Urteil des OLG Köln vom 16.01.1995

OLG Köln (agb, vorzeitige rückgabe, kündigung, abrechnung, leasingnehmer, klausel, transparenzgebot, beendigung, rückgabe, leasing)

Oberlandesgericht Köln, 16 U 92/94
Datum:
16.01.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 U 92/94
Schlagworte:
AGB; LEASING; ABRECHNUNG; TRANSPARENTANGEBOT
Normen:
§ 9 AGBG
Verstoß gegen Transparentgebot für Abrechnung des Lasingvertrages
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Eine Abrechnungsklausel in AGB eines Leasingunternehmens, die nur mit Hilfe eines
bestimmten Computerprogrammes, das weder expressis verbis in den AGB genannt
noch dem Leasingnehmer bei Vertragsabschluß zur Verfügung gestellt wird,
nachvollzogen werden kann, verstößt gegen das in § 9 AGBG enthaltene
Transparenzgebot und ist daher nichtig (hier: Art. XV der AGB der BMW Leasing
GmbH).
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Tatbestand :
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Die Klägerin ist eine Firma, die Fahrzeug-Leasing betreibt. Der Beklagte beantragte bei
ihr am 30.9.1991 den Abschluß eines Leasingvertrages für ein in diesem Antrag näher
bezeichnetes Auto. Im Antragsformular waren als Bruttopreis des PKW 97040,-- DM und
als Bruttobetrag der monatlichen Leasingrate 2667,60 DM genannt. Die vorgesehene
Laufzeit der Vereinbarung betrug 42 Monate. Ferner sind auf dem Antragsformblatt
Regelungen für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung aufgeführt. Die Klägerin
nahm den Leasingantrag des Beklagten mit einer Änderung an. Danach sollte die
Gesamtleasingrate 2768,24 DM betragen. Das Fahrzeug wurde dem Beklagten am
6.12.1991 ausgeliefert.
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Dem vom Beklagten unterzeichneten Leasing-Antrag waren die Allgemeinen
Geschäftsbedingen ( AGB )der Klägerin mit dem Stand 8.90 beigeheftet. Art. XV der
AGB lautet unter der Überschrift "Abrechnung nach Kündigung" :
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1-Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages durch eine nach diesem
Vertrag zulässige Kündigung wird wie folgt abgerechnet : Der Leasinggeber stellt dem
Ablösewert den geschätzten Netto-Händlereinkaufspreis des Leasinggegenstandes
gegenüber. Der Ablösewert setzt sich zusammen aus den mit der vorschüssigen
Rentenbarwertformel abgezinsten restlichen Leasingraten, die um den im Leasingantrag
vereinbarten Prozentsatz verringert wurden, dem auf die Restlaufzeit entfallenden Anteil
einer etwaigen Leasingsonderzahlung und des abgezinsten Restwertes, d.h. Restwert
dividiert durch Abzinsungsfaktor. Unberücksichtigt bleiben Leasingraten für Wartung
und Reperatur, Versicherungen, Kfz-Steuer und GEZ. Der Netto-Händlereinkaufspreis
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wird durch Schätzung eines vom Leasingeber beauftragten unabhängigen
Sachverständigenunternehmen ermittelt; diese Schätzung ist für beide Vertragsteile
verbindlich. Von den Mehrerlösen aus der Gegenüberstellung von Ablösewert und 90 %
des geschätzten Händlereinkaufspreises erhält der Leasingnehmer 75 %; etwaige
Mindererlöse sind dem Leasinggeber zu erstatten. 2-Eine Abrechnung der gefahrenen
Kilometer für die Fahrzeugnutzung findet nicht statt. "
Im August 1992 vereinbarten die Parteien auf Wunsch des Beklagten eine
Herabsetzung der monatlichen Leasingraten auf 1810,39 DM zuzüglich Mwst.,
rückwirkend auf den Vertragsbeginn. In dem entsprechenden Bestätigungsschreiben
der Klägerin heißt es ferner, "der Restwert wurde neu auf 45 % festgelegt".
Außergerichtlich hat der Beklagte keine Einwendungen gegen diese Neufestsetzung
erhoben. Im ursprünglichen Leasingantrag war ein Restwert von 10 % zugrundegelegt
worden.
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Bis zu dieser Änderung wurden die monatlichen Leasingraten vom Konto des Beklagten
abgebucht. Von ihrer Einzugsermächtigung machte die Klägerin ab August 1992
versehentlich keinen Gebrauch mehr. Im Januar 1993 bemerkte die Klägerin den
zwischenzeitlich für 5 Monate aufgelaufenen Saldo, erteilte dem Beklagten Rechnung
über 10319,22 DM und forderte sofortigen Ausgleich. Der Beklagte bezahlte im März
1993 2 Raten. Diese Zahlung verrechnete die Klägerin auf die Monate Januar und
Februar 1993. Anschließend kündigte die Klägerin das Leasingverhältnis mit Schreiben
vom 12.3.1995 fristlos. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, daß die Leasingraten
der Monate August - Dezember 1992 und März 1993 in Höhe von nunmehr 12423,97
DM rückständig seien. Die sofortige Rückgabe des Fahrzeuges wurde verlangt.
Nachdem der Beklagte sich gegen die Kündigung gewandt hatte, bot ihm die Klägerin
mit Schreiben vom 14.4.1993 an, die Kündigung zurückzunehmen, wenn die offenen
Raten bis 30.4.1993 beglichen werden. Dieser Möglichkeit kam der Beklagte nicht nach.
Er gab den PKW zurück. Die Klägerin verkaufte das Fahrzeug, das am 4.8.1992 von
einem Sachverständigen mit einem Händlereinkaufspreis von netto 45087,72 DM
geschätzt worden war zu einem Verkaufspreis von brutto 44260,88 DM an den
Vertragshändler, der ursprünglich den PKW an den Beklagten ausgeliefert hatte.
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Mit dem gegenständlichen Verfahren fordert die Klägerin Ersatz ihrer Schäden aus der
vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages. Die Klägerin hat geltend gemacht, die
Kündigung des Vertrages sei zu Recht erfolgt, weil der Beklagte im Zeitpunkt der
Kündigung mit mehr als 2 Leasingraten in Zahlungsverzug gewesen sei. Sie könne die
rückständigen Leasingraten aus der Zeit der Nutzung des Fahrzeuges durch den
Beklagten verlangen. Dies seien für die Zeit vom 1.8.-31.12.92 und für März 1993
12401,17 DM, abzüglich der Zahlungen des Beklagten vom 11.5. und vom 18.6.1993
mit insgesamt 1000 DM. Darüberhinaus stehe ihr Schadensersatz zu. Der Schaden
ergebe sich aus der Differenz zwischen dem Ablösewert des PKW in Höhe von
72845,03 DM abzüglich des o.a. Schätzwertes.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie-die Klägerin- 39158,48 DM nebst 4 % Zinsen über
dem jeweiligen Diskontsatz der deutschen Bundesbank seit dem 28.8.1993 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat geltend gemacht, die Kündigung sei zu Unrecht erfolgt. Es sei der
Klägerin unbenommen gewesen, die nicht bezahlten Raten mit Hilfe der ursprünglichen
Einzugsermächtigung weiter vom Konto des Beklagten einzuziehen. Der Beklagte hat
behauptet, ihm sei von einem Mitarbeiter der Klägerin am 26.2.1993 die Befugnis
gegeben worden, den rückständigen Betrag innerhalb von 6 Monaten auszugleichen.
Zur Höhe der Klageforderung hat der Beklagte angeführt, die Abrechnung der Klägerin
sei falsch. Es sei unzulässig, dem Ablösewert nur den Händlereinkaufspreis
gegenüberzustellen, vielmehr sei auf den Händlerverkaufspreis abzustellen.
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Mit dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht der Klage hinsichtlich der geforderten
Leasingraten stattgegeben. Der darüberhinaus geforderte Schadensersatz wurde nicht
zugesprochen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Beklagte habe bewiesen, daß ihm
die Zahlung der rückständigen Raten gestundet worden sei. Seine glaubhafte
Schilderung zu der Abrede, die er am 26.2.1993 mit einem Mitarbeiter der Klägerin
getroffen haben will, er könne die Rückstände binnen 6 Monaten ausgleichen, sei durch
den dazu als Zeugen vernommenen Mitarbeiter der Klägerin nicht widerlegt. Hiergegen
wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Schadensersatzanspruch
weiterverfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin
ist der Ansicht, sie könne vom Beklagten auch den begehrten Schadensersatzanspruch
wegen Nichterfüllung verlangen. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Klägerin enthaltene Abrechnungsregel des Art. XV halte einer Inhaltskontrolle stand.
Die Klausel verstoße insbesondere nicht gegen das Transparenzgebot. Art. XV der AGB
lege den Abrechnungsmodus der Klägerin im Falle einer vorzeitigen Kündigung
transparent und für beide Parteien verbindlich fest. Aus der Formel "etwaige
Mindererlöse sind dem Leasinggeber zu erstatten" sei zu entnehmen, daß die Klägerin
die Differenz zwischen der Ablösesumme und dem Schätzwert des Fahrzeuges
beanspruchen könne. Bei der zur Bestimmung des Schätzwertes notwendigen
Sachverständigenbewertung sei auf den Zeitpunkt der Rückgabe des Fahrzeuges
abzustellen. Der Abzinsungsfaktor sei auf der Vorderseite des Leasingantrages
unmißverständlich beschrieben. Ebenso deutlich sei dort gesagt, um welchen
Prozentsatz sich die Leasingraten reduzieren, wenn eine ordentliche oder wenn eine
außerordentliche Kündigung des Leasingvertrages erfolgte. Art. XV der AGB sei
mehrfach ohne Beanstandung richterlich überprüft worden. Der Klägerin stehe der
geltend gemachte, konkret berechnete Schadensersatzanspruch auch dann zu, wenn
man von der Unwirksamkeit der genannten Vertragsklausel ausgeht. Eine konkrete
Schadensberechnung sei in der Klagebegründung erfolgt. Im übrigen sei es verspätet,
wenn der Beklagte die Abrechnung der Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz auch
zur Höhe angreife. Unabhängig von alledem habe der Beklagte eine
Stundungsvereinbarung nicht bewiesen. Wenn das Landgericht davon ausgegangen
sei, daß sich die Schilderung des Beklagten und die Darstellung des vernommenen
Zeugen und Mitarbeiters der Klägerin gegenüberstehen dokumentiere dies ein offenes
Ergebnis der Beweisaufnahme. Dies müsse zu Lasten des Beklagten gehen, der zu der
vermeintlichen Stundungsvereinbarung die Darlegungs- und Beweislast habe.
Abgesehen davon sei der Beklagte verpflichtet gewesen, auf den versäumten
Rateneinzug hinzuweisen. Jedenfalls durch die von der Klägerin am 19.1.1993 erteilte
Rechnung über die nicht eingezogenen Raten sei der Beklagte in Zahlungsverzug
gekommen.
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Die Klägerin beantragt,
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unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlichen
Schlußanträgen zu erkennen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Auch der Beklagte vertieft und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der
Ansicht, Art. XV der AGB sei unwirksam und deshalb keine tragfähige Rechtsgrundlage
für die Abrechnung der Klägerin. Die Klausel beinhalte eine unangemessene
Benachteiligung des Leasingnehmers. Die Regelung sei nicht ausreichend
durchschaubar. Der von der Klägerin geforderte Anspruch auf die Diffenrenz zwischen
Ablösesumme und Schätzwert des Fahrzeuges könne aus dem Text der AGB in Art. XV
nicht abgeleitet werden. Für die in der Regelung angesprochenen Positionen fehle eine
klare zeitliche Zuordnung. Die Abzinsung nach der vorschüssigen Rentenbarwertformel
sei nur bei hohen Ratenleistungen über eine langfristige Rest-Laufzeit ein
ordnungsgemäßes Verfahren. Letztendlich sei der Abzinsungsfaktor innerhalb von Art.
XV AGB mit keinem Wort erläutert. Auch unabhängig von der Frage, ob die
Abrechnungsklausel der AGB wirksam sei, könne die konkrete Schadensberechnung
der Klägerin nicht nachvollzogen werden. Letztendlich weist der Beklagte darauf hin, er
habe durch die Rechnung der Klägerin vom 19.1.1993 nicht in Verzug geraten können.
Der Rechnung fehle eine angemessene Fristsetzung. Im übrigen sei die Klägerin
gehalten gewesen, die Raten weiterhin einzuziehen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf das übrige hier nicht gesondert
berührte Vorbringen und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen,
insbesondere auf den Leasingantrag vom 30.9.1991,( Bl. 9 ), die Rechnung der Klägerin
vom 19.1.1993, ( Bl. 35 ), das Kündigungsschreiben vom 12.3.1993, ( Bl. 16 ), die
Mitteilung der Klägerin vom 14.4.1993, ( Bl. 40 ), die Abrechnung der Klägerin vom
2.6.1993, ( Bl. 18 ), das Schätzwertgutachten vom 4.8.1992 ( Bl. 19 ), sowie auf die
Rechnung der Klägerin zum Verkauf des PKW vom 28.6.1993. ( Bl. 42 ).
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Entscheidungsgründe :
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Die Berufung ist zulässig. Das Rechtsmittel der Klägerin ist form-und fristgerecht
eingelegt worden. In der Sache bleibt die Berufung aber ohne Erfolg. Das Landgericht
hat die von der Klägerin nach der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages mit
dem Beklagten geltend gemachte Schadensersatzforderung im Ergebnis zu Recht
abgewiesen. Die Klägerin stützt den Schadensersatzanspruch auf Art. XV. der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen ( AGB ). Die mit dieser Regelung vorgesehene
Pauschalierung des Schadens bei der Abrechnung des Leasingvertrages ist aber nicht
wirksam. Der Beklagte führt mit Recht an, daß Art. XV der AGB einer Inhaltskontrolle
nach § 9 AGBG nicht standhält. Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot und
enthält damit eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten.
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Das Transparenzgebot ist in der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes zu § 9
AGBG entwickelt worden. Mehrfach wurde entschieden, daß bei Verwendung von AGB
eine unangemessene Benachteiligung des Kunden besteht, wenn unklare und
undurchschaubare Klauseln verwendet werden, (vgl. BGH NJW 89, 222; BGH NJW 93,
2052). Namentlich ist auch eine Ausgleichsklausel nach vorzeitiger Kündigung des
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Leasing-Vertrages gemäß § 9 AGBG für unwirksam erklärt worden, weil die
Berechnungsgrundlagen dieser Klausel undurchsichtig und nicht erkennbar waren ( vgl.
BGH NJW 1987, 842, 843 ). Dieser Grundsatz hat zwischenzeitlich weitergehendes
Gewicht erhalten. Er wurde von der EGRichtlinie über mißbräuchliche Klauseln in
Verbraucherverträgen in Art. 4 Abs. 2 Nr. 5 und von der Rechtssprechung des
Bundesarbeitsgerichts übernommen (vgl. BAG NJW 94, 213). Inhaltlich fordert das
Transparenzgebot insbesondere Verständlichkeit der in AGB getroffenen Regelungen.
Der Kunde soll die Tragweite einer durch AGB geschlossenen Vereinbarung und deren
Folgen übersehen können. Ob die AGB diese Möglichkeit boten, bestimmt sich nach
den Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten des für die jeweilige Vertragsart
typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden (vgl. BGH NJW 89, 222; 90, 2383;
93, 2052 ).
Art. XV. der AGB der Klägerin kann bei diesen rechtlichen Vorgaben mit dem
Transparenzerfordernis nicht in Einklang gebracht werden. Die vom Beklagten
beanstandete Klausel ist unklar und nicht durchschaubar. Sie zeigt keineswegs mit der
nötigen Deutlichkeit , was auf den Leasingnehmer bei Abrechnung im Falle berechtigter
vorzeitiger Kündigung zukommt. Auch wenn man berücksichtigt, daß die AGB im
konkreten Fall in einen Vertrag zu gewerblichem Leasing einbezogen wurden und so
einen Kundenkreis ansprechen, der gemessen am Normalkunden weiterreichende
Erkenntnismöglichkeiten besitzt, gilt nichts anderes. Die Klägerin bezieht sich in Art XV.
der AGB zur Abrechnung nach vorzeitiger Kündigung auf mehrere unbestimmte Begriffe,
deren Inhalte nicht konkretisiert werden. Im einzelnen ist nicht ersichtlich, was eine
Abzinsung der restlichen Leasingraten mit der "vorschüssigen Rentenbarwertformel "
bedeutet. Nicht deutlich wird ferner, was sich hinter dem Begriff " abgezinster Restwert "
verbirgt. Der Weg zur Ermittlung des "Restwertes" wird ebensowenig erläutert, wie
Grundlage und Höhe des "Abzinsungsfaktors ". Es bleibt ferner offen, was mit "
restlichen Leasingraten " angesprochen wird, und in welchem konkreten Umfang die
nicht berücksichtigungsfähigen Raten für Reparaturen und dergleichen darin beachtet
werden. Abgesehen von alledem fehlt ein zeitlicher Bezugsrahmen für die jeweils in die
Abrechnung einzustellenden Werte. Schon die Fülle dieser undurchschaubaren
einzelnen Positionen nötigt zu dem Schluß, daß Art. XV. der AGB keine dem
Transparenzgebot genügende Abrechnungsgrundlage ist . Die wegen der
unbestimmten Formeln entstehenden Fragen kann sich auch kein Leasingnehmer
selbst beantworten. Niemand ist in der Lage, die notwendige Transparenz aus dem Text
der AGB oder durch den Einsatz ihm zumutbarer Erkenntnismöglichkeiten herzustellen.
Die angesprochenen unklaren Begriffe und Formulierungen sind weder in Art. XV. AGB
noch an anderer Stelle der AGB erläutert. Nirgendwo ist ausgeführt, wie die zitierte
"vorschüssige Rentenbarwertformel" lautet. An keiner Stelle wird deutlich gesagt,
welcher " Restwert " und welcher " Abzinsungsfaktor " in die Abrechnung eingestellt
werden kann, sowie welche " restlichen Leasingraten " wie beachtet werden müssen.
Ohne eine solche genauere Darstellung und Erläuterung der angesprochenen
Positionen ist es dem Leasingnehmer unmöglich, den ihm drohenden Schadensersatz
bei vorzeitiger Kündigung zu ermessen und nachzurechnen. Genau diese Möglichkeit
will das Transparenzgebot aber sicherstellen. Einem Leasingnehmer der Klägerin
erschließt sich der Umfang des Schadensersatzes nach vorzeitiger Kündigung bei den
hier verwendeten AGB auch dann nicht, wenn er auf Erkenntnismöglichkeiten
außerhalb des Textes der AGB zurückgreift. Das ist einem Leasingnehmer zuzumuten,
wenn er lediglich einfache und geläufige Berechnungen vornehmen muß, um die
notwendige Transparenz sicherzustellen ( vgl. BGH NJW 93, 2052 ). Doch von
einfachen Berechnungen kann keine Rede sein, wenn sich die Rechtsfolge einer AGB-
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Klausel erst mit Hilfe umfangreichen, nicht alltagsgeübten Fachwissens erschließt ( vgl.
OLG Köln, NJW RR, 1989,1266 ). Dies ist bei Art. XV der AGB der Klägerin der Fall. Die
Kenntnis der vorschüssigen Rentenbarwertformel, welche in dem von der Klägerin
vorgesehenen Abrechnungsverfahren eine maßgebende Bedeutung einnimmt, muß zur
Überzeugung des Senates von keinem Leasingnehmer erwartet werden. Das gilt
gleichermaßen für das in Art. XV AGB zugrundegelegte ,leasingtypische"
Abrechnungsverfahren. Dieses kann sicher mit Hilfe eines Computerprogrammes
nachvollzogen werden, ( vgl. OLG Köln, Urteil des 19. Zivilsenates vom 9.12.1994 -19 U
261/93- unveröffentlicht ). Doch schon das erhellt, daß dem Leasingnehmer der
streitbefangenen AGB kein einfaches Rechenwerk überbürdet würde, wollte er
versuchen, die Abrechnungsmodalitäten bei vorzeitiger Kündigung alleine
nachzurechnen.. Um die Abrechnungsklausel bewerten zu können, muß der
Leasingnehmer nicht auf die zur Berechnung in Leasingverträgen marktüblichen
Programme zurückgreifen. Es ist weder ersichtlich, noch dargetan, daß die Klägerin die
tatsächlichen Grundlagen für die Nutzung des Programms in den AGB , oder bei
Gelegenheit des Vertragsschlusses zur Verfügung stellt. Ohne mögliche eigene
Erkenntnisquellen, um die von der Klägerin geschaffene unklare Situation aufzuhellen,
bleibt es für den Leasingnehmer bei der eingangs getroffenen Feststellung, daß Art. XV
der AGB nicht transparent ist. Die Auffassung der Klägerin, der Senat weiche mit dieser
Einschätzung von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte ab, ist unrichtig. Die von
der Klägerin angeführten Urteile enthalten entweder keine Ausführungen zur
Inhaltskontrolle der Abrechnungsklausel in Art XV. AGB ( vgl. OLG Köln, 18 U 107/93,
Urteil vom 21.4.1994; OLG Köln, 19 U 261/93, Urteil vom 9.12.1994 ), oder die
Ausführungen enden mit der Feststellung, daß Art. XV AGB der Klägerin eine
unangemessene Benachteiligung des Leasingnehmers beinhaltet, ( vgl OLG Köln, 3 U
24/93, Urteil vom 20.5.1994 ). Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 1.2.1995
nachgereichten Entscheidungen des OLG Hamm ( 30 U 39/94, Urteil vom 16.12.1994;
und 30 U 244/93, Urteil vom 27.4.1994 ) berühren zwar die hier beurteilte
Abrechnungsklausel, führen aber keine Inhaltskontrolle durch, sondern lassen die
Wirksamkeit der Klausel offen.
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Der Senat verkennt nicht, daß den hier der Beurteilung zugrundegelegten
Transparenzanforderungen die Besorgnis anhaftet, damit würden die Erfordernisse an
die Verständlichkeit überspannt, weil eine nicht mehr zu bewältigende Informationsfülle
entsteht ( vgl. BGH NJW 93, 2052, 2054 ). Dieses Bedenken kommt für den
vorliegenden Fall jedoch nicht zum Tragen. Die oben dargestellten problembelasteten
Positionen können ohne weitreichenden Aufwand im Text der AGB erklärt und
spezifiziert werden. Dies ist der Klägerin vor allem auch deshalb zuzumuten, weil die
erörterten Unklarheiten nicht nur vernachlässigungsfähige Nebensächlichkeiten
betreffen, sondern die Grundlagen der gesamten Abrechnung nach vorzeitiger
Kündigung bilden, und der Klägerin gegen den vorzeitig aus einem Vertrag
ausgeschiedenen Leasingnehmer eine scharfe Sanktion in die Hand gibt. Gerade die
Vorraussetzungen von Nachteilen und Sanktionen für den Kunden müssen aber umso
präziser umschrieben werden, je schärfer die Sanktion ist ( vgl. BGH NJW 1990, 2388,
2389 ). An der bisherigen Sichtweise ändert sich auch dann nichts, wenn man
berücksichtigt, daß die AGB hier in Verbindung mit einem Leasingantrag für
gewerbliches Leasing benutzt wurden. Daraus ließe sich schlußfolgern, daß die zu
beurteilenden AGB der Klägerin einen Kundenstamm ansprechen, der aufgrund
besonderer Sachkunde die Unklarheiten der Abrechnungsklausel in Art. XV AGB selbst
beseitigen kann. Doch dieser Ausgangspunkt geht fehl. Auch im gewerblichen Bereich
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wäre es lebensfremd, anzunehmen, daß jeder die in Art. XV AGB genannten üblichen
Begrifflichkeiten der Abrechnung eines vorzeitig beendeten Leasingvertrages kennt
oder greifbar hat. Ebenfalls der im kaufmännischen Verkehr selbstverständliche Zugriff
auf die Möglichkeiten der Datenverarbeitung hilft nicht weiter. Ein Computerprogramm
ist nur dann nützlich, wenn die AGB die zur Programmnutzung erforderlichen Daten
zweifelsfrei benennt. Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.
Dem Beklagten bleibt durch die nach alledem intransparente Klausel des Art. XV.der
AGB die Prüfung verwehrt, ob es für ihn günstiger ist, wenn er den Vertrag zu Ende
durchführt, oder es bei der vorzeitigen Beendigung beläßt. Darin liegt eine
unangemessene Benachteiligung des Beklagten., mit der Folge, daß die Klägerin sich
für die streitbefangene Abrechnung nicht auf Art. XV der AGB stützen darf. Diese
Rechtsfolge kann zusätzlich damit begründet werden, daß es den Beklagten
unangemessen benachteiligt, wenn die Klägerin das Sachverständigengutachten zur
Bestimmung des Händlereinkaufspreises für die Abrechnung selbst in Auftrag geben
kann, der Beklagte daran gebunden ist und keine zu günstigeren Bedingungen
kaufbereite Person benennen kann.. Dies ist für die Abrechnungsweise der Klägerin in
einem Urteil des 3. Zivilsenates des OLG Köln vom 20.5.1994 ( 3 U 24/93 ,
unveröffentlicht ) entschieden. Der Senat hat keinen Anlaß, abweichend davon zu
befinden. Soweit die AGB der Klägerin diesen vom 3. Zivilsenat herausgehobenen
Punkt ansprechen, ist das unzureichend. Zum Transparenzgebot gehört es auch,
übersichtliche Regelungen zu schaffen. Diese Übersichtlichkeit ist nicht gewahrt, wenn
die im Urteil des 3. Zivilsenates geforderte Möglichkeit des Kunden, einen Ersatzkäufer
zu benennen nicht unter der Rubrik " Abrechnung nach Kündigung " angesprochen ist,
sondern erst in der nachfolgenden Sparte "Rückgabe des Fahrzeuges".
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Entgegen der Auffassung der Klägerin gibt es auch keine gesetzlichen Grundlagen, die
ihren Schadensersatzanspruch stützen können. Vorab kann der Klägerin zugestanden
werden, daß ihre im Berufungsverfahren vertretene Rechtsauffassung zutrifft. Hiernach
darf jeder Leasinggeber, der nach vorzeitiger Beendigung eines Leasingvertrages einen
Schadensausgleich fordert und diesen mangels Wirksamkeit der entsprechenden
Klausel zur abstrakten Schadensberechnung nicht aus dem Leasingvertrag selbst
herleiten kann, seinen Schaden konkret berechnen. Die Verpflichtung zur
Ausgleichszahlung kann sich für den Leasingnehmer aus einem dem Leasingvertrag
immanenten Ausgleichsanspruch ergeben ( vgl. BGHZ 95, 39, 54 ). Erwägenswert ist
ferner ein Schadensersatzanspruch des Leasinggebers für seine aufgrund des
Zahlungsverzuges und der damit verbundenen Kündigung entstandenen Schäden ( vgl.
BGH NJW 1991, 221 ). Entgegen der Auffassung der Klägerin will der Senat von dieser
Rechtsprechung nicht abweichen. Für den gegenständlichen Fall ist entscheidend ist ,
daß die notwendige konkrete Schadensberechnung der Klägerin fehlt. Diese ist weder
in der Klagebegründung enthalten, noch später nachgeholt worden. Das Rechenwerk
der Klageschrift bezieht sich ausschließlich auf die unwirksame Abrechnungsklausel in
Art. XV der AGB. Aus den in dieses Rechenwerk eingestellten Zahlen und Formeln
kann für eine konkrete Schadensberechnung nichts gewonnen werden. Der konkrete
Schaden eines Leasinggebers nach vorzeitiger Beendigung eines Leasingverhältnisses
entspricht zunächst dem Betrag, den er bei vertragsgemäßem Verlauf bekommen hätte,
einschließlich des entgangen Gewinns , § 252 BGB . Doch davon sind die Vorteile
abzusetzen, die durch die vorzeitige Beendigung des Vertrages entstehen. Erst danach
ist der konkrete Schaden des Leasinggebers festgestellt. Ohne den Abzug der durch die
vorzeitige Beendigung entstandenen Vorteile wäre der Leasinggeber besser gestellt, als
bei vertragsgemäßem Verlauf. Demgemäß wurde mehrfach entschieden, daß der
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Nichterfüllungsschaden der Höhe nach auf die bei ordnungsgemäßer Abwicklung zu
leistenden Leasingraten begrenzt ist ( vgl. BGH NJW 1984, 2687 ), und daß
Verwertungsvorteile ebenso wie ersparte Aufwendungen schadensmindernd abgesetzt
werden müssen. Der Senat sieht keinen Anlaß, im gegenständlichen Fall von dieser
Rechtsprechung abzuweichen ( vgl. BGH NJW 1991, 221 ; OLG Köln NJW-RR 1993,
1016 ; BGH NJW 1984, 2687 ; BGHZ 82, 121 ; 95, 39, 44 ). Diesen Anforderungen an
eine konkrete Schadensberechnung wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht.
Beim vorliegenden Sachstand kann lediglich errechnet werden, wieviele Raten der
Beklagte vom Zeitpunkt der Rückgabe des Fahrzeuges bis zum vorgesehenen
Vertragsablauf noch zu zahlen gehabt hätte. Doch weder die daran anschließende
Abzinsung, noch die Bemessung des durch die vorzeitige Rückgabe entstandenen
Vorteils ist möglich. Der Klägerin kann gefolgt werden, wenn sie die erforderliche
Abzinsung nach der vom OLG Stuttgart entwickelten Renten-Barwertformel vornehmen
möchte ( vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 1988,501 ). Doch die Klägerin irrt, wenn sie darin
die vertraglich vorgesehene Abzinsungsrate von 9,50 % einstellen möchte. Diese
Pauschalierung ist nach der oben gegebenen Begründung unwirksam. Die Klägerin
muß in einer konkrete Schadensberechnung vielmehr ihren eigenen
Refinanzierungssatz des streitbefangenen Vertrages berücksichtigen. Dieser ist weder
vorgetragen, noch kann er den Umständen im übrigen entnommen werden. Ebenso
fehlen Angaben zu den Verwaltungsaufwendungen, welche bei der Klägerin durch die
vorzeitige Rückgabe des PKW nicht mehr anfallen. Ohne jeden Anhaltspunkt vermag
der Senat diese Aufwendungen auch nicht gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Letztendlich
fehlen Hinweise der Klägerin dazu, welchen Mehrwert das Fahrzeug für sie durch die
vorzeitige Rückgabe hatte. Unerwähnt bleibt auch der dadurch bei der Klägerin
angefallene Zinsvorteil. Diese Positionen muß sich die Klägerin bei einer konkreten
Berechnung schadensmindernd anrechnen lassen ( vgl. OLG Stuttgart a.a.O. ). Im
Ergebnis fehlt für eine konkrete Schadensberechnung eine tragfähige Grundlage.
Nach § 546 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO wird die Revision zugelassen, weil der Rechtsstreit
grundsätzliche Bedeutung hat. Die Entscheidung beruht auf einer weitreichenden
Anwendung des Transparenzgebotes bei der Verwendung von AGB. Dies hat über den
vorliegenden Einzelfall hinaus Bedeutung .
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 27752,31 DM festgesetzt. Dies
entspricht dem Wert der Beschwer für die Klägerin. 3
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