Urteil des OLG Köln vom 19.08.1994

OLG Köln (kosmetisches mittel, volumen, anlage, produkt, beeinflussung, uwg, angabe, verhalten, wirkung, gruppe)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 22/94
Datum:
19.08.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 22/94
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 0 542/93
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Dezember 1993
verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0
542/93 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens
werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die
Beschwer der Beklagten beträgt 50.000,-- DM.
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
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Die Berufung ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, daß dem gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG
klagebefugten Kläger gegenüber der Beklagten der geltend gemachte Unterlas-
sungsanspruch zusteht, in der an den Endverbraucher gerichteten - in der konkreten
Form wiedergegebenen - Werbung die beiden streitgegenständlichen kosmetischen
Mittel unter Angabe des Kaufpreises anzubieten, ohne gleichzeitig den Grundpreis für
100 ml bzw. 1000 ml des jeweiligen Erzeugnisses anzugeben. Dieser Unterlas-
sungsanspruch folgt aus § 1 UWG i.V.m. § 12 Abs. 1 und 2 FertigpackungsVO.
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Die Beklagte ist gemäß § 12 Abs. 1 FPackVO verpflich-tet, bei der Abgabe der fertig
verpackten Produkte "L'air du Temps" von Nina Ricci und "Gel Multi-Tenseur Buste"
von Clarins an Letztverbraucher den von ihr geforderten Grundpreis (Preis in Liter)
oder gemäß § 12 Abs. 2 FPackVO als Grundpreis den Preis für 100 ml an-zugeben, da
es sich bei diesen Produkten um kosmetische Mittel handelt, die in Nennfüllmengen
von nicht weniger als 10 ml/mg und nicht mehr als 10 L/Kg angeboten werden.
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Diese beiden von der Beklagten angebotenen Produkte fallen nicht unter die
Ausnahmebestimmungen der Fertig-packungsVO (§§ 13 bis 15 FPackVO).
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Deospray "L'air du Temps" von Nina
Ricci nicht von der Aus-nahmevorschrift des § 14 Nr. 12 FPackVO erfaßt, nach der
parfümierte Duftwässer, die mindestens 3 Volumen-% Duftöl und mindestens 70
Volumen-% reinen Äthylalkohol enthalten, der Angabe des Grundpreises bei
Fertigpak-kungen nicht bedürfen. Zwar enthält das Produkt "L'air du Temps" nach dem
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Packungsaufdruck 85 Volumen-% Alko-hol; darüber hinaus kann auch der Vortrag der
Beklag-ten, das Produkt enthalte mehr als 3 Volumen-% Duftöl, als wahr unterstellt
werden; gleichwohl unterfällt das streitgegenständliche Deospray nicht § 14 Nr. 12
FPackVO.
Dies ergibt sich zum einen aus dem Aufbau der Fertig-packungsVO und zum anderen
aus der Definition von "kos-metischen Mitteln" des LMBG. Nach § 12 FPackVO bedür-
fen Fertigpackungen mit "kosmetischen Mitteln" grund-sätzlich der Grundpreisangabe.
Welche Produkte unter "kosmetische Mittel" fallen, ist in § 4 Abs. 1 LMBG ge-regelt.
Hierin wird u.a. unterschieden zwischen Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen, die
zur Beeinflussung des Körpergeruchs bestimmt sind, und solchen, die dazu bestimmt
sind, zur Vermittlung von Geruchseindrücken angewendet zu werden. Zu der ersten
Gruppe gehören An-titranspirationsmittel und Desodorantien, die eine Ver-hinderung
oder Verlangsamung der Entstehung und gleich-zeitig eine Bindung oder
Überdeckung des Körpergeruchs bewirken. Zu der zweiten Gruppe gehören hingegen
Par-füms und Duftwässer, die gerade nicht der Beeinflussung des Körpergeruchs
dienen, weil völlig andere Gerüche erzeugt werden (vgl. Zipfel, Lebensmittelrecht,
Stand: 1. Januar 1994, Bd. II, C 100 § 4 LMBG Rdn. 35 und 36).
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Entsprechend dieser Definition in § 4 Abs. 1 LMBG sind auch in der
FertigungspackungsVO diese beiden Gruppen unterschiedlich behandelt. In § 14 Ziff.
11 und 12 FPackVO sind für die zweite Gruppe Ausnahmen von der
Grundpreisangabe zugelassen, während die Gruppe von kosmetischen Artikeln, die
der Beeinflussung des Kör-pergeruchs dienen (erste Gruppe), von dieser Ausnahme-
vorschrift nicht erfaßt sind.
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Dieselbe Differenzierung findet sich in der Anlage 3 zu § 15 FPackVO wieder; hierin
werden diese beiden Gruppen in Nrn. 52 und 53 unterschiedlich behandelt. In Nr. 52
sind die Duftwässer aufgeführt, für die nicht schon ge-mäß § 14 Nr. 12 FPackVO eine
Ausnahmeregelung besteht; dies ergibt sich aus der Fußnote 7 zu Nr. 52, nach der nur
die Duftwässer in der Anlage 3 geregelt sind, die weniger als 3 Volumen-% Duftöl und
weniger als 70 Volumen-% reinen Äthylalkohol aufweisen. In Nr. 53 der Anlage 3 sind
hingegen die zur Beeinflussung des Kör-pergeruchs bestimmten Deodorants und
Intimpflegemittel aufgeführt.
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Bei diesem Aufbau der FertigungspackungsVO ist der Auffassung der Beklagten nicht
zu folgen, Nr. 53 der Anlage 3 zu § 15 Abs. 1 FPackVO beziehe sich nur auf solche
Deodorants, die weniger als 70 Volumen-% reinen Äthylalkohol und weniger als 3
Volumen-% Duftöl enthal-ten. Zum einen entspricht dies nicht dem Wortlaut der Anlage
3 Nr. 53, da hier im Gegensatz zu Nr. 52 keine Einschränkung gemacht worden ist.
Hätte der Verord-nungsgeber auch in Nr. 53 der Anlage 3 eine Beschrän-kung auf die
Produkte machen wollen, die weniger als 70 Volumen-% reinen Äthylalkohol und
weniger als 3 Vo-lumen-% Duftöl enthalten, hätte er ebenso wie in Nr. 52 in einer
Fußnote darauf hingewiesen. Zum anderen wäre dann auch eine Regelung in der
FertigungspackungsVO für die Produkte unterblieben, die mehr als 70 Volumen-%
Alkohol und mehr als 3 Volumen-% Duftöl enthalten. Ein Rückschluß hieraus, daß
deshalb auch Deodorants unter § 14 Nr. 12 FPackVO fallen müßten, widerspricht dem
dargelegten Aufbau und der Gliederung der Fertigungs-packungsVO, die ebenso wie §
4 LMBG zwischen den ver-schiedenen Produktgruppen unterscheidet.
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Da somit die Deodorants und Intimpflegemittel in Anla-ge 3 Nr. 53 zu § 15 Abs. 1
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FPackVO eine abschließende Regelung finden, ergibt sich zugleich, daß diese
Deodo-rants nicht unter § 14 Nr. 12 FPackVO fallen, zumal sie dort nicht ausdrücklich
aufgeführt sind.
Daß es sich bei den Produkt "L'air du Temps" von Nina Ricci auch tatsächlich um ein
Deodorant und nicht um ein Duftwasser handelt, ergibt sich zum einen aus der
Bezeichnung dieses Produktes durch den Hersteller auf der Umverpackung und auf
dem Flacon selbst, zum anderen auch aus der auf der Umverpackung in englischer
und französischer Sprache abgedruckten Zusammensetzung dieses Produktes.
Hiernach enthält dieses Produkt bakterienabtötende Zusätze, die zur Verhinderung
oder Verlangsamung der Entstehung des Körpergeruchs typisch sind. Dies ist jedoch
nach der Definition des § 4 Abs. 1 LMBG nur für Deodorants und nicht für Parfüms oder
Duftwässer kennzeichnend (Zipfel a.a.0., Rd. 35 und 36). Schließlich hat die Beklagte,
die dieses Pro-dukt in ihrer streitgegenständlichen "Endverbraucherli-ste" selbst als
Deo-Spray bezeichnet, nicht behauptet, die Bezeichnung "Deodorant" durch die
Herstellerin sei falsch.
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Eine Ausnahme von der Grundpreisangabe des § 12 Abs. 1 und 2 FPackVO käme
somit nur aus § 15 Abs. 1 i.V.m. Anlage 3 FPackVO in Betracht. In der für Deodorants
allein in Betracht kommenden Nr. 53 der Anlage 3 ist jedoch eine Nennfüllmenge von
120 ml, wie sie in der streitgegenständlichen "Endverbraucherliste" für dieses Produkt
angegeben ist, weder als nationaler Wert noch als EG-Wert vorgesehen, so daß für
das konkret beworbe-ne Deodorant keine Befreiung von der Grundpreisangabe
vorliegt.
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Auch für das Erzeugnis "Gel Multi-Tenseur Buste, 45 ml" der Firma Clarins ist eine
Grundpreisangabe gemäß § 12 Abs. 1 und 2 FPackVO erforderlich.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich um ein kosmetisches Mittel im
Sinne des § 4 Abs. 1 LMBG. Zu den kosmetischen Mitteln im Sinne dieser Vor-schrift
gehören Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, zur Pflege
oder zur Beeinflus-sung des Aussehens angewendet zu werden. Hierzu sind
typischerweise Cremes zu zählen, die äußerlich auf die Haut aufgetragen werden und
der Pflege der Haut dienen. Unstreitig ist das streitgegenständliche Produkt "Gel Multi-
Tenseur Buste" auch dazu bestimmt, auf die Haut aufgetragen zu werden und diese zu
pflegen, so daß es sich grundsätzlich um ein "kosmetisches Mittel" handelt, das § 12
Abs. 1 FPackVO unterfällt.
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Gemäß § 4 Abs. 3 LMBG sind hiervon lediglich die Stoffe ausgenommen, die zur
Beeinflussung der Körperformen be-stimmt sind. Eine Beeinflussung der Körperformen
liegt vor, wenn die räumliche Ausdehnung des Körpers oder von Körperteilen
verändert wird. Nicht zu den Körperformen gehört die Beschaffenheit der Haut, so daß
z. B. ein Mittel zur Beseitigung erheblicher Faltenbildung nicht unter § 4 Abs. 3 LMBG
zu fassen ist, sondern ein kosme-tisches Mittel im Sinne von § 4 Abs. 1 LMBG darstellt
(Zipfel a.a.0., Bd. II, C 100, § 4 Rdn. 56). Lediglich wenn die Wirkung derartiger Mittel
über die Straffung und Beeinflussung der Haut hinausgeht - z.B. ein erheb-licher
Abbau von Fettgeweben bewirkt wird bzw. werden soll -, kann ein derartiges Mittel § 4
Abs. 3 LMBG unterliegen und somit kein kosmetisches Mittel dar-stellen.
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Eine derartige Ausnahme liegt jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten - bei
dem streitgegenständli-chen Gel nicht vor. Nach der Zweckbestimmung durch den
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Hersteller, die auf dem Beipackzettel des streitbefan-genen Produktes, dessen Inhalt
von der Beklagten zum eigenen Sachvortrag gemacht worden ist (Bl. 39 bis 41 d. A.),
dargestellt ist, ist die Wirkung des Produktes allein darauf gerichtet, auf die Haut und
deren Be-schaffenheit selbst zu wirken. Zwar ist auf der Umver-packung u.a. der
Hinweis "Kräftigung des Brustgewebes durch Aktivstoffe, die sofort von der Haut
aufgenommen werden" angegeben, in der Beschreibung auf dem Beipack-zettel ist
jedoch im einzelnen dargelegt, daß diese Wirkung des Präparates nur die Haut selbst
betrifft. So ist unter der Überschrift "vielfache Wirkung" dar-gelegt:
- "Vorbeugend durch Wirkung auf die Hautober-fläche: ..."
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- "intensiv festigend: ... Das Hautbild ver- feinert sich. Die Widerstandsfähigkeit der
Haut wird verbessert".
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Lediglich unter Ziffer 3 dieser Wirkungen wird allge-mein dargelegt, daß das Produkt
auch "intensiv kräfti-gend" wirke. Hierzu ist ausgeführt:
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"Durch einen biologischen Wirkstoffkomplex mit pflegenden und kräftigenden
Eigenschaften wird die Elastizität und Spannkraft der Büste gefördert."
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Daß hiermit jedoch keine Ausdehnung der Körperformen gemeint ist, wird aus dem
weiteren Text des Beipackzet-tels deutlich:
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"Denn die Büste ist nicht am Brustkorb befe-stigt, sondern wird von diesem
Hautfächer ge-halten, der die Aufgabe eines echten "natür-lichen Büstenhalters"
übernimmt."
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Damit wird auf dem Beipackzettel klargestellt, daß das Produkt ausschließlich auf die
Spannkraft und Elastizi-tät der Hautoberfläche, des Hautmantels und des Hautfä-chers
wirkt. Schließlich führt der Hersteller in seinem Beipackzettel weiter aus:
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"Die Widerstandsfähigkeit, Spannkraft und Elastizität dieser Hautpartie ist daher
ent-scheidend für die Festigkeit der Büste ..."
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Diese eindeutige Zweckbestimmung durch den Hersteller zeigt, daß das Gel nicht zur
Beeinflussung der Körper-formen, sondern lediglich zur Wirkung auf die Haut be-
stimmt ist.
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Soweit die Beklagte meint, aus der Bezeichnung "Straf-fungsprodukt" sei darauf zu
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schließen, daß die Körper-form beeinflußt werden solle, so steht dies im Gegen-satz
zu der auf dem Beipackzettel angegebenen Zweckbe-stimmung des Herstellers, da es
hiernach lediglich um eine Straffung der Haut geht, die u.a. zu einem mögli-cherweise
vorteilhafteren Aussehen führen könnte. Die räumliche Ausdehnung von Körper oder
Körperteilen soll jedoch hiermit nicht erreicht werden.
Fällt somit das Gel "Multi-Tenseur Buste" von Clarins nicht unter § 4 Abs. 3 LMBG,
handelt es sich um ein kosmetisches Mittel im Sinne von § 4 Abs. 1 LMBG, für das
zugleich nach § 12 Abs. 1 FPackVO eine Grundpreis-angabe erforderlich ist.
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Eine Ausnahme von der Grundpreisangabe des § 12 FPackVO ist aus §§ 13 und 14
FPackVO weder ersichtlich noch wird sie von der Beklagten vorgetragen. Eine
Ausnahme von der Grundpreisangabe gemäß § 15 Abs. 1 FPackVO i.V.m. Anlage 3
kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach den für derartige Pflegeprodukte
einschlägigen Nrn. 50.1 und 50.2 der Anlage 3 zu § 15 Abs. 1 FPackVO ist eine
Füllmenge von 45 ml, die von der Beklagten in ih-rer "Endverbraucherliste" beworben
wird, weder als na-tionaler Wert noch als EG-Wert vorgesehen.
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Da somit für beide Produkte in den streitgegenständli-chen Nennfüllmengen von 120
ml bzw. 45 ml keine Aus-nahme von der Angabe des Grundpreises nach § 12 Abs. 1
FPackVO gegeben ist, dürfen beide Produkte unter Preis-angabe an Letztverbraucher
nicht ohne gleichzeitige Grundpreisangabe in 1000 ml oder 100 ml angeboten wer-
den. Die Werbung in der streitgegenständlichen "Endver-braucherliste" der Beklagten
stellt somit einen Verstoß gegen § 12 FPackVO dar.
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Dieser Verstoß gegen § 12 FPackVO ist vorliegend auch wettbewerbswidrig im Sinne
des § 1 UWG.
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Zwar rechtfertigt der Verstoß gegen § 12 FPackVO für sich allein nicht den geltend
gemachten Unter-lassungsanspruch, da es sich bei dieser Bestimmung um eine
wertneutrale Ordnungsvorschrift handelt, de-ren Verletzung nur dann
wettbewerbswidrig ist, wenn besondere wettbewerbliche Umstände hinzutreten, die
das gesetzwidrige Verhalten auch aus wettbewerblicher Sicht anstößig erscheinen
lassen (BGH GRUR 1992, 856, 857 - "Kilopreise IV" m.w.N.). Sinn und Zweck der
FertigungspackungsVO ist es, zu einer Verbesserung der Preistransparenz
beizutragen. Dieses Ziel soll dadurch erreicht werden, daß entweder dem Verbraucher
durch die Angabe der Grundpreise eine zusätzliche Information verschafft wird, die
einen Preisvergleich erleichtert, oder daß die Angabe in Fertigpackungen in
festgelegten Größenstufen erfolgt (Zipfel a.a.0., Bd. I, C 61, § 12 FPackVO Rdn. 11).
Schon aufgrund dieses Verordnungs-zieles stellen sich die Bestimmungen der
Fertigungs-packungsVO als Ordnungsvorschriften dar, die nicht Ausdruck einer
sittlichen Wertung sind und deren Ver-letzung nicht ohne weiteres als
wettbewerbswidrig beur-teilt werden kann.
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Gleichwohl rechtfertigt der Verstoß der Beklagten gegen § 12 FPackVO einen
Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG, da der Normverstoß geeignet ist, die
Wettbewerbslage zu beeinflussen. Das gesetzwidrige Verhalten erscheint auch aus
wettbewerblicher Sicht anstößig, da sich die Beklagte durch den Verstoß einen
sachlich nicht ge-rechtfertigten Wettbewerbsvorsprung vor ihren gesetzes-treuen
Mitbewerbern verschafft (vgl. BGH GRUR 1993, 62, 63 - "Kilopreise III", BGH GRUR
1989, 669, 671 - "Zahl nach Wahl" m.w.N.).
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Der Kläger hat - von der Beklagten nicht bestritten - vorgetragen, daß zahlreiche
Parfümerien in Köln (z.B. D.) sowie das Kaufhaus H. sich insoweit "gesetzestreu"
verhalten, als sie die streitgegenständlichen Produkte nur in Nennfüllmengen
vertreiben und bewerben, die denen der Anlage 3 zu § 15 Abs. 1 FPackVO unter Nrn.
50.1, 50.2 und/oder 53 entsprechen und somit privile-giert sind. Darüber hinaus ergibt
sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Prospekt der Firma A., daß die hier
streitgegenständlichen Produkte auch von diesem Vertreiber nur in den privilegierten
Nennfüllmengen be-worben werden.
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Der wettbewerbliche Vorsprung, den sich die Beklagte vor diesen Mitbewerbern
verschafft, indem sie das Produkt "L'air du Temps" mit einer Füllmenge von 120 ml und
das Produkt "Gel Multi-Tenseur Buste" in einer Füllmenge von 45 ml bewirbt und
vertreibt, während die Mitbewerber die jeweiligen Produkte in Füllmengen von 125 ml
bzw. 50 ml vertreiben, könnte schon darin liegen, daß dem Endverbraucher die von der
Beklagten angebotenen Produkte günstiger erscheinen, ohne daß er bemerkt, daß er
bei den von der Beklagten angebotenen Produkten jeweils 5 ml weniger erhält.
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Ob dies alleine ausreicht, das gesetzwidrige Verhalten der Beklagten auch aus
wettbewerblicher Sicht anstößig erscheinen zu lassen, kann vorliegend dahinstehen,
da sich die Beklagte durch den Verstoß einen sachlich nicht gerechtfertigten
Wettbewerbsvorsprung vor ihren gesetzestreuen Mitbewerbern jedenfalls dadurch ver-
schafft, daß die Mitbewerber, um sich gesetzestreu zu verhalten, auf den Vertrieb
dieser Produkte in anderen Gebindegrößen - die sie möglicherweise auch günstiger
erwerben könnten - verzichten.
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Die Tatsache, daß es nach den Behauptungen der Beklagten auch andere
Wettbewerber gibt, die ebenfalls Produkte anbieten, die entgegen den Vorschriften der
FertigungspackungsVO nicht mit den Grundpreisen ausge-zeichnet sind, kann die
Beklagte nicht exkulpieren. An ihrem gesetzwidrigen und aus wettbewerblicher Sicht
anstößigen Verhalten ändert sich dadurch nichts, sofern es nur andere Mitbewerber
gibt, die sich - wie oben dargestellt - gesetzestreu verhalten.
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Soweit die Beklagte auf den Gesetzesentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur
Änderung des UWG vom 31. März 1994 hinweist, kann eine mögliche Novellierung
des UWG im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht be-rücksichtigt werden,
solange eine derartige Gesetzesno-velle noch nicht in Kraft getreten ist (BGH Urteil
vom 21. April 1994 - I ZR 271/91 -).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 UWG.
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Die übrigen Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2
UWG.
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Für die von der Beklagten angeregte Zulassung der Revision hat der Senat keine
Veranlassung gesehen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung; die
vorliegende Entscheidung beruht auf der Anwendung von Rechtsgrundsätzen, die der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entsprechen.
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