Urteil des OLG Köln vom 07.05.2003

OLG Köln: entschädigung, brandstiftung, versicherer, ermittlungsverfahren, beschwerdeschrift, familie, abrede, miteigentumsanteil, abgabe, haftbefehl

Oberlandesgericht Köln, 9 W 33/02
Datum:
07.05.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
9 W 33/02
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 O 65/02
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin gegen den
Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Landgerichts Köln vom
25.09. 2002 - 24 O 65/02 - wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
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I. Die Antragstellerin unterhielt bei der Antragsgegnerin eine
Wohngebäudeversicherung nach den VGB 88 für das Haus T.straße 25 in H.. Am
22.10.2000 kam es in dem Haus zu einem Brand, in dessen Folge das Gebäude sowie
Hausrat zerstört wurden. Daraufhin nahm die Antragstellerin, die zusammen mit ihrem
Sohn N. O. Miteigentümerin des Grundstücks ist, die Antragsgegnerin auf
Entschädigung in Anspruch.
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Es wurde im Ermittlungsverfahren festgestellt, dass der Brand mittels größerer Mengen
Benzin als Brandbeschleuniger von dem Hausbewohner H. N. gelegt wurde. Dieser
kam bei dem Feuer ums Leben. Die Antragsgegnerin berief sich auf Leistungsfreiheit
wegen Eigenbrandstiftung.
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Die Antragstellerin verlangt Entschädigung und Bewilligung der Löschung von auf die
Antragsgegnerin übergegangenen Grundschulden.
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Das Landgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von
Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht
auf Erfolg biete. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Landgerichts
Bezug genommen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der
sofortigen Beschwerde.
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II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht
die Erfolgsaussicht des Begehrens verneint.
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Die Antragsgegnerin ist - aus jetziger der Sicht im Rahmen der Prüfung im
Prozesskostenhilfeverfahren - nach § 61 VVG leistungsfrei, weil eine Vielzahl von
Indizien für eine Eigenbrandstiftung unter Beteiligung der Antragstellerin sprechen.
Wenn Eigenbrandstiftung in Betracht kommt, hat der Versicherer diesen Umstand streng
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im Sinne von § 286 ZPO zu beweisen (vgl. BGH, r+s 1997, 294; OLG Stuttgart,
VersR1997, 824; OLG Koblenz, VersR 1998, 181; OLG Brem3e, r+s 2000, 75). Es muss
eine Gesamtwürdigung stattfinden. Die vom Versicherer zu beweisenden Indizien
müssen in ihrer Gesamtschau ein solch praktisches Maß an Überzeugung für
Eigenbrandstiftung ergeben, das vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie
völlig auszuschließen. So liegt es hier.
Zur Feststellung von vorsätzlichem Handeln ist es nicht erforderlich, dass
nachgewiesen ist, in welcher konkreten Art und Weise der Versicherungsnehmer oder
sein Repräsentant an der Brandentstehung mitgewirkt haben. Maßgebend ist, ob die
Brandstiftung mit Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers oder dessen
Repräsentanten erfolgt ist.
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Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, ist davon auszugehen, dass der Brand
nicht ohne Wissen und Wollen der Antragstellerin und ihres Sohnes, des versicherten
Miteigentümers, entstanden ist. Wie sich aus dem Ermittlungsverfahren ergibt, sind am
25.10.2000 am Brandort zwei 10 - Liter Benzinkanister aufgefunden worden (Bl. 41 GA).
Hiervon wurde der eine am 18.10.2000 um 20.09 Uhr an der Aral - Tankstelle in der W.
Straße 123 und der andere am 19.10.2000 um 15.27 Uhr an der Total - Tankstelle in der
E. Straße in H. erworben. Da diese Kanistergröße (im Gegensatz zu der gängigen 5
Liter Größe) seltener gekauft wird und in dem Verkaufsraum der Total Tankstelle eine
Videokamera installiert war, konnte die Person des Käufers festgestellt werden. Nach
den Ermittlungen der Polizei war Käufer der Sohn der Antragstellerin. Demnach spricht
alles dafür, insbesondere der zeitnahe Erwerb zum Tag des Brandes und die Art der
Kanister, dass die Brandlegung unter Beteiligung oder im Auftrag des Sohnes der
Antragstellerin geschehen ist. Dafür, dass die beiden gekauften Kanister für andere
Zwecke verwendet werden sollten, ergeben sich keine Anhaltspunkte.
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Weiter Umstände sprechen dafür, dass die Antragstellerin in die Brandstiftung
eingeweiht war. Hierbei ist nicht nur darauf abzustellen, dass die beteiligten Personen in
dem abgebrannten Haus als Familie wohnten. Unbestritten hat die Antragsgegnerin
vorgetragen, dass die Antragstellerin gegenüber dem Hausratversicherer angegeben
hat, dass die Kanister "uns gehörten" und seit circa einer Woche geleert im Schuppen
gestanden hätten. Dies steht im Widerspruch zum Vortrag der Antragstellerin im
Schriftsatz vom 15.08. 2002 und in der Beschwerdeschrift, wonach ein Zusammenhang
in Abrede gestellt wird. Schließlich ist auf die schlechte wirtschaftliche Situation der
Antragstellerin und ihres Sohnes hinzuweisen. Der Sohn gab am 15.03.1998 die dritte
eidesstattliche Versicherung ab. Unter dem 11.05.1999 gab die Antragstellerin,
nachdem sie die von ihre geführte Pizzeria hat schließen müssen - die eidesstattliche
Versicherung ab. Am 17.10.2000 erging ein Haftbefehl zur Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung gegenüber der Antragstellerin.
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Die gesamten Indizien lassen eine Beteiligung der Antragstellerin an der Brandstiftung
als so wahrscheinlich ansehen, dass keine vernünftigen Zweifel mehr bestehen.
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Danach kam es nicht darauf an, ob der Antragstellerin das Verhalten des Sohnes als
mitversichertem Miteigentümer entsprechend § 79 Abs. 1 VVG zuzurechnen ist (so
Prölss in Prölss/Martin, VVG. 26. Aufl, § 6 Rn 41; vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG,
2. Aufl, § 79, Rn 5) beziehungsweise, ob es sich nur auf seinen Miteigentumsanteil
auswirkt oder ob der Sohn Repräsentant der Klägerin im Sinne des Risikoverwalters
oder des Vertragsverwalters ist.
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Auf den Umfang der Entschädigung, auch in Bezug auf das Miteigentum, war nicht mehr
einzugehen.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst ( § 127 Abs. 4 ZPO).
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