Urteil des OLG Köln vom 22.12.1992

OLG Köln (fassade, kläger, anspruch auf bewilligung, ziegel, verwendung, reinigung, minderung, angebot, gut, mangel)

Oberlandesgericht Köln, 3 U 36/90
Datum:
22.12.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 U 36/90
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 1 0 541/88
Schlagworte:
GEWÄHRLEISTUNG MINDERUNG WERKVERTRAG
Normen:
BGB § 634
Leitsätze:
Eine Minderung des Werklohns auf Null setzt voraus, daß die
Werkleistung für den Besteller gänzlich ohne Wert ist. Ein solcher Fall
kann gegeben sein, wenn die in Auftrag gegebene, im wesentlichen auf
die Ästhetik zielende Restaurierung einer älteren Hausfassade völlig
mißlingt.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen
vom 30.01.1990 - 1 0 541/88 - teilweise abgeändert. Die Klage wird
abgewiesen. Die Anschlußberufung wird zurückgewiesen. Die Kosten
des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger
steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung des von ihm begehrten
Werklohns und damit auch kein Anspruch auf Bewilligung der Eintragung einer
Bauhandwer-kersicherungshypothek zu. Die Beklagten haben die Abnahme der
Werkleistung zu Recht verweigert. Damit hat eine endgültige Abrechnung über die
Bauleistung des Klägers und die Ansprüche der Beklagten stattzufinden (vgl. dazu
BGH, NJW 1979, 549, 550; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 6. Aufl., RndZ. 1161).
Den Beklagten steht wegen der gerügten Mängel ein Anspruch auf Minderung des
Werklohnes zu. Die Voraussetzungen des § 634 BGB liegen vor. Die Beklagten
haben den Kläger mit Schreiben vom 28.07.1988 aufgefordert, sich bis zum
04.08.1988 zur Beseitigung der Mängel bereit zu erklären, und widrigenfalls
angekündigt, einen anderen Unternehmer hiermit zu beauftragen. Daraufhin hat der
Kläger nicht eine Nachbesserung angeboten oder in Angriff genommen, sondern den
Beklagten lediglich die Rechnung vom 08.08.1988 übersandt.
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Die Werkleistung des Klägers ist mangelhaft. Er schuldete nämlich nach dem von
den Parteien ge-schlossenen Vertrag die "Restaurierung" und damit die Herrichtung
der Fassade in einem optisch ta-dellosen, dem ursprünglichen Zustand einer Altfas-
sade gerecht werdenden Form. In diesem Zusammen-hang kann dahinstehen, ob die
Beklagten den Kläger im Vorfeld des Vertragsschlusses auf ihren Antrag auf
Eintragung des Hauses in die Denkmalliste hingewiesen haben und über wen der
Vertragsschluß vermittelt worden ist. Die Verpflichtung zur Her-richtung einer optisch
einheitlichen Fassade er-gibt sich nämlich aus dem Angebot des Klägers und dem
Umstand, daß die Ziegel vor Beginn der Arbei-ten des Klägers aus technischer Sicht
nicht zu be-anstanden waren. Das Angebot des Klägers, der dar-in auch mit
"Altfassadenrenovierung", Denkmalpfle-ge" und "Restaurierung" wirbt, verhält sich
demge-mäß auch über die Erneuerung von alten Steinen. Daß diese - anders als die
Verfugung - schadhaft und deswegen erneuerungsbedürftig waren, folgt aus dem
Angebot gerade nicht und steht auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht
fest. Der Sach-verständige Prof. Dr. - Ing. E. hat überzeugend und anhand der
Lichtbilder, auf denen der Zustand der Fassade vor dem Arbeitsbeginn des Klägers
do-kumentiert ist, gut nachvollziehbar dargelegt, daß die Ziegel der Fassade vorher
technisch nicht zu beanstanden waren. Auf den Fotografien sind weder Fehlstellen
noch tiefe Auswitterungen zu erkennen. Die Erneuerung der Ziegel war mithin weder
aus technisch- konstruktiven noch aus bauphysikali-schen Gründen erforderlich.
Geschuldet konnte nur eine Restaurierung insbesondere auch unter Ent-fernung der
in der Zwischenkriegszeit eingefügten Maschinenziegel, die unstreitig störend waren,
im Sinne der Herstellung eines optisch einheitlichen Gesamtbildes sein. Diese
Verpflichtung hat der Kläger nicht erfüllt. Er hat nämlich zum einen unbesandete
Ziegel verwandt, die sich farblich stark von dem Ton der Originalziegel unterschei-
den. Bedingt dadurch stellt seine Arbeit keine Verbesserung im Vergleich zu den
zwischen den Kriegen vorgenommenen Ausflickungen dar, die er gerade zu
beseitigen hatte. Wie der Sachverständi-ge Prof. Dr.-Ing. E. überzeugend dargelegt
hat und anhand der Lichtbilder ohne weiteres nachzuvoll-ziehen ist, sind die optisch
nicht passenden Stei-ne aus der Zwischenkriegszeit gegen kaum weniger auffällige
und damit das einheitliche Bild stören-de Steine ersetzt worden. Die Verwendung
besser zu dem alten Mauerwerk passende Ziegel wäre dem Klä-ger auch möglich
gewesen. Derartige aus Abbrüchen gewonnene Steine sind, wie der
Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, auch heute noch im Handel erhältlich.
Die Behauptung des Klägers, die beklagte Ehefrau habe die von seinen Mitarbeitern
eingesetzten Steine selber ausgesucht, ist mangels Erheblichkeit nicht
beweisbedürftig. Es ist allein Aufgabe des Klägers als Fachunternehmer, für die
Verwendung des richtigen Materials Sorge zu tra-gen. Der Unternehmer ist im Falle
des Beharrens des Bauherren auf einer ganz bestimmten Ausfüh-rung, die - wie hier -
die Gefahr von Mängeln in sich birgt, zu einem entsprechenden Hinweis verpflichtet.
Daß der Kläger dieser Hinweispflicht nachgekommen ist, hat er nicht dargelegt.
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Das optisch uneinheitliche Bild der Fassade beruht neben der Verwendung farblich
und vom Material her nicht passender Ziegel weiter darauf, daß die von dem Kläger
vorgenommen Verfugung mangel-haft ist. Sie trägt wesentlich zu dem insgesamt
unharmonischen Gesamterscheinungsbild der Fassaden bei. Wie der
Sachverständige Prof. Dr.-Ing. E. ausgeführt hat und wie sich aus den Lichtbildern gut
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entnehmen läßt, weist die Verfugung ganz unterschiedliche Farbtöne von
zementgrau bis hin zu dunkelrot auf. Geschuldet war aber ausweislich des
Angebotes vom 15.05.1987 eine dem bestehenden Mauerwerk angepaßte
Verfugung. Damit unvereinbar sind derart gravierende Farbunterschiede, die nach
den schlüssigen Darlegungen des Sachverständigen nicht auf einer (nachträglichen)
Sandstrahlung, sondern vielmehr der nicht sachgerechten Farbprobe und
anschließenden Mischung des Mörtels beruhen. Einen weiteren Mangel der
Verfugung und damit der geschuldeten Restaurierung stellt der Umstand dar, daß der
doppelte Fugenstrich an der rechten Seite der Fassade, mithin an einer ins Auge
fallenden Stelle, nicht ausgeführt worden ist.
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Auch die vom Kläger durchgeführte Hydrophobierung ist mangelhaft. Diese ist zum
einen nicht voll-ständig durchgeführt worden. Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. E.
konnte an der linken Giebelwand und im Bereich der Brüstung an der straßenseitigen
Fassade keine diesbezüglichen Spuren feststellen. Zu anderen hat der Kläger im
oberen Bereich der Fassade - und nur dort - einen Farbzusatz verwandt, den die
Beklagten nicht in Auftrag gegeben haben. Geschuldet war die optische Verein-
heitlichung der Fassade durch den Austausch von Steinen und nicht etwa durch die
Verwendung von Farbzusätzen. Der Zusatz der Farbe bei der Hydro-phobierung ist
darüber hinaus auch deswegen nicht fachgerecht, weil er nur zum Teil erfolgt ist und
dadurch zu einem weiteren optischen Mangel geführt hat. Die Einfärbung hat nämlich
zu sich dunkel ab-zeichnenden Spuren in der Verfugung geführt.
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Darüber hinaus liegen nach den überzeugenden Fest-stellungen des
Sachverständigen E. weitere - wenn auch optisch sehr viel weniger ins Auge und
damit ins Gewicht fallende - Mängel vor. Die Reparatur der Putzfehlstellen im Gesims
im oberen Bereich der Straßenfassade ist unsauber durchgeführt wor-den.
Fehlstellen im Mauerwerk und an einzelnen Ziegeln sind mit Fugenmörtel
geschlossen worden. Fachgerecht aus bauphysikalischer Sicht ist hinge-gen der
Einsatz von (farblich passenden) Ziegeln, weil die Einbringung von Mörtel zu
Spannungen im Mauerwerk und damit letztlich zu Abplatzungen füh-ren kann.
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Die vorstehend aufgeführten Mängel der Werklei-stung des Klägers - dies
vornehmlich im Hinblick auf die von ihm eingesetzten Ziegelsteine, die nur zum Teil
und darüber hinaus an einer Stelle mit einem Farbzusatz durchgeführte
Hydrophobierung sowie die von ihm angebrachten Verfugungen - füh-ren zu einer
Minderung seines Vergütungsanspruchs auf Null (zu den Voraussetzungen vgl.
Werner/Pa-stor, a.a.O., RndZ 1457 m.w.N.). Denn die von ihm durchgeführten
Arbeiten an der Straßenfassade und den Giebelwänden sind für die Beklagten un-ter
Berücksichtigung des von dem Kläger geschul-deten Erfolges gänzlich ohne Wert.
Wie bereits dargelegt, schuldete der Kläger die optisch an-sprechende Restaurierung
des vorher nicht unter technischen, sondern vornehmlich ästhetischen Ge-
sichtspunkten angreifbaren Zustandes der Fassade. Dem genügen die von ihm
durchgeführten Arbeiten nicht. Auch unter Berücksichtigung der technischen
Verbesserung durch die Neuverfugung, die indes ihrerseits optisch unbefriedigend
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ist, haben die Leistungen des Klägers für die Fassade - abgese-hen von der
Reinigung - keinerlei ästhetischen Gewinn gebracht. Dies hat der Sachverständige
Prof. Dr.-Ing. E. in seinem schriftlichen Gutach-ten und in seinen Erläuterungen in
dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.11.1992 schlüssig dargelegt und
folgt auch aus den von allen drei Sachverständigen gefertigten Lichtbildern. Der
Kläger hat auch keinen Anspruch auf Vergütung der von ihm vorgenommenen
Reinigung der Fassade. Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. E. hat hierzu zwar
ausgeführt, die von dem Kläger durchgeführte Art und Weise der Reinigung mit
einem Heißwasserdampf-gerät sei fachgerecht, weil andere Methoden die Verfugung
und das offenporige Mauerwerk zu stark angriffen. Hierzu ist aber von dem Beklagten
schlüssig und unwidersprochen vorgetragen worden, daß die erneute Reinigung der
Fassade vor Beauf-tragung eines anderen Unternehmers mit der Durch-führung der
von ihnen gewünschten Schönheitsrepa-raturen erforderlich ist. Dies ist nach
Auffassung des Senates auch gut nachvollziehbar. Die Fassade muß nämlich von
Schmutz und Farbresten gänzlich befreit sein, um die Auswahl farblich passender
gesandeter Ziegel vornehmen zu können.
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Es besteht schließlich keine Veranlassung, dem Beweisantritt des Klägers auf
mündliche Erläute-rung der jeweiligen Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. P.
und Dipl.-Ing. M. nachzugehen. Die dem Sachverständigen Dipl.-Ing. M. in dem
Beweis-sicherungsverfahren 5 b H 4/88 AG Geilenkirchen und dem
Sachverständigen Dipl.-Ing. P. in I. In-stanz gestellten Beweisfragen unterscheiden
sich nämlich von den nach Auffassung des Senates ent-scheidungserheblichen und
dem Beweisbeschluß vom 23.11.1990 zugrundeliegenden Tatsachen. Demgemäß
haben beide Sachverständige zu dem Erfolg der Schaffung einer optisch gänzlich
einwandfreien, dem Originalzustand der Fassade um die Jahrhun-dertwende
nahekommenden Restaurierung nichts aus-geführt. Sie hatten hierzu im Hinblick auf
die ab-weichende Rechtsauffassung des Landgerichts zu dem Vertragsinhalt und die
Beweisfragen in dem Beweis-sicherungsverfahren auch keinerlei Veranlassung.
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Die Anschlußberufung des Klägers hat nach dem vor-stehenden mangels des
Bestehens eines Vergütungs-anspruches keinen Erfolg.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreck-barkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.
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Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 26.168,08 DM, davon 4.000,-- DM für
die Anschlußberufung.
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Beschwer für beide Parteien: unter 60.000,00 DM
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