Urteil des OLG Köln vom 24.11.2006

OLG Köln: wahrscheinlichkeit, urkunde, beweiswürdigung, erwerb, schenkung, eigentumsübertragung, unentgeltlich, glaubwürdigkeit, anfang, zuwendung

Oberlandesgericht Köln, 4 W 9/06
Datum:
24.11.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 W 9/06
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 10 O 137/06
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer
des Landgerichts Bonn vom 28. August 2006 – 10 O 137/06 – wird,
soweit dem Kläger für seine weitergehende Rechtsverfolgung über den
bewilligten Umfang hinaus die Gewährung von Prozesskostenhilfe
verweigert worden ist, zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige – insbesondere fristgerecht eingelegte –
sofortige Beschwerde des Klägers gegen den im Beschlusstenor genannten teilweise
angefochtenen Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 28.8.2006
hat in der Sache keinen Erfolg, da der beabsichtigten Rechtsverfolgung bzw.
Rechtsverteidigung die gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht
fehlt.
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Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat zunächst auf die
zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in seinem Beschluss vom 28.8.2006 sowie
seinem Nichtabhilfebeschluss vom 28.9.2006 (vgl. Bl. 22 – 23; 37 – 38 PKH-Heft) sowie
den Hinweis des Senates vom 11.10.2006 (Bl. 54 GA), zu dem der Kläger nicht mehr
Stellung genommen hat.
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Der beabsichtigten weitergehenden Rechtsverfolgung fehlt die hinreichende
Erfolgsaussicht, da nach Auffassung des Senates der Kläger jedenfalls nicht beweisen
kann, dass er gegen die Beklagte aufrechenbare bzw. verrechenbare Gegenansprüche
in Höhe von bis zu 29.024,56 € hat. Dabei mag dahinstehen, ob der Kläger solche
Gegenansprüche ausreichend substanziiert vorgetragen hat. Jedenfalls wird er solche
im Hauptsacheverfahren nicht beweisen können.
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Wie schon das Bundesverfassungsgericht wiederholt entschieden hat (vgl. zuletzt
BverfG NJW-RR 2002, 1069, 1070) ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die
Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und
nicht mutwillig erscheint. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den
der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, dabei nicht selbst bieten sondern zugänglich
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machen (vgl. BverfG a.a.O. m.w.N.). Auslegung und Anwendung der §§ 114 ff ZPO zum
Umfang des gebotenen Rechtsschutzes obliegen in erster Linie den zuständigen
Fachgerichten. Dabei dürfen die Fachgerichte den Entscheidungsspielraum, der ihnen
bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden
Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, nicht überschreiten. Eine solche
Überschreitung ist dann gegeben, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden,
durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich der Fall,
wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung überspannt und dadurch den Zweck der
Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu
ermöglichen, deutlich verfehlt (vgl. BverfG a.a.O. m.w.N.).
Dabei ist verfassungsrechtlich ebenfalls unbedenklich, wie das
Bundesverfassungsgericht zuletzt in der zitierten Entscheidung entschieden hat (BverfG
a.a.O.), dass eine Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeverfahren in eng
begrenztem Rahmen zulässig ist (vgl. die dort zitierte Entscheidung BverfG NJW 1997,
2745, 2746 m.w.N.). Voraussetzung ist insofern, dass konkrete und nachvollziehbare
Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die erforderliche Beweisaufnahme mit großer
Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der um die Gewährung von Prozesskostenhilfe
antragenden, beweisbelasteten Partei ausgehen würde (vgl. BverfG NJW RR 2002,
1069, 1070 m.w.N.).
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Vorliegend ergeben sich aber genügend konkrete Anhaltspunkte dahin, dass eine
erforderliche Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des
beweisbelasteten Klägers ausgehen würde. Der Kläger ist darlegungs- und
beweispflichtig dafür, dass ihm die behaupteten Gegenansprüche, mit denen er gegen
die Darlehensforderung verrechnen bzw. aufrechnen möchte, auch zustehen. Das
einzige Beweismittel, welches dem Kläger zum Beweis der seine Gegenansprüche
begründenden Tatsachen zusteht, ist die Parteivernehmung der Beklagten. Die
Beklagte hat im vorliegenden Rechtsstreit aber solche Gegenansprüche in tatsächlicher
Hinsicht vehement bestritten. Es liegen dem Senat keine Anhaltspunkte dafür vor, dass
die Beklagte im Rahmen einer Parteivernehmung ihren Parteivortrag ändern würde.
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Es sind auch keine sonstigen Anhaltspunkte gegeben, wonach entgegen der zu
erwartenden Aussage der Beklagten als Partei eine andere Beweiswürdigung im Sinne
des Klägervortrages zu erwarten wäre.
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So hat der Senat bereits in seiner Verfügung vom 11.10.2006 (Bl. 54 GA) den Kläger
unter Hinweis auf die landgerichtlichen Ausführungen darauf hingewiesen, dass
insbesondere auch im Hinblick auf die Tatsache, dass die Beklagte die wesentlichen
Einkünfte in der Ehe hatte und der Kläger nicht dargetan hat, dass er ebenfalls im hier
streitigen Zeitpunkt noch über wesentliche Vermögenswerte verfügte, es durchaus
plausibel erscheint, dass die hier streitgegenständlichen Vermögensverfügungen im
Wesentlichen aus Mitteln der Beklagten erfolgt sind. So hat die Beklagte vorgetragen,
dass auch die Mittel für den Erwerb des PKW Cabrio, den der Kläger auf sie
unentgeltlich zu Eigentum übertragen hat, im Wesentlichen aus ihrem Vermögen
stammten. Neben der Tatsache, dass wesentliche Vermögenswerte des Kläger nicht
ersichtlich sind, spricht hierfür auch der Umstand, dass man schriftlich die unentgeltliche
Eigentumsübertragung fixiert hatte (vgl. Anlage B 3 zum Schriftsatz vom 15.3.2006, Bl.
27 GA). Gerade der Umstand, dass in dieser Urkunde vom 25.3.2003 eine
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"Kompensation" im Hinblick auf die Darlehenshingabe von Anfang Januar 2003, die
mittlerweile unstreitig ist, jedenfalls nicht ausdrücklich vorgenommen wurde, stützt den
Vortrag der Beklagten. Jedenfalls ist der Inhalt dieser Urkunde nicht geeignet, den
Vortrag der Beklagten zu widerlegen bzw. ihre Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen.
Auch die mit Schreiben vom 28.4.2003 (Anlage K 4 zum Schriftsatz vom 26.6.2006, Bl.
56 GA) in Aussicht gestellte Verrechnungsmöglichkeit des Wertes des PKW Cabrio mit
dem für den Erwerb des PKW Combi hingegebenen Darlehens hat keine so starke
Indizwirkung, dass der Vortrag der Beklagten als widerlegt angesehen werden könnte.
Das genannte Schreiben spricht allenfalls dafür, dass der Beklagten im Rahmen einer
"güterrechtlichen Auseinandersetzung" ein gewisser finanzieller Ausgleich gerecht
erschien und sie daher mit dem Kläger eine vergleichsweise Regelung anstrebte. Eine
solche einvernehmliche vergleichsweise Regelung ist aber zweifelsfrei nicht zustande
gekommen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte
jedenfalls eine Verrechnungsmöglichkeit in Höhe von zumindest 15.000 € – 18.000,-- €
anerkannt hätte.
Soweit möglicherweise bezüglich des PKW Cabrio eine Schenkung des Klägers an die
Beklagte vorliegen sollte, kann nicht festgestellt werden, dass diese Schenkung
wirksam widerrufen worden ist. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag, zumal der Kläger seinen
Klagevortrag gerade auf die Verrechnungsabrede stützt. Dies schließt aber eine
schenkweise Zuwendung aus.
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Gleiches gilt für die Umstände sonstiger zu beweisender Aufwendungen des Klägers,
die er mit der unstreitigen Darlehensforderung der Beklagten verrechnet wissen will.
Auch hier kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte bei einer evtl.
durchzuführenden Beweisaufnahme durch ihre Parteivernehmung entgegen ihrem
bisherigen Vortrag aussagen wird.
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Daher ist davon auszugehen, dass zwar eine Beweisaufnahme durch
Parteivernehmung der Beklagten durchaus in Betracht kommt, dass aber andererseits
konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die
Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des die
Prozesskostenhilfe begehrenden Klägers ausgehen wird. Dies kann im Rahmen einer
antizipierten Beweiswürdigung verwertet werden mit der Folge, dass der
Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung des Klägers die gemäß § 114 ZPO
erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht abzusprechen ist. Die sofortige Beschwerde
kann daher keinen Erfolg haben.
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Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich.
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Die Beschwerdegebühr beträgt 50,-- €.
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