Urteil des OLG Köln vom 02.05.1995

OLG Köln (unterhalt, widerklage, 1995, sohn, zpo, nettoeinkommen, sache, kläger, partei, einkommen)

Oberlandesgericht Köln, 4 WF 81/95
Datum:
02.05.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 WF 81/95
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 43 F 27/95
Tenor:
I.
In Abänderung der angefochtenen Beschlüsse wird der Beklagten unter
Beiordnung von Rechtsanwalt A., B., Prozeßkostenhilfe wie folgt
bewilligt:
1)
zur Rechtsverteidigung gegen die Klage, soweit
a)
für den Monat Februar 1994 für den Sohn S. ein höherer Unterhalt als
78,00 DM und für den Sohn C. ein höherer Unterhalt als 16,00 DM
verlangt wird
b)
und soweit ab März 1994 für den Sohn S. ein höherer monatlicher
Unterhalt als 318,00 DM und für den Sohn C. ein höherer monatlicher
Unterhalt als 256,00 DM verlangt wird.
2)
für die beabsichtigte Widerklage nach Maßgabe der folgenden Gründe.
Insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht
zurückverwiesen.
3)
Die Entscheidung über eine eventuelle Ratenzahlungsverpflichtung
bleibt dem Amtsgericht überlassen.
II.
Für das Beschwerdeverfahren wird 1/2 Gebühr erhoben.
G r ü n d e :
1
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist in dem erkannten Umfang
begründet.
2
1)
3
Die Beklagte ist gemäß § 1601 ff BGB den gemeinsamen Kindern der Parteien
zum Unterhalt verpflichtet, jedoch von Anfang an nur in Höhe des
Mindestunterhalts von 353,00 DM monatlich für S. und in Höhe von 291,00 DM
monatlich für C..
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Unstreitig hat die Beklagte im Jahr 1994 insgesamt ein Nettoeinkommen von
27.828,46 DM Gehalt und zwar in den Monaten Januar bis März jeweils 2.827,55
DM, im Juni 2.584,84 DM und in den übrigen Monaten jeweils 1.930,97 DM.
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Dies ergibt ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von 2.319,03 DM.
Hinzu kommen 141,66 DM monatlich anteilige Steuererstattung, so daß ein
Einkommen von 2.460,69 DM zugrunde zu legen ist. Davon abzusetzen sind die
Fahrtkosten für den 25 km langen Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstelle von
monatlich 367,00 DM (50 km x 220 Arbeitstage x 0,40 DM), so daß monatlich
2.093,69 DM verbleiben.
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Im Jahr 1995 bzieht die Beklagte nach der vorgelegten Bescheinigung ihres
Arbeitgebers ein monatliches Nettoeinkommen von 2.015,61 DM, wobei der von ihr
erbrachte Anteil zur vermögenswirksamen Leistung bereits hinzuaddiert ist. Unter
Berücksichtigung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld (x 12,8) wird ein
monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen von 2.149,80 DM zu erwarten sein, von
dem noch die Fahrtkosten von monatlich 367,00 DM abzusetzen sind.
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Die Beklagte liegt also in jedem Fall in der Einkommensgruppe 1, die bereinigte
Einkommen bis zu 2.300,00 DM monatlich netto erfaßt. Da sie auch im Jahr 1995
deutlich unterhalb der Höchstgrenze der Gruppe 1 liegt, die zweite
Einkommensgruppe auch nur eine Spanne von 300,00 DM umfaßt, hält der Senat
eine Höherstufung deshalb, weil die Beklagte nur zwei Kindern zum Unterhalt
verpflichtet ist, nicht für angemessen.
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Da die Beklagte im Monat Februar 1994 das volle Kindergeld bezogen hat, ist den
Unterhaltsbeträgen jeweils ein anteiliges Kindergeld von 35,00 DM hinzuzufügen.
Da die Beklagte im Februar 1994 für jedes Kind 310,00 DM gezahlt hat, sind diese
Beträge wieder abzusetzen.
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Ab März 1995 bezieht der Kläger das Kindergeld, so daß ab diesem Zeitpunkt das
anteilige Kindergeld abzuziehen ist.
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2)
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Die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Widerklage der Beklagten auf Zahlung von
Ehegattenunterhalt gegen den Kläger ist nicht bereits deshalb zu verneinen, weil
der Kläger bei der Klage auf Kindesunterhalt als Prozeßstandschafter für die
Kinder auftritt und der Ehegattenunterhalt von ihm als Ehegatte verlangt wird. Die
Erhebung der Widerklage ist hier gemäß § 33 ZPO zulässig, weil sie nicht gegen
einen Dritten, sondern gegen einen bereits wie eine Partei am Verfahren
Beteiligten erhoben wird.
12
Die Prozeßstandschaft kraft gesetzlicher Ermächtigung des materiellen Rechtes,
hier gemäß § 1629 Abs. 3 BGB, hat wie in allen Fällen der gesetzlichen
Prozeßstandschaft zur Folge, daß die Parteistellung mit den sich aus ihr
ergebenden Konsequenzen dem Prozeßstandschafter zukommt (vgl. Zöller-
Vollkommer Vor § 50 ZPO Rnr. 33, 37, 5).
13
Der Prozeßstandschafter ist Partei aus eigenem Recht, er ist berechtigt, das
streitige Recht im eigenen Namen als die richtige Partei geltend zu machen (vgl.
Zöller-Vollkommer, Vor § 50 ZPO Rnr. 18), der Rechtsträger selbst ist im Prozeß
Dritter (BGH, NJW-RR-1988, 127). Allein die Person des Prozeßstandschafters ist
entscheidend für die an die Parteieigenschaft geknüpften Folgen, so auch für die
Frage des Gerichtsstands (a. a. O., Rnr. 5) gemäß § 33 ZPO für die Erhebung der
Widerklage. Da die wechselseitig geltend gemachten Forderungen auf einem
gemeinsamen Rechtsverhältnis beruhen, kann die Beklagte die beabsichtigte
Widerklage im laufenden Verfahren über den Kindesunterhalt erheben.
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Da die Frage der Erfolgsaussicht im übrigen vom Amtsgericht noch nicht geprüft
worden ist, war die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht
zurückzuverweisen.
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3)
16
Das Amtsgericht hat bislang auch noch nicht über die Frage einer
Ratenzahlungsanordnung entschieden. Da insoweit auch keine genügenden
Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (neben dem
Einkommen) der Beklagten vorliegen, war die Sache insoweit zu weiteren
Feststellungen und zur Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
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