Urteil des OLG Köln vom 22.03.1999

OLG Köln (wohl des kindes, verhältnis zwischen, rechtliches gehör, elterliche sorge, kind, namensänderung, interesse, anhörung, sache, einwilligung)

Oberlandesgericht Köln, 10 UF 65/99
Datum:
22.03.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 UF 65/99
Vorinstanz:
Amtsgericht Aachen, 23 F 238/98
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des
Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 22.10.1998 (23 F 238/98)
aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das
Amtsgericht zurückverwiesen.
G r ü n d e :
1
Aus der geschiedenen Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners ist der heute
neun Jahre alte Sohn T. hervorgegangen. Die Antragstellerin hat die alleinige elterliche
Sorge für das Kind. Sie beantragt im Hinblick auf ihre erneute Eheschließung die
Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners zur Namensänderung von T., der
künftig wie sie den Familiennamen O. erhalten soll. T. hat bei seiner Anhörung vor dem
Amtsgericht in Gegenwart der Antragstellerin erklärt, er wolle künftig denselben Namen
führen, weil er sich sonst nicht mehr zu seiner Mutter gehörig fühle. Nach einem
Schreiben seiner Lehrerin erscheint eine feste Einbindung in die neue Familie für T.s
schulische Laufbahn wichtig.
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Das Familiengericht - der Rechtspfleger - hat antragsgemäß die Einwilligung des
Antragsgegners in die Erteilung des Namens O. ersetzt und ausgeführt, die
Namensänderung sei zum Wohle des Kindes erforderlich, weil erst dadurch die
Sicherheit der Zugehörigkeit zur Mutter und deren neuer Familie gegeben sei (§ 1618
Satz 4 BGB).
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Die hiergegen gerichtete, gem. § 19 FGG zulässige Beschwerde des Antragsgegners,
der dem Antrag schon in erster Instanz entgegengetreten ist, führt zur Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache. Denn das Verfahren
des Amtsgerichts leidet an einem wesentlichen Mangel, weil der Rechtspfleger von
einer mündlichen Erörterung mit den Beteiligten abgesehen und dem Antragsgegner
rechtliches Gehör versagt hat.
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Der Rechtspfleger kann regelmäßig über eine Ersetzung der Zustimmung zur
Namensänderung nicht entscheiden, ohne die Beteiligten persönlich gehört und sich so
einen persönlichen Eindruck verschafft zu haben. Es wird der Bedeutung der Lösung
des namensrechtlichen Bandes nicht gerecht, wenn - wie hier - bei verständigem
Widerspruch des Antragsgegners allein nach Anhörung des sorgeberechtigten
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Elternteils und des Kindes entschieden wird. Es bedarf vielmehr der mündlichen
Erörterung mit allen Beteiligten. Dies ergibt sich aus der in § 52 FGG normierten, in allen
die Person des Kindes betreffenden Verfahren geltenden Anhörungs- und
Beratungspflicht (vgl. den zur Veröffentlichung bestimmten Beschluss des 14.
Zivilsenats des OLG Köln vom 13.01.1999 - 14 UF 220/98 -). Hier tritt noch hinzu, dass
das Amtsgericht dem Antragsgegner lediglich mit Verfügung vom 06.10.1998 die
Antragsschrift übersandt und ihn von dem Ergebnis der am Vortage durchgeführten
Anhörung der Antragstellerin und des Kindes sowie von dem Schreiben der Lehrerin
nicht unterrichtet hat. Darüber hinaus lässt der angefochtene Beschluss eine
umfassende Interessenabwägung nicht erkennen.
In dem weiteren Verfahren wird das Amtsgericht ferner zu berücksichtigen haben, dass
§ 1618 BGB das Interesse des anderen Elternteils am Fortbestand des
namensrechtlichen Bandes zwischen ihm und dem Kind schützt. Die Namensänderung
muss zum Wohl des Kindes nicht nur dienlich, sondern erforderlich sein. Bei weniger
strengen Anforderungen würde das Einwilligungsbedürfnis des nicht sorgeberechtigten
Elternteils leicht ausgehöhlt werden können, zumal das Kind regelmäßig unter dem
bestimmenden Einfluss des Sorgeberechtigten steht. Es muss daher triftige Gründe
geben, das Interesse des nicht sorgeberechtigten Elternteils an der Erhaltung des
Namensbandes zurückzustellen (Beschluss des 14. Zivilsenats a.a.O. m.w.N.). In
vorliegender Sache können insbesondere das persönliche Verhältnis zwischen Vater
und Kind, das mögliche Interesse der Antragstellerin, die Kontakte abzubrechen, und
das nach dem Beschwerdevorbringen anhängige erneute Sorgerechtsverfahren von
Bedeutung sein. Bei einer späteren abweichenden Sorgerechtsregelung oder Scheitern
der Einbenennungsehe der Antragstellerin könnte das Kind mit dem neuen Namen, zu
dem es ggf. nur eine vorübergehende Beziehung gehabt hat, allein stehen.
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Das Amtsgericht wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden
haben.
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