Urteil des OLG Köln vom 23.05.1996

OLG Köln (herausgabe von gegenständen, kläger, zuständigkeit, gvg, tätigkeit, erstattung, beschwerde, verweisung, gerichtsbarkeit, ausscheiden)

Oberlandesgericht Köln, 19 W 22/96
Datum:
23.05.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 W 22/96
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 20 0 44/95
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der am 15. November
1995 verkündete Beschluß des Landgerichts Köln - 20 0 44/95 -
aufgehoben und der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für
zulässig erklärt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem
Beklagten auferlegt.
G r ü n d e :
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Die gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte
Beschwerde führt in der Sache zum Erfolg, da für den vorliegenden Rechtsstreit gemäß
§ 13 GVG die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben ist.
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Bei der Ermittlung der Rechtswegzuständigkeit kommt es auf die rechtliche Natur der
vom Kläger behaupteten Ansprüche an. Prüfungsmaßstab ist dabei allein der von ihm
unterbreitete Sachvortrag (Zöller-Gummer, ZPO, 19. Aufl., § 13 GVG, Rdz. 11 m.w.N.),
denn hierdurch bestimmt sich der Streitgegenstand. Danach ist vorliegend der
Zivilrechtsweg gegeben, denn der Kläger begehrt von dem Beklagten
Rechnungslegung und Herausgabe von Gegenständen nach der Beendigung eines
Geschäftsbesorgungsvertrages. Dafür kommen die Anspruchsgrundlagen der §§ 675,
985 BGB in Betracht. Streitig zwischen den Parteien ist allerdings, ob es sich bei dieser
Tätigkeit des Beklagten, so wie er behauptet, um ein Arbeitsverhältnis handelte,
welches gemäß § 2 ArbGG zur ausschließlichen Zuständigkeit der Arbeitsgerichte
gehören würde.
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Vor dem Hintergrund dieses Sach- und Streitstandes scheidet die vom Landgericht
vorgenommene Verweisung auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 Nr. 3 c ArbGG von
vornherein aus. Diese Vorschrift umfaßt nur typische Vorbereitungshandlungen aus
Anlaß der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, beispielsweise die Erstattung von
Vorstellungskosten, Rücksendung von Buchungsunterlagen etc. (vgl. Beispiele bei
Gemmelmann/Mathes/Prütting, ArbGG, § 2, Rdz. 69 f.). Um die Abwicklung solcher
Ansprüche geht es vorliegend ersichtlich nicht, da der Beklagte unstreitig für den Kläger
mehrere Monate tätig gewesen ist.
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Streitig ist allein, ob diese Tätigkeit im Rahmen eines von dem Beklagten behaupteten
mündlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages stattgefunden hat, so daß eine
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Zuständigkeit des Arbeitsgerichts über § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG in Betracht kommen
könnte. Stehen aber die zugrunde liegenden Tatsachen für den Rechtsweg zu den
Arbeitsgerichten nicht fest und beruht die Annahme der Zuständigkeit allein auf dem
(vom Kläger bestrittenen) Sachvortrag des Beklagten, so verbietet sich jedenfalls eine
Verweisung ohne weitere Ermittlungen (vgl. BAG, NJW 1994, S. 604 ff.). Eine
Beweisaufnahme über die Rechtswegzuständigkeit hält der Senat in Übereinstimmung
mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des 7. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Köln (vgl. BGH NVWZ 1990, S. 1104; OLGR 1993, S. 294 f.) indes
weder für sachgerecht noch für erforderlich. Es kann nämlich von der Zuständigkeit der
ordentlichen Gerichtsbarkeit jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn die nach dem
Klägervortrag in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen nicht offensichtlich
ausscheiden (vgl. auch Zöller-Gummer, GVG, § 13 Rdnr. 11). Dies ist vorliegend nicht
der Fall, da der Kläger mehrere Indizien dafür vorgetragen hat, daß es zwischen den
Parteien nicht zum Abschluß des beabsichtigten Arbeitsvertrages gekommen ist. Dafür
spricht z.B. der Umstand, daß der von dem Beklagten zu den Akten gereichte Entwurf
eines Arbeitsvertrages von den Parteien gerade nicht unterzeichnet worden ist. Auch die
vom Kläger vorgelegten Rechnungsunterlagen, mit denen der Beklagte seine Tätigkeit
in dem Zeitraum vom 1. Juli bis zum 2. November 1994 in verschiedenen Projekten
abgerechnet hat, lassen den Schluß auf eine freie unternehmerische Tätigkeit zu.
Neben der Erstattung von Spesen werden darin geleistete Stunden zuzüglich
Mehrwertsteuer abgerechnet. Bei dieser Sachlage sind Ansprüche aus dem vom Kläger
behaupteten Geschäftsbesorgungsvertrages durchaus wahrscheinlich, sie scheiden
jedenfalls nicht offensichtlich aus. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, daß die
Tätigkeit des Beklagten auf der Grundlage der §§ 611 ff. BGB zu beurteilen ist, wird das
Landgericht diesen rechtlichen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung berücksichtigen
(§ 17 Abs. 1 Satz 1 GVG).
Beschwerdewert: 6.666,00 DM (= 1/3 des Hauptsachewertes; vgl. OLG Köln, 7.
Zivilsenat, OLGR 1993, S. 295 f. = VersR 94, 498).
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Der Senat folgt nicht der abweichenden Auffassung des 2. Zivilsenats OLG Köln (OLGR
93, 140), die auch vom 7. Zivilsenat OLG Köln (a.a.O.) mit zutreffender eingehender
Begründung abgelehnt wurde.
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