Urteil des OLG Köln vom 03.01.2001

OLG Köln: akteneinsicht, freiwillige gerichtsbarkeit, nachlassverfahren, verfügung, beteiligter, anfechtung, präsident, verwaltungsakt, gerichtsakte, verweigerung

Oberlandesgericht Köln, 7 VA 1/00
Datum:
03.01.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 VA 1/00
Tenor:
1. Die als Gegenvorstellung zu wertende "Beschwerde" des
Antragstellers vom 1. Dezember 2000 gegen die Verfügung des
Senatsvorsitzenden vom 15. November 2000 gibt keinen Anlass zur
Änderung dieser Verfügung. 2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung
vom 31. Au-gust 2000 wird als unzulässig verworfen. 3. Der Antragsteller
trägt die Kosten des Verfahrens und die dem Antragsgegner
entstandenen notwendigen Auslagen. 4. Der Geschäftswert wird auf
5.000,00 DM festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
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Der Antragsteller ist Beteiligter im Nachlassverfahren ... AG B.. Der dort ebenfalls
beteiligte Rechtsanwalt Dr. L. wandte sich mit Schreiben vom 21.03.2000 an den
Antragsgegner mit der Bitte, im Wege der Dienstaufsicht anzuordnen, dass der
wesentliche Teil der Nachlassakte abgelichtet und eine Sonderakte für die Bearbeitung
der Eingaben des Antragstellers angelegt wird; dieser verhindere durch vielfache
querulatorische Eingaben seit 8 Monaten die Bearbeitung der Anträge auf Erteilung
eines Erbscheins und eines Testamentvollstreckerzeugnisses. Der Antragsgegner
übersandte das Schreiben unter dem 22.03.2000 an das Amtsgericht B. "mit der Bitte
um Überprüfung in eigener Zuständigkeit, ob von den darin aufgezeigten Möglichkeiten
einer Verfahrensbeschleunigung Gebrauch gemacht werden kann."
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Mit Schreiben an den Antragsgegner vom 24.07.2000 beantragte der Antragsteller,
vertreten durch Herrn U. P. S., Akteneinsicht in sämtliche Akten des Antragsgegners, die
dienst- und fachaufsichtliche Maßnahmen in Bezug auf das Nachlassverfahren und/oder
Herrn Richter am Amtsgericht Dr. Q. und Frau Richterin Sch. betreffen. Der
Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 27.07.2000 Akteneinsicht ab, da der
Antragsteller am diesbezüglichen verwaltungsinternen Verfahren nicht beteiligt und ein
rechtliches Interesse an einer Einsichtnahme auch im übrigen nicht ersichtlich sei. Auf
das Nachlassverfahren habe er, Antragsgegner, nicht eingewirkt, wie seinem Schreiben
vom 22.03.2000 zu entnehmen sei, mit dem dem Anliegen des Rechtsanwalts Dr. L., mit
den Mitteln der Dienstaufsicht auf eine Verfahrensbeschleunigung hinzuwirken, gerade
nicht entsprochen worden sei. Im Anschluss daran habe er sich durch Einsicht in die
Verfahrensakten von einer ordnungsgemäßen Sachbearbeitung überzeugt, ohne Anlass
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zu Maßnahmen der Dienstaufsicht gehabt zu haben.
Mit Schreiben vom 14.08.2000 beantragte Herr U. P. S. Akteneinsicht in den
Dienstaufsichtsvorgang .......... betreffend Dienstaufsichtsbeschwerden gegen eine
Richterin am Amtsgericht B. im Zusammenhang mit zwei 1993 bzw. 1994 anhängig
gewordenen Zivilprozessen. Der Antragsgegner lehnte durch Bescheid vom 16.08.2000
auch diese Akteneinsicht ab und verwies zur Begründung auf seinen Bescheid vom
27.07.2000.
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Mit am 31.08.2000 beim Oberlandesgericht Köln eingegangen, auf §§ 23 ff. EGGVG
gestützten Antrag auf gerichtliche Entscheidung wendet sich der Antragsteller gegen die
beiden Bescheide des Antragsgegners. Er meint, auf Grund des Schreibens des
Antragsgegners an das Amtsgericht B. vom 22.03.2000 seien dessen diesbezügliche
Akten Beiakten des Nachlassverfahrens geworden, in die er als Beteiligter Einsicht
nehmen dürfe. Diese Akteneinsicht sei erforderlich, um Klarheit darüber zu schaffen, ob
der Antragsgegner in unzulässiger Weise auf das Nachlassverfahren eingewirkt habe.
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Der Antragsgegner meint, richtiger Antragsgegner sei das Land NRW, vertreten durch
den Generalstaatsanwalt. Er hält den Antrag für unzulässig. Die Verweigerung der
Akteneinsicht in - wie hier - interne Verwaltungsakten sei kein Justizverwaltungsakt im
Sinne des § 23 EGGVG. Bezüglich der Zurückweisung des Antrags des Herrn U. P. S.
vom 14.08.2000 sei der Antragsteller zudem überhaupt nicht betroffen. Außerdem hält er
den Antrag für unbegründet. Der Antragsteller sei hinsichtlich des Verwaltungsvorgangs
betreffend die Anregung des Rechtsanwalts Dr. L., im Wege der Dienstaufsicht
vorzugehen, nicht Beteiligter. Ein Dienstaufsichtsvorgang sei zudem bei der gebotenen
materiellen Betrachtungsweise Bestandteil der Personalakte.
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Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf gefertigte Kopien aus dem
Nachlassverfahren Bezug genommen.
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Nachdem der Senatsvorsitzende zu Informationszwecken die Beiziehung der
Verwaltungsakten des Antragsgegners, in die der Antragsteller Einsicht begehrt,
veranlasst hatte, hat der Antragsteller Akteneinsicht in diese und die Gerichtsakte auf
der Senatsgeschäftsstelle beantragt. Der Vorsitzende hat am 15.11.2000 angeordnet,
dass nur in die Gerichtsakte und die Kopien aus dem Nachlassverfahren Einsicht
genommen werden dürfe, nicht in die Verwaltungsakten. Hiergegen wendet sich der
Antragsteller mit seiner als "Beschwerde" bezeichneten Eingabe vom 01.12.2000, auf
deren Inhalt verwiesen wird (Bl. 25 ff. GA).
9
II.
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1.
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Die "Beschwerde" gegen die Verfügung des Senatsvorsitzenden ist als
Gegenvorstellung zu qualifizieren, da Entscheidungen des Oberlandesgerichts im
Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG "endgültig" (§ 29 Abs. 1 S. 1 EGGVG), d.h. mit
Rechtsmitteln nicht anfechtbar sind. Das gilt nicht nur für die Entscheidung in der Sache
selbst, sondern auch für "Nebenverfahren". Über die Gegenvorstellung hat der
(vollbesetzte) Senat zu entscheiden.
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Sie gibt keinen Anlass zur Änderung der Anordnung des Vorsitzenden. Es versteht sich
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von selbst, dass in einem Verfahren, in dem um Einsicht in bestimmte Akten gestritten
wird, das Verfahren nach § 23 EGGVG nicht dadurch praktisch seiner Erledigung
zugeführt werden kann, dass dem Antragsteller Einsicht in eben diese Akten gewährt
wird, mögen diese auch - wie hier und nach der Praxis des Senats in vergleichbaren
Fällen üblich - zu Informationszwecken beigezogen worden sein. Ein Verstoß gegen
den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt hierin nicht, da die
Entscheidung über den auf § 23 EGGVG gestützten Antrag nicht auf dem Inhalt der
Verwaltungsakten beruht.
2.
14
Für den Antrag vom 31.08.2000 gilt:
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a)
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Richtiger Antragsgegner ist der Präsident des Landgerichts K., nicht das Land NRW.
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Bei der Anfechtung nach § 23 EGGVG sind Klagen bzw. Anträge auf gerichtliche
Entscheidung nicht anders als bei der Anfechtung sonstiger Verwaltungsakte (siehe
hierzu § 5 AG VwGO NRW) gegen die Behörde zu richten, die den angefochtenen
Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.
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Nach § 29 Abs. 2 EGGVG sind für das Verfahren vor dem Zivilsenat die Vorschriften des
Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit über das Beschwerdeverfahren
anzuwenden. Behörden - wie hier der Präsident des Landgerichts K. - sind im FGG-
Verfahren beteiligtenfähig.
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b)
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Der Antrag ist unzulässig.
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Der Antragsteller begehrt Einsicht in Akten, die eine von Rechtsanwalt Dr. L. angeregte
dienstaufsichtsrechtliche Tätigkeit des Antragsgegners betreffen. Dass dieser, wie aus
dessen Schreiben an das Amtsgericht B. vom 22.03.2000 hervorgeht, gerade keine
Maßnahme der Dienstaufsicht gegenüber Richtern des Amtsgerichts B. getroffen hat,
ändert nichts daran, dass es sich um einen dienstaufsichtsrechlichen Vorgang handelt,
denn dies hängt nicht davon ab, ob Maßnahmen der Dienstaufsicht letztlich
vorgenommen oder abgelehnt werden.
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Maßnahmen im Rahmen dienstaufsichtsrechtlicher Tätigkeit können nicht im Wege des
§ 23 EGGVG angefochten werden (BGH NJW 1989, 587, 588). Eine Anordnung,
Verfügung oder sonstige Maßnahme einer Justizbehörde im Sinne von § 23 Abs. 1
EGGVG liegt nur vor, wenn die jeweils in Rede stehende Amtshandlung in
Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen wird, die der jeweiligen Behörde als ihre
spezifische Aufgabe auf einem der in der genannten Vorschrift aufgeführten
Rechtsgebiete zugewiesen ist (BGH a.a.O.; BVerwG NJW 1984, 2233, 2234). Das ist
bei der gebotenen funktionalen Betrachtung (BGH und BVerwG, jeweils a.a.O.) bei
dienstaufsichtlicher Tätigkeit nicht der Fall. Diese ist keine Besonderheit einer
Verwaltungstätigkeit gerade auf den in § 23 Abs. 1 EGGVG genannten Rechtsgebieten,
sondern allgemeine Aufgabe einer Verwaltungsbehörde.
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Dementsprechend ist auch die Verweigerung der Akteneinsicht in
Dienstaufsichtsvorgänge nicht im Wege des § 23 EGGVG anfechtbar (vgl. auch KG
NJW-RR 1988, 1531 zu Verwaltungsvorgängen der Justizverwaltung, die einen
Amtshaftungsprozess betreffen).
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Soweit sich der Antragsteller gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16.08.2000
wendet, ist der Antrag überdies deshalb unzulässig, weil er nicht antragsbefugt ist (§ 24
Abs. 1 EGGVG). Abgelehnt wurde insoweit ein von Herrn U. P. S. gestellter Antrag auf
Akteneinsicht.
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3.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 30 Abs. 1 EGGVG und § 29 Abs. 2 EGGVG i.V.m.
§ 13 a Abs. 1 FGG.
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Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus § 30 Abs. 3 EGGVG i.V.m. § 30 Abs. 2
KostO.
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