Urteil des OLG Köln vom 30.08.2010

OLG Köln (örtliche zuständigkeit, zuständigkeit, adoptionsverfahren, meinung, gesetz, ausdrücklich, auslegung, anwendbarkeit, wohnsitz, adoption)

Oberlandesgericht Köln, 4 WF 144/10
Datum:
30.08.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 WF 144/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Köln, 326 F 52/10
Tenor:
Das Amtsgericht Bergheim - Familiengericht - ist für das
Adoptionsverfahren örtlich zuständig.
Gründe
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I.
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Gegenstand des Adoptionsverfahrens ist ein von den Beteiligten gestellter
Adoptionsantrag. Die am 28.2.1992 geborene Anzunehmende ist kenianische
Staatsangehörige, während der Annehmende österreichischer Staatsangehöriger ist.
Die Beteiligten haben ihren Wohnsitz in Q., das zum Bezirk des Amtsgerichts Bergheim
gehört. Den notariell beurkundeten Adoptionsantrag haben die Beteiligten im April 2010
an das Amtsgericht Köln – Familiengericht - gerichtet, weil es sich ihrer Ansicht nach um
eine Adoption handelt, für die das Adoptionswirkungsgesetz (AdWirkG) eine besondere
örtliche Zuständigkeit nach § 187 Abs. 4 FamFG vorsehe. Das Amtsgericht Köln –
Familiengericht - hat sich mit Beschluss vom 17.06.2010 für örtlich unzuständig erklärt
und die Sache an das Amtsgericht Bergheim – Familiengericht - als zuständiges Gericht
verwiesen. Das Amtsgericht Bergheim – Familiengericht - hat die Übernahme abgelehnt
und die Sache dem Oberlandesgericht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zur Entscheidung
vorgelegt. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts besteht eine Zuständigkeit des
Amtsgericht Köln - Familiengericht – als zentralem Familiengericht (früher
Vormundschaftsgericht), weil die Regelungen des AdWirkG nicht nur für
Minderjährigenadoptionen, sondern auch gemäß der Rechtsprechung des
Oberlandesgerichts Köln für Adoptionen Volljähriger gelten.
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II.
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Das Oberlandesgericht ist als gemeinsames nächsthöheres Gericht gemäß § 5 Abs. 1
Nr. 4 FamFG zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen, weil es die
Beschwerdeinstanz für beide Amtsgerichte Bergheim und Köln ist. Die
Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung liegen vor, weil sich beide
Amtsgerichte für unzuständig erklärt haben.
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Zum örtlich zuständigen Gericht ist das Amtsgericht Bergheim – Familiengericht - zu
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bestimmen.
Die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes richtet sich grundsätzlich nach
dem Wohnsitz des Annehmenden, wie es § 187 Abs. 1 FamFG vorsieht. Eine
Ausnahme gilt nur nach § 187 Abs. 4 FamFG in Verbindung mit § 5 Abs. 1, Abs. 2
AdWirkG. Diese Regelung zur Zuständigkeitskonzentration auf das Familiengericht am
Sitz des Oberlandesgerichts im Fall der Anwendung ausländischer Sachvorschriften
führt hier indes zu keiner anderen örtlichen Zuständigkeit, weil es sich um eine
Volljährigenadoption handelt. Die Regelung zur Zuständigkeitskonzentration nach § 5
AdWirkG bezieht sich nur auf Adoptionsverfahren bezüglich Kinder bis zum 18.
Lebensjahr und betrifft deshalb nicht den vorliegenden Fall. An der gegenteiligen
Meinung des Oberlandesgerichts Köln zur Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Satz 1
AdWirkG auch auf Volljährigenadoptionen (vgl. Rspr. des 16. Zivilsenats des OLG Köln:
Beschluss v. 29.5.2006, FamRZ 2006,1859; v. 16.10.2006, FGPrax 2007, 121) hält der
Senat nicht mehr fest.
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Im vorliegenden Adoptionsverfahren kommen wegen der ausländischen
Staatsangehörigkeit der Anzunehmenden ausländische Sachvorschriften zur
Anwendung. Das Amtsgericht Köln hat zu Recht in seinem Beschluss vom 17.6.2010
darauf hingewiesen, dass kenianisches Recht jedenfalls für die Frage der
Erforderlichkeit einer Zustimmung durch den Annehmenden bzw. durch andere
Personen sowie die Erteilung einer etwaigen Zustimmung maßgeblich ist, Art. 23
EGBGB. Gleichwohl wird damit nicht die Zuständigkeit des "zentralen" Familiengerichts
am Sitz des Oberlandesgerichts für Adoptionen mit Auslandsbezug begründet. Denn
eine gemäß § 187 Abs. 4 FamFG entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 1 AdWirkG
kommt nicht Betracht, weil diese Vorschrift nur auf die Adoptionsverfahren für
Anzunehmende unter 18 Jahren Anwendung findet, § 1 Satz 2 AdWirkG. Der
entscheidende Senat als Familiensenat folgt nach Inkrafttreten des FamFG nicht mehr
der gegenteiligen, bisher von dem für Vormundschaftssachen zuständigen Senat des
Oberlandesgerichts Köln vertretenen Meinung zu § 5 AdWirkG.
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Die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung der Obergerichte hat schon bisher
eine Erstreckung der Konzentrationswirkung auf die Verfahren zur Annahme
Volljähriger abgelehnt (vgl. OLG München, NJW-RR 2009, 592 m.w.N.; OLG Hamm,
StAZ 2008, 343; OLG Stuttgart, FGPrax 2007, 26; OLG Rostock, FGPrax 2007, 174;
OLG Schleswig, FamRZ 2006, 1462). Diese Rechtsprechung sieht die Verweisung im
früheren § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG auf § 5 AdWirkG als Rechtsgrundverweisung an und
stützt sich hierzu im wesentlichen auf dessen Entstehungsgeschichte. § 43b Abs. 2 Satz
2 FGG ist ebenso wie das Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom
29.5.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der
internationalen Adoptionen (AdÜbAG) sowie weitere Bundesgesetze zum
Adoptionsrecht durch das Gesetz zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der
Internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts
vom 5.11.2001(BGBl. 2001, Teil 1, 2950) in das FGG eingefügt worden bzw. Kraft
getreten. Hierbei stand der größtmögliche Schutz Minderjähriger im Vordergrund. Dem
sollte nach überwiegender Meinung der Rechtsprechung auch die Konzentration der
Verfahren mit internationalem Bezug dienen. Eine Ausdehnung auf die
Erwachsenenadoption habe nicht in der Absicht des Gesetzgebers gestanden (dazu
OLG Stuttgart, FGPrax 2007, 26).
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Der Senat verschließt sich dieser Argumentation nicht. Mit Blick auf den Wortlaut des §
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1 Satz 2 AdWirkG, der die Anwendbarkeit ausdrücklich auf den Personenkreis bis zur
Vollendung des 18.Lebensjahres beschränkt, sowie die nun aktuelle Regelung in § 187
Abs. 4 FamFG, der insoweit § 43b Abs. 2 Satz FGG abgelöst hat, entspricht eine weite
Auslegung im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung nicht dem gesetzgeberischen
Willen. Mit der Neufassung durch § 187 Abs. 4 FamFG, wonach § 5 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 AdWirkG "entsprechend" gelten soll, sowie § 199 FamFG, wonach die
Vorschriften des AdWirkG unberührt bleiben, hat der Gesetzgeber zur dargestellten
Streitfrage zwar nicht ausdrücklich Stellung genommen. Auch aus den
Gesetzesmaterialien lässt sich kein eindeutiger Schluss ziehen. Denn der hier
maßgebliche Absatz 4 des § 187 FamFG ist erst nachträglich durch die
Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 22.4.2009 durch das Gesetz zur
Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur
Errichtung einer Schlichtungsstelle sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom
30.7.2009 (BGBl. 2009 Teil 1 Nr. 50) in das FamFG eingefügt worden. Die
Stellungnahme des Rechtsausschusses zur Beschlussempfehlung, die erstmalig die
Einfügung des § 187 Abs. 4 FamFG vorschlägt, bezieht sich darauf, dass übersehen
wurde, eine dem Regelungsgehalt des § 43b Abs. 2 Satz 2 FGG entsprechende
Regelung ins FamFG aufzunehmen (BT-Drucks. 16/12717, S. 61). Es ist deshalb davon
auszugehen, dass der Gesetzgeber es bei der bisherigen Rechtslage belassen wollte.
Andererseits hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, ausdrücklich eine Ausweitung des
Anwendungsbereichs des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AdWirkG auf die
Adoptionsverfahren bei Erwachsenenadoptionen zu beschließen. Angesichts des
Schweigens des aktuellen Gesetzgebers in Bezug auf die schon damals in der
Rechtsprechung diskutierte Streitfrage sieht der Senat keinen Anlass mehr für eine
erweiternde Auslegung des § 5 Abs. 1 AdWirkG. In Übereinstimmung mit den anderen
Obergerichten erscheint eine auf den Personenkreis des § 1 Satz 2 AdWirkG
beschränkte Auslegung für die Reichweite der Zuständigkeitskonzentration sachgerecht
(ebenso zum FamFG: Thomas-Putzo/Hüßtege, ZPO, 30.Aufl., § 187 FamFG, Rz. 6;
Prütting-Helms/Krause, FamFG, § 199 Rz. 11; Keidel/Engelhardt, FamFG, § 199 Rz. 4;
Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 187 Rz. 10).
Die Anzunehmende ist bereits 18 Jahre alt. Damit bleibt es für die örtliche Zuständigkeit
bei dem nach § 187 Abs. 1 FamFG zuständigen Familiengericht. Das ist das
Amtsgericht Bergheim – Familiengericht -.
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