Verwendungszweck zugeführt werden; es ist hingegen nicht Aufgabe des
Hausratteilungsverfahrens, auch über andere Rechtsbeziehungen der Parteien eine
Entscheidung herbeizuführen
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(vgl. OLG Hamm FamRZ 1981, 875 (877)).
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Des weiteren hat das OLG Hamm bereits entschieden, daß gegen die
Ausgleichsforderung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 HausrVO im Hausratteilungsverfahren,
in welchem die Ausgleichszahlung angeordnet wird, noch nicht aufgerechnet werden
könne
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(FamRZ 1981, 293).
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Hierzu hat es unter anderem ausgeführt, es erscheine bereits zweifelhaft, ob im
Hausrat-teilungsverfahren überhaupt andere Forderungen geltend gemacht werden
könnten; eine Aufrechnung im jetzigen Zeitpunkt scheitere auf jeden Fall daran, daß
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ein Zahlungsanspruch - der Antragstellerin des dort entschiedenen Falles - noch
nicht bestehe, dieser werde vielmehr erst durch die Ausgleichs-anordnung
begründet, entstehe deshalb erst mit der Rechtskraft der Entscheidung, so daß es
sich zur Zeit noch um eine künftige Forderung handele, die noch nicht erfüllt werden,
gegen die deshalb auch noch nicht aufgerechnet werden könne.
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Ob eine Aufrechnung gegen einen Zahlungsanspruch der genannten Art außerhalb,
nach dem Abschluß des Hausratsteilungsverfahrens zulässig sei, hat das OLG
Hamm damit offen gelassen.
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Im vorliegenden Fall hat die Auseinandersetzung der Parteien das
Hausratsteilungsverfahren verlassen, hier will der Antragsteller eine Vollstreckungs-
gegenklage erheben. Zudem streiten die Parteien nicht über einen
Zahlungsanspruch nach § 8 Abs. 3 Satz 2 HausrVO, das Familienrecht hat der
Antrags-gegnerin vielmehr im Vorverfahren den Betrag von 26.000,00 DM
zugesprochen als Ersatz für die ihr an sich zustehenden, aber nicht mehr
vorhandenen, durch Brand zerstörten Haushaltgegenstände, also als deren Surrogat.
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Indes: Gegenüber einen Zahlungsanspruch aus einer Hausratsteilung, der sich
daraus ergibt, daß die Haushaltsgegenstände untergegangen sind und an deren
Stelle ein Surrogat getreten ist, ist eine Aufrechnung grundsätzlich ausgeschlossen.
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Nach § 394 Satz 1 BGB findet die Aufrechnung gegen eine Forderung nicht statt,
soweit diese der Pfändung nicht unterworfen ist. In Ermangelung besonderer
Vorschriften - deren hier keine zu beachten sind - ist eine Forderung hinwiederum
nach § 851 Abs. 1 ZPO der Pfändung nur insoweit unter-worfen, als sie übertragbar
ist. Nicht abtretbar und damit nicht übertragbar ist eine Forderung aber, wenn die
Leistung an einen anderen als den urspünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung
ihres Inhaltes erfolgen kann, § 399 1. Alternative BGB. Zu den Forderungen, welche
das Gesetz solcher Art der Abtretung und damit der Übertragbarkeit entzieht, gehören
unter anderem die jenigen, die durch eine Zweckbestimmung gekennzeichnet sind
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(vgl. hierzu z. B. Palandt-Heinrichs, 52. Auflage, RZ 5 zu § 399 m.w.N.).
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Das sind alle die Forderungen, deren Erfüllung einem bestimmten, vorgegebenen
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Zweck dienen soll. Hierhin gehören z. B. Ansprüche nach dem Unter-
haltssicherungsgesetz
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(vgl. Wagner Rpfleger 1973, 206),
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der Anspruch nach § 528 BGB auf Rückgabe einer Schenkung im Falle eigener Not
des Schenkers
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(vgl. Wüllenkemper JR 1988, 356)
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und insbesondere auch der Anspruch auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses
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(allg. Meinung, vgl. BGHZ 94, 316 = NJW 1985, 2263 (2264) m.w.N.).
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Ganz ähnlich, wie ein Prozeßkostenvorschuß dazu bestimmt ist, den in § 1360 a Abs.
4 BGB gesetzlich umschriebenen Zweck zu dienen, hat auch der Hausrat eine
bestimmte Aufgabe, nämlich die, die Lebens-führung der Ehegatten im Bereich der
häuslichen Wirtschaft sicherzustellen, den sich insoweit ergebenden alltäglichen
Bedarf zu decken. Hier gelten dieselben Erwägungen, die dazu führen, ein
Zurückbehaltungsrecht gegenüber einem Anspruch aus einer Hausratteilung
auszuschließen; sie sind ein-gangs der vorliegenden Erörterung umrissen worden. Ist
nun, wie im vorliegenden Fall, der Hausrat durch Brand untergegangen und an seine
Stelle die entsprechende Entschädigung des Versicherers getreten, so gilt nichts
anderes. Jetzt ist es das Surrogat, welches der Antragsgegnerin die Möglichkeit
geben soll, sich Ersatz für den nicht mehr vorhandenen Hausrat zu beschaffen.
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Nach § 851 Abs. 2 ZPO kann freilich eine nach § 399 BGB nicht übertragbare
Forderung insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden, als der
geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist. Das ist bei Geld, auf dessen
Zahlung der hier in Rede stehende Anspruch gerichtet ist, stets der Fall. § 851 Abs. 2
ZPO gilt jedoch gerade für zweckgebundene Ansprüche nicht
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(vgl. BGH a.a.O. und LM Nr. 3 zu § 851 ZPO).
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Nach alledem erweist sich die Aufrechnung gegenüber dem Zahlungsanspruch der
Antragsgegnerin aus der Hausratsteilung als ausgeschlossen. Daß dieser Anspruch
im Vorverfahren tituliert worden ist, bleibt ohne Bedeutung.
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Die vom Antragsteller beabsichtigte Zwangsvoll-streckungsgegenklage wäre daher,
wie das Familien-gericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, abzuweisen, für die
Bewilligung von Prozeßkosten-hilfe für eine solche Klage ist mangels Erfolgsaus-
sicht kein Raum.
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