Urteil des OLG Köln vom 23.07.2002

OLG Köln: fahrzeug, eintritt des versicherungsfalles, vernehmung von zeugen, eintritt des versicherungsfalls, versicherungsnehmer, unrichtige angabe, schweres verschulden, versicherer, entwendung

Oberlandesgericht Köln, 9 U 23/00
Datum:
23.07.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 23/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 138/98
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 23.12.1999 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 138/98 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 4.500 EUR abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die jeweiligen Sicherheitsleistungen dürfen in Form einer
selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank,
öffentlichen Sparkasse oder Volks- oder Raiffeisenbank erbracht
werden.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung für das geleaste
Fahrzeug T.L. mit serienmäßiger elektronischer Wegfahrsperre (amtliches Kennzeichen:
) mit einer Selbstbeteiligung von 300,00 DM abgeschlossen. Leasinggeberin war die VR
- Leasing GmbH in E..
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Mit der Klage verlangt der Kläger Entschädigung wegen eines behaupteten Diebstahls
des Wagens in der Nacht vom 07./08. 12. 1996 auf dem Parkplatz des K. - Hotels in bei
D..
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Nach der Schadenmeldung suchte der Versicherungsermittler M. im Auftrag der
Beklagten am 01.02.1997 den Kläger auf und füllte mit ihm gemeinsam einen
Fragebogen aus, den der Kläger unterschrieb.
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Auf die Frage "Wurde Ihnen bereits schon einmal ein Fahrzeug entwendet ? wurde
"nein" eingetragen. Weiter trug er zu der Frage "Wer fuhr das VN - Fahrzeug außer
Ihnen ? " "Ehefrau" ein (Bl. 110 GA). Auf die Frage " Welcher Personenkreis durfte das
entwendete Fahrzeug benutzen ?" hieß die Antwort "Familie / VN ". Die Frage nach den
gefahrenen Strecken wurde beantwortet mit Stadtgebiet FB, Italien, Slowenien, Ungarn,
Slowakei und Frankreich.
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Der Kläger paraphierte alle Seiten und unterschrieb den Fragebogen unterhalb der
Belehrung. Darin hieß es u.a. : " Bewusst unwahre oder unvollständige Angaben über
den Schadenfall führen, auch wenn dem Versicherer hierdurch kein Schaden entsteht,
zum Verlust des Versicherungsanspruchs ..."
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Fragebogens Bezug
genommen (Bl. 96 ff, insbesondere Bl. 110 ff GA).
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Am 14.06.1996 war dem Kläger als Fahrer ein seiner Ehefrau gehörendes Fahrzeug in
St. P. entwendet worden.
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Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 16.10.1997 eine Zahlung ab, weil ein
Entwendungstatbestand nicht nachgewiesen sei.
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Der Kläger, der den Wiederbeschaffungswert des Wagens mit 70.240,-- DM ohne
Mehrwertsteuer beziffert hat, verlangt - unter Berücksichtigung der vereinbarten
Selbstbeteiligung- eine Entschädigung von 69.940,-- DM von der Beklagten. Er hat zum
Hergang des Schadenereignisses behauptet, er sei nach telefonischer Anmeldung im
K.-Hotel in G. etwa um Mitternacht angereist, habe den Kraftwagen auf dem
Hotelparkplatz abgestellt und die elektronische Wegfahrsperre aktiviert. Sodann habe er
eingecheckt, noch etwas gegessen und sich schlafen gelegt. Am nächsten Morgen habe
er zwischen 7 und 8 Uhr festgestellt, dass das Fahrzeug nicht mehr vorhanden gewesen
sei. Im Hinblick auf die Eintragungen in den Fragebogen hat der Kläger behauptet, er
habe auf die Frage des Zeugen M. nach früheren Entwendungen im Zusammenhang mit
seiner Gegenfrage " ... als VN oder Halter ?" den Diebstahl des Fahrzeugs seiner
Ehefrau in St. P. dem Zeugen M. gegenüber erwähnt. Dieser habe dann gesagt:
"Schreiben wir also: nein " Außerdem trägt der Kläger vor, er sei nicht in Weissrussland
gewesen.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die VR-Leasing GmbH,
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Hauptverwaltung, H. 131 -137, E., auf den
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Leasingvertrag Nr. DM 69.940,-- nebst 7, 5 % Zinsen seit dem
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08.12.1997 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Darstellung des Klägers von den Umständen der Entwendung
bestritten. Die Angestellten in der Rezeption des Hotels sowie der Wachdienst hätten in
dem fraglichen Zeitpunkt der Ankunft des Klägers trotz Beobachtung der Zufahrt keinen
Wagen gesehen. Der Kläger habe an dem Abend mehrfach in der Rezeption angerufen
und sich nach dem Weg zum Hotel erkundigt. Den letzten Anruf habe er angeblich von
K. aus vorgenommen. Der Ort liege 5 bis 10 Minuten vom Hotel entfernt. In der Folgezeit
sei lediglich ein Fahrzeug angekommen und in Richtung Baumarkt gefahren, welches
auf halber Strecke angehalten und das Licht ausgeschaltet habe. Circa 40 Minuten nach
dem letzten Anruf sei der Kläger plötzlich die Treppe zur Hotelrezeption
heraufgekommen. Ein Auto sei zuvor nicht zu sehen gewesen.
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Im übrigen bestehe Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung durch falsche
Angaben im Fragebogen des Zeugen M.. Der Kläger habe falsche Angaben zur Uhrzeit
der Entwendung gemacht. Bei der Polizei in G. habe er 10.30 Uhr als Uhrzeit für die
Diebstahlsentdeckung angegeben, bei M. um ca. 10.00 Uhr. Außerdem habe er nicht
angegeben, dass ihm am 14. 06.1996 ein Fahrzeug gleichen Typs vom Parkplatz des
Hotels P. in St. P. entwendet worden sei. Weiter seien die Angaben zu den Fahrern des
Wagens und den Fahrstrecken falsch gewesen. Die Beklagte habe festgestellt, dass
das Fahrzeug im vorliegenden Fall am 03.10.1996 am Grenzübergang nach Slowenien
überprüft worden sei. Fahrer sei ein gewisser S. gewesen. Zum gleichen Zeitpunkt habe
ein vom Kläger gesteuerter anderer L. (amtliches Kennzeichen - ) die Grenze überquert.
Am 07.10.1996 sei der Kläger mit dem streitgegenständlichen Wagen am
Grenzübergang S. von Polen nach Weissrussland gefahren.
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Der von der Beklagten beaufttragte Sachverständige W. habe schließlich ermittelt, dass
bei einem der übersandten Fahrzeugshlüssel zweifache Duplizierspuren vorhanden
seien, während der Kläger nur von einer Nachschlüsselfertigung gesprochen habe.
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Das LG hat die Klage wegen Obliegenheitsverletzung durch falsche Angaben
abgewiesen. Der Kläger habe verschwiegen, dass ihm in St. P. bereits ein Fahrzeug
entwendet worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des
Landgerichts Bezug genommen.
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Gegen das am 14.01.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.02.2000 Berufung
eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 14.04.2000 mit an diesem Tage
eingegangenem Schriftsatz begründet.
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Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen insbesondere zum Abstellen
und Nichtwiederauffinden des Fahrzeugs. Er macht weiter geltend,
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die Fragestellung im Formular des Zeugen M. sei mehrdeutig.
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Dieser habe im Beisein des Zeugen L. auf Befragen erklärt, es käme auf die
Eigentumsverhältnisse an. Ein früherer Fahrzeugdiebstahl zum Nachteil seiner Ehefrau
sei keine Entwendung im Sinne der Fragestellung.
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Im übrigen sei er zwar am 03.10.1996 mit dem Zeugen S. am Grenzübergang nach
Slowenien in R. unterwegs gewesen, um Rassehundewelpen nach Italien zu
importieren. Hierbei habe er sein eigenes Fahrzeug gesteuert und der Zeuge S. den
Wagen des Zeugen G..
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Der Kläger beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und nach dem Klageantrag zu
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erkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen
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und ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen
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Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volks- oder Raiffeisenbank zu leisten.
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Die Beklagte wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und bringt vor, es müsse davon
ausgegangen werden, dass der Kläger sich von dem vom Hotelpersonal beobachteten
Fahrzeug in die Nähe des Hotels habe fahren lassen und die letzte Strecke zu Fuß
zurückgelegt habe. Der Diebstahl sei mithin nur vorgetäuscht. Zu den Falschangaben
im Fragebogen trägt die Beklagte vor, bei der Befragung sei der Kläger allein gewesen.
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Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen
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Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 05.12.
2000, Bl. 298 ff, 19.06.2001, Bl. 336 ff, und 28.05.2002, Bl. 390 ff, verwiesen. Die
beigezogene Aktes StA Dresden 310 Js 57342/97 ist Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist unbegründet.
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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Entschädigungsanspruch wegen des
behaupteten Schadenereignisses vom 07./08.12.1996 in G. im Hinblick auf das geleaste
Kraftfahrzeug T.L. aus §§ 1, 49 VVG,
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§ 12 Nr. 1 I b) AKB nicht zu.
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a) Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob der Kläger den Nachweis des äußeren
Bildes der Fahrzeugentwendung erbracht hat. Hierzu reicht in der Regel der Nachweis,
dass der Versicherungsnehmer sein Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem
bestimmten Ort abgestellt und dort später nicht wieder aufgefunden hat (vgl. BGH, r+s
1995, 288 = VersR 1995, 909). Offenbleiben konnte auch, ob die Entwendung nur
vorgetäuscht war.
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b) Der Ersatzanspruch des Klägers entfällt jedenfalls, weil die Beklagte wegen
schuldhafter Verletzung der dem Versicherungsnehmer nach § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB
obliegenden Aufklärungspflicht gemäß § 7 V Nr. 4 AKB in Verbindung mit § 6 Abs. 3
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VVG von ihrer etwaigen Leistungspflicht frei geworden ist.
Der Versicherungsnehmer ist nach Eintritt des Versicherungsfalles gemäß § 7 I Nr. 2
Satz 3 AKB verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein
kann. Dazu gehört auch die Pflicht, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig
über solche Umstände zu unterrichten, die für die Feststellung des Hergangs des
Schadenereignisses, die Höhe des Schadens und auch für die Glaubwürdigkeit des
Versicherungsnehmers von Bedeutung sind. Die Auskünfte des Versicherungsnehmers
müssen es dem Versicherer ermöglichen, sachgemäße Feststellungen zu treffen, um
den Schaden regulieren zu können. Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur
Aufklärung besteht auch im Hinblick auf die Frage, ob dem Versicherungsnehmer in der
Vergangenheit ein Fahrzeug entwendet wurde. Dass für die Regulierungsentscheidung
des Versicherers in einem Diebstahlsfall frühere Fahrzeugentwendungen im
Zusammenhang mit dem Versicherungsnehmer von besonderer Wichtigkeit sind,
unterliegt keinem Zweifel. Diese Aufklärungsobliegenheit nach Eintritt des
Versicherungsfalls hat der Kläger verletzt.
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In dem vom Kläger unterschriebenen Fragebogen vom 01.02.1997 sind nämlich falsche
Angaben des Klägers enthalten. Sie beziehen sich jedenfalls auf die Entwendung des
vom Kläger gesteuerten Wagens am 14.06.1996 in St. P..
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Die Frage " Wurde Ihnen bereits schon einmal ein Fahrzeug entwendet ? " erfasst
eindeutig nicht nur Fälle, bei denen das eigene Eigentum des Versicherungsnehmers
betroffen ist, sondern auch die Sachverhalte, bei denen dem Versicherungsnehmer als
Fahrer der Wagen entwendet wurde. Es kommt nicht darauf an, wessen Eigentum
geschädigt ist, sondern wer von der Entwendung betroffen wurde. Die Frage zielt darauf,
sämtliche früheren Entwendungsfälle, die mit dem Versicherungsnehmer in
Zusammenhang stehen, sei es als Eigentümer, Leasingnehmer oder Fahrer, zu klären.
Wenn der Kläger die Frage verneint, obwohl er als Fahrer im Jahre 1996 von einem
Diebstahl in St. P. betroffen war, so liegt eine unrichtige Angabe vor.
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Dass der Kläger selbst die betreffende Frage nicht in einem anderen Sinne verstanden
haben kann, wird auch darin deutlich, dass er betreffend den früheren Vorfall bei der
Polizei in F. am 18.03.1997 angegeben hat, er sei bislang einmal bestohlen worden.
Das Fahrzeug sei auf seine Frau zugelassen gewesen.
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Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat ergeben, dass der Zeuge M. bei der damaligen
Befragung des Klägers die Fragen der Reihe nach wörtlich vorgelesen und jeweils die
Antworten, die der Kläger gegeben hat, in den Fragebogen eingetragen hat. Der Zeuge
hat bekundet, dass der Kläger anschließend den Fragebogen durchgelesen und jeweils
auf den Seiten seine Paraphe angebracht habe. Wenn auf die Frage nach früheren
Diebstahlfällen ein "nein" eingetragen sei, so habe er auch diese Antwort vom Kläger
erhalten. Der Zeuge hat weiter auf Vorhalt des Fragebogens bekundet, wenn der Kläger
um eine Erläuterung der Frage gebeten hätte, hätte der Zeuge dies ergänzend
eingetragen. Soweit zusätzliche Erklärungen notwendig geworden wären, hätte er nach
seiner Praxis mit Kugelschreiber auf der Vorderseite einen dicken Pfeil nach rechts
gemacht und auf der Rückseite desselben Blattes diese Ergänzungen aufgenommen.
Wenn etwas über den Diebstahl in St. P. gesagt worden wäre, hätte er es vermerkt. Das
sei aber nicht geschehen. Die Angaben des Zeugen stimmen auch mit seiner Aussage
am 02.12.1999 vor dem Landgericht überein. Dort hatte er - zeitnäher - angegeben, dass
es nicht richtig sei, dass der Kläger um eine Erläuterung der Frage gebeten habe. Von
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einer Entwendung in St. P. sei nicht gesprochen worden. Der Zeuge konnte dem Senat
ein glaubhaftes Bild von seiner Praxis bei der Befragung vermitteln, auch wenn ihm
wegen des Zeitablaufs Einzelheiten, die er noch bei der Vernehmung vor dem
Landgericht in Erinnerung hatte, nicht mehr präsent waren.
Demgegenüber waren die Angaben des Zeugen L. nicht glaubhaft. Seine Aussage war
gekennzeichnet von im Laufe der Vernehmung zunehmenden Unsicherheiten und
Ungereimtheiten. Es bestehen bereits Zweifel, ob sich der Zeuge überhaupt während
des Gesprächs zwischen dem Kläger und dem Zeugen M. auf der Treppe nach oben
aufgehalten hat, um - wie er angibt - Telefon zu legen. Der Zeuge M. hat den Zeugen L.
weder akustisch noch optisch wahrgenommen. Der Zeuge M. hat die Dauer der
Befragung auf mindestens eine Stunde geschätzt, was angesichts des komplexen
Fragebogens als realistisch anzusehen ist. Demgegenüber spricht der Zeuge L.
zunächst von fünf bis zehn Minuten Gesprächsdauer und auf Vorhalt des umfangreichen
Textes von einer Viertelstunde. Diese Zeitangabe erscheint angesichts der Vielzahl der
Fragen unglaubhaft.
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Die Frage nach früheren Entwendungen will der Zeuge noch in Erinnerung gehabt
haben. Er sei der Meinung, der Kläger habe die Frage bejaht, man solle in die
Protokolle schauen. Welche frühere Aussagen der Zeuge meinte, konnte er nicht
angeben. Solche liegen nicht vor. Bei seiner Schilderung wirkte der Zeuge - nach
mehreren Minuten Überlegung - unsicher und nervös. An Einzelheiten des Inhalts der
Befragung hatte der Zeuge L. auf weiteren Vorhalt keine konkrete Erinnerung. An eine
Diskussion über Fragen konnte sich der Zeuge nicht erinnern.
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Demnach war davon auszugehen, dass der Kläger jedenfalls falsche Angaben zu der
früheren Fahrzeugentwendung gemacht hat, indem er die entsprechende Frage
verneinte. Ob auch unzutreffende Angaben zur Fahrereigenschaft hinsichtlich des
Grenzübertritts nach Slowenien und zur Reise nach Weissrussland vorliegen, war nicht
entscheidend.
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Aus den objektiv unvollständigen und unzutreffenden Angaben des Klägers folgt
Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 7 I Nr. 2 Satz 3, V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3
VVG. Die gegen ihn sprechende Vorsatzvermutung (§ 6 Abs. 3 S. 1 VVG) hat der Kläger
nicht widerlegt. Nach den Grundsätzen der sog. Relevanzrechtsprechung des
Bundesgerichtshofes (BGH, VersR 1984, 228), tritt bei vorsätzlichen, aber für den
Versicherer folgenlos gebliebenen Verletzungen der Aufklärungspflicht Leistungsfreiheit
allerdings nur ein, wenn die Verletzung generell geeignet war, die Interessen des
Versicherers ernsthaft zu gefährden und wenn dem Versicherungsnehmer ein schweres
Verschulden zur Last fällt. Ferner muss er über den Eintritt der Leistungsfreiheit des
Versicherers bei derartigen Obliegenheitsverletzungen zutreffend belehrt worden sein.
Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Obliegenheitsverletzung war geeignet, die
Interessen der Beklagten als Versicherer ernsthaft zu gefährden. Es liegt auf der Hand,
dass der Kaskoversicherer für seine Regulierungsentscheidung darüber informiert sein
muss, ob der Versicherungsnehmer von früheren Fahrzeugentwendungen betroffen war.
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Die Belehrung in dem Fragebogen ist inhaltlich zutreffend und entspricht den
Anforderungen der Rechtsprechung (vgl. BGH VersR 1998, 447; r+s 1993, 321 ). Dem
Versicherungsnehmer ist klar und deutlich gesagt, dass bewusst unwahre oder
lückenhafte Angaben zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, auch wenn dem
Versicherer hierdurch kein Schaden entsteht.
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Von einem nur geringen Verschulden des eindeutig über die mögliche Folge einer
Obliegenheitsverletzung belehrten Klägers kann nicht ausgegangen werden. Es liegen
keine Umstände vor, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen lassen
könnten. Es handelt sich insgesamt betrachtet nicht um ein Fehlverhalten, das auch
einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb
ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag. Die falsche Angabe hatte
gerade den Sinn, Nachforschungen des Versicherers zu vermeiden.
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Demnach war eine Entschädigung zu versagen.
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2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F. waren
nicht gegeben.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 35.759,75 EUR
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