Urteil des OLG Köln vom 29.08.2002

OLG Köln: eheliche gemeinschaft, täuschung, anfang, unzumutbarkeit, härtefall, bande, bestätigung, getrenntleben, rücknahme, einzelrichter

Oberlandesgericht Köln, 14 WF 140/02
Datum:
29.08.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
14. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 WF 140/02
Vorinstanz:
Amtsgericht Bergisch Gladbach, 27 F 75/02
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des
Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 24.6.2002 (27 F 75/02) wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
I.
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Das Amtsgericht hat dem Antragsteller (geb. 7.2.1962) Prozeßkostenhilfe für eine
Eheaufhebungsklage, hilfsweise eine Ehescheidungsklage (Eheschließung mit der
Antragsgegnerin (geb. 23.8.1962) am 2.6.2001) verweigert, da die
Aufhebungsvoraussetzungen nicht vorlägen und das Trennungsjahr nicht abgelaufen
sei, da der Antragsteller nicht vor Anfang 2002 die Herstellung der Ehe abgelehnt habe.
Schließlich liege keine unzumutbare Härte i.S. von § 1565 II BGB vor.
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Gegen diese Beurteilung wendet sich die sofortige Beschwerde, die der Einzelrichter
auf den Senat zur Entscheidung übertragen hat.
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II.
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Die gem. § 127 II ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
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1)
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Das Amtsgericht hat eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung mit Recht
verneint, soweit die Klage auf Aufhebung der Ehe gerichtet ist. Es ist schon zweifelhaft,
ob bei den ungefähr gleich alten Ehepartnern überhaupt von einer Täuschung der
Antragsgegnerin nach § 1314 II Nr.3 BGB ausgegangen werden kann, weil diese eine
eheliche Gemeinschaft nicht gewollt habe.
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Der Antragsteller räumt selbst ein, dass es noch im August 2001 zu Eheverkehr
gekommen ist, zu einem Zeitpunkt, zu dem er bereits die behauptete Täuschung kannte.
Sein Vortrag, zu diesem Eheverkehr sei es nur gekommen, um den Antragsteller zur
Rücknahme des damals schon gestellten Scheidungsantrags zu bewegen (was dann
auch geschah), ist unerheblich. Jedenfalls hat er nach § 1315 Nr. 4 BGB damit zu
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erkennen gegeben, dass er die Ehe fortsetzen wolle. Wollte man der Argumentation des
Antragstellers folgen, könnten auch nach Jahren noch Aufhebungsanträge gestellt
werden, wenn sich die Hoffungen auf eine Versöhnung bzw. eine Aufnahme der
Ehegemeinschaft nicht erfüllen. Es genügt, dass der Getäuschte in Kenntnis der
Täuschung die Ehe fortsetzen will, mögen sich seine Hoffnungen auf die Ehegestaltung
auch nicht erfüllen. Insofern genügt auch Leichtgläubigkeit.
2)
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Ebenso hat das Amtsgericht mit Recht Prozesskostenhilfe für den hilfweise gestellten
Scheidungsantrag nicht gewährt, denn insoweit ist das Trennungsjahr nicht abgelaufen,
wie der Antragsteller auch letztlich nicht in Abrede stellt, denn erst Anfang 2002 hat er
seinen Willen zum Getrenntleben deutlich gemacht und den Aufhebungsantrag erst am
15.3.2002 bei Gericht eingereicht. Es kommt nicht darauf an, dass die Parteien vorher
nicht zusammengezogen sind, wofür die Ursachen zwischen den Parteien streitig sind.
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Es liegt auch kein Härtefall nach § 1565 II BGB vor, wie das Amtsgericht mit Recht
ausgeführt hat. Von einer Unzumutbarkeit, das Trennungsjahr abzuwarten, kann bei
einem Geschehen wie dem geschilderten keine Rede sein. Das Verheiratet-Bleiben
dem Bande nach bis zum Ablauf des Trennungsjahrs ist eine Konsequenz aus der
Bestätigung der Ehe und ihres (erneuten) Vollzuges nach Kenntnis der behaupteten
Täuschung. Die behauptete besondere Leichtgläubigkeit des Antragstellers verdient
keinen Schutz durch Absehen vom Trennungsjahr.
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