Urteil des OLG Köln vom 19.04.2000

OLG Köln: abgabe, juristische person, gesetzlicher vertreter, haftbefehl, amt, unterbrechung, versicherung, belastung, verzicht, akte

Oberlandesgericht Köln, 2 W 28/00
Datum:
19.04.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 W 28/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 10 T 279/99
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers vom 26. Januar
2000 wird der Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom
4. Januar 2000 - 10 T 279/99 - geändert und wie folgt neu gefaßt : Die
sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers im Verfahren der
Erstbeschwerde, des Herrn M.O., vom 27. Oktober 1999 gegen den
Haftbefehl des Amtsgerichts Köln vom 13. Oktober 1999 - 282 M
1237/99 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens der
Erstbeschwerde und des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der
Beschwerdeführer des Verfahrens der Erstbeschwerde, Herr M.O., zu
tragen.
G r ü n d e
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Die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers ist gemäß § 793 Abs. 2 ZPO statthaft
und in rechter Frist (§§ 577 Abs. 2, 793 Abs. 2 ZPO) eingelegt worden. Auch die
Zulässigkeitsvoraussetzung des § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist erfüllt: Der Gläubiger wird
durch den angefochtenen Beschluß des Landgerichts neu und selbständig beschwert,
weil die Zivilkammer den von ihm erwirkten Haftbefehl des Amtsgerichts Köln vom 13.
Oktober 1999 aufgehoben hat.
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Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Das Landgericht hat den genannten
Haftbefehl zu Unrecht aufgehoben. Der Beschwerdeführer des Verfahrens der
Erstbeschwerde, Herr M.O., ist verpflichtet, für die Schuldnerin die eidesstattliche
Offenbarungsversicherung abzugeben.
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Die Voraussetzungen für die Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung
gemäß § 807 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO liegen vor. Wie der Gläubiger mit dem Antrag
auf Erlaß eines Haftbefehls - unwidersprochen - vorgebracht hat und sich zudem aus
dem unangefochten gebliebenen Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 8. Juni 1999 -
282 M 7235/99 - ergibt, ist die Durchsuchung der Geschäftsräume der Schuldnerin
zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aus dem von dem Gläubiger gegen sie
erwirkten Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Oktober 1998 - 7 U 21/98 -
verweigert worden.
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Für eine juristische Person ist die eidesstattliche Offenbarungsversicherung gemäß §
807 Abs. 1 und 3, 900 ZPO von ihrem gesetzlichen Vertreter abzugeben. Im hier
gegebenen Fall der Zwangsvollstreckung gegen eine Aktiengesellschaft ist daher der
Vorstand offenbarungspflichtig (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 807, Rdn. 9,
10). Dabei trifft diese Pflicht grundsätzlich diejenige Person, die im Zeitpunkt des für
die Vorlage des Vermögensverzeichnisses und die Abgabe der
Offenbarungsversicherung bestimmten Termins ihr gesetzlicher Vertreter ist (vgl. OLG
Hamm, ZIP 1984, 1482 [1483]= OLGZ 1985, 227 [228]; OLG Schleswig, Rpfleger 1979,
73; LG Aschaffenburg, DGVZ 1998, 75; LG Nürnberg-Fürth, DGVZ 1996, 139 f;
Schneider, MDR 1983, 724 [725]; Zöller/Stöber, a.a.O., § 807, Rdn. 8). Vorliegend hat
der Beschwerdeführer M.O. nach dem von ihm in Kopie zur Akte gereichten Schreiben
vom 1. September 1999 an den Aufsichtsrat der Schuldnerin sein Amt als Vorstand der
Gesellschaft am Tage vor dem für die Abgabe der eidesstattlichen
Offenbarungsversicherung bestimmten Termin niedergelegt, und am Tage dieses
Termins ist nach der gleichfalls in Kopie zur Akte gereichten Niederschrift über die
Sitzung des Aufsichtsrats der Schuldnerin vom 2. September 1999 Herr M. J. J. B. zum
neuen Vorstand der Gesellschaft bestellt worden.
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Indes bleibt, wie in der Rechtsprechung anerkannt ist, der ausgeschiedene gesetzliche
Vertreter einer juristischen Person dann zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
verpflichtet, wenn er das Amt niedergelegt hat, um sich der Verpflichtung zur Abgabe
dieser Versicherung zu entziehen (vgl. Senat, OLGZ 1991, 214 [215]; OLG Hamm,
a.a.O.; OLG Stuttgart, OLGZ 1984, 177 [178]; LG Aschaffenburg, a.a.O.; Schneider,
a.a.O.; Zöller/Stöber, a.a.O., § 807, Rdn. 8 mit weit. Nachw.). So liegt es hier. Davon ist
der Senat - entgegen der Auffassung des Landgerichts - aufgrund der tatsächlichen
Umstände des Streitfalls überzeugt (§ 286 ZPO).
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Hierfür spricht der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Niederlegung des
Amts durch Erklärung vom 1. September 1999 und die Hauptversammlung der
Schuldnerin am selben Tage unter Verzicht auf sämtliche Formen und Fristen
einerseits sowie den auf den nächsten Tag, den 2. September 1999 anberaumten
Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung andererseits (vgl.
OLG Hamm, a.a.O., ZIP 1984, 1482 [1483]). Der Einwand des Beschwerdeführers, er
habe das Amt als Vorstand der Gesellschaft wegen der zeitlichen Belastung durch die
Hauptverhandlung vor der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Köln (109-7/94)
niedergelegt, für die nach den Angaben des Vorsitzenden der Strafkammer mit rund
250 Verhandlungstagen, darunter 115 im Jahre 1999 zu erwarten stand, steht in
Widerspruch dazu, daß er sein Amt nicht in der Zeit vom Beginn dieser
Hauptverhandlung am 13. Januar 1999 bis zur Unterbrechung der Verhandlung für den
Zeitraum von rund einem Monat nach § 229 Abs. 2 StPO (ab 31. August 1999),
sondern erst ab dem Zeitpunkt dieser Unterbrechung und damit unmittelbar vor dem -
auf Antrag des Beschwerdeführers - auf den 2. September 1999 vertagten zweiten
Termin zur Abgabe der Offenbarungsversicherung niedergelegt hat. Konkrete
Anhaltspunkte dafür, daß und warum der Beschwerdeführer in der Zeit bis zum 31.
August 1999 noch in der Lage gewesen sein soll, trotz der Notwendigkeit der
Teilnahme an der Hauptverhandlung des gegen ihn geführten Strafverfahrens
wahrzunehmen, während dies ab dem ersten Tag, an dem die Hauptverhandlung für
knapp einen Monat unterbrochen war, nicht mehr der Fall gewesen sein soll, sind
weder dargetan oder sonst ersichtlich. Die Einlassung des Beschwerdeführers, er
hätte bis August 1999 mit einer alsbaldigen Einstellung des Strafverfahrens nach §
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153 a StPO rechnen und erst danach - wenige Wochen, ehe das Verfahren tatsächlich
eingestellt worden ist - eine solche Einstellung nicht mehr erwarten können, steht in
Widerspruch zu der von dem Beschwerdeführer selbst angeführten Ankündigung des
Vorsitzenden der Strafkammer über die voraussichtliche Dauer des Verfahrens. Dafür,
daß nicht die Belastung durch das Strafverfahren, sondern der Wunsch, der
Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung zu entgehen,
der Grund für die Niederlegung des Amts als Vorstand war, spricht zudem, daß diese
Niederlegung und - unter Mitwirkung des Beschwerdeführers als des einzigen
Aktionärs der Schuldnerin - die Maßnahmen zur Bestellung eines neuen Aufsichtsrats
und eines neuen Vorstandes am Tage vor dem Termin zur Abgabe der
Offenbarungsversicherung ersichtlich in Eile unter Verzicht auf alle Formen und Fristen
der Ladung erfolgt ist, ohne daß - da der Zeitraum der Unterbrechung der
Hauptverhandlung gerade erst begonnen hatte - diese Unterbrechung Anlaß für diese
Eile bot. Der Beschwerdeführer bliebt damit trotz der Niederlegung seines Amtes zur
Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung für die Schuldnerin mit der
Folge verpflichtet, daß das Amtsgericht zu Recht gegen ihn nach § 901 ZPO die Haft
zur Erzwingung der Abgabe dieser Offenbarungsversicherung angeordnet hat.
Einen Widerspruch nach § 900 Abs. 4 ZPO mit der Folge, daß er erst nach dem Eintritt
der Rechtskraft der Entscheidung über diesen Widerspruch zur Abgabe der
Offenbarungsversicherung verpflichtet gewesen wäre und deshalb zuvor gegen ihn
auch kein Haftbefehl hätte erlassen werden können, hat der Schuldner nicht eingelegt.
Ein solcher Widerspruch kann nur in dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung erhoben werden; ein bloß schriftlicher Widerspruch ist dagegen
unbeachtlich und hindert dann, wenn - wie hier - die erhobenen Einwendungen gegen
die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung nicht
berechtigt sind, den Erlaß und die Bestätigung eines Haftbefehls zur Erzwingung ihrer
Abgabe nicht (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 900, Rdn. 22). Der Termin am 2. September
1999, zu dem der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen worden war und den er
versäumt hat, ist auch nicht aufgehoben worden. Die Behauptung des
Beschwerdeführers, er sei mit dem Gerichtsvollzieher - im Rahmen eines Telefonats -
übereingekommen, daß er zu dem Termin am 2. September 1999 nicht zu erscheinen
brauche, trifft ausweislich des Vermerks in den Handakten des Gerichtsvollziehers
nicht zu.
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Die sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Köln muß daher
unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts
zurückgewiesen werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Beschwerdewert : DM 3.000,-- (§ 57 Abs. 2 Nr. 4 BRAGO in entsprechender
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Anwendung)
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