Urteil des OLG Köln vom 29.11.2007

OLG Köln (abschluss des vertrages, stgb, nichtigkeit, abtretung, gesellschaft, aufrechterhaltung des vertrages, auflösung der gesellschaft, treu und glauben, honorarforderung, vertrag)

Oberlandesgericht Köln, 18 U 179/06
Datum:
29.11.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 U 179/06
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 15 O 198/06
Schlagworte:
Prozessfinanzierung, anwaltliche Verschiegenheitspflicht
Normen:
BGB § 134; StGB § 203 Abs. 1 Nr. 3
Leitsätze:
1. Ein Prozessfinanzierungsvertrag, der die Geltendmachung einer
anwaltlichen Honorarforderung zum Gegenstand hat, ist aufgrund der mit
dem Vertrag verbundenen Informationspflichten über die der
anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Einzelheiten des
Mandats wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB nach § 134
BGB nichtig, sofern der Mandant der Weitergabe der Informationen an
den Prozessfinanzierer nicht zugestimmt hat.
2. Die in einem solchen Vertrag vereinbarte Aufteilung des
Prozesserlöses zwischen dem Prozessfinanzierer und dem
Anspruchsinhaber kann auch nicht über die Grundsätze der fehlerhaften
Gesellschaft aufrecht erhalten werden. Der Anwendung dieser
Grundsätze steht unabhängig von der Frage, ob der
Prozessfinanzierungsvertrag eine stille Innengesellschaft begründet, das
gesetzliche Verbot nach §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB entgegen.
3. Eventuelle Ansprüche des Prozessfinanzierers aus ungerechtfertigter
Bereicherung oder Schadensersatz sind auf die Erstattung der von dem
Prozessfinanzierer verauslagten Kosten der Rechtsverfolgung
beschränkt.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.8.2006 verkündete Urteil
der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 15 O 198/06 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 9.702,89 €
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Klägerin ist ein gewerblicher Prozessfinanzierer, die Beklagten sind bzw. waren
Rechtsanwälte. Sie schlossen mit der Klägerin am 7./9.2.2000 einen
Prozessfinanzierungsvertrag.
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Gegenstand des Vertrages war eine streitige Honorarforderung der Beklagten gegen
einen Verein in Höhe von 694.698,01 DM aus Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit
Überlegungen zur Übernahme eines Krankenhauses. Aus dem "Erlös der finanzierten
Rechtsverfolgung" sollte die Klägerin vorab die von ihr vorgelegten Verfahrenskosten
erstattet erhalten. Von dem danach verbleibenden Erlös sollte die Klägerin die Hälfte
erhalten (Punkt 4 des Vertrages). Der Vertrag enthält unter der Überschrift
"Anspruchsgrund" nähere Ausführungen zu der geltend gemachten Honorarforderung
der Beklagten und den von ihnen erbrachten Beratungsleistungen. In einer weiteren
Urkunde mit gleichem Datum traten die Beklagten die Honorarforderung an die Klägerin
ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prozessfinanzierungsvertrag (GA 23
ff) und die Abtretungsurkunde (GA 35) Bezug genommen.
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Der Rechtsstreit über die Honorarforderung der Beklagten endete mit einem Vergleich
vor dem Oberlandesgericht Koblenz, durch den die dortige Beklagte sich verpflichtete,
an die dortigen Kläger und Beklagten dieses Verfahren 67.000 DM nebst 4 % Zinsen
seit dem 30.10.1999 zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen.
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Die Parteien streiten über die Abrechnung, und zwar die Mehrwertsteuer und Zinsen auf
den Vergleichsbetrag, die Kosten eines vor Abschluss des
Prozessfinanzierungsvertrages zur Vorbereitung der Klage auf Kosten der Beklagten
eingeholten Rechtsgutachtens und die sog. Foris-Gebühr für die zweite Instanz
(2.514,20 €), die die Klägerin in ihren neueren Verträgen den Anwälten für den durch die
Prozessfinanzierung entstehenden zusätzlichen Aufwand zahlt. Die Klägerin errechnet
sich aus ihrer Abrechnung eine Forderung in Höhe von 9.702,89 €.
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Das Landgericht, dessen Urteil in JZ 2007, 203 (m.Anm. Grunewald) veröffentlicht ist,
hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Prozessfinanzierungsvertrag sei
wegen Verstoßes gegen die anwaltliche Schweigepflicht insgesamt nichtig. Hiergegen
richtet sich die Berufung der Klägerin.
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Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung zunächst gegen die Feststellung des
Landgerichts, dass der Prozessfinanzierungsvertrag insgesamt nach § 134 BGB nichtig
sei. Die vertraglichen Informationspflichten der Beklagten stellten keinen Verstoß gegen
§ 203 StGB dar. Sie habe bereits vor Abschluss des Vertrages alle Informationen
erhalten, so dass diese zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages keine
Geheimnisse i.S.d. § 203 StGB mehr gewesen seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass
es sich "genau genommen" um zwei Prozessfinanzierungsverträge handle. Die
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Entscheidung zur Finanzierung der zweiten Instanz stelle den Abschluss eines erneuten
Prozessfinanzierungsvertrages dar, wobei die Parteien sich über die Übernahme der
Konditionen des bestehenden Vertrages für die 1. Instanz einig gewesen seien. Eine
eventuelle Nichtigkeit umfasse keinesfalls diesen zweiten Vertrag, weil ein Verstoß
gegen § 203 StGB spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen sei.
Zudem handle es sich um eine Überraschungsentscheidung. Das Landgericht habe
lediglich auf eine mögliche Nichtigkeit der Abtretung im Hinblick auf § 49b Abs. 4 S. 2
BRAO hingewiesen, so dass sie zu einer Nichtigkeit des Vertrages unabhängig von der
Nichtigkeit der Abtretung der Honorarforderung keine Stellung habe nehmen können.
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Auch die Abtretung sei nicht unwirksam. Schutzzweck des § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO sei
es, einem Verstoß gegen § 203 StGB vorzubeugen. In diesem speziellen Fall sei indes
ein Verstoß ausgeschlossen gewesen, da die Informationen keine Geheimnisse im
Sinne des § 203 StGB dargestellt hätten, so dass auch kein Grund bestehe, die
Abtretung für nichtig zu erklären.
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Die Nichtigkeit der Abtretung hätte auch nicht die Nichtigkeit des gesamten Vertrages
zur Folge. Der Vertrag wäre auch ohne die nur sicherheitshalber erfolgte Abtretung der
Honorarforderung abgeschlossen worden. Sie hätte sich auch mit der Stellung einer
anderen Sicherheit einverstanden erklärt.
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Selbst wenn der Vertrag nichtig wäre, bestünde jedenfalls ein Anspruch nach den
Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Durch den Prozessfinanzierungsvertrag sei
zwischen den Parteien eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet worden.
Das Landgericht habe das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses zu Unrecht
abgelehnt. Die Klägerin führt dies im einzelnen unter Vorlage von Auszügen aus einer
Dissertation und weiteren Literaturzitaten näher aus. Die Anwendung der Grundsätze
der fehlerhaften Gesellschaft sei nicht wegen Verstoßes gegen § 134 BGB
ausgeschlossen. Das sei nur der Fall, wenn der Gesellschaftszweck selbst mit Gesetz
oder guten Sitten unvereinbar sei. Die Prozessfinanzierung also solche sei kein
verbotener Zweck.
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Darüber hinaus bestehe ein Anspruch gegen die Beklagte nach den Grundsätzen der
c.i.c.. Für die Wirksamkeit der Abtretung seien allein die Beklagten verantwortlich. Sie
hätten in Ziff. 1 des Abtretungsvertrages zugesichert, über die Forderung in jeder
Hinsicht verfügungsbefugt zu sein. Dabei dürfte es sich sogar um eine Garantie
handeln, die eine verschuldensunabhängige Haftung begründe. Auch die Pflicht,
mandantenbezogene Informationen nicht ohne Zustimmung des Mandanten
weiterzugeben, sei eindeutig der Sphäre der Beklagten zuzuordnen. Selbst wenn sie -
die Klägerin - sich eines möglichen Verstoßes der Beklagten gegen § 203 StGB sowie §
49b Abs. 4 S. 2 BRAO bewusst gewesen wäre, hätte sie durch die Zusicherung der
Beklagten in Ziffer 1 des Vertrages davon ausgehen müssen, dass die Beklagte die
Genehmigung ihrer Mandantin zur Weitergabe der Informationen eingeholt hatten.
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Schließlich sei die Berufung der Beklagten auf die Unwirksamkeit des
Prozessfinanzierungsvertrages unbillig. Denn die Unwirksamkeit würde sich nur daraus
ergeben, dass die Beklagten ihre vertragliche Pflicht nicht erfüllt hätten, die Zustimmung
ihrer Mandantin einzuholen.
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Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
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das Urteil des Landgerichts Bonn vom 25.8.2006 abzuändern und die Beklagten
als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 9.702,89 € nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.8.2004 zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend und räumen einen objektiven Verstoß
gegen § 203 StGB ein. Unerheblich sei, ob der Verstoß vor Vertragsschluss begangen
worden sei, da auch ein vorvertraglicher Verstoß zur Nichtigkeit des Vertrages führe. Sie
behaupten im übrigen, die Klägerin habe sich auch nach Abschluss des Vertrages
regelmäßig weiter informieren lassen, und zwar auch noch im Berufungsverfahren.
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Die Beklagten diskutieren darüber hinaus auch eine Unwirksamkeit der
Prozessfinanzierung nach § 138 BGB, und zwar zum einen unter dem Aspekt, dass eine
Prozessfinanzierung einem Beklagten nie zur Verfügung stehe, zum anderen, weil eine
Erfolgsbeteiligung von 50 % zu hoch sei.
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Ein Gesellschaftsverhältnis habe das Landgericht zu Recht abgelehnt. Es habe auch
die Verantwortung für die Nichtigkeit des Vertrages zu Recht bei beiden Parteien
gesehen. Der Klägerin in Person ihres damaligen Leiters der Abteilung
Prozessfinanzierung sei bekannt gewesen, dass wegen ständig wechselnder Vorstände
und intensiver strafrechtlicher Verfolgung ihres Führungspersonals die Mandantin zur
Erteilung der Zustimmung mit der Abtretung oder dem Prozessfinanzierungsvertrag
schon zeitlich gar nicht in der Lage gewesen sei.
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II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Klägerin stehen keine
Ansprüche auf weitere Beteiligung an dem Erlös aus dem vor dem Oberlandesgericht
Koblenz geführten Rechtsstreit zu, da der zwischen den Parteien abgeschlossene
Prozessfinanzierungsvertrag nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen die anwaltliche
Verschwiegenheitspflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB) nichtig ist. Ein Anspruch aus
ungerechtfertigter Bereicherung besteht nicht, da die Klägerin durch die bisherigen
Zahlungen der Beklagten ihre Aufwendungen erstattet bekommen hat.
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Zur Begründung nimmt der Senat zunächst vollinhaltlich Bezug auf die ausführlichen
und in jeder Hinsicht überzeugenden Gründe des angefochtenen Urteils, welches sich
mit allen maßgeblichen Gesichtspunkten zutreffend auseinandersetzt.
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Im Hinblick auf die Berufungsbegründung sind nur folgende ergänzende Anmerkungen
veranlasst:
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1. Das Landgericht hat den Prozessfinanzierungsvertrag zutreffend als nach § 134 BGB
nichtig angesehen, weil die im Vertrag geregelten Informationspflichten auf einen
Verstoß gegen die den Beklagten als Rechtsanwälte obliegende
Verschwiegenheitspflicht im Sinne von § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB gerichtet sind.
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Es kann dahinstehen, ob bereits die gleichzeitig mit dem Abschluss des
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Prozessfinanzierungsvertrag vereinbarte Sicherungsabtretung der Honorarforderung
nach § 134 BGB i.V.m. § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO zur Nichtigkeit des gesamten
Prozessfinanzierungsvertrages führt. Nach § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO ist die Abtretung
einer anwaltlichen Gebührenforderung an einen Dritten, der nicht Rechtsanwalt ist,
unzulässig, wenn die Forderung nicht rechtskräftig festgestellt, ein
Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen und der Rechtsanwalt die ausdrückliche,
schriftliche Einwilligung seines Mandanten eingeholt hat. Keine dieser drei
Voraussetzungen liegt vor.
Die Nichtigkeit der Abtretung führt aber nach § 139 BGB nicht ohne weiteres zur
Nichtigkeit des Prozessfinanzierungsvertrages. Denn es spricht einiges dafür, dass die
Parteien den Prozessfinanzierungsvertrag auch ohne die sicherungshalber erfolgte
Abtretung des Honoraranspruchs der Kläger vereinbart hätten. Allerdings stand - bei
dem erwarteten Erfolg der Honorarklage - der Klägerin ein ganz erheblicher
Gewinnanteil zu, so dass eine diesbezügliche Sicherheit für die Klägerin von besondere
Bedeutung war.
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Die Frage kann aber offen bleiben, weil der Prozessfinanzierungsvertrag selbst -
unabhängig von der Abtretung der Honorarforderung - nach § 134 BGB i.V.m. § 203
Abs. 1 Nr. 3 StGB nichtig ist.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vertrag unwirksam,
durch den sich ein Rechtsanwalt - und sei es nur als Nebenpflicht - verpflichtet,
entgegen dem Verbot des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB Mandantengeheimnisse einem
Dritten zu offenbaren.
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§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB. Die Vorschrift
dient dem Schutz der Individualsphäre des Mandanten, der Rat und Hilfe in Anspruch
nehmen muss, die er nur bei rückhaltloser Offenheit zu erlangen vermag (BGH NJW
1993, 1638).
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Der Prozessfinanzierungsvertrag enthält in Ziff. 3.2. am Ende und Ziff. 6.5. umfassende
Informationspflichten des Anspruchsinhabers. Damit unterliegen auch die Einzelheiten
der Tätigkeit der Beklagten für ihre Mandantin der vertraglichen Informationspflicht.
Ferner ergibt sich aus dem Vorspann des Vertrages und dem Vorbringen der Parteien,
dass die Beklagten die Klägerin auch tatsächlich über die Honorarforderung - und damit
auch die für ihre Mandantin erbrachten Tätigkeiten - umfassend informiert haben. Das
erfüllt den objektiven Tatbestand des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin umfasst der Nichtigkeitsgrund nicht lediglich die
Abtretung, sondern den gesamten Vertrag.
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Weder der Rechtsprechung noch § 49b BRAO lässt sich entnehmen, dass die
Verbotsnorm nur die Abtretung der Forderung, nicht aber auch die Prozessfinanzierung
erfasst. Die Nichtigkeit der Abtretung einer anwaltlichen Honorarforderung folgt nicht
aus dem Übergang der Forderung auf einen Dritten. Vielmehr folgt die Nichtigkeit nach
§§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB aus der mit der Abtretung nach § 402 BGB
verbundenen umfassenden Informationspflicht (BGHZ 122, 115 = NJW 1993, 1638). §
49b Abs. 4 S. 2 BRAO enthält lediglich ein zusätzliches Abtretungsverbot.
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Im vorliegenden Fall enthält der zwischen den Parteien geschlossene
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Prozessfinanzierungsvertrag selbst die Informationspflichten - und damit die vertragliche
Pflicht zum Verrat von Mandantengeheimnissen.
Der Verstoß ist auch nicht deshalb für die Wirksamkeit des Vertrages unschädlich, weil
er bereits vor Vertragsschluss erfolgt ist. Die Informationen, die die Beklagten der
Klägerin über das Mandatsverhältnis erteilt haben, dienten der Vorbereitung des
Prozessfinanzierungsvertrages. Auf die zeitliche Reihenfolge kommt es nicht an. Der
Bundesgerichtshof hat zwar die Abtretung einer anwaltlichen Gebührenforderung an
einen Rechtsanwalt als wirksam angesehen, der bereits vorher die Angelegenheit
umfassend kennengelernt hatte. In diesem Fall verstoße die Abtretung nicht gegen §§
134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB (BGH NJW 2005, 507). Dem lag aber die Erwägung zu
Grunde, dass der Zessionar die umfassende Kenntnis vom Auftraggeber, also dem
Mandanten selbst erlangt hatte, den er im Kostenfestsetzungsverfahren vertreten hatte,
und damit nicht durch einen Verstoß des Zedenten gegen die ihm obliegende
anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (BGH aaO, Rn 15). Damit ist der vorliegende Fall
nicht vergleichbar. Vielmehr haben die Beklagten der Klägerin unbefugt und unter
Verstoß gegen § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB die näheren Einzelheiten über das Mandat
offenbart. Dies diente dem Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages.
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Unabhängig davon waren nach dem Prozessfinanzierungsvertrag auch noch weitere
Informationen zu erteilen. Das Oberlandesgericht Koblenz hatte nach dem
übereinstimmenden Vortrag der Parteien die Beklagten im Vorprozess darauf
hingewiesen, dass eine Abrechnung auf Grundlage der streitwertabhängigen Gebühren
nicht in Betracht komme, sondern nur eine Abrechnung nach Zeitaufwand. Hierzu
bedürfe es aber noch detaillierten Vortrags zum konkreten Beratungsaufwand. In diesem
Zusammenhang hätte die Klägerin nach dem Vertrag von den Beklagten auch die
Erteilung weiterer, der Schweigepflicht unterliegender Informationen zum Mandat
verlangen können. Immerhin oblag ihr nach Ziff. 8.1. und 8.2. die Entscheidung über die
Zustimmung zu dem vom OLG Koblenz vorgeschlagenen Vergleich. Aus diesem Grund
kommt es auch nicht darauf an, ob für die zweite Instanz von einem neuen, mündlichen
Prozessfinanzierungsvertrag ausgegangen werden könnte. Ob solche Informationen im
Zusammenhang mit den Überlegungen der Parteien, ob sie den Vergleich widerrufen
sollen, tatsächlich erteilt wurden, spielt keine Rolle. Entscheidend für den Verstoß
gegen das Verbotsgesetz ist die mit Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages
eingegangene Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin als außenstehende Dritte
ihnen im Rahmen des Mandats anvertraute oder bekannt gewordene Geheimnisse zu
offenbaren. Ob es später tatsächlich erforderlich ist, der Verschwiegenheitspflicht
unterliegende Tatsachen zu offenbaren oder sich das - aus welchen Gründen auch
immer - erübrigt, ist für die Nichtigkeit des Vertrages ohne Bedeutung (BGH NJW 1993,
1912).
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Schließlich ist die Berufung auch nicht deshalb begründet, weil das Urteil - wie die
Klägerin meint - eine unzulässige Überraschungsentscheidung darstellt. Eine
Verletzung der Hinweispflicht ist nicht ersichtlich. Der protokollierte Hinweis des
Landgerichts, es stelle sich ernsthaft die Frage, "ob der gesamte
Prozessfinanzierungsvertrag hier wegen Verstoßes gegen §§ 203 StGB, 49 BRAO nach
§ 134 BGB insgesamt nichtig ist", war nicht auf die Nichtigkeit der Abtretung und eine
daraus nach § 139 BGB folgende Gesamtnichtigkeit auch des
Prozessfinanzierungsvertrages beschränkt, sondern beinhaltete bei verständiger
Würdigung auch den Hinweis, dass der Prozessfinanzierungsvertrag selbst gegen §§
134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB verstößt. Jedenfalls beruht die Entscheidung des
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Landgerichts nicht auf dem gerügten Verstoß gegen die Hinweispflicht, weil auch das
Berufungsvorbringen keine neuen Gesichtspunkte enthält, die eine andere
Entscheidung rechtfertigen, § 513 Abs. 1 ZPO.
2. Die Klägerin beruft sich ferner ohne Erfolg auf die Grundsätze über die fehlerhafte
Gesellschaft.
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Es kann offen bleiben, ob durch den Abschluss des Prozessfinanzierungsvertrages
zwischen den Parteien eine stille Innengesellschaft begründet wurde, wie dies im
rechtswissenschaftlichen Schrifttum vertreten wird. Auch insoweit neigt der Senat der
überzeugend begründeten Ansicht des Landgerichts zu, ohne dies indes abschließend
entscheiden zu müssen. Denn auch bei Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses
stünden der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche gegen die Beklagten zu.
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Nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft ist eine in Vollzug gesetzte
Gesellschaft aus Gründen des Bestandsschutzes für die Gesellschaft und des
Verkehrsschutzes für Dritte auch dann für die Vergangenheit als wirksam zu behandeln,
wenn der Gesellschaftsvertrag nichtig ist. Der Mangel des Gesellschaftsvertrages
ermöglicht dem betroffenen Gesellschafter nur die Auflösung der Gesellschaft für die
Zukunft. Für die Abwicklung gelten in diesem Fall die allgemeinen
gesellschaftsrechtlichen Regeln, wobei vorrangig die im Gesellschaftsvertrag
enthaltenen Liquidationsbestimmungen heranzuziehen sind (Goette, DStR 1996, 266,
269f; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 705 Rn 17 f).
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Die Nichtigkeit des Prozessfinanzierungsvertrages nach §§ 134 BGB, 203 Abs. 1 Nr. 3
StGB schließt indes die Anwendung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft und
damit die faktische Aufrechterhaltung des Prozessfinanzierungsvertrages und seiner
Auseinandersetzungsregelungen aus.
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Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kommen nicht zum Zuge, wenn der
rechtlichen Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft oder dem fehlerhaften Beitritt
gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter schutzwürdiger Personen
entgegenstehen (BGH NJW 2005, 1252, 1254 für einen Treuhandvertrag unter Verstoß
gegen das Rechtsberatungsgesetz).
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Das verletzte gesetzliche Verbot schützt gerade Dritte, nämlich die ehemaligen
Mandanten der Beklagten vor einer unbefugten Offenbarung der ihnen anvertrauten
Geheimnisse. Die Grenze für die Anerkennung der in Vollzug gesetzten fehlerhaften
Gesellschaft ist dort erreicht, wo die Beteiligten mit ihrer gemeinsamen Tätigkeit gegen
ein gesetzliches Verbot verstoßen. Die Rechtsordnung kann sich nicht selbst dadurch
ad absurdum führen, dass das von ihr verbotene Geschäft dann als gültig behandelt
wird, wenn es von einer gesellschaftsrechtlich verbundenen Gruppe betrieben wird (so
ausdrücklich Goette, DStR 1996, 266, 270). Die Abwicklung der Gesellschaft vollzieht
sich in diesen Fällen nicht nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen,
insbesondere den im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Liquidationsbestimmungen,
sondern nach Bereicherungsrecht (z.B. BGH DStR 1995, 1722 für die Abwicklung einer
aus berufsrechtlichen Gründen unzulässigen ärztlichen Gemeinschaftspraxis) .
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Bei einer danach auch bei Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses allein in Betracht
kommenden Abwicklung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ergibt sich kein
Anspruch der Klägerin. Ihr stünde in diesem Fall allenfalls ein Anspruch auf Ersatz der
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von ihr übernommenen Kosten des zwischen den Beklagten und ihrer Mandantin
geführten Rechtsstreits zu. Diese Kosten hat sie indes erhalten. Die Zahlung der
Beklagten übersteigt die von der Klägerin in ihren Abrechnungen geltend gemachten,
von ihr aufgewendeten Kosten des geführten Rechtsstreits. Die Parteien streiten
lediglich über den der Klägerin zustehenden Erlösanteil. Ein Anspruch auf anteiligen
Erlös über die bereits geleistete Zahlung hinaus steht der Klägerin indes auch nach
bereicherungsrechtlichen Grundsätzen aufgrund der Nichtigkeit der getroffenen
Vereinbarungen nicht zu.
3. Ein Anspruch aus c.i.c. bzw. §§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, BGB n.F. besteht aus
dem gleichen Grund nicht. Ob die Beklagten ihre vorvertraglichen Pflichten dadurch
verletzt haben, dass sie die Klägerin nicht auf die - nach den Umständen naheliegende -
fehlende Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch ihren Mandanten
hingewiesen haben, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich. Denn ein
eventueller Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglichen Verschuldens wäre nur
auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet. D.h. die Beklagten müssten die
Klägerin so stellen, als hätte diese den Prozessfinanzierungsvertrag nicht
abgeschlossen. Denn auch bei der von der Klägerin verlangten Aufklärung hätten die
Parteien den Prozessfinanzierungsvertrag ohne Zustimmung der Mandantin der
Beklagten nicht wirksam abschließen können. Dass sie die Zustimmung erhalten hätten,
ist nicht erkennbar.
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Die Klägerin könnte daher lediglich Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen. Diese hat sie
indes bereits durch die Zahlung der Beklagten erhalten. Gegenstand des Rechtsstreits
ist nur noch der Erlösanteil, aber nicht mehr die Erstattung der von der Klägerin
verauslagten Kosten.
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4. Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht und mit zutreffender Begründung
entschieden, dass den Beklagten die Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrages nicht
nach Treu und Glauben verwehrt ist. Dem steht schon der Schutzzweck der
Nichtigkeitsgründe entgegen. Der Mandantenschutz gebietet es, die Aufrechterhaltung
des Vertrages nicht von Handlungen oder dem Willen der Parteien abhängig zu
machen. Da die Klägerin zudem Ersatz ihrer Aufwendungen bereits erhalten hat, wird
sie durch die Nichtigkeit des Vertrages auch nicht unbillig benachteiligt.
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5. Aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages allein noch in Betracht kommende Ansprüche
aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB (Leistungskondiktion) bestehen nicht. Eine
Bereicherung der Beklagten liegt nur in Form der von der Klägerin finanzierten
Prozesskosten vor. Diese hat die Klägerin allerdings über die Zahlung der Beklagten
erhalten. Eine darüber hinausgehende Bereicherung durch Leistung der Klägerin ist
nicht ersichtlich.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Es liegt kein Grund vor, die Revision zuzulassen. Der Fortbildung des Rechts dient
lediglich die Frage, ob die Prozessfinanzierung ein Gesellschaftsverhältnis zwischen
dem Prozessfinanzierer und dem Anspruchsinhaber begründet. Auf diese Frage kommt
es indes für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Im übrigen beruht die
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Entscheidung auf in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen und deren
Anwendung auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles.