Urteil des OLG Köln vom 15.10.2009

OLG Köln (staatsanwaltschaft, neues vorbringen, beschwerde, stpo, nachteil, vollmacht, kind, bestellung, sohn, anstiftung)

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 509-510/09
Datum:
15.10.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 509-510/09
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 52 Ks 12/09
Tenor:
1.) Die Beschwerde der F K wird verworfen.
2.) Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Aachen wird der
angefochtene Beschluss aufgehoben soweit er den Anschluss des D K
zur Nebenklage unter Beiordnung von Rechtsanwältin P betrifft.
Gründe:
1
I.
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Die Staatsanwaltschaft Aachen führt seit April 2009 ein Ermittlungsverfahren
wegen des Mordes zum Nachteil des am 05.04.2009 in seiner Autowaschanlage in
V-Q aufgefundenen E K . Die zunächst gegen unbekannt eingeleiteten
Ermittlungen richteten sich gegen L I , S C und die von Rechtsanwalt J verteidigte
Antragstellerin F K ( zu vgl. dortiger Vorgang - 2 Ws 328/ 09 - ) , die sich zumindest
seit Anfang Mai 2009 in T aufhält ( Bl. 1030 f., 1109 ff.,1028 ff., 1050 ff., 1273 ff.1287
ff. d.A.).Mit dem gegen die Antragstellerin erlassenen Haftbefehl des Amtsgerichts
Aachen vom 11.05.2009 – 620 Gs 786/ 09 – ( Bl. 1273 ff d.A.), in welchem ihr die
Anstiftung zum Mord zum Nachteil ihres Ehemannes zur Last gelegt wird, hat die
Staatsanwaltschaft das aus derselben Sache hervorgehende Verfahren 41 Js 250/
09 Staatsanwaltschaft Aachen abgetrennt, dem derselbe historische Sachverhalt
wie derjenige der vorliegenden Sache zugrundeliegt. Die Antragstellerin ist bis
heute nicht greifbar.
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Aufgrund der am 29.07.2009 in dem Ursprungsverfahren erhobenen Anklage
verhandelt das Schwurgericht des Landgerichts Aachen gegen die Angeklagten I
und C (Bl. 1845 ff., 1921 ff., 1923 ff d.A.) über den Tatvorwurf des Mordes zum
Nachteil des E K , durch Anstiftung veranlasst durch die Antragstellerin F K .
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Mit inhaltsgleichen Anträgen vom 05. Und 06.10.2009, in der Hauptverhandlung
vor dem Landgericht Aachen angebracht am 07.10.2009 und als Anlagen zum
Hauptverhandlungsprotokoll genommen ( Bl. 2110 f., 2113 f. d.A.), haben die F K
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durch ihren Verteidiger Rechtsanwalt J und ihr heute 12 jähriger Sohn F K die
Zulassung zur Nebenklage beantragt ( Bl.2110 ff, 2113 ff. d.A.). Die Vollmacht für
die, den minderjährigen Sohn vertretende Rechtsanwältin P , die Mitglied der
Sozietät der Rechtsanwälte J u.a. aus N ist ( Bl. 2110 ff d.A.), hat die Antragstellerin
F K unterschrieben ( Bl.2112 d.A.). Mit Vollmacht vom 08.10.2009 hat das Kind
selbst Vollmacht an Frau Rechtsanwältin P erteilt, die ebenfalls von der
Antragstellerin F K mitunterschrieben worden ist ( Bl. 2084 d.A.).
Das Landgericht hat den Antrag der F K mit Beschluss vom 09.10.2009 – 52
KLs12/ 09 – abgelehnt und im übrigen den Anschluss des Sohnes als Nebenkläger
für berechtigt erklärt und ihm Rechtsanwältin P als Beistand beigeordnet ( Bl. 2068
ff d.A.).
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Hiergegen wenden sich die Antragstellerin K einerseits und – soweit es die
Zulassung zur Nebenklage des Kindes und die Bestellung von Rechtsanwältin P
betrifft - die Staatsanwaltschaft andererseits mit ihren Beschwerden vom
12.10.2009 ( Bl. 2093 ff. d.A.) und 13.10.2009 (Bl. 2100 ff. d.A.).
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Den Beschwerden hat die Kammer nicht abgeholfen ( Bl. 2096 ff, 2105 f. d.A.)
8
II.
9
1.
10
Die Zurückweisung des Zulassungsantrages der F K ist aus den Gründen der
angefochtenen Entscheidung nicht begründet. Wie auch die Staatsanwaltschaft
Aachen in ihrer Stellungnahme vom 07.10.2009
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( Bl. 2050 ff d.A.) ausgeführt hat, muss es bei der Frage, ob ein Tatbeteiligter zur
Nebenklage zugelassen werden kann, auf den Einzelfall ankommen.
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Hätte sich die Antragstellerin seit Anfang Mai 2009 nicht dem – gemeinsamen -
Verfahren durch Absetzen nach T entzogen, hätte die zeitgleiche Verhandlung der
Anklagevorwürfe in dem vorliegenden Schwurgerichtsverfahren erfolgen können.
Denn Gegenstand der zur Last liegenden Tat ist derselbe historische
Lebenssachverhalt, der – wenn auch nunmehr unter zwei Aktenzeichen – unter
sachlichem Zusammenhang verfolgt wird. In diesem Fall muss aber die Zulassung
der Nebenklage der Beschuldigten der verfolgten Tat ausgeschlossen sein ( zu vgl.
KK- Senge, StPO, 6. Auflage, Vor § 395, Rdnr. 5 ).
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Dem kann auch nicht die Unschuldsvermutung entgegengehalten werden. Denn
nach der Rechtsprechung des BGH ( zu vgl. BGH NJW 1978, 3330 ) ist die
rechtskräftige Feststellung der Tatbeteiligung für den Ausschluss der
Nebenklägerschaft gerade nicht erforderlich.
14
15
2.
16
Soweit das Landgericht den Sohn des Getöteten und der Beschuldigten F K zur
Nebenklage zugelassen hat, kann die Entscheidung aus den Gründen der
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Beschwerde der Staatsanwaltschaft Aachen vom 13.10.2009, der im Ergebnis
beigetreten wird, keinen Bestand haben.
Zunächst liegt auch nach hs. Auffassung eine wirksame Anschlusserklärung des F
K nicht vor. Der Antragsteller ist als 12-jähriges Kind minderjährig und damit
prozessunfähig. Eine eigene Anschlusserklärung war damit rechtlich nicht möglich.
Vielmehr konnte nur für ihn der gesetzliche Vertreter( hier. die Mutter F K ) einen
Anschluss erklären und die Nebenklagerechte wahrnehmen ( zu vgl. KG erlin vom
13.05.2009 – 1 Ws 37/ 09 – m.w.N.; Meyer –Goßner, StPO 52.Auflage, Vor § 395,
Rdnr. 7). Im Verfahren gegen einen Elternteil muss aber das Kind durch einen
Pfleger vertreten werden ( LK, StPO, 26.Auflage, § 395 Rdnr. 28 ). Dieser Fall liegt
hier vor.
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Hinsichtlich der Frage der Verfahrensidentität wird auf die obigen Ausführungen
Bezug genommen. Diese Frage kann auch bei der vorliegenden Konstellation nicht
anders beurteilt werden. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung des in Rede
stehenden Verfahrens ist zwangsläufig auch die Frage der Einbindung der Mutter
des Antragstellers in den, den Angeklagten I und C angelasteten Mord zum
Nachteil des Vaters des Kindes.
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Liegt aber ein Fall vor, bei dem der gesetzliche Vertreter durch einen Pfleger
vertreten werden muss (zu vgl. KG Berlin und LK a.a.O.), so kann auch die von der
Antragstellerin F K unterschriebene Vollmacht für ihr Kind nicht wirksam erteilt
worden sein.
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Schließlich begegnet die Bestellung von Rechtsanwältin P , worauf die
Staatsanwaltschaft zu Recht hingewiesen hat, auch insoweit Bedenken, als der
Verteidiger der der Anstiftung zum Mord dringend verdächtigen F K in derselben
Sozietät tätig ist, wie die als Beistand des Kindes beigeordnete Rechtsanwältin P .
Mit Blick auf die in derselben Sozietät vertretenen gegenläufigen Interessen und §
3 Abs. 2 BO – ein Fall des § 3 Abs. 2 S. 2 BO liegt hier erkennbar nicht vor –
entspricht die Auswahl der Rechtsanwältin nicht § 397 a Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 142
StPO. Denn der Bestellung stehen wichtige Gründe - nämlich widerstreitende
Interessen – entgegen.
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Unter Verwerfung der Beschwerde der F K ist daher der Beschluss des
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Landgerichts Aachen – 52 Kls 12/ 09 – vom 09.10.2009 auf die Beschwerde der
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Staatsanwaltschaft aufzuheben.
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Dem stimmt der Senat zu.
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Zu einer Bekanntgabe der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vor der
Entscheidung des Senats besteht keine Veranlassung, da diese kein neues Vorbringen
sondern nur Rechtsausführungen enthält.
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