Urteil des OLG Köln vom 02.06.1999

OLG Köln (geschäftsführer, kläger, geschäftsführung, höhe, gesellschafterversammlung, gesellschaft, verdeckte gewinnausschüttung, entlastung, schaden, gesellschafter)

Oberlandesgericht Köln, 5 U 196/98
Datum:
02.06.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 196/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 83 0 9/98
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das am 20. August 1998 verkündete
Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 83 0
9/98 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht
die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank,
Genossenschaftsbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu
erbringen.
e) Verkauf von Wohnungen zu Sonderkonditionen an den Geschäftsführer der GBS.
g) Lebensversicherungen der Geschäftsführer G. und W. von der W.
a) Verdeckte Gewinnausschüttung an die Geschäftsführer der GBS
c) Darlehen an die GBS vom 22. April 1996 in Höhe von 1 Million DM
d) Verkauf von Wohnungen durch die GBS Hochbau an den Geschäftsführer der GBS zu
Sonderkonditionen
e) Darlehensgewährung an die A.-P. Projekt GmbH &Co. KG in Höhe von 150.000,00 DM
f) Lebensversicherungsbeiträge für die Geschäftsführer G. und W. von der W.
T a t b e s t a n d
1
Die Kläger sind Gesellschafter der Beklagten - einer Familiengesellschaft - und gehören
zu einer Gesellschaftergruppe, die über insgesamt etwa 49,3 % der Geschäftsanteile
verfügt. Zwischen dieser Gruppe und der Mehrheitsgruppe, die seit 1989 insgesamt
etwa 50,7 % der Geschäftsanteile hält, ist es in den vergangenen Jahren zu zahlreichen
Auseinandersetzungen unter Führung verschiedener Rechtsstreite gekommen;
insbesondere wurden von den Klägern, teilweise auch einzelnen Gesellschaftern der
Minderheitengruppe, die Jahresabschlüsse der Beklagten sowie weitere
Gesellschafterbeschlüsse gerichtlich angefochten.
2
Im vorliegenden Fall fechten die Kläger den Beschluß der Gesellschafterversammlung
der Beklagten vom 17.12.1997 an, mit dem gegen die nur knappe Minderheit der Kläger
den damaligen Geschäftsführern der Beklagten gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG die
Entlastung für das Geschäftsjahr 1996 erteilt worden ist. Mit der bei dem Landgericht am
19. Januar 1998, einem Montag, eingegangenen Klage, haben die Kläger die
Anfechtung im wesentlich damit begründet, der Beschluß verstoße eklatant gegen die
Interessen der Gesellschaft und sei damit treuwidrig. Dies ergebe sich insbesondere
daraus, daß die Beklagte infolge der Entlastung der Geschäftsführung erheblicher
Schadensersatzansprüche gegen diese verlustig gehe.
3
Im einzelnen haben die Kläger die Anfechtung auf folgende Sachverhalte gestützt:
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1. GBS Gesellschaft für Bau und Sanierung mbH (GBS)
5
Hierbei handelt es sich um eine 1990 von den Geschäftsführern der Beklagten
gegründete Tochtergesellschaft, an der die Beklagte ursprünglich zu 85 % beteiligt war.
Die GBS ist wiederum mehrheitlich an weiteren Töchtern, unter anderem der GBS
Hochbau GmbH und der A.-P. Projekt GmbH &Co. KG, beteiligt.
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Im Zusammenhang mit der GBS haben die Kläger folgendes beanstandet:
7
a)
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Die GBS sei ohne vorherige Information der Gesellschafterversammlung 1990
gegründet worden.
9
b)
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Die Geschäftsführer der GBS, M. von der W. und F. K., hätten 1993 Gesamtbezüge in
Höhe von 600.000,00 DM sowie weitere Leistungen erhalten. Dies stelle eine verdeckte
Gewinnausschüttung dar.
11
c)
12
Im Dezember 1996 habe die Gesellschafterversammlung der GBS, an der die
Geschäftsführer der Beklagten als Mehrheitsgesellschafter maßgeblich und
stimmentscheidend teilgenommen hätten, wegen der hohen Verschuldung der GBS
(Bilanzverlust zum 31. Dezember 1996: 11.095.000,00 Mio.) die stille Liquidation der
GBS beschlossen, statt, was wirtschaftlich insbesondere für die Beklagte vernünftig
gewesen wäre, die Geschäftsführung der GBS anzuweisen, Konkursantrag zu stellen.
Dies habe alleine im Jahresabschluss 1996 der Beklagten zu einer Gewinnminderung
in Höhe von mehr als 6.500.000,00 DM geführt (Abschreibung eines am 22. April 1996
gegebenen Darlehens über 1.000.000,00 DM, Einzelwertberichtigung von Forderungen
der Beklagten gegen die GBS in Höhe von 1.360.000,00 DM sowie Rückstellung für die
Liquidation der GBS in Höhe von 4.200.000,00 DM). Ein Konkurs der GBS wäre
hingegen für die Beklagte wesentlich günstiger gewesen, weil in diesem Falle keine
Nachschusspflicht der Beklagten entstanden wäre.
13
Die von der Beklagten zur Begründung für den Entschluss vorgebrachte Argumentation,
der Konkurs einer Tochter hätte zu einem erheblichen Imageverlust der Beklagten
geführt, wollen die Kläger nicht gelten lassen. Derartiges sei in der Baubranche nichts
Außergewöhnliches.
14
Soweit die Beklagte einwendet, die ihr infolge der Krise der GBS und der stillen
Liquidation entstandenen Nachteile seien nicht größer als im Falle eines Konkurses,
haben die Kläger behauptet, es seien infolge der stillen Liquidation weitere
Verpflichtungen übernommen worden. Insoweit haben sie auf einen Beschluss der
Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17. Juli 1998 verwiesen, in dem ein
Gesellschafterzuschuss der Beklagten an die A.-P. GmbH &Co. KG von 2.400.000,00
DM beschlossen worden sei. Hiervon 750.000,00 DM entfielen auf die Übernahme einer
Bürgschaft, die ursprünglich die GBS zu Gunsten der A.-P. GmbH &Co. KG gegenüber
der Rheinischen Hypothekenbank übernommen gehabt habe. Jedenfalls in Höhe
dieses Betrages sei die Beklagte aufgrund der Entschließung zusätzlich belastet
worden, die GBS still zu liquidieren, statt diese in Konkurs fallen zu lassen.
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Die Kläger haben weiterhin behauptet, es sei ihnen nicht möglich gewesen, die von
ihnen gewünschte Geschäftspolitik (Anweisung der Geschäftsführung der GBS zur
Konkursanmeldung) durch Herbeiführung von Gesellschafterbeschlüssen der Beklagten
durchzusetzen, da man erst am 26. Februar 1997 zufällig bei einer
Gesellschafterversammlung der Beklagten von dem Entschluss in Kenntnis gesetzt
worden sei, die GBS still zu liquidieren. Noch bei der vorangegangenen
Gesellschafterversammlung vom 19. Dezember 1996 seien sie hierüber von der
Geschäftsführung der Beklagten, die seinerzeit schon Kenntnis von dem Entschluss zur
stillen Liquidation gehabt habe, nicht informiert worden.
16
d)
17
Ein weiteres, die Geschäftsführung der Beklagten zum Schadensersatz verpflichtendes
Verhalten haben die Kläger darin gesehen, dass der GBS am 22. April 1996 trotz der
seinerzeit bereits hoffnungslosen wirtschaftlichen Situation dieser Tochtergesellschaft
der Beklagten ein Darlehen in Höhe von 1.000.000,00 DM zinslos, ohne vereinbarte
Tilgung und ohne Sicherheiten gewährt worden sei. Schon zum damaligen Zeitpunkt sei
vorhersehbar gewesen, dass dieses Darlehen nicht von der GBS zurückgeführt werden
18
würde und letztlich verloren sei. Ein Sanierungskonzept für die GBS und damit eine
positive Fortbestehensprognose hätten seinerzeit nicht vorgelegen. Hiergegen spreche
auch schon der weitere Ablauf insbesondere der schon im Dezember 1996 gefasste
Beschluss zur stillen Liquidation.
Die Kläger haben sich ferner darauf berufen, dass im Jahr 1996 10 Wohnungen, für die
ursprünglich ein Verkaufspreis von 3.600,00 DM/m² vorgesehen gewesen sei, von der
GBS Hochbau GmbH, einer Tochter der GBS, an den Geschäftsführer der GBS, Herrn
M. von der W., zum Sonderpreis von 2.900,00 DM/m² verkauft worden seien. Mit diesem
Wohnungsverkauf hätte sich - so die Kläger - die Gesellschafterversammlung der GBS
seinerzeit konkret befasst. Sie habe es gleichwohl unterlassen, die Geschäftsführung
der GBS anzuweisen, ihrerseits in der Gesellschafterversammlung der GBS Hochbau
GmbH diesen Verkauf der Wohnungen unter Preis zu verhindern. Auch hierdurch sei
der GBS Hochbau und damit mittelbar der Beklagten ein Schaden entstanden.
19
f) A.-P. Projekt GmbH &Co. KG
20
Auch diese Tochtergesellschaft der GBS (Beteiligung 42,72 %, Beteiligung der
Beklagten 18,18 %) wies zum 31. Dezember 1995 einen Bilanzverlust von 7.400.000,00
DM aus. Die Kläger haben sich darauf berufen, im Jahre 1996 seien erhebliche
Darlehen der GBS an die A.-P. Projekt KG aus den Jahren 1994 und 1995
abgeschrieben worden. Darüber hinaus sei noch 1996 eine Darlehenserhöhung in
Höhe von 150.000,00 DM beschlossen worden. Die Geschäftsführer der Beklagten
hätten in der Gesellschafterversammlung der GBS diese Darlehensgewährung
genehmigt, was angesichts der angespannten finanziellen Lage pflichtwidrig gewesen
sei. Im Übrigen seien ausstehende Einlagen der weiteren Kommanditisten der A.-P. KG
die weitgehend mit den Mehrheitsgesellschaftern der Beklagten identisch sind, nicht
eingezogen worden. Dies sei erst 1997, allerdings unter Verrechnung der von diesen
Kommanditisten gegebenen Darlehen geschehen.
21
Schließlich haben die Kläger ein zum Schadensersatz verpflichtendes Fehlverhalten
der Geschäftsführer der Beklagten darin gesehen, dass diese auch im Jahre 1996 die
Beiträge für die im Jahre 1992 abgeschlossenen Lebensversicherungen zu Gunsten der
Geschäftsführer G. und W. aus dem Vermögen der Beklagten beglichen hätten. Dieser
Vorgang war bereits Gegenstand von Vorprozessen, mit denen ebenfalls der
erkennende Senat befasst war (vgl. insbesondere 5 U 200/97). Die Prämienzahlung in
1996 (ca. 28.000,00 DM) sei ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Die Kläger verweisen in
diesem Zusammenhang auf das Urteil des Senats in 5 U 200/97.
22
Die Kläger haben beantragt, den Beschluß der Gesellschafterversammlung der
Beklagten vom 17.12.1997, mit den der Geschäftsführer Entlastung erteilt wurde, für
nichtig zu erklären.
23
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
24
Sie hat folgende Auffassung vertreten:
25
Die Entlastung der Geschäftsführer der Beklagten sei zu Recht erfolgt. Ein
Fehlverhalten der Geschäftsführer, das zum Schadensersatz verpflichte, liege nicht vor.
26
Im Einzelnen:
27
Zu c)
28
Der Entschluss der GBS, diese Gesellschaft still zu liquidieren, statt Konkursantrag zu
stellen, sei schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die Kläger insoweit von ihren
Rechten, die gewünschte Geschäftspolitik durch Gesellschafterbeschlüsse
durchzusetzen, keinen Gebrauch gemacht hätten, obwohl sie bestens über die Folgen
informiert gewesen seien. Die stille Liquidation der GBS sei in der
Gesellschafterversammlung vom 26. Februar 1997 thematisiert worden. Daraufhin sei
die Abberufung des M. von der W. beantragt, von der Gesellschafterversammlung
abgelehnt und dieser Beschluss insoweit nicht angefochten worden. Im Übrigen hätten
den Klägern schon mit der Einladung zur Gesellschafterversammlung vom 19.
November 1996 der Geschäftsbericht für 1995, der auch Angaben über das finanzielle
Engagement bei der GBS enthalten habe, vorgelegen. Dennoch seien der
Geschäftsführung insoweit keine Vorgaben gemacht worden.
29
Im Übrigen bestehe nach einheitlicher Ansicht keine Pflicht der Muttergesellschaft zur
Konzernleitung.
30
Ein nennenswerter Schaden sei der Beklagten durch die stille Liquidation der GBS im
Vergleich zu einer Durchführung des Konkursverfahrens nicht entstanden.
31
Ein Konkurs der GBS hätte u.a. zur Rückforderung von Kontokorrentkrediten der
Beklagten und anderer Töchter der Beklagten in Höhe von ca. 4.000.000,00 DM geführt,
was die Beklagte in erhebliche finanzielle Bedrängnis gebracht hätte. Demgegenüber
sei die Durchführung einer stillen Liquidation mit der Möglichkeit einer allmählichen
Rückführung der Fehlbeträge für die Beklagte vorteilhaft.
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Wesentlicher Gesichtspunkt sei ferner der für die Beklagte als ein alteingesessenes
Unternehmen erhebliche Imageverlust im Falle des Konkurses einer
Tochtergesellschaft gewesen. Dies hätte in jedem Falle vermieden werden müssen, um
größeren Schaden von der Beklagten fernzuhalten.
33
Zu d)
34
Die Darlehensgewährung an die GBS in Höhe von 1.000.000,00 DM am 22. April 1996
sei Teil eines Sanierungskonzeptes für die GBS gewesen. Unter Berücksichtigung
dieses Konzeptes sei davon auszugehen gewesen, dass die GBS würde fortgeführt
werden können, wenn das Darlehen bewilligt wurde. Dass es in der Folgezeit dennoch
zu einem weiteren Verfall der GBS gekommen sei, sei die Folge unvorhergesehener
Änderungen auf dem Markt. Durch die Existenz der im Osten Deutschlands agierenden
GBS seien der Beklagten schließlich eine Reihe von lukrativen Aufträgen und
Geschäftsverbindungen erwachsen.
35
In Frage stehe im Übrigen allenfalls die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme, die auch
nach den strengen Anforderungen, die das OLG Hamm in einer in GmbHR 92, 802 ff
veröffentlichten Entscheidung aufgestellt habe, im Ermessen der Geschäftsführung der
Beklagten gestanden habe.
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Zu e)
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Der Verkauf von Wohnungen an den Geschäftsführer M. von der W. zum Sonderpreis
habe die Beklagte bzw. deren Töchter nicht geschädigt. Ein Paketabschlag beim
Erwerb von 10 Wohnungen sei üblich. Im Übrigen habe nur durch den ansonsten nicht
rechtzeitig möglichen Verkauf der Wohnungen an eine GbR die Sonder-AfA nach dem
Fördergebietsgesetz gerettet werden können. Ferner sei der Preis von 2.900,00 DM/ m²
aufgrund einer Mischkalkulation entstanden, die berücksichtigt habe, dass die
Wohnungen - wie von den Klägern nicht bestritten wird - zum Teil erst halb fertig
gewesen seien.
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Schließlich habe die Geschäftsführung der Beklagten an diesem Vorgang gar nicht
mitwirken können, weil die GBS nach ihrem Gesellschaftsvertrag nicht an die
Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu derartigen Maßnahmen gebunden sei.
Eine konkrete Befassung der Gesellschafterversammlung der GBS mit diesen
Vorgängen, wie von den Klägern behauptet, habe nicht stattgefunden.
39
Zu f)
40
Ähnliches gelte auch hinsichtlich der Darlehensgewährung in Höhe von 150.000,00 DM
an die A.-P. Projekt GmbH &Co. KG im Jahre 1996. § 5 Abs. 5 Ziffer 6 des
Gesellschaftsvertrages der GBS sehe zwar vor, dass die Geschäftsführer für die
Aufnahme und Gewinnung von Darlehen der Zustimmung der
Gesellschafterversammlung bedürften, dies begründe aber keine Verpflichtung der
Geschäftsführer der Beklagten, von sich aus Vorgänge aus der Geschäftsführung der
GBS an sich zu ziehen.
41
Die Abschreibung von Darlehen aus den Jahren 1994 und 1995 im Jahre 1996 bedeute
keinen Forderungsverzicht gegenüber der A.-P. KG, sondern lediglich eine bilanzielle
Maßnahme, die auf den Bestand der Forderung keine Auswirkung habe.
42
Die späte Geltendmachung der Kommanditanteile wie auch die Darlehensvergabe an
die A.-P. KG habe schließlich überhaupt nicht zu einem Schaden der Beklagten geführt.
43
Zu g)
44
Durch den Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 19. März 1998, der auf das Urteil
des Senates in der Sache 5 U 200/97 hin ergangen sei und mit dem der Abschluss der
Lebensversicherung zu Gunsten der Geschäftsführer der Beklagten rückwirkend ab
1991 genehmigt worden sei, sei die nach Auffassung des Senats noch fehlende
Rechtsgrundlage für die von der Beklagten übernommenen Zahlungen nunmehr
gegeben. Insoweit sei mithin kein Fehlverhalten der Geschäftsführer der Beklagten zu
erkennen.
45
Das Landgericht hat die Klage mit dem am 20. August 1998 verkündeten Urteil, auf das
wegen aller weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen und zur
Begründung ausgeführt, der Beklagten stehe bei der beanstandeten
Entlastungsentscheidung ein sehr breites Ermessen zu. Nicht jede mögliche
Pflichtverletzung der Geschäftsführung führe daher automatisch zu einer
Rechtswidrigkeit bzw. Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses. Eine Überschreitung
des den Gesellschaftern eingeräumten Ermessens liege nur dann vor, wenn schwere
Verfehlungen der Geschäftsführer gebilligt würden, die einen erheblichen Schaden der
Gesellschaft verursacht hätten, so dass der durch eine Entlastung bewirkte Verlust von
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Schadensersatzansprüchen zu einer Gefährdung des Gesellschaftszwecks führen
würde. Diese Voraussetzungen hat das Landgericht hier nicht als gegeben angesehen,
und zwar selbst dann nicht, wenn die Richtigkeit des Vortrags der Kläger zu den
angeblich schadenstiftenden Handlungen der Geschäftsführung zutreffend seien.
Sämtliche beanstandeten Entscheidungen hätten sich im Rahmen des durch die
unternehmerische Freiheit der Beklagten begründeten Ermessens gehalten.
Gegen dieses ihnen am 28.08.1998 zugestellte Urteil haben die Kläger am 28.09.1998
Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
zum 18.01. 1999 an diesem Tag fristgerecht begründet.
47
Im Berufungsverfahren verfolgen die Kläger ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Sie
meinen, das Landgericht habe die Anforderungen an eine Anfechtbarkeit des
Entlastungsbeschlusses zu hoch bemessen. Es sei keineswegs so, dass
Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführer schlüssig dargelegt werden
müssten. Die bloße Möglichkeit des Bestehens solcher Ansprüche reiche aus. Es
könnten keine höheren Anforderungen an die Darlegung gestellt werden, als dies beim
Schadensersatzprozess gegen die Geschäftsführer selbst der Fall sei. Diese müssten
sich in einem solchen Verfahren jedoch grundsätzlich entlasten, wenn ein
schadenstiftendes Verhalten nachgewiesen sei.
48
Außerdem seien inzwischen weitere Umstände bekannt geworden, die die Anfechtung
rechtfertigten. Die Bilanzverluste der A.-P. KG und GBS seien weiter angestiegen. Von
der Beklagten der GBS in 1996 gewährte Darlehen in Höhe von 2.850.000,00 DM seien
weitgehend verloren.
49
Die GBS habe ihrerseits der A.-P. KG eine Bürgschaft in Höhe von 750.000,00 DM zur
Verfügung gestellt, die den dort als Kommanditisten beteiligten
Mehrheitsgesellschaftern der Beklagten zu Gute kämen.
50
Ferner behaupten die Kläger, die Geschäftsführer der Beklagten hätten zu Gunsten der
GBS und zu Lasten der Beklagten Rangrücktritts- oder sonstige Erklärungen
abgegeben, ansonsten hätte von der GBS Konkursantrag gestellt werden müssen. Auch
hieraus ergäben sich Schadensersatzansprüche, die mit der Entlastung abgeschnitten
werden sollten. Die A.-P. KG werde zu Lasten der Beklagten saniert, was dem
Privatvermögen der Mehrheitsgesellschafter zu Gute komme.
51
Ferner habe sich nun herausgestellt, dass auch 1996 die Geschäftsführer der Beklagten
sich nur scheinbar an Ausschreibungen der öffentlichen Hand beteiligt hätten, um
andere Anbieter zu schützen und sich dann von diesen Abstandssummen zahlen zu
lassen. Gegen einen der Geschäftsführer sei daher eine Strafe von 750.000,00 DM
verhängt worden, die aus dem Vermögen der Beklagten gezahlt worden sei.
52
Mit Schriftsatz vom 26.04.1999, der bei dem Oberlandesgericht am 27.04.1999
eingegangen ist, haben die Kläger hierzu ergänzend vorgetragen, nach dem 19.10.1998
sei ihnen "aus der Bauwirtschaft zugetragen worden, daß gegen die Geschäftsführer der
Beklagten wegen des Verdachts strafbarer Handlungen ein Strafverfahren geführt
worden sei, dem Sachverhalte zugrunde lagen, welche jedenfalls auch das Jahr 1996
(und vorangegangene Jahre) betreffen." Nach den den Klägern zugetragenen
Informationen, die in sich schlüssig und plausibel gewesen seien, hätte sich die
Geschäftsführung der Beklagten in erheblichem Maße an gesetzwidrigen oder sogar
53
strafbaren Preisabsprachen beteiligt und sich für die Mitwirkung an solchen
Preisabsprachen von anderen Beteiligten Vergütungen bezahlen lassen. Ein wegen
dieser Behauptungen an die Geschäftsführung der Beklagten gerichtetes
Auskunftsersuchen vom 11.12.1998 sei von der Beklagten zurückgewiesen worden, so
daß die vorgenannten Informationen letztlich bislang nicht hätten verifiziert werden
können.
Die Kläger beantragen,
54
in Abänderung des Urteils 83 0 9/98 des Landgerichts Köln vom 20. August
1998 den Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom
17.12.1997, mit dem der Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 1996
Entlastung erteilt wurde, für nichtig zu erklären.
55
Die Beklagte beantragt,
56
die Berufung zurückzuweisen.
57
Sie hält den Vortrag der Kläger im Berufungsverfahren schon deshalb für unerheblich,
weil dieser nicht innerhalb der geltenen Anfechtungsfrist erfolgt sei und weil er
jedenfalls teilweise nicht das Geschäftsjahr 1996 betreffe.
58
Im Übrigen habe keine Bereicherung einzelner Gesellschafter durch die Möglichkeit von
Zeichnungen von Kommanditanteilen der A.-P. KG stattgefunden. Diese Möglichkeit sei
allen Gesellschaftern der Beklagten angeboten worden. Diejenigen, die von dieser
Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, hätten den Wert ihrer Beteiligung verloren. Sie
hätten anteilmäßig ebenso viel zur Sanierung beigetragen, wie die Beklagte. Der
nunmehr vorgesehene Verkauf der KG an natürliche Personen sei beabsichtigt
gewesen, um im Falle eines Konkurses Schaden von der Beklagten abzuwenden. Im
Übrigen sei - was unstreitig ist - vorgesehen gewesen, bei einer Genesung dieser KG
entstehende Gewinne wiederum an die Beklagte abzuführen.
59
Zu dem angeblichen Wettbewerbsverstoß trägt die Beklagte vor, ein solcher habe zwar
in 1995 stattgefunden. Hier habe es einen Bußgeldbescheid gegen einen Mitarbeiter
der Beklagten, nicht aber die Geschäftsführer gegeben. Das Bußgeld habe aber nur
einen Bruchteil der genannten Summe betragen.
60
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand
und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf die erst- und
zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst den dazu überreichten
Anlagen Bezug genommen.
61
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
62
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Kläger hat in der Sache keinen
Erfolg.
63
Der Beschluß der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 17.12.1997 ist nicht
anfechtbar.
64
Die Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen der GmbH ist gesetzlich nicht
65
geregelt. Es entspricht jedoch gefestigter Rechtsauffassung, daß eine solche
Anfechtung nach § 243 Abs. 1 und 2 AktG in entsprechender Anwendung prinzipiell
möglich ist (vgl. Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl., Anhang zu § 47, Rdn. 113 ff.;
Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anhang zu § 47, Rdn. 43 ff. m.w.N.). Hiernach
setzt die Anfechtbarkeit des Beschlusses voraus, daß ein Verstoß gegen das Gesetz
oder die Satzung der Gesellschaft vorliegt. Unter einem Gesetzesverstoß im weiteren
Sinne ist auch ein Verstoß gegen die guten Sitten, gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen die Treubindung, insbesondere auch gegen
die Bindung an den Gesellschaftszweck zu verstehen (Baumbach/Hueck a.a.O. Rdn.
43). Im einzelnen ist eine Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses in folgenden
Fällen möglich:
a)
66
Rechtswidrig, weil sittenwidrig ist zunächst das Erstreben von Sondervorteilen für
einzelne Gesellschafter (Baumbach/ Hueck a.a.O., Rdn. 45, vgl. auch § 243 Abs. 2
AktG). Für die Annahme eines solchen sittenwidrigen Machtmißbrauchs der
Gesellschafterversammlung ist Vorsatz erforderlich.
67
b)
68
Anfechtbarkeit liegt ferner vor bei einem Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz. Hauptfall ist die verdeckte Gewinnausschüttung. Ein
derartiges Verhalten der Gesellschafter führt jedoch nur dann zur Anfechtbarkeit, wenn
für die Ungleichbehandlung keine sachliche Rechtfertigung vorhanden ist und diese
nicht gleichzeitig durch andere Maßnahmen zu Gunsten der benachteiligten
Gesellschafter ausgeglichen wird.
69
c)
70
Zur Anfechtung berechtigen weiter Verstöße gegen den Gesellschaftszweck, der bei der
GmbH in aller Regel in der Erzielung von Erträgen bestehen wird (vgl.
Baumbach/Hueck a.a.O. Rdn. 49). Hiernach soll jedoch nicht jede Maßnahme, die sich
nachträglich als objektiv zweck- oder interessenwidrig herausstellt, zur Anfechtung
berechtigen. Vielmehr besteht ein breiter Ermessensspielraum. Wenn ein
Geschäftsführungsbeschluß der Gesellschaft nach einschlägigem Maßstab eine
Schädigung voraussehen läßt, so kann er wegen Verstoßes gegen die Zweckbindung
unter Umständen anfechtbar sein (vgl. Baumbach/Hueck a.a.O., a.A. Rohwedder-
Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rdn. 104, der den Gerichten überhaupt kein Urteil
über die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit bestimmter Maßnahmen zugestehen will).
71
d)
72
Zur Anfechtung berechtigen schließlich auch Verstöße der Gesellschafter gegen die
ihnen obliegende Treubindung (vgl. Baumbach a.a.O. Rdn. 50 m.w.N.).
73
Unter den genannten Voraussetzungen kann im Einzelfall auch ein
Gesellschafterbeschluß der GmbH der Anfechtung unterliegen, mit dem, wie im
Streitfall, den Geschäftsführern der Gesellschaft Entlastung erteilt worden ist. So ist die
Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses vom BGH (WM 77, 361 ff.) für den Fall bejaht
worden, daß der entlastete Geschäftsführer mit den für seine Entlastung stimmenden
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Gesellschaftern zum eigenen Vorteil und zum Schaden der Gesellschaft
zusammengewirkt hat. Hierin sieht der Bundesgerichtshof einen Mißbrauch des
Stimmrechts, der zur Anfechtbarkeit führt, § 243 Abs. 2 AktG analog.
Das OLG München (OLGR 97, 287) hat ebenfalls einen Entlastungsbeschluß als
anfechtbar angesehen, weil durch den Geschäftsführer einem Gesellschafter
Sondervorteile zugewandt worden waren. Wegen des hierin liegenden Verstoßes
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz hat das OLG München Anfechtbarkeit des
Entlastungsbeschlusses angenommen.
75
Ebenfalls mit der Anfechtbarkeit eines Entlastungsbeschlusses der GmbH beschäftigt
sich die Entscheidung des OLG Hamm in GmbHR 92, 802. Das Oberlandesgericht
Hamm hat hierzu ausgeführt, die Beschlußfassung sei an den Interessen der GmbH, am
Gesellschaftszweck und an den gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten zu messen.
Eine Ermessensspanne, die erst bei Willkür überschritten werde, bestehe lediglich
hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung und des unternehmerischen
Geschicks des Geschäftsführers. Die Rechtmäßigkeit der Geschäftsführung gemäß § 43
Abs. 1 GmbHG unterliege einem solch breiten Ermessensspielraum der Gesellschafter
hingegen nicht. Hier müsse es bei dem Grundsatz bleiben, daß die Beschlußfassung an
den Interessen der Gesellschaft, an dem Gesellschaftszweck und an den
gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten zu messen sei. Das Oberlandesgericht Hamm
hält die Interessen der Gesellschaft durch den Entlastungsbeschluß ferner bereits dann
für berührt, wenn im Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Entlastung des
Geschäftsführers Tatsachen bekannt oder bei sorgfältiger Prüfung erkennbar gewesen
seien, die möglicherweise einen Schadensersatzanspruch begründen könnten, weil in
diesem Fall die Entlastung zur Folge habe, daß die künftige Geltendmachung solcher
Schadensersatzansprüche ausgeschlossen sei. Schon die Möglichkeit, mit einem
Entlastungsbeschluß solcher möglichen Ansprüche verlustig zu gehen, könne zu einer
Gefährdung des Gesellschaftszwecks führen. Für den Einzelfall will das OLG Hamm
jedoch auf die Art und die Höhe der möglichen Ansprüche, die wirtschaftliche Situation
der Gesellschaft sowie auch unter Umständen auf eventuelle soziale Rücksichten auf
den Geschäftsführer abstellen. Dies bedürfe einer Interessenabwägung.
76
Auch in der Kommentarliteratur (vgl. Baumbach/Hueck, 16. Aufl., § 46 Rdn. 28 sowie
Scholz, GmbHG, 8. Aufl., § 46 Rdn. 99) wird der Gesellschafterversammlung bei der
Entlastungsentscheidung ein breites Ermessen zugestanden.
77
Dieser Auffassung schließt sich der Senat im wesentlichen an. Nicht jede
Pflichtverletzung der Geschäftsführung muß von der Gesellschafterversammlung mit der
Verweigerung der Entlastung beantwortet werden. Die Erteilung der Entlastung trotz
Kenntnis der Gesellschafterversammlung von Pflichtverletzungen der Geschäftsführung,
die diese möglicherweise zur Schadensersatzleistung an die Gesellschaft verpflichtet,
ist daher nicht in jedem Falle rechtswidrig. Vielmehr ist anhand einer vorzunehmenden
Gesamtwürdigung aller Umstände festzustellen, ob das der Gesellschafterversammlung
grundsätzlich eingeräumte Ermessen im Einzelfall soweit reduziert war, daß nur noch
die Verweigerung der Entlastung in Betracht kommen konnte. In diese
Gesamtwürdigung sind in besonderem Maße die schutzwürdigen Interessen der
Gesellschaft mit einzubeziehen. Von erheblicher Bedeutung sind in diesem
Zusammenhang zunächst die Höhe des Schadens, der der Gesellschaft durch die
mögliche Pflichtverletzung des Geschäftsführers entstanden ist. Je höher der Schaden,
desto mehr verengt sich das Ermessen der Gesellschafter. Hierbei kann allerdings nicht
78
außer Betracht bleiben, wie bedeutend ein solcher Schaden für die betroffene
Gesellschaft ist. Je größer das betroffene Unternehmen, d.h. die erzielten Umsätze und
Gewinne, desto weniger bedeutend kann ein von der Geschäftsführung verursachter
Schaden unter Umständen sein.
Entscheidungsrelevant ist ferner die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft. Ein
Unternehmen, das finanziell am Rande des Untergangs steht, wird sich in keinem Falle
eines möglichen Ersatzanspruchs gegen seine Geschäftsführer begeben dürfen. Ist ein
Unternehmen aber völlig gesund, so kann unter Umständen auch eine nicht
unerhebliche Schädigung durch ein Verhalten der Geschäftsführung hingenommen
werden, wenn hierfür andere Umstände sprechen. Derartige Umstände, die ebenfalls in
die vorzunehmende Abwägung einzubeziehen sind, sind zum einen die Dauer und der
Erfolg der bisherigen Tätigkeit der Geschäftsführung. Einem Geschäftsführer, der - wie
im Streitfall - seit mehr als 30 Jahren für die Gesellschaft tätig ist und diese stets
interessengerecht mit großem wirtschaftlichen Erfolg vertreten hat, kann gegebenenfalls
auch unter dem Gesichtspunkt sozialer Rücksichtnahme eine Entlastung auch dann
erteilt werden, wenn nicht unerhebliche Schadensersatzansprüche im Raum stehen.
Ebenfalls im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen ist der Grad
der Wahrscheinlichkeit, die für das Bestehen von Schadensersatzansprüchen gegen
den Geschäftsführer spricht. Liegt ein solcher Schadensersatzanspruch deutlich auf der
Hand, so ist das Ermessen der Gesellschafter bei der Entlastungsentscheidung
wesentlich stärker eingeschränkt, als wenn ein zum Schadensersatz verpflichtendes
Fehlverhalten des Geschäftsführers eher fern liegt.
79
Nicht zuletzt ist die Rechtmäßigkeit eines Entlastungsbeschlusses gegebenenfalls auch
davon abhängig, ob eine Maßnahme der Geschäftsführung, die zu einer Schädigung
der Gesellschaft geführt hat, eher eine Zweckmäßigkeitsentscheidung war. Eine
derartige geschäftspolitische Entscheidung der Geschäftsführung, die sich im
Nachhinein als unvorteilhaft herhausgestellt hat, verpflichtet den Geschäftsführer nur in
Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn sich die unternehmerische Entscheidung als die
Inkaufnahme eines unvertretbaren Risikos darstellt, zum Schadensersatz. In die
vorzunehmende Gesamtabwägung ist daher auch der Gesichtspunkt einzubeziehen,
wie hoch das Risiko eines Schadenseintritts aus der Sicht des Geschäftsführers zum
Zeitpunkt der umstrittenen Entscheidung unter Anlegung objektiver Maßstäbe war.
80
Unter Anlegung der oben im einzelnen dargelegten Beurteilungsmaßstäbe vermochte
der Senat nicht festzustellen, daß die von den Klägern beanstandete Entschließung der
Beklagten, ihren Geschäftsführern für das Geschäftsjahr 1996 Entlastung zu erteilen,
unter Berücksichtigung der Interessen der Gesellschaft unvertretbar und daher
rechtswidrig war. Dies gilt, wie im einzelnen noch darzulegen sein wird, auch dann,
wenn die Anforderungen an eine Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses nicht
derart hoch angesetzt werden, wie dies das Landgericht in dem angefochtenen Urteil für
gerechtfertigt gehalten hat, indem es kumulativ das Vorliegen schwerer Pflichtverstöße
des Geschäftsführers fordert, die von der Gesellschafterversammlung gebilligt worden
seien, und die einen erheblichen Schaden der Gesellschaft verursacht haben, so daß
der durch die Entlastung bewirkte Verlust von Schadensersatzansprüchen zu einer
Gefährdung des Gesellschaftszwecks führen würde.
81
Zu den von den Klägern beanstandeten angeblichen Pflichtverletzungen der
Geschäftsführung der Beklagten im einzelnen:
82
Das diesbezügliche Vorbringen der Kläger vermag eine Anfechtung des
Entlastungsbeschlusses bereits deshalb nicht zu begründen, weil es lediglich die
Bezüge der Geschäftsführer der GBS im Jahre 1993 betrifft, während der angefochtene
Beschluß den Geschäftsführern der Beklagten lediglich für das Geschäfsjahr 1996
Entlastung erteilt hat. Davon abgesehen läßt das Vorbringen der Kläger jeglichen
substantiierten Vortrag zur Angemessenheit der Vergütung der Geschäftsführung der
GBS vermissen.
83
b) Stille Liquidation der GBS
84
Die Kläger berufen sich in diesem Zusammenhang darauf, infolge der nach ihrer Ansicht
fehlerhaften Entscheidung, die GBS still zu liquidieren, statt diese in Konkurs fallen zu
lassen, sei der Beklagten ein Schaden in Höhe von 4,2 Millionen DM entstanden. Dies
entspricht dem Betrag, in dessen Höhe eine Rückstellung zum Zwecke der stillen
Liquidation der GBS in der Bilanz der Beklagten gebildet worden ist. Die weiteren
insoweit von den Klägern in der Klageschrift noch erwähnten Schäden in Höhe von 1
Million DM wegen der Abschreibung des am 22. April 1996 gegebenen Darlehens bzw.
der Einzelwertberichtigung von Forderungen der Beklagten gegen die GBS in Höhe von
1,3 Millionen DM sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Die
Darlehensgewährung vom 22. April 1996 wird im folgenden noch als mögliche weitere
Pflichtverletzung der Geschäftsführung behandelt werden. Hinsichtlich der
Einzelwertberichtigungen von Forderungen gegen die GBS ist schon nach dem Vortrag
der Kläger nicht ersichtlich, daß diese durch die Entscheidung, die GBS still zu
liquidieren, verursacht worden sind. Jedenfalls ist nicht dargetan, daß eine solche
Einzelwertberichtigung, die - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - keinen
Forderungsverzicht, sondern lediglich eine Bewertung mit Rücksicht auf die
Uneinbringlichkeit der Forderung darstellt, nicht auch im Falle des von den Klägern
favorisierten Konkurses der GBS erforderlich gewesen wäre.
85
Im Ergebnis rechtfertigt auch das Vorbringen der Kläger hinsichtlich des angeblich
verbleibenden Schadens von 4,2 Millionen DM die Annahme einer die Rechtmäßigkeit
der Entlastungsentscheidung ausschließenden Pflichtverletzung der Geschäftsführung
der Beklagten nicht.
86
Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob die von den Klägern beanstandete Entscheidung
der Geschäftsführung der Beklagten, in der Gesellschafterversammlung der GBS für die
stille Liquidation dieser Gesellschaft zu stimmen, überhaupt pflichtwidrig war. Die
Beklagte rechtfertigt diese Entscheidung damit, ein Konkurs der GBS als einer
Tochtergesellschaft der Beklagten hätte zu einem ganz erheblichen Imageverlust auf
Seiten der Beklagten selbst und damit ebenfalls zu einem nicht unerheblichen
wirtschaftlichen Schaden geführt. Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund,
daß es sich bei der Beklagten um ein alt eingesessenes Unternehmen handelt, das
nicht unwesentliche Teile seines Gesamtumsatzes aus Aufträgen der öffentlichen Hand
bestreitet, durchaus nachvollziehbar und plausibel. Die Entscheidung, Gläubiger einer
Tochtergesellschaft nicht mit ihren Forderungen ausfallen zu lassen, sondern diese aus
Mitteln der Muttergesellschaft zu befriedigen, stellt sich bei dieser Sachlage nicht
schlechthin als unvertretbar dar.
87
Im übrigen kann der vorstehend genannte Sachverhalt aber auch deshalb nicht mit
Erfolg zur Anfechtung des streitgegenständlichen Entlastungsbeschlusses
herangezogen werden, weil die Kläger schon nicht hinreichend dargetan haben, daß
88
dies tatsächlich zu einem in der Tat gravierenden Schaden der Beklagten in Höhe des
von den Klägern angegebenen Betrages von 4,2 Millionen DM geführt hat. Dies
erscheint insbesondere mit Rücksicht auf die diesbezügliche Darstellung der Beklagten
zweifelhaft. Es liegt auf der Hand, daß, wie die Beklagte vorbringt, auch ein Konkurs der
Tochtergesellschaft der Beklagten für diese - abgesehen vom Imageverlust - ganz
erhebliche finanzielle Auswirkungen gehabt hätte. Hierzu hat die Beklagte mit
Schriftsatz vom 10.06.1998 (Bl. 248 GA) unter Vorlage der Aufstellung gemäß Anlage B
14 vorgetragen, daß in diesem Falle die bilanzielle Auswirkung auf die Beklagte
insgesamt 11 Millionen DM betragen hätte. Dies wird von den Klägern jedenfalls in
substantiierter Form nicht bestritten, obwohl diese hinsichtlich des Eintritts des von
ihnen behaupteten Schadens und damit der Pflichtverletzung der Geschäftsführer der
Beklagten in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet sind.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der die Anfechtung des
Gesellschafterbeschlusses betreibende Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast
trägt, vgl. Scholz-Schmidt, 6. Aufl., § 45 Rdn. 115 m. w. N., Baumbach-Hueck, Anhang
zu § 47, Rdn. 88, unter Hinweis auf die aktienrechtliche Literatur zu § 243 AktienG. Auch
diese sieht die Beweislast für den behaupteten Inhaltsverstoß zunächst beim
Anfechtungskläger (vgl. Kölner Kommentar-Zöllner, § 243 AktienG, Rdn. 107 m. w. N.;
Hüffer, AktienG, 3. Aufl., § 243 Rdn. 60 ff, 63, 64). Ausnahmen von diesem Grundsatz
werden für den Fall für gerechtfertigt gehalten, dass eine Ungleichbehandlung der
Gesellschafter feststeht. Wenn sich die Gesellschaft in einem solchen Fall darauf beruft,
diese Ungleichbehandlung sei ausnahmsweise gerechtfertigt, so ist sie beweispflichtig.
Für den Fall, dass eine Treuepflichtverletzung behauptet wird, soll die Beweislast
hingegen differenziert verteilt werden (vgl. Scholz a.a.O. sowie Hüffer a.a.O. Rdn. 64
unter Hinweis auf BGH NJW 78, 1316 sowie BGHZ 71, 48): Einerseits ist zu
berücksichtigen, dass die den Beschluss anfechtenden Gesellschafter in aller Regel
Schwierigkeiten haben werden, die gegebenenfalls erforderlichen Detailinformationen
zu bekommen. Die durch die Geschäftsführung vertretene Gesellschaft genießt einen
wesentlichen Informationsvorsprung. Gleichwohl erscheint es nicht gerechtfertigt, aus
diesem Grund die Beweislast generell zu Lasten der Gesellschaft umzukehren (vgl.
Scholz a.a.O). Eine solche Beweislastumkehr würde zu dem bedenklichen Ergebnis
führen, dass ein Beschluss schon dann für nichtig erklärt werden müsste, wenn sich
seine materielle Mangelhaftigkeit weder ausschließen noch beweisen lässt). Dem
unterschiedlichen Informationsstand der beteiligten Parteien kann dadurch Rechnung
getragen werden, dass die Gesellschaft die für die angefochtene Entscheidung
maßgebenden Gründe zwar darzulegen hat, es aber den anfechtenden Gesellschaftern
obliegt, diese gegebenenfalls zu widerlegen (vgl. Scholz und Kölner Kommentar a.a.O.).
Diese Beweislastverteilung erscheint auch dem Senat durchaus sachgerecht.
89
Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Beweislastregel zu Gunsten der Kläger
abzuweichen, weil es bei der behaupteten Treuepflichtverletzung, wenn auch nur
mittelbar, auch um die Möglichkeit einer Haftung der Geschäftsführung für eventuelle
Pflichtverstöße geht. Die Kläger vertreten in der Berufungsbegründung die Auffassung,
ihnen müssten im Anfechtungsprozess die gleichen Beweiserleichterungen zu Gute
kommen, die nach herrschender Meinung für den Schadensersatzprozess der
Gesellschaft gegen einen Geschäftsführer gelten. Für einen solchen Prozess ist in der
Tat anerkannt, dass die Gesellschaft lediglich darlegen und gegebenenfalls beweisen
muss, dass ihr infolge des Verhaltens des beklagten Geschäftsführers ein Schaden
entstanden ist. Entsprechend § 93 Abs. 2 S. 2 AktienG trage sodann der belangte
Geschäftsführer die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass er sich pflichtgemäß
90
verhalten habe (vgl. hierzu Rohwedder-Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rdn. 34
m. w. N., in Kopie anliegend). Die Kläger verkennen jedoch mit ihrer Rechtsansicht,
diese Beweislastgrundsätze müssten jedenfalls dann auch im Anfechtungsprozess
gelten, wenn es letztlich um eine durch den Entlastungsbeschluss sanktionierte
Pflichtverletzung der Geschäftsführung gehe, dass in einem solchen Rechtsstreit eine
mit dem Schadensersatzprozess gegen den Geschäftsführer nicht vergleichbare
Situation gegeben ist. Hier stehen sich die lediglich durch die
Gesellschafterversammlung vertretene (vgl. § 46 Nr. 8 GmbHG) Gesellschaft und die
über sämtliche Geschäftsinterna wesentlich besser unterrichteten Geschäftsführer
gegenüber. Gäbe es eine Beweislastumkehr im oben dargestellten Sinne in diesem
Verfahren nicht, so wäre es der Gesellschaft wohl nur schwerlich möglich, eine
Schadensersatzklage, bei der sämtliche Voraussetzungen vom Anspruchsteller
darzulegen und beweisen sind, überhaupt schlüssig zu begründen. Deshalb sieht § 93
Abs. 2 S. 2 AktienG, der auf den GmbH-Geschäftsführer analog angewendet wird (vgl.
Rohwedder-Koppensteiner a.a.O.) hinsichtlich der Frage, ob das Verhalten des
Vorstands bzw. der Geschäftsführung der Sorgfalt eines ordentlichen und
gewissenhaften Geschäftsleiters entsprach, eine Beweislastumkehr vor.
Zwar mag auch im Anfechtungsprozess die durch die Geschäftsführer vertretene
Gesellschaft einen Informationsvorsprung gegenüber den anfechtenden Gesellschaftern
haben, die Anforderungen an die Darlegung einer eventuellen Pflichtverletzung der
Geschäftsführung sind für den Anfechtenden jedoch deutlich geringer als im
Schadensersatzprozess. Zum einen muss das Bestehen eines
Schadensersatzanspruches gegen die Geschäftsführer nicht sicher feststehen. Es reicht
vielmehr, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, unter Umständen auch
die ernst zu nehmende Möglichkeit des Bestehens derartiger Ansprüche aus. Im
Übrigen ist bei der Beurteilung der Frage, ob die für die Entlastung stimmenden
Mitglieder des Vorstandes sich treuwidrig verhalten haben, allein auf den Kenntnisstand
der Gesellschafter bei der Beschlussfassung abzustellen. Tatsachen, von denen die
Gesellschafterversammlung bei der Entlastungsentscheidung keine Kenntnis hatte,
vermögen den Vorwurf einer Treuwidrigkeit und damit eine Unwirksamkeit der
Entlastungsentscheidung nicht zu begründen. Hierzu besteht auch keinerlei Bedürfnis,
weil sich die Präklusionswirkung der Entlastung der Geschäftsführung nur auf solche
Tatsachen bezieht, die der Gesellschafterversammlung vor der
Entlastungsentscheidung mitgeteilt worden war, oder aber die allen Mitgliedern des
Vorstandes zumindest privat bekannt waren (vgl. BGHZ 97, 382, BGH NJW 95, 1353;
BGHZ 94, 324 und BGH WM 76, 736). Dies bedeutet, dass die die
Entlastungsentscheidung anfechtenden Gesellschafter überhaupt nicht in gleichem
Maße in Beweisnot geraten, wie die Gesellschaft im Schadensersatzprozess gegen den
Geschäftsführer. Dem naturgemäß bestehenden Informationsdefizit der Gesellschafter
im Anfechtungsprozess wird daher mit der oben dargestellten Beweislastverteilung
hinreichend Rechnung getragen, ohne dass es der von den Klägern in der
Berufungsbegründung geforderten weiteren Beweiserleichterung bedarf.
91
Ihrer demnach bestehenden Verpflichtung zur substantiierten Darlegung haben die
Kläger allein mit dem pauschalen Hinweis darauf, daß die Beklagte eine Rückstellung
in Höhe von 4,2 Millionen DM im Hinblick auf die stille Liquidation der GBS habe bilden
müssen, nicht Genüge getan. Die Beklagte hat dargelegt, daß erhebliche
Einstandspflichten für ihre Tochter, die GBS, aufgrund übernommener
Bürgschaftserklärungen gegenüber den Gläubigern der Tochtergesellschaft bestanden,
die in ihrer Höhe zumindest annähernd an den von den Klägern vorgetragenen
92
Rückstellungsbetrag heranreichen. Unwidersprochen geblieben ist auch die
Behauptung der Beklagten, ein Konkurs der GBS habe zwingend nachfolgende
Konkurse der GBS Hochbau und A.-P. GmbH &Co. KG zur Folge gehabt, was wiederum
zu einer Inanspruchnahme aus dort bestehenden Bürgschaften in Höhe von mehr als
2,5 Millionen DM geführt hätte. Demgegenüber halten die Kläger offenbar an ihrem
ursprünglichen Vortrag, es sei ein Schaden in Höhe von 4,2 Millionen DM entstanden,
letztlich gar nicht mehr fest. Sie berufen sich nunmehr vielmehr darauf, die stille
Liquidation habe letztlich auch den Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 7.
Juli 1998 zur Folge gehabt, der einen Gesellschafterzuschuß an die A.-P. GmbH &Co.
KG in Höhe von 2,4 Millionen DM beinhalte. Da in Höhe eines Betrages von hiervon
950.000,00 DM keine rechtliche Verpflichtung zur Übernahme von Verbindlichkeiten
bestanden habe, sei ein Verlust in dieser Höhe letztlich Folge des Beschlusses, die
GBS still zu liquidieren. Auch dies überzeugt jedoch nicht und vermag den den Klägern
obliegenden Darlegungspflichten nicht zu genügen. Dies gilt schon deshalb, weil der
gewährte Gesellschafterzuschuß unmittelbar der A.-P. KG zugute kommt. Daß diese
Enkelgesellschaft der Beklagten im Falle der Durchführung eines Konkurses der GBS
ihrerseits saniert gewesen wäre mit der Folge, daß es der mit Beschluß der
Gesellschafterversammlung vom 7. Juli 1998 bewilligten Zuschüsse nicht bedurft hätte,
tragen die Kläger selbst nicht vor.
Im Ergebnis ist damit eine Pflichtwidrigkeit der Geschäftsführung der Beklagten nicht
dargetan.
93
Gleiches gilt, soweit die Kläger weiterhin beanstanden, die Geschäftsführer der
Beklagten hätten dieser dadurch erheblichen Schaden zugefügt, daß am 22. April 1996
ein ungesichertes Darlehen in Höhe von 1 Million DM an die GBS vergeben worden sei,
obwohl schon damals absehbar gewesen sei, daß diese das Darlehen nicht mehr
würde zurückführen können.
94
Auch unter Berücksichtigung der seinerzeit sicherlich bereits angespannten finanziellen
Situation der GBS stellt sich die am 22. April 1996 erfolgte Darlehensvergabe aus der
Sicht der Beklagten als vertretbar dar. Die Beklagte hat hierzu vorgebracht, es habe zur
Zeit der Darlehensgewährung noch keine Überschuldung der GBS vorgelegen, da
keine negative Fortbestehensprognose bestanden habe. Es habe vielmehr ein
Sanierungskonzept bestanden, dessen wesentlicher Bestandteil auch die
Darlehensgewährung durch die Beklagte gewesen sei (vgl. im einzelnen den Vortrag
der Beklagten im Schriftsatz vom 10.06.1998, S. 11 = Bl. 241 GA). Diesem hinreichend
substantiierten Vortrag der Beklagten, wonach ein Sanierungskonzept für die GBS
vorgelegen habe, dessen Bestandteil unter anderem die nunmehr beanstandete
Darlehensgewährung durch die Beklagte gewesen sei, sind die Kläger lediglich durch
einfaches Bestreiten entgegengetreten. Hiermit vermögen sie jedoch ihrer Darlegungs-
und Beweislast nicht zu genügen. Insbesondere angesichts des Umstandes, daß das
von der Beklagten vorgetragene Sanierungskonzept auch Gegenstand einer
Gesellschafterversammlung der Beklagten war, hätte es den Klägern vielmehr oblegen,
substantiiert zu bestreiten. Die Kläger wollen aber offenbar lediglich geltend machen,
daß das Sanierungskonzept der GBS nicht erfolgversprechend war. Auch dies hätte
allerdings näherer Darlegung bedurft. Allein der Hinweis auf den Umstand, daß der Lauf
der Dinge letztlich die Ungeeignetheit des Sanierungskonzepts ergeben habe, reicht
hierzu nicht aus. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung, in die
insbesondere einzubeziehen ist, daß es sich um eine unternehmerische Entscheidung
aus dem Bereich der Geschäftsführung der Beklagten handelte, in dem ein relativ breiter
95
Ermessensspielraum besteht, müßte sich die Darlehensvergabe an die
Tochtergesellschaft GBS schon als völlig unvertretbar darstellen, damit hieraus
Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführung der Beklagten hergeleitet
werden könnten. Zu berücksichtigen ist auch, daß die Darlehensvergabe nicht an einen
unbeteiligten Dritten, sondern an eine Tochter der Beklagten mit dem Ziel deren
wirtschaftlicher Gesundung erfolgte. Sinn und Zweck der Darlehensvergabe war es
mithin auch, größeren Schaden, der durch den Untergang der GBS drohte, von der
Beklagten abzuwenden. Vor diesem Hintergrund können auch wirtschaftlich riskant
erscheinende Sanierungsversuche von dem der Geschäftsführung zur Verfügung
stehenden Ermessen gedeckt sein. Daß dieser Rahmen überschritten worden ist, haben
die Kläger wiederum nicht hinreichend dargetan.
Auch der von den Klägern zu diesem Gesichtspunkt vorgetragene Sachverhalt vermag
die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses der Beklagten nicht zu rechtfertigen. Durch
den Verkauf der Wohnungen an den Geschäftsführer der GBS zum Preis von 2.900,00
DM/qm ist diesem ein ungerechtfertigter Sondervorteil nicht gewährt worden. Die
Beklagte hat hierzu - von den Klägern in substantiierter Form nicht bestritten -
vorgetragen, der unter Abweichung von der ursprünglichen Preisvorstellung von
3.600,00 DM/qm gewährte Preis stelle keinen Sondervorteil dar, weil dieser eine
Mischkalkulation für fertige und halbfertige Wohnungen darstellte. Demgegenüber
beharren die Kläger, zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 26.04.1999, weiter darauf, die
Wohnungen seien unter Preis verkauft worden der Behauptung, die Wohnungen seien
zum Teil nur halb fertig gewesen, sind sie indessen nicht entgegengetreten. Es kann
daher nicht davon ausgegangen werden, daß die Geschäftsführung der Beklagten dem
Geschäftsführer der GBS, Herrn M. von der W., zu dem verwandtschaftliche
Beziehungen bestehen, einen sachlich nicht gerechtfertigten Sondervorteil gewährt hat.
96
Auch diese Darlehensvergabe durch die Geschäftsführung der Beklagten führt nicht zu
einer Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses. Abgesehen davon, daß die
Dimension des in Rede stehenden Schadens von 150.000,00 DM in Anbetracht des
Umfangs der Geschäftstätigkeit der Beklagten sowie der Pflichten zur sozialen
Rücksichtnahme auf die seit 1965 erfolgreich für die Beklagte tätigen Geschäftsführer
die diesen erteilte Entlastung selbst dann nicht als rechtsmißbräuchlich erscheinen
lassen würde, wenn in der Darlehensgewährung tatsächlich ein zum Schadensersatz
verpflichtendes Fehlverhalten der Geschäftsführung zu sehen wäre, hat die Beklagte -
insoweit unbestritten - vorgetragen, daß bei der fraglichen Darlehensgewährung der
GBS an die A.-P. KG die Geschäftsführer der Beklagten überhaupt nicht beteiligt waren.
Insoweit habe es sich lediglich um eine Tätigkeit der Geschäftsführung der GBS ohne
Beteiligung der Gesellschafterversammlung gehandelt.
97
Zu Recht hat das Landgericht schließlich angenommen, daß auch die im Geschäftsjahr
1996 an die Geschäftsführer G. und W. von der W. erfolgte Auszahlung von
Versicherungsbeiträgen in Höhe von 28.000,00 DM keine Pflichtverletzung darstellt, die
die Beklagte zwingend verpflichtet hätte, ihren Geschäftsführern für das betreffende Jahr
die Entlastung zu verweigern. Wie sich aus dem den Parteien bekannten Urteil des
Senats in der Sache 5 U 200/97 ergibt, war die Verpflichtung der Beklagten zur Tragung
der Lebensversicherungsbeiträge zum maßgeblichen Zeitpunkt auch in rechtlicher
Hinsicht höchst streitig. Erst nach dem Urteil des Senats stand fest, daß es jedenfalls
seinerzeit noch an einer Grundlage für diese Leistung in Form eines
Gesellschafterbeschlusses fehlte. Wenn die Geschäftsführer der Beklagten dies
abweichend beurteilt haben, so stellt dies keinen so schweren Pflichtenverstoß dar, daß
98
eine ihnen gleichwohl erteilte Entlastung rechtsmißbräuchlich wäre. Dies gilt erst recht
in Ansehung des Umstandes, daß auch nach den Ausführungen des Senats in dem
oben genannten Urteil die Geschäftsführer nach ihren Anstellungsverträgen durchaus
einen Anspruch auf den schon im Jahre 1991 beschlossenen Neuabschluß von
Lebensversicherungsverträgen nach Erreichen des 65. Lebensjahres hatten.
Schließlich ist mit dem Gesellschafterbeschluß vom 19. März 1988 rückwirkend auch
eine Grundlage für die Zahlung der Versicherungsbeiträge geschaffen worden. Im
Rahmen der durchzuführenden Gesamtabwägung vermag daher auch dieser Vorgang
eine Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses nicht zu rechtfertigen.
g)
99
An diesem Ergebnis vermag schließlich auch der neue Vortrag der Kläger in der
Berufungsinstanz nichts zu ändern.
100
Das nicht nachvollziehbare und im übrigen pauschale Vorbringen der Kläger, der GBS
seien von der Beklagten 1996 Darlehen in Höhe von 2.850.000,00 DM zur Verfügung
gestellt worden, die weitgehend wertlos seien, ist unsubstantiiert. Im übrigen ist nicht
dargetan, aus welchem Grund es den Klägern nicht möglich war, diesen Sachverhalt
innerhalb der für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen geltenden
Anfechtungsfrist vorzubringen. Anfechtungsgründe müssen grundsätzlich innerhalb
einer Frist von einem Monat nach dem fraglichen Beschluß geltend gemacht werden.
Nur wenn dies nicht möglich erscheint, was die Kläger nicht behaupten, können
derartige Gründe auch noch nachgeschoben werden.
101
Unsubstantiiert und damit unbeachtlich ist auch der weitere Vortrag der Kläger, die
Beklagte, vertreten durch ihre Geschäftsführer, habe sich schon im Jahre 1996 nur zum
Schein an Ausschreibungen der öffentlichen Hand beteiligt, um andere Anbieter zu
schützen und sich dann von diesen Abstandssummen zahlen zu lassen; eine gegen
einen der Geschäftsführer verhängte Strafe von 750.000,00 DM sei aus dem Vermögen
der Beklagten gezahlt worden.
102
Auch der Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom 26.04.1999 stellt insoweit keine
erhebliche Ergänzung des Vorbringens dar. Die Kläger berufen sich in diesem
Schriftsatz allein auf ihnen angeblich zugetragenen Informationen "aus der
Bauwirtschaft", wonach die Geschäftsführer der Beklagten wegen des Verdachts
strafbarer Handlungen, auch aus dem Jahre 1996, insbesondere an gesetzeswidrigen
und strafbaren Preisabsprachen beteiligt gewesen seien. Woher im einzelnen diese
Informationen stammen und welchen Wahrheitsgehalt sie haben, läßt das Vorbringen
der Kläger in keiner Weise erkennen. Selbst wenn, wie die Kläger lapidar vortragen,
diese Informationen "schlüssig und plausibel" erschienen, läßt sich hiermit schon das
Vorliegen einer pflichtwidrigen Handlung der Beklagten in dem fraglichen Geschäftsjahr
1996 nicht schlüssig darlegen. Erst recht vermag dieser Sachverhalt nicht die Annahme
einer Rechtswidrigkeit des schon im Jahre 1997 gefaßten Entlastungsbeschlusses zu
begründen, zumal nicht dargetan ist, daß der - unsubstantiiert - behauptete Sachverhalt
der Gesellschafterversammlung bei der Beschlußfassung bekannt gewesen sei.
103
Ein Anfechtungsgrund im oben dargestellten Sinne war mithin nicht gegeben, die
Berufung der Kläger war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
104
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 709,
105
711 ZPO.
Wert der Beschwer der Kläger: über 60.000,00 DM
106