Urteil des OLG Köln vom 17.12.1992

OLG Köln (verletzung der meldepflicht, kläger, vvg, zeuge, kollision, unfall, wiese, gutachten, fahrzeug, versicherungsfall)

Oberlandesgericht Köln, 5 U 67/92
Datum:
17.12.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 67/92
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 18 O 273/91
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 18. Zivilkammer des
Landgerichts Bonn vom 28.11.1991 - 18 O 273/91 - abgeändert und wie
folgt neu gefaßt: Unter Abweisung des weitergehenden Zinsanspruchs
wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.900,00 DM nebst 4 %
Zinsen seit dem 15.08.1991 zu zahlen. Die weitergehende Berufung
wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu
tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache - bis auf einen Teil der
Zinsfor-derung - Erfolg. Der Kläger hat aufgrund des bei der Beklagten unterhaltenen
Teilkaskoversiche-rungvertrages einen Anspruch auf Ersatz des ihm anläßlich des
Unfalles vom 07.06.1991 entstandenen Schadens an seinem PKW. Nach dem
Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme sieht der Senat es als
erwiesen an, daß der Unfall sich in der vom Kläger vorgetragenen Weise ereignet
hat. Der Zeuge W.-P. hat widerspruchsfrei, über-zeugend und glaubhaft geschildert,
der Kläger sei vor ihm hergefahren, habe plötzlich gebremst, sei nach links gefahren
und im Graben gelandet, woraufhin er - Zeuge - dann zwei Rehe nach links über die
Wiese habe springen sehen. Zwar habe er diese vorher auf der Straße nicht
gesehen, sie seien aber auf die Wiese vor dem PKW des Klägers gesprungen. Diese
Schilderung läßt sich nur dahin-gehend verstehen, daß die Rehe von rechts (aus
dem dort nach weiterer Aussage des Zeugen befindlichen Waldstück kommend) über
die Straße auf die gegen-überliegende Wiese gelaufen sind und der Kläger - um eine
Kollision zu vermeiden - zuerst gebremst und dann das Fahrzeug nach links gezogen
hat. Zwar handelt es sich hierbei mangels einer Kollision mit den Tieren nicht um
einen Wildunfall im Sinne von § 12 Abs. 1 Ziffer I d AKB; jedoch sind die hierdurch
entstandenen Schäden unter dem Gesichts-punkt der Rettungskosten gemäß §§ 62,
63 VVG zu erstatten. Die vom Kläger vorgenommenen Maßnahmen, nämlich
Abbremsen und nach links Ausweichen, waren bestimmt, angemessen, geeignet und
aus sachbezo-gener Sicht des Klägers auch erforderlich, um eine Kollision und damit
den Versicherungsfall nach § 12 Abs. 1 Ziffer I d AKB zu vermeiden. Die Beklagte ist
deshalb insoweit leistungspflichtig. Ihre Leistungspflicht entfällt auch nicht wegen
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Obliegenheitsverletzungen des Klägers. Eine zur Leistungsfreiheit der Beklagten
führende Oblie-genheitsverletzung ergibt sich zum einen nicht schon aus der
Verneinung der Frage nach repa-rierten oder nicht reparierten Vorschäden in der
Schadensanzeige. Selbst wenn man dies in objekti-ver Hinsicht als
Obliegenheitsverletzung im Sinn von § 7 I Ziffer 2, V Ziffer 4 AKB wertet, so kann
doch nach dem Vortrag des Klägers und dem Ergebnis der Beweisaufnahme
allenfalls von leichter Fahr-lässigkeit auf Seiten des Klägers im ausgegangen
werden, in welchem Fall § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG die Leistungspflicht des Versicherers
bestehen bleibt. Der Kläger hat sich stets darauf berufen, es habe sich bei den
unstreitig vorhandenen "Vorschäden" lediglich um ganz minimale Bagatellschäden
gehan-delt, die er als Nichtjurist nicht als echten Schaden gewertet habe, da sie für
Wert und Funk-tionstüchtigkeit seines PKW's nicht die geringste Bedeutung gehabt
hätten. Diesen Vortrag hat der sachverständige Zeuge T., der den PKW alsbald nach
dem Unfall besichtigt und wenige Tage später ein Gutachten insoweit erstattet hat, im
wesentlichen bestätigt. Er hat unter Bezugnahme auf sein dama-liges Gutachten vom
12.06.1991 nämlich dargelegt, die hintere Stoßstange sei etwas verzogen gewesen,
das Heckblech gebeult und die rechte hintere Türe habe eine Beule gehabt; es habe
sich aber um mini-male Schäden gehandelt, die einem Laien nicht ein-mal unbedingt
aufzufallen brauchten und auch nicht zwingend repariert werden mußten. Hiernach
kann jedenfalls auf Seiten des Klägers allenfalls von leichter Fahrlässigkeit
ausgegangen werden, die nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten führt.
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Eine solche folgt auch nicht daraus, daß der Klä-ger den Unfall nicht unverzüglich bei
der Polizei entsprechend § 7 Abs. III AKB gemeldet hat.
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Nach der von den Versicherern abgegebenen ge-schäftsplanmäßigen Erklärung
berufen diese sich bei Wildschäden dann nicht auf die - auch vor-sätzliche -
Verletzung der Meldepflicht nach § 7 III AKB bzw. auf § 6 Abs. 3 VVG, wenn die Ver-
letzung (dies entsprechend der Regelung bei grob fahrlässiger
Obliegenheitsverletzung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG) weder auf die Feststellung
des Versicherungsfalle, noch auf die Feststellung oder den Umfang der Leistung
Einfluß hat.
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Für den Unfallhergang stand der
schon in der Scha-densanzeige angegebene Zeuge zur Verfügung. Das beschädigte
Fahrzeug stand ferner zur Besichtigung bereit. Versicherungsfall und
Schadensumfang waren somit ohne weiteres feststellbar, und der Kläger hat durch
die fehlende polizeiliche Anzeige (daß ihm eine dahingehende Verpflichtung zur
polizeili-chen Meldung überhaupt bekannt war, hat er im üb-rigen glaubhaft in Abrede
gestellt) nichts getan, um diese Sachverhalte zu verschleiern.
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Die Beklagte ist somit zur Leistung verpflichtet.
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Der Schaden beläuft sich nach dem von der Beklag-ten nicht angegriffenen
Privatgutachten des Sach-verständigen T., da die Reparaturkosten wesentlich höher
liegen als der Wiederbeschaffungswert, auf letzteren, und ist entsprechend den
Ausführungen des Sachverständigen auf 9.400,00 DM abzüglich 1.500,00 DM
Restwert, also auf 7.900,00 DM festzu-setzen, so daß der Klage insoweit in vollem
Umfang stattzugeben war.
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Verzugszinsen kann der Kläger allerdings nur in der gesetzlichen Höhe von 4 %
verlangen, da er den behaupteten, aber von der Beklagten bestrittenen höheren
Zinsschaden nicht nachgewiesen hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreck-barkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer der Be-klagten: 7.900,00 DM.
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