Urteil des OLG Köln vom 30.09.1998

OLG Köln (gegen die guten sitten, beschwerde, ursache, miteigentümer, beseitigung, nichtigkeit, sitten, unterhaltung, verantwortlichkeit, sittenwidrigkeit)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 163/98
Datum:
30.09.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 163/98
Normen:
WEG § 23; BGB §§ 134, 135;
Leitsätze:
Nichtigkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung
WEG § 23; BGB §§ 134, 135 Beschlüsse der Eigentümerversammlung
sind nur dann nichtig, wenn sie gegen ein zwingendes gesetzliches
Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen. Beides trifft für einen
Beschluß nicht zu, durch den die Gemeinschaft entgegen einer
Regelung der Gemeinschaftsordnung die Kosten von Reparaturen am
Sondereigentum oder im Bereich eines Sondernutzungsrechts
übernimmt, wenn die Gemeinschaft den Grund für die Kostenübernahme
darin sieht, daß der Schaden am Sondereigentum möglicherweise durch
schadhaftes Gemeinschaftseigentum ausgelöst wurde.
16 Wx 163/98
OBERLANDESGERICHT KÖLN B E S C H L U S S
In dem Wohnungseigentumsverfahren
pp.
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine
Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth
am 30.09.1998
-
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den
Beschluß der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 07.08.1998 -
29 T 162/98 - wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der
Antragsgegner zu zahlen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten
findet nicht statt.
G r ü n d e
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Die weitere sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (§§ 45 Abs. 1 WEG,
27, 29 FGG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsgegner ist zu Recht
durch den angefochtenen Beschluß des Landgerichts verurteilt worden, an die
Antragsteller 11.243,16 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.03.1998 zu bezahlen. Die
Zahlungspflicht des Antragsgegners beruht auf der Jahresabrechnung 1996/1997 sowie
auf den Beschluß der Eigentümerversammlung vom 24.09.1997 über eine
Sonderumlage. Weder der Beschluß über die Jahresabrechnung 1996/1997 noch der
Beschluß über die Sonderumlage vom 24.09.1997 sind bisher auf Anfechtung für
ungültig erklärt worden. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sind die Beschlüsse
auch nicht nichtig. Nichtigkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung kann nur
angenommen werden, wenn diese gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot oder
gegen die guten Sitten (§§ 134, 138 BGB) verstoßen (vgl. Weitnauer/Lüke, § 23 WEG
Rz. 20, 24, 25; Ermann/Pick, § 23 WEG Rz. 23; Ermann/Pick/Merle, § 23 WEG Rz. 109
ff.). Vorliegend ist keiner der beiden genannten Fälle gegeben. Im Kern streiten sich die
Parteien darum, ob die von der Gemeinschaft bejahte Verpflichtung, daß der
Antragsgegner sich an den Kosten der Beseitigung der Ursachen der
Feuchtigkeitsschäden, die in der Wohnung des Miteigentümers Heier aufgetreten sind,
zu beteiligen habe, wirksam ist oder nicht. Dabei ist unstreitig, daß die Feuchtigkeit
durch das Gemeinschaftseigentum eingedrungen war und daß die Beseitigungsarbeiten
sich auch auf das Gemeinschaftseigentum bezogen haben. Der Streit resultiert daher,
daß die Arbeiten sich jedenfalls teilweise auf Gemeinschaftseigentum bezogen, an dem
dem Miteigentümer Heier ein Sondernutzungsrecht zusteht. Der Antragsgegner verweist
insoweit auf eine Bestimmung in der Teilungserklärung, die wie folgt lautet: "Soweit
Sondernutzungsrechte begründet worden sind, tragen die Kosten der Unterhaltung und
Instandsetzung allein die Sondernutzungsberechtigten."
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Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die hier im Streit befindlichen Beschlüsse, wenn
überhaupt, dann nur teilweise gegen die genannte Bestimmung in der
Teilungserklärung verstoßen. Soweit unstreitig Arbeiten an der Außenwand
vorgenommen wurden, besteht kein Sondernutzungsrecht irgendwelcher Miteigentümer.
Soweit Arbeiten am Terrassenboden durchgeführt wurden, ist es keineswegs sicher,
daß die genannte Bestimmung der Teilungserklärung eingreift. Es entspricht ständiger
Rechtsprechung des Senats, daß die Eigentümergemeinschaft dann, wenn Schäden
am Sondereigentum oder im Bereich des Sondernutzungsrechts eines Miteigentümers
auftreten, die ihre wesentliche Ursache im Gemeinschaftseigentum, für das die gesamte
Gemeinschaft zuständig ist, haben, dem Sondereigentümer oder
Sondernutzungsberechtigten für die Beseitigung dieser Schäden verantwortlich ist
(Beschluß des Senats vom 30.03.1998 - 16 Wx 20/98 - m.w.N.). Beschließt in einem
solchen Fall die Gemeinschaft, daß die Kosten, die für die Sanierungsarbeiten auch im
Bereich des Sondernutzungsrechts erforderlich sind, von der Gemeinschaft zu tragen
sind, auch wenn die Ursachen für die Schäden im Bereich des Sondernutzungsrechts
nicht völlig aufgeklärt sind, so ist ein solcher Beschluß jedenfalls nicht nichtig. Er mag
anfechtbar sein, wenn sich die genaue Ursache dieser Schäden hätte aufklären lassen
und eine Verantwortlichkeit des Gemeinschaftseigentums dann mit Sicherheit
auszuschließen gewesen wäre; auch ein anfechtbarer Beschluß ist aber, so lange er
nicht durch das Gericht rechtskräftig für unwirksam erklärt worden ist, verbindliche
Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung der durch ihn begründeten
Zahlungsansprüche gegen einen Wohnungseigentümer (vgl. den Beschluß des Senats
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vom 21.08.1997 - 16 Wx 189/97 - m.w.N.). Von der Sittenwidrigkeit eines Beschlusses
könnte nur gesprochen werden, wenn er sachlich so indiskutabel ist, daß er das
allgemeine Billigkeitsgefühl verletzt. Hiervon kann nach den vorstehenden
Ausführungen im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren beträgt 11.243,16 DM.
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Dr. Schusche ROLG Jennissen ist infolge RinOLG Dr. Ahn-Roth Urlaubs an der Unter-
ist infolge Urlaubs zeichnung gehindert. an der Unterzeich nung gehindert.
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Dr. Schuschke Dr. Schuschke
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