Urteil des OLG Köln vom 24.05.2002
OLG Köln: verwaltung, neues recht, verwalter, vergütung, umlegung, anweisung, wohnfläche, mehrheit, wohnung, ermessen
Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 84/02
Datum:
24.05.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 84/02
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 8 T 291/02
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 9) -13) gegen den
Beschluss des Landgerichts Bonn vom 8.4.02 - 8 T 291/02 - wird
zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens
tragen die Beteiligten zu 9) - 13). Eine Erstattung außergerichtlicher
Kosten wird nicht angeordnet. Der Geschäftswert für das
Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
GRÜNDE:
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Die Beteiligten zu 1) bis 21) sind die Wohnungseigentümer der vorgenannten aus -
unterschiedlich großen -Wohnungen bestehenden Wohnanlage, die von der Beteiligten
zu 22) verwaltet wird. Sie streiten in dritter Instanz nunmehr um die Modalitäten der
Umlegung der Verwaltervergütung. Die Teilungserklärung aus dem Jahre 1970 sieht in
der Gemeinschaftsordnung hinsichtlich des von den Eigentümern zu zahlenden
Wohngeldes vor, dass die von der Eigentümergemeinschaft zu tragenden Kosten für
den Betrieb, die Instandhaltung und die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums sowie
die Instandhaltung der Gemeinschaftsanlagen nach dem Verhältnis der reinen
Wohnflächen umgelegt werden (§ 7 - Bl. 39 GA). In der Eigentümerversammlung vom
20.3.1984 beschlossen die Eigentümer zum TOP 7 (Änderung der Aufteilung des
Verwalterentgeltes), "dass das Verwalterentgelt ab 1.1.1984 pro Wohnung verteilt
werden soll". Der erste Verwaltervertrag vom 29.1.85 enthält in § 7 zur
Verwaltervergütung die Regelung, dass diese je Monat und Wohnung 22,50 DM beträgt
und von den Eigentümern als Bestandteil des Wohngeldes an den Verwalter zu zahlen
ist (Bl 85 GA). Die Beteiligten zu 9), 12) und 14) haben ihre Wohnungen nach dem Jahre
1984 gekauft.
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In der Eigentümerversammlung vom 27.3.2001 wurde nach Vorlage der
Jahresabrechnung 2000, die die Verwaltervergütung unter Bezugnahme auf die BGH-
Entscheidung vom 20.9.2000 ( NJW 2000, 3500 = ZWE 2000, 518) nunmehr wieder
entsprechend der Regelung in der Teilungserklärung im Verhältnis der Wohnflächen
umlegt, zum TOP 3 mit Mehrheit beschlossen (Bl. 68 GA): "Die
Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt die von Verwaltung vorgelegte und vom
Verwaltungsbeirat geprüfte Verwaltungsabrechnung 2000 einschließlich der sich
hieraus ergebenden Einzelabrechnungen mit der Maßgabe, dass die Verwaltung
aufgefordert wird, eine neue Verwaltungsabrechnung zu erstellen und vorzulegen, in der
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dann die Positionen Kabelfernsehgebühren und Verwaltervergütung wiederum nach
Anzahl der Wohneinheiten verteilt werden" (Bl. 116 GA). Auf den rechtzeitig gestellten
Antrag der Beteiligten zu 1) bis 8) hat das Amtsgericht den Beschluss insoweit für
ungültig erklärt, als beschlossen wurde, die Verwaltervergütung wiederum nach der
Anzahl der Wohneinheiten und nicht entsprechend der Teilungserklärung nach dem
Verhältnis der Wohnflächen zu berechnen. Die hiergegen eingelegte sofortige
Beschwerde der Beteiligten zu 9) bis 19) blieb erfolglos. Mit ihrer weiteren Beschwerde
verfolgen die Beteiligten zu 9) bis 13) den Antrag weiter.
Die form- und fristgerecht eingelegte weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 43
Abs.1 Nr. 1, 45 Abs.1 WEG, 2o, 22 Abs.1, 27, 29 FGG). In der Sache hat sie keinen
Erfolg.
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Das Landgericht hat ausgeführt: Die Verwaltervergütung gehöre als "Kosten der
sonstigen Verwaltung" zu den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums
gemäß § 16 Abs. 2 WEG. Mit Recht habe deshalb das Amtsgericht den angefochtenen
Beschluss vom 27.3.2001 hinsichtlich der Änderung der Umlegung der Vergütung für
nichtig erachtet, denn darin liege eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels der
Gemeinschaftsordnung, für die es der Wohnungseigentümergemeinschaft mangels
Öffnungsklausel an der notwendigen Beschlusskompetenz fehle mit der Folge, dass der
Punkt einem Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich sei. Eine derartige Änderung des
Verteilungsschlüssels erfordere vielmehr anerkanntermaßen eine Vereinbarung der
Wohnungseigentümer. Ob die Umlegung der Verwaltergebühren nach der Anzahl der
Wohneinheiten die - wie die Beschwerdeführer meinen - einzig gerechte Verteilung
darstellt, könne unentschieden bleiben, denn das Kriterium der Verteilungsgerechtigkeit
müsse auch im Wohnungseigentumsrecht hinter dem Grundsatz der privatautonomen
Gestaltungsfreiheit der beteiligten Wohnungseigentümer zurücktreten.
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Die Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung im
Ergebnis stand (§§ 27 I FGG, 55o ZPO).
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1) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde sind die Vorinstanzen mit Recht davon
ausgegangen, dass die von den Wohnungseigentümern geschuldete Vergütung des
Verwalters zu den Kosten der sonstigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums
im Regelungsbereich des § 16 Abs. 2 WEG - Kostenverteilung - gehören (vgl. auch
BayObLG ZWE 2001, 370). Die Rechtsbeschwerdeführer verkennen ersichtlich, dass
sich die Verwaltung des WEG-Verwalters, was § 20 Abs. 1 WEG klarstellt,
ausschließlich auf das gemeinschaftliche Eigentum nach Maßgabe der §§ 26 bis 28
WEG beschränkt und sich nicht etwa auf das Sondereigentum der einzelnen
Wohnungseigentümer bezieht (vgl. Bärmann/Pick/Merle WEG § 20 Rdnr. 2). Damit
ergibt sich von selbst, dass die Verwaltergebühren nicht Kosten des Sondereigentums,
sondern nur solche des gemeinschaftlichen Eigentums sein können und deshalb
entgegen der wiederholt geäußerten Auffassung der Rechtsbeschwerdeführer dem
Kernbereich des Wohnungseigentums zuzurechnen sind.
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2) Die vorrangig zu prüfende und zu entscheidende Frage war damit hier, ob der
unangefochten gebliebene und bisher als bestandskräftig angesehene
Mehrheitsbeschluss aus dem Jahre 1984, der auf Dauer in der Teilungserklärung/
Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschlüssel bezüglich der
Verwaltervergütung abänderte, als vereinbarungsändernder Beschluss als nichtig zu
qualifizieren ist. Das kann nunmehr angesichts des Beschlusses des BGH vom
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20.9.2000 (BGHZ 145, 158 = NJW 2000, 3500 = ZWE 2000, 518 = NZM 2000, 1184)
bejaht werden (ebenso jetzt BayObLG ZfIR 2001, 215 = NZM 2001, 534). Beschlüsse
der Wohnungseigentümergemeinschaft sind dann nichtig, wenn sie sich mit einer
Materie befassen, die durch Beschluss grundsätzlich nicht geregelt werden kann, und
wenn die Teilungserklärung insoweit eine Beschlusskompetenz nicht begründet. So ist
es hier. Denn die Änderung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels und mithin
einer Regelung des Verhältnisses der Wohnungseigentümer untereinander ist keine
Angelegenheit der Verwaltung (§ 21 WEG), sondern setzt in der Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer neues Recht und ist deshalb einer Beschlussfassung in der
Wohnungseigentümerversammlung entzogen, d. h. ein abweichender
Kostenverteilungsschlüssel kann für die Zukunft mit bloßer Mehrheit nicht beschlossen,
sondern nur allstimmig vereinbart werden ( so schon BGHZ 130, 304 = NJW 95, 2791 ;
Wenzel ZWE 2001, 234; Schuschke NZM 2001, 501). Dass im Übrigen, wie schon das
Landgericht festgestellt hat, die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung auch keine
Öffnungsklausel zu Gunsten einer Beschlusskompetenz enthält, ist unbestritten.
3) Weil damit der in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung vereinbarte
Kostenverteilungsschlüssel nach der Größe der Wohnfläche nicht wirksam abgeändert
worden war, stellt sich der angefochtene Beschluss zur Änderung der
Jahresabrechnung betreffend die Umlegung der Verwaltervergütung nach
Wohneinheiten nicht - wie aber das Landgericht meint - als vereinbarungsändernd,
sondern als vereinbarungswidrig dar. Über die Jahresabrechnung wird in der
Wohnungseigentümerversammlung durch Beschluss entschieden. Wenn in dem
Eigentümerbeschluss der Verwalter dann aufgefordert wird, die Jahresabrechnung
insoweit zu abzuändern, dass die Verwaltervergütung nach einem anderen Schlüssel
abgerechnet wird, als er sich aus der Teilungserklärung ergibt, kann diese Anweisung
Wirkung nur für die konkrete Jahresabrechnung und nicht etwa auch für die folgenden
Jahresabrechnungen entfalten, d. h. der Verwalter wird dadurch nicht auf Dauer zur
vereinbarungswidrigen Abrechnung der Verwaltervergütung verpflichtet. Der Beschluss
ist damit zwar nicht nichtig, aber doch nach § 23 Abs. 4 WEG anfechtbar, und damit im
Ergebnis mit Recht für ungültig erklärt worden.
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Auch wenn -wie hier - der Verwalter nach dem Verwaltervertrag Anspruch auf eine
bestimmte Vergütung pro Wohneinheit hat, richtet sich die Pflicht des einzelnen
Wohnungseigentümers zur Tragung der Verwalterkosten im Innenverhältnis trotzdem
nach dem vereinbarten Verteilungsschlüssel (vgl. Bärmann/Pick/Merle WEG § 26 Rdnr.
7). Die vereinbarungswidrige Anweisung entspricht damit nicht ordnungsgemäßer
Verwaltung, auf die jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch hat (§ 21 Abs. 3, 4
WEG).
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Die Frage, ob den Beschwerdeführern gegenüber den anderen Mitgliedern der
Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich der Verteilung der Verwaltervergütung
ein Anspruch auf Abänderung des in der Teilungserklärung festgelegten
Kostenverteilungsschlüssels durch gerichtliche Entscheidung zusteht, weil es - wie sie
geltendmachen - inzwischen üblich und sachgerecht sei (vgl. näher hierzu BayObLG
ZWE 2001, 370), die Vergütung nach der Zahl der Wohneinheiten und nicht nach der
Größe der Miteigentumsanteile oder Wohnfläche abzurechnen, stellt sich hier nicht.
Selbst wenn das der Fall sein könnte, würde dadurch die Weisungswidrigkeit der
Anweisung nicht entfallen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, den
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unterlegenen Beteiligten zu 9) - 13) die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz
aufzuerlegen (§ 47 S. 1 WEG). Im übrigen besteht keine Veranlassung, von dem in § 47
WEG bestimmten Kostengrundsatz abzuweichen, wonach die Verfahrensbeteiligten die
ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der von den Beteiligten
nicht beanstandeten Wertfestsetzung der Vorinstanz.
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