Urteil des OLG Köln vom 14.12.2000

OLG Köln: firma, wider besseres wissen, unternehmen, adäquate gegenleistung, anschlussberufung, zwangsvollstreckung, sicherungsübereignung, verfügung, vertragsschluss, zahlungsfähigkeit

Oberlandesgericht Köln, 18 U 99/00
Datum:
14.12.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 U 99/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 14 O 419/99
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurück-weisung der
Anschlussberufung der Klägerin wird das am 31.05.2000 verkündete
Urteil des Landge-richts Köln - 14 O 419/99 - abgeändert und wie folgt
neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits
trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v.
15.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung in der selben Höhe Sicherheit leisten. Die
Sicherheitsleistungen können jeweils auch durch selbstschuldnerische
Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen
Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin nimmt die Beklagten u.a. unter dem Gesichtspunkt der Konzernhaftung in
Anspruch.
2
Die Klägerin schloss mit der Firma C.T. GmbH am 15.09 und am 21.11.1997
Bauverträge über die Durchführung von Kabelverlegearbeiten. Geschäftsführer der
Firma C.T. GmbH, die über ein Stammkapital von 50.000,00 DM verfügte, war im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Beklagte zu 2). Alleingesellschafterin war die
Firma "D. Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH", nachdem sie einen
restlichen Geschäftsanteil i.H.v. 500,00 DM von dem Mitgesellschafter C. übernommen
hatte. Der Beklagte zu 2) war an diesem Unternehmen maßgeblich beteiligt. Er war
zudem Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der Firma J.R. Bedachungen
GmbH, der Mobau D. moderner Baubedarf GmbH, der D. Ausbau GmbH sowie der
Beklagten zu 1).
3
Aufgrund der durchgeführten Aufträge schuldet die Firma C.T. GmbH der Klägerin noch
Werklohn i.H.v. 87.892,39 DM nebst Zinsen.
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Wegen dieser Forderung führte die Klägerin gegen die Firma C.T. GmbH einen Prozess
vor dem Landgericht Bonn - 2 O 212/98 -. Dort erging am 10.02.1999 ein Urteil, durch
das die Firma C.T. GmbH zur Zahlung des genannten Werklohns zuzüglich Zinsen an
die Klägerin verurteilt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1-10 des grünen
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Anlagenheftes verwiesen.
Die im Anschluss an das Urteil von der Klägerin betriebene Zwangsvollstreckung gegen
die Firma C.T. GmbH blieb, bis auf ein Betrag von 4.702,78 DM, erfolglos. Grund hierfür
war u.a. der Umstand, dass die Firma C.T. GmbH i.G. durch Vertrag vom
11.11./12.11.1997 ihren gesamten Fahrzeug- und Gerätepark an die Volksbank O. e.G.
zur Sicherung von bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüchen der Bank gegen
die Beklagte zu 1) übereignet hatte und diese Gegenstände der Befriedigung von
Gläubigern der Firma C.T. GmbH daher nicht zur Verfügung standen. Hinsichtlich der
Vereinbarung wird auf Bl. 22 ff. sowie die Maschinenliste Bl. 30 ff. des grünen
Anlagenheftes Bezug genommen.
6
Die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Pfändung von Forderungen scheiterte
daran, dass die Firma C.T. GmbH i.G. durch Vereinbarung vom 11.11./12.11.1997
sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr mit
Dritten ebenfalls an die Volksbank O. e.G. abgetreten hatte. Diese Abtretung erfolgte zur
Sicherung bestehender, künftiger und bedingter Ansprüche der Bank gegen sie, die
Beklagte zu 1), die Firma D. Ausbau GmbH, die Firma Mobau D. moderner Baubedarf
GmbH, die Firma R. Bedachungen GmbH sowie die Firma D. Beteiligungs- und
Verwaltungsgesellschaft mbH. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf Bl.
215-220 d.A. verwiesen.
7
Die Firma C.T. GmbH wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom
23.04.1999 aufgelöst, von dem Beklagten zu 2) als Liquidator liquidiert und inzwischen
gelöscht (vgl. Bl. 72 des grünen Anlagenheftes).
8
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagten seien unter verschiedenen
rechtlichen Gesichtspunkten zum Schadensersatz verpflichtet. Der Anspruch sei auf
Ausgleich der Werklohnforderung, des Zinsschadens, der Kosten des Rechtsstreits vor
dem Landgericht Bonn sowie der Kosten der Zwangsvollstreckung gerichtet. Wegen der
Berechnung der Klageforderung wird auf Bl. 12 f., 88 f. 193 d.A. verwiesen.
9
Dem Grunde nach ergebe sich der Anspruch u.a. aus den Grundsätzen der faktischen
Konzernhaftung. Die Firma C.T. GmbH sei ein abhängiges Unternehmen gewesen, da
sie in dem vom Beklagten zu 2) geschaffenen Konzern eine bloße Betriebsabteilung
dargestellt habe. Aufgrund des Verhaltens des Beklagten zu 2) habe die Firma C.T.
GmbH nicht die Chance besessen, zu eigenem Vermögen zu gelangen. Selbst bei einer
Konsolidierung des Unternehmens wären die übertragenen Vermögenswerte nicht
freigegeben worden, da diese auch noch zur Besicherung von Schulden der Beklagten
zu 1) gedient hätten. Die Firma C.T. GmbH sei aufgrund dieser Umstände nicht in der
Lage gewesen, die Forderungen ihrer Gläubiger zu erfüllen.
10
Der Beklagte zu 2) hafte zudem wegen Insolvenzverschleppung gem. § 823 Abs. 2
BGB, § 64 GmbH-Gesetz. Die C.T. GmbH sei zu keinem Zeitpunkt zahlungsfähig
gewesen. Auch habe er sich gem. §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB
schadensersatzpflichtig gemacht, weil er die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit
der Firma C.T. GmbH vorgetäuscht habe, obwohl diese nicht bestanden hätten.
11
Die Klägerin hat beantragt,
12
die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 122.738,70 DM nebst 7,375 %
13
Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
14
die Klage abzuweisen.
15
Sie sind der Ansicht gewesen, eine Inanspruchnahme nach den Grundsätzen der
faktischen Konzernhaftung komme nicht in Betracht. Die Firma C.T. GmbH sei kein von
ihnen abhängiges Unternehmen gewesen. Eine Beteiligung der Beklagten zu 1) an der
Firma C.T. GmbH habe ebensowenig bestanden wie ein Beherrschungsvertrag. Durch
den Abschluß des Sicherungsübereignungsvertrages und durch die
Forderungsabtretung habe man keinesfalls eine beherrschende Gesellschaftsstellung
zum Nachteil der Firma C.T. GmbH missbraucht. Die Volksbank O. e.G. habe diese
Vereinbarungen zur Bedingung für die Bereitstellung von Geldmitteln i.H.v. 1,3 Mio. DM
zur Gründung der Firma C.T. GmbH gemacht. Ohne diese Verträge mit der Volksbank O.
e.G. wäre es nicht möglich gewesen, die Vermögenswerte der "alten" C. GmbH für die
Firma C.T. GmbH zu erwerben.
16
Eine Haftung des Beklagten zu 2) gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB bestehe
ebenfalls nicht. Der Beklagte zu 2) habe nie über die Zahlungswillig- und
Zahlungsfähigkeit der Firma C.T. GmbH getäuscht. Eine entsprechende Absicht sei
substantiiert nicht vorgetragen. Die Firma C.T. GmbH sei allein deswegen in finanzielle
Schwierigkeiten geraten, weil deren wesentlicher Auftraggeber, die Firma E. H.,
Zahlungsprobleme gehabt und nicht mehr gezahlt habe.
17
Mit dem am 31. Mai 2000 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage im
wesentlichen stattgegeben. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, beide
Beklagten müssten nach den Grundsätzen der faktischen Konzernhaftung entsprechend
§§ 302, 303 Aktiengesetz für die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen
einstehen. Die Firma C.T. GmbH sei durch Sicherungsübereignungsverträge vom
11.11./12.11.1997 hinsichtlich der Baumaschinen und Fahrzeuge ihres gesamten
Anlagevermögens beraubt worden, ohne dafür eine adäquate Gegenleistung zu
erhalten. Dies gelte auch für die Globalabtretung aller Forderungen der Firma C.T.
GmbH an die Volksbank O. e.G.. Dadurch, dass die finanziell ausgehöhlte Firma C.T.
GmbH weiter am Geschäftsleben teilgenommen habe, sei die Klägerin geschädigt
worden und mit ihrer Werklohnforderung ausgefallen. Wegen der weiteren Einzelheiten
des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der Begründung der Kammer wird
auf Bl. 224-234 d.A. verwiesen.
18
Gegen dieses den Beklagten am 16.06.2000 zugestellte Urteil haben diese am
14.07.2000 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist am 12.09.2000 rechtzeitig begründet.
19
Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag und weisen
darauf hin, dass eine Konzernhaftung der Beklagten schon deshalb nicht in Frage
komme, weil die Volksbank O. e.G. die Sicherungsübereignung sämtlicher Maschinen
und die Abtretung aller Forderungen als Bedingung dafür verlangt habe, weitere
Finanzmittel von 1,3 Mio. DM zur Verfügung zu stellen, die vor allem der Firma C.
Tiefbau GmbH zu gute gekommen seien. Ursache für die Liquidation sei letztlich der
Zusammenbruch der Hauptauftraggeberin der Firma C.T. GmbH, der Firma E. H. in
Waldbröl, gewesen. Dieser habe zu einem Forderungsausfall der Firma C.T. GmbH
20
i.H.v. 180.000,00 DM geführt, die das Unternehmen nicht habe verkraften können.
Die Beklagten beantragen,
21
das Urteil des Landgerichts Köln vom 31.05.2000 - 14 O 419/99 - abzuändern und die
Klage abzuweisen.
22
Die Klägerin beantragt,
23
die Berufung der Beklagten vom 14. Juli 2000 gegen das Urteil des Landgerichts Köln
vom 31.05.2000 - 14 O 419/99 - zurückzuweisen.
24
Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie,
25
das Urteil des Landgerichts Köln vom 31.05.2000 - 14 O 419/99 - bezüglich der
Nebenforderung abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an
die Klägerin 118.035,92 DM nebst 7,375 % Zinsen seit dem 18.11.1999 zu zahlen.
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Sie macht im wesentlichen geltend, eine Haftung der Beklagten gem. §§ 302, 303, 317
Abs. 3 Aktiengesetz müsse bejaht werden. Der Beklagte zu 2) habe das
Anlagevermögen der Firma C.T. GmbH nicht ohne Gegenleistung dazu nützen dürfen,
Forderungen gegen die Beklagte zu 1) zu besichern. So habe der Beklagte zu 2)
sämtliche Vermögenswerte der Firma C.T. GmbH auf die Volksbank O. e.G. übertragen ,
ohne irgendwelche Kompensationsleistungen hierfür zu erhalten.
27
Die Beklagten beantragen,
28
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
29
Hinsichtlich der weiterein Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
des angefochtenen Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst den eingereichten
Unterlagen verwiesen.
30
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31
Die Berufung der Beklagten hat in vollem Umfang Erfolg. Die Klage ist unbegründet.
32
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche nach den Grundsätzen der
Konzernhaftung. Auch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten stehen der Klägerin
keine Ansprüche gegen die Beklagten zu.
33
1.
34
Eine Inanspruchnahme der Beklagten nach den Grundsätzen der Konzernhaftung
scheidet aus.
35
Nach gefestigter Rechtsprechung haftet das eine GmbH beherrschende Unternehmen
analog §§ 302, 303 Aktiengesetz, wenn es die Konzernleitungsmacht in einer Weise
ausübt, die keine angemessene Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft
nimmt, ohne dass sich der ihr insgesamt zugefügte Nachteil durch Einzelmaßnahmen
ausgleichen lässt (BGH NJW 1997, 943 ff.; BGH NJW 1994, 446 f.; BGH NJW 1993,
36
1200 ff. = BGHZ 122, 123 ff.; OLG Köln, Betriebsberater 1997, 169 ff.; OLG Düsseldorf,
GmbHR 1999, 123 ff.).
Diese Voraussetzungen liegen weder für die Beklagte zu 1) noch für den Beklagten zu
2) vor.
37
a)
38
Eine Haftung der Beklagten zu 1) scheidet bereits deshalb aus, weil sie kein die Firma
C.T. GmbH beherrschendes Unternehmen war.
39
Ein Beherrschungsvertrag zwischen der Beklagten zu 1) und der Firma C.T. GmbH oder
ein faktisches Konzernverhältnis sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beklagte
zu 1) war nicht an der Firma C.T. GmbH beteiligt. Die Vorschriften gem. §§ 17 Abs. 2, 18
Aktiengesetz finden daher keine Anwendung. Die fehlende Beteiligung der Beklagten
zu 1) an der Firma C.T. GmbH ist zwischen den Parteien unstreitig. Alleingesellschafter
der Firma C.T. GmbH war nach den vorgelegten Verträgen vom 10.09.1997 (K 15 = Bl.
50 ff. des grünen Anlagenheftes; K 16 = Bl. 55 ff. des grünen Anlagenheftes) die Firma
D. Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH.
40
b)
41
Der Beklagte zu 2) haftet ebenfalls nicht nach den dargestellten Grundsätzen.
42
Allerdings entspricht es inzwischen gefestigter Rechtsprechung, dass auch eine
natürliche Person Unternehmen i.S.d. § 17 Aktiengesetz sein kann, wenn sie als
Alleingesellschafter einer GmbH auch außerhalb der Gesellschaft unternehmerische
Interessen verfolgt (BGHZ 69, 334, 338; BGHZ 95, 330, 337; BGHZ 115, 187, 189;
BGHZ 122, 123, 127). Auch bei einem solchen Alleingesellschafter besteht die Gefahr,
dass es infolge anderweitiger unternehmerischer Betätigung zu Interessenkollisionen
kommt.
43
Diese Voraussetzungen liegen in der Person des Beklagten zu 2) grundsätzlich vor, da
er Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der J.R. Bedachungen GmbH, der
Mobau D. moderner Baubedarf GmbH, der D. Ausbau Gesellschaft mbH sowie der
Beklagten zu 1) ist. Ob diese Voraussetzungen auch im Hinblick auf die Firma C.T.
GmbH bestanden, ist indessen zweifelhaft, weil nach dem vorgelegten
Gesellschaftsvertrag Alleingesellschafter dieser Firma die Firma D. Beteiligungs- und
Verwaltungsgesellschaft mbH war und nicht feststeht, ob der Beklagte zu 2) später auch
Alleingesellschafter dieser GmbH wurde. Der Senat brauchte diesem Punkt aber nicht
nachzugehen, da der Beklagte zu 2) auch aus anderen Gründen nicht nach den
dargestellten Grundsätzen haftet.
44
Bei den dem Beklagten im einzelnen vorgehaltenen Eingriffen in das Vermögen der Fa.
C.T. GmbH ist zumindest teilweise eine Nachteilszufügung fraglich. Soweit
Anhaltspunkte hierfür vorliegen und man eine solche annimmt, lässt sich jedenfalls der
zugefügte Nachteil durch einen Einzelausgleich der Firma C.T. GmbH kompensieren.
45
Hinsichtlich der Globalabtretung, die von der Klägerin als ein Grund für eine
Konzernhaftung angeführt wird, erscheint es bereits zweifelhaft, ob der Vortrag der
Klägerin ausreicht, um die Annahme nahezulegen, dass die Belange der Firma C.T.
46
GmbH hierdurch beeinträchtigt wurden. Aus den vorgelegten Abtretungserklärungen
vom 11.11./12.11.1997 (Bl. 215 ff.) ergibt sich, dass die übrigen fünf dort erwähnten
Unternehmen auch für Forderungen der Bank gegen die Firma C.T. GmbH haften
sollten. Es ist deshalb nicht zwingend, dass der Firma C.T. GmbH durch den Abschluss
dieser Vereinbarung ein Nachteil entstand. Es ist nämlich nicht vorgetragen, dass die
Volksbank O. e.G. zum Zeitpunkt der Abtretung Forderungen gegen die übrigen
Unternehmen hatte. Bestanden solche Forderungen der Bank nicht, so ging die Firma
C.T. GmbH allenfalls das Risiko ein, dass solche Forderungen in der Zukunft entstehen
würden. Ob dieser Umstand ausreichen würde, eine Nachteilszufügung zu bejahen,
erscheint dem Senat zweifelhaft. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Firma C.T. GmbH
nämlich auch Vorteile von der Vereinbarung. Sie erhielt eine Gegenleistung, da u.a.
wegen der Mithaftung der anderen Unternehmen die Geldmittel von der Bank zur
Verfügung gestellt wurden, die zur Übernahme der Vermögenswerte der "alten" C.
GmbH erforderlich waren.
Letztlich brauchte der Senat diese Frage aber nicht abschließend zu entscheiden.
47
Selbst wenn man unterstellt, dass aufgrund der Abtretungserklärung und der
Sicherungsübereignung der Maschinen an die Volksbank O. e.G. Umstände dargelegt
sind, die die Annahme nahelegen, dass die Belange der Firma C.T. GmbH
beeinträchtigt wurden, sind diese Einzeleingriffe des Beklagten zu 2) und ihre Folgen
isolierbar.
48
Der Haftungsanspruch aus dem qualifizierten faktischen Konzern enthält als negatives
Tatbestandsmerkmal, dass die mit den unangemessenen und nachhaltigen
Beeinträchtigungen des Eigeninteresses verbundenen Nachteile für die abhängige
Gesellschaft nicht ausgeglichen werden können (BGHZ 122, 123, 132). Diese
Einzelhaftung des herrschenden Unternehmens gegenüber der Gesellschaft hat
Vorrang und wandelt sich zur globalen Pflicht zum Verlustausgleich nur, wenn diese
Eingriffe und ihre Folgen nicht mehr isolierbar sind (Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz,
14. Aufl., Anh. 13 Rdnr. 31; Goette, Anmerkung zum BGH Beschluss vom 20.3.2000,
DStR 2000, 1065, 1068). Solange Einzeleingriffe noch feststellbar sind, sind diese
durch Einzelausgleichsmaßnahmen gegebenenfalls unter Heranziehung des § 287
ZPO kompensierbar.
49
Die dem Beklagten zu 2) vorgehaltenen Benachteiligungshandlungen und ihre Folgen
sind im einzelnen feststellbar, und die Durchsetzung der daraus resultierenden,
bezifferbaren Ansprüche ist grundsätzlich möglich.
50
Die Folgen der Sicherungsübereignung der Maschinen an die Volksbank O. e.G. für
deren Forderungen gegen die Beklagte zu 1) oder andere Konzernunternehmen stehen
fest und lassen sich im einzelnen ermitteln. Welche Versteigerungserlöse durch den
Verkauf der Maschinen und Fahrzeuge der Beklagten zu 1) oder anderen
Konzernunternehmen zuflossen, lässt sich ebenso beziffern, wie die sich hieraus
gegebenenfalls ergebenden Forderungen der Firma C.T. GmbH gegen den Beklagten
zu 2). Dabei kann dahinstehen, ob sich das Verhalten des Beklagten zu 2) als Delikt, als
Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht, als Erstattungsansprüche auslösender
Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot ( §§ 30,31 GmbHG) oder als Verstoß gegen
die Geschäftsführerpflichten verfolgen lässt ( vgl. Goete,a.a.O.,1068). Nichts anderes gilt
für die Globalabtretung. Auch diese ist als Einzeleingriff spezifiziert. Die Beklagten
haben in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass die von der Firma C.T. GmbH bei
51
der Volksbank O. e.G. aufgenommenen Kredite entsprechend der Kreditvereinbarung
durch die eingehenden Geldbeträge zurückgeführt wurden. Nach dem Beklagtenvortrag
wurden die eingehenden Geldbeträge demnach buchungsmäßig dem Kreditkonto der
Firma C.T. GmbH gutgeschrieben. Selbst wenn der Vortrag der Klägerin (Bl. 190 d.A.)
zutrifft und die Zahlungen für die Rückführung von Darlehensverbindlichkeiten der
Beklagten zu 1) genutzt wurden, lässt sich dies im einzelnen feststellen und
nachvollziehen. Eine mangelnde Ausgleichsfähigkeit, die aus einer
"Waschkorbsituation" oder sonstigen Buchführungsmängeln resultieren könnte (vgl.
Lutter/Hommelhoff, a.a.O.), ist im vorliegenden Fall nach dem Vortrag beider Parteien zu
verneinen.
Hinsichtlich der übrigen von der Klägerin im Zusammenhang mit der Konzernhaftung
angeführten Verhaltensweisen des Beklagten zu 2) gelten die selben Überlegungen.
52
Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte zu 2) versuchte, die
Forderung der Firma C.T. GmbH i.H.v. 40.000,00 DM gegen den L.R. über die Beklagte
zu 1) abzurechnen, dadurch dass diese die von der Firma C.T. GmbH durchgeführten
Arbeiten in Rechnung stellte (vgl. Bl. 40-43 des grünen Anlagenheftes). Eine
Benachteiligung der Firma C.T. GmbH ist hierdurch aber nicht eingetreten, da dieses
Vorhaben entdeckt und eine neue Rechnung der Firma C.T. GmbH erteilt wurde. Selbst
wenn der Firma C.T. GmbH hierdurch ein Nachteil entstanden wäre, ließe sich dieser
Eingriff als Einzelfall belegen und von seinen Folgen abwickeln.
53
Soweit die Klägerin schließlich andeutet, die Übernahme des Betriebsgrundstücks
durch die Beklagte zu 1) sei von der Firma C.T. GmbH durch Kredite finanziert worden,
ist der Vortrag der Klägerin hierzu nach Auffassung des Senats nicht substantiiert
genug. Es fehlt insoweit an der konkreten Darstellung der Darlehensverhältnisse. Im
übrigen wären auch ein durch eine solche Finanzierung zugefügter Nachteil und die
Folgen isolierbar.
54
Es ist daher festzustellen, dass eine Inanspruchnahme der Beklagten aus dem
Gesichtspunkt der Konzernhaftung nicht in Betracht kommt.
55
2.
56
Der Klägerin stehen auch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten keine Ansprüche
gegen die Beklagten zu.
57
a)
58
Vertragliche oder deliktische Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1)
bestehen nicht. Soweit Forderungen der Volksbank O. e.G. gegen die Beklagte zu 1)
durch Zahlungen von Schuldnern der Firma C.T. GmbH erloschen sein sollten, könnten
Bereicherungsansprüche allenfalls der Firma C.T. GmbH zustehen, nicht aber der
Klägerin.
59
b)
60
Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) sind ebenfalls nicht ersichtlich.
61
Der Beklagte zu 2) haftet nicht aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.), weil die
62
Voraussetzungen der Haftung eines Geschäftsführers nicht vorgetragen sind. Der
Beklagte zu 2) hat bei Vertragsabschluss weder ein persönliches Vertrauen in Anspruch
genommen noch ein besonderes wirtschaftliches Eigeninteresse mit dem
Vertragsabschluss verfolgt (vgl. Lutter, a.a.O., § 43 Rdnr. 36-38).
Ansprüche gem. §§ 30, 31 GmbH-Gesetz scheitern daran, dass diese allenfalls der
Firma C.T. GmbH zustehen könnten und nicht von der Klägerin im Wege des Durchgriffs
geltend gemacht werden können.
63
Deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) scheiden ebenfalls aus. Der Vortrag
der Klägerin reicht insgesamt nicht aus, um Ansprüche gegen den Beklagten zu 2)
wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB oder wegen Betruges
gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, dass der
Beklagte zu 2) wider besseres Wissen ausdrücklich oder konkludent vorsätzlich bei
Vertragsschluss mit der Klägerin falsche Angaben hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit
und der Zahlungswilligkeit der Firma C.T. GmbH machte oder ein Verlustrisiko einseitig
auf die Gläubiger der Firma C.T. GmbH verlagerte. Die Klägerin hat nicht genügend
Tatsachen dafür dargelegt, dass der Beklagte zu 2) von Anfang an, d.h. bereits bei
Vertragsschluss, vorhatte, die Klägerin dadurch zu schädigen, dass sie ihre
Werklohnforderung gegen die Firma C.T. GmbH nicht durchsetzen kann. Soweit die
Klägerin als Indiz für eine solche Absicht den Abschluss der Sicherungsabtretung mit
der Volksbank O. e.G. und der Sicherungsübereignung der Maschinen an diese durch
die Firma C.T. GmbH anführt, ist dies hinsichtlich des Vertrages über die Arbeiten Los 1
vom 15.09.1997 schon deshalb unzutreffend, weil dieser Vertrag vor den
Sicherungsvereinbarungen mit der Volksbank O. e.G. geschlossen wurde. Auch
hinsichtlich der Arbeiten zu Los 4, deren Beauftragung am 21.11.97, d.h. nach dem
Abschluss der Sicherungsvereinbarungen mit der Volksbank O. e.G., erfolgte, reicht der
Vortrag der Klägerin nicht aus. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass sich
der Beklagte zu 2) bei Abschluss der Bauverträge im Hinblick auf die
Sicherungsverträge mit der Volksbank O. darüber bewusst war, dass die Firma C.T.
GmbH ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag mit der Klägerin nicht erfüllen kann oder
will. Es ist insbesondere nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagte zu 2) davon
ausgegangen ist oder ausgehen musste, dass die Einnahmen der Firma C.T. GmbH
nicht dazu ausreichen, sowohl die Darlehensraten der Volksbank O. e.G. als auch die
Forderungen der Klägerin und anderer Gläubiger zu erfüllen.
64
Ansprüche der Klägerin gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 64 GmbH-Gesetz bestehen ebenfalls
nicht. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, wann die Überschuldung oder
Zahlungsunfähigkeit der Firma C.T. GmbH eingetreten sein soll. Es fehlt an der
Mitteilung von Zahlenmaterial, aus dem sich eine Überschuldung oder eine
Zahlungsunfähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt ergeben könnte. Es ist deshalb
nicht ersichtlich, wann den Beklagten zu 2) die Pflicht getroffen haben soll, die Eröffnung
des Konkursverfahrens oder eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen.
Darüber hinaus ist die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den geltend gemachten
Schaden nicht dargetan, da nicht vorgetragen ist, wie sich die Vermögenslage der
Klägerin bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten zu 2) verbessert hätte.
65
Insgesamt war der Berufung der Beklagten daher stattzugeben und die Klage
abzuweisen.
66
3.
67
Die Zurückweisung der Anschlussberufung folgt aus den vorstehenden Erwägungen.
68
4.
69
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
70
Streitwert und Beschwer: 118.035,92 DM
71