Urteil des OLG Köln vom 02.04.2009

OLG Köln: anleger, treugeber, erlöschen des anspruchs, treuhänder, treuhandvertrag, innenverhältnis, abtretungsverbot, vollstreckung, beratung, original

Oberlandesgericht Köln, 18 U 102/08
Datum:
02.04.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 U 102/08
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 22 O 42/08
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 24.6.2008 verkündete Urteil
der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 42/08 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Der Berufungsstreitwert wird auf 71.734,25 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. R X. Büro- und
Geschäftshaus Objekt C I.-T. und Hotel Objekt Y. KG, eines in der Rechtsform der
Kommanditgesellschaft geführten geschlossenen Immobilienfonds. Er verlangt vom
Beklagten - ebenso wie von zahlreichen weiteren Anlegern an der Schuldnerin und
anderen Immobilienfonds der G.-Gruppe - die Rückzahlungen von Ausschüttungen
unter dem Gesichtspunkt der Kommanditistenhaftung nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB.
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Der Beklagte trat der Insolvenzschuldnerin über eine Treuhandkommanditistin, eine Q.
Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH, am 20.12.1996 mit einer
Beteiligungssumme von 460.000 DM bei. Nach § 1 des Treuhandvertrages (Anl. K 4,
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GA 36) und § 4 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages (Anl. K 5, GA 38) übernahm die
Treuhänderin für den Beklagten und weitere Anleger die förmliche Stellung als
Kommanditistin im Handelsregister. Im Innenverhältnis war der Beklagte entsprechend
seinem Anteil unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Nach § 1 Abs. 5 des
Treuhandvertrages übte der Treugeber die mit der Beteiligung verbundenen
Verwaltungsrechte (Auskunfts- und Kontrollrechte, Stimmrechte) grundsätzlich selbst
aus. In § 5 des Treuhandvertrages stellten die Treugeber die Treuhandkommanditistin
von ihrer persönlichen Kommanditistenhaftung frei. Nach § 13 (1) des
Gesellschaftsvertrages sind die Gesellschafter am Vermögen und Gewinn und Verlust
der Gesellschaft im Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten, d.h. im Verhältnis ihrer
geleisteten Einlage beteiligt. Nach § 12 (3) werden die von den Gesellschaftern zu
tragenden Verluste auf den Verlustvortragskonten, die Unterkonten der Kapitalkonten
sind, verbucht. Gewinne werden ebenfalls bis zum Ausgleich der Verlustvortragskonten
diesen gutgeschrieben. § 13 des Gesellschaftsvertrages bestimmt weiter:
"(5) Die Gesellschaft hat die Mietzinsüberschüsse, die nach Leistung des
Kapitaldienstes, Abdeckung ihrer sonstigen Kosten und Aufrechterhaltung einer
Liquiditätsreserve in Höhe der in der Liquiditätsprognose des
Beteiligungsprospektes angegebenen Höhe verbleiben, halbjährlich, jeweils bis
31.1. und 31.7. des Jahres, erstmals am 31.7.1998, an die Gesellschafter im
Verhältnis ihrer festen Kapitalkonten auszuschütten. Das gilt auch dann, wenn die
Kapitalkonten durch vorangegangene Verluste unter den Stand der Kapitaleinlage
abgesunken sind.
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(6) Soweit die Ausschüttungen der Gesellschaft an die Kommanditisten nach den
handelsrechtlichen Vorschriften als Rückzahlung der von dem Treuhänder für
Rechnung seiner Treugeber geleisteten Kommanditeinlage anzusehen sind,
entsteht für den Treuhänder eine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der
Gesellschaft (§ 172 Abs. 4 HGB). Von dieser Haftung haben diejenigen Treugeber
bzw. Kommanditisten, für die der Treuhänder die Kommanditbeteiligung im
eigenen Namen hält, den Treuhänder nach Maßgabe des Treuhandvertrages
freizustellen."
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Gegenstand der Klage sind 12 halbjährliche Ausschüttungen an den Beklagten in den
Jahren 1998 bis 2003 in Höhe von insgesamt 71.734,25 €. Wegen der einzelnen
Zahlungen wird auf den mit der Klage zur Akte gereichten Kontoauszug (Anl. K 6, GA
42) verwiesen.
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Unter dem 24./31.10.2007 ließ sich der Kläger von der Treuhandkommanditistin deren
Freistellungsansprüche gegen die Anleger abtreten. Wegen der Einzelheiten wird auf
die Abtretungsvereinbarung (Anl. K 49, GA 49) Bezug genommen.
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Der Kläger ist der Ansicht, dass ungeachtet der Zwischenschaltung eines Treuhänders
der Beklagte unmittelbar aus §§ 171, 172 HGB hafte, da er nicht besser gestellt werden
dürfe, als ein Kommanditist. Hilfsweise stützt er den Anspruch auf den ihm abgetretenen
Freistellungsanspruch der Treuhänderin sowie auf Insolvenzanfechtung.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 71.734,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (6.2.2008) zu
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zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen,
durch welches das Landgericht der Klage aus abgetretenem Recht der Q. GmbH
stattgegeben hat.
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Der Beklagte konzentriert sich in der Berufung auf die Unwirksamkeit der Abtretung
nach § 399 BGB, weil sie zu einer Inhaltsänderung und ungerechtfertigten
Schlechterstellung der Anleger führe. Ferner sei der Treuhandvertrag wegen Verstoßes
gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig. Der Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz liege darin, dass die Treuhänderin für die Anleger den
Gesellschaftsvertrag abschließe, die Zustimmung zu Verträgen zwischen der
Fondsgesellschaft und Dritten erteile und die Stimmrechte in der
Gesellschafterversammlung ausübe. Hierbei handle es sich um Tätigkeiten im
rechtlichen Bereich. Darüber hinaus macht er geltend, dass der Freistellungsanspruch
nicht fällig sei, da Ziffer IV. der Abtretungserklärung eine Stundung gegenüber der
Treuhandkommanditistin bis zum 31.8.2010 enthalte.
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Ferner nimmt er auf seine erstinstanzlichen Einwendungen Bezug, insbesondere zur
Verjährung und verweist schließlich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
11.11.2008 (XI ZR 468/07, ZIP 2008, 2354 = NZG 2009, 57), wonach eine unmittelbare
Gesellschafterhaftung eines Treuhandgesellschafters gegenüber den Gläubigern der
Gesellschaft nicht gegeben sei. Aus der Wertung dieser Entscheidung ergebe sich, dass
auch Ansprüche des Insolvenzverwalters aus abgetretenem Recht der
Treuhandkommanditistin ihm gegenüber nicht geltend gemacht werden könnten. Die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehe auch einer Gleichstellung des Anlegers
mit einem Gesellschafter im Rahmen des Anspruchs aus abgetretenem Recht entgegen.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die
wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen
Bezug genommen.
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II.
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Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Der Kläger kann aus abgetretenem
Recht der Treuhandkommanditisten, der Q. GmbH, Zahlung in Höhe der erhaltenen
Ausschüttungen zur Insolvenzmasse verlangen. Die dagegen mit der Berufung und in
erster Instanz vorgebrachten Einwendungen sind insgesamt nicht gerechtfertigt. Der
Senat bleibt auch in seiner jetzigen Besetzung und nach erneuter Beratung bei seiner
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im Hinweisbeschluss vom 20.10.2008 dargelegten Auffassung.
1. Die Treuhandkommanditistin hat ihre Freistellungsansprüche gegen die Treugeber
wirksam unter dem 24./31.10.2007 an den Kläger abgetreten (Anl. K 9, GA 49).
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Die Tatsache der Abtretung ist nicht mehr im Streit, nachdem der Kläger im Termin vor
dem Landgericht das Original der Abtretungserklärung vorgelegt hat und der Beklagte
im Berufungsverfahren den Abschluss der Vereinbarung nicht mehr bestritten hat.
Jedenfalls wäre der Abtretungsvertrag durch die Vorlage der Original-
Abtretungsvereinbarung bewiesen.
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Ein Abtretungsverbot ergibt sich nicht gem. § 399 BGB daraus, dass es sich bei dem
abgetretenen Anspruch um einen Freistellungsanspruch handelt, der nicht ohne
Inhaltsänderung an einen anderen abgetreten werden könnte. Es ist anerkannt, dass
Freistellungsansprüche im Rahmen ihrer Zweckbindung abgetreten werden können,
d.h. dass eine Abtretung an den Gläubiger der Forderung, von der freizustellen ist,
zulässig ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 399 Rn 4). Inhalt des
Freistellungsanspruchs ist gerade, dass der zur Freistellung Verpflichtete den Gläubiger
befriedigt. Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Abtretung auch in der vorliegenden
Konstellation möglich, in welcher die Gläubigerrechte durch den Insolvenzverwalter
wahrgenommen werden. Da nach Insolvenzeröffnung der Anspruch aus §§ 171, 172
HGB gem. § 171 Abs. 2 HGB (nur) vom Insolvenzverwalter als Sachwalter der
Gesellschaftsgläubiger geltend gemacht werden kann, entspricht seine Stellung der
Stellung eines Gläubigers, so dass die Abtretung an ihn nicht zu einer unzulässigen
Inhaltsänderung des Anspruchs führt. Der Abtretung steht auch nicht entgegen, dass
weder die Treuhandkommanditistin noch der Insolvenzverwalter die Ansprüche der
Gläubiger bislang erfüllt haben. Nachteile für die Anleger ergeben sich hieraus nicht.
Auch die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den unmittelbaren Gläubiger führt
weder zum Erlöschen des Freistellungsanspruchs noch der Forderung des Gläubigers.
Aufgrund der Regelung unter III. der Abtretungsvereinbarung, wonach sowohl ein
Vergleich zwischen dem Insolvenzverwalter und einem Anleger als auch Zahlungen der
Anleger zum Erlöschen des Anspruchs des Insolvenzverwalters gegen die
Treuhandkommanditistin führen, ist eine doppelte Inanspruchnahme des Beklagten
ausgeschlossen.
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Dem Treuhandvertrag kann auch kein darüber hinausgehendes, stillschweigendes
Abtretungsverbot entnommen werden, wie der Beklagte in 1. Instanz geltend gemacht
hat. Nach dem Treuhandvertrag haften die Anleger zwar nicht unmittelbar den
Gesellschaftsgläubigern gegenüber, durch den Freistellungsanspruch ist aber ebenfalls
klargestellt, dass die wirtschaftlichen Folgen der Außenhaftung von ihnen zu tragen
sind. Zweck des Treuhandvertrages war damit gerade nicht, den Beklagten von jeder
Haftung aus §§ 171, 172 HGB freizustellen. Eine Beschränkung des
Freistellungsanspruchs dahin, dass lediglich eventuell von der Treuhänderin gezahlte
Beträge an diese zu erstatten sind, lässt sich weder § 5 des Treuhandvertrages noch
den sonstigen Vereinbarungen zwischen dem Beklagten und der Treuhänderin bzw. der
Insolvenzschuldnerin entnehmen.
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Der Abtretung steht auch nicht entgegen, dass die Treuhänderin nicht zur Weitergabe
der persönlichen Daten der einzelnen Anleger berechtigt wäre. Aus einer vertraglichen
Pflicht zur Verschwiegenheit mag sich im Einzelfall ergeben, dass eine Abtretung eine
Pflichtverletzung darstellt. Dieses Abtretungsverbot besteht jedoch nur auf
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schuldrechtlicher Ebene und entfaltet keine dingliche Wirkung, die zur Unwirksamkeit
der Abtretung führen würde (vgl. BGH, Urteil vom 27.2.2007 – XI ZR195/05 -).
Unabhängig davon ist auch keine Pflicht der Treuhänderin zur Verschwiegenheit
gegenüber der Insolvenzschuldnerin ersichtlich. Der Kläger hat hierzu zu Recht darauf
verwiesen, dass der Gesellschaft, und damit auch ihm als Insolvenzverwalter diese
Daten ohnehin bekannt waren.
2. Der abgetretene Anspruch besteht. Der Beklagte ist verpflichtet, die
Treuhandkommanditistin von Ansprüchen des Klägers als Insolvenzverwalter auf
Erstattung von Ausschüttungen gem. §§ 172 Abs. 4, 171 HGB freizustellen.
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Der Beklagte hat sich in § 5 des Treuhandvertrages verpflichtet, die Treuhänderin für
den Fall ihrer Inanspruchnahme aus §§ 171, 172 HGB anteilig nach dem Verhältnis
seiner Einlage bzw. der an ihn geleisteten Ausschüttungen freizustellen. Das gleiche
folgt aus §§ 675, 670, 257 BGB.
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Entgegen der Ansicht der Berufung ist der Treuhandvertrag nicht wegen Verstoßes
gegen § 1 RBerG nach § 134 BGB nichtig. Ein im Rahmen eines Kapitalanlagemodells
geschlossener Treuhandvertrag kann von dem Erlaubniserfordernis des
Rechtsberatungsgesetzes erfasst werden, wenn der Treuhänder nach dem Vertrag nicht
nur die wirtschaftlichen Belange des Anlegers wahrnehmen soll, sondern auch dessen
Rechte zu verwirklichen oder dessen Rechtsverhältnisse zu gestalten, insbesondere in
dessen Namen die erforderlichen Verträge abzuschließen hat (BGH ZIP 2006, 1201).
Ein solcher Fall liegt indes nicht vor. Die Erklärung des Beitritts zum Fonds und die
bloße treuhänderische Wahrnehmung der Gesellschafterstellung reichen hierfür nicht
aus (BGH aaO). Weitergehende Verträge, durch welche der Beklagte selbst verpflichtet
wurde, insbesondere Finanzierungsverträge, sollte die Treuhänderin nicht abschließen.
Die Verwaltungs-, Kontroll- und Stimmrechte sollten die einzelnen Anleger als
Treugeber grundsätzlich selbst ausüben. Nur soweit sie hiervon keinen Gebrauch
gemacht haben, sollte die Treuhänderin sie wahrnehmen, wobei sie den Weisungen der
Anleger unterlag. Die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung betrifft andere
Sachverhalte.
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3. Auch die übrigen vom Beklagten in erster Instanz erhobenen Einwendungen sind
rechtlich unerheblich, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat.
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3.1. Die Treuhandkommanditistin haftet dem Kläger gem. §§ 171, 172 Abs. 4 HGB auf
Erstattung derjenigen Gewinnausschüttungen, die dazu geführt haben, dass das
Kapitalkonto unter die Einlage herabgesunken ist.
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Der Kläger hat die - vom Beklagten nicht konkret bestrittenen - Ausschüttungen an ihn
hinreichend dargelegt. Das Landgericht hat auch zu Recht festgestellt, dass durch diese
Ausschüttungen das Kapitalkonto der Treuhandkommanditistin unter den Betrag der
Kommanditeinlage gesunken ist und die Ausschüttungen daher als
Einlagenrückgewähr anzusehen sind. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der
Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts (§ 529 Abs. 1 ZPO)
bestehen nicht. Die Ausschüttungen wurden aus dem Vermögen der
Insolvenzschuldnerin geleistet, wobei es keine Rolle spielt, ob das Mieteinnahmen,
Einlagen neuer Anleger oder sonstiges Vermögen der Insolvenzschuldnerin war.
Jedenfalls wurden sie nicht aus Bilanzgewinnen der Insolvenzschuldnerin gezahlt. Der
Beklagte hat den Vortrag des Klägers, dass die Insolvenzschuldnerin seit dem Beitritt
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des Beklagten im Dezember 1996 insgesamt Verluste erlitten hat, so dass sämtliche
Ausschüttungen zu einer entsprechenden Verringerung der jeweiligen Kapitalkonten
führten, nicht hinreichend konkret bestritten. Die Gewinne in 2000, 2003 und 2004 sind
zum Ausgleich der erheblichen Verluste gem. den Jahresabschlüssen der übrigen Jahre
in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht geeignet, so dass die Unterdeckung der
Kapitalkonten auch nicht unter der Summe der erfolgten Ausschüttungen liegt. Auf die
zutreffenden Ausführungen des Landgerichts kann verwiesen werden.
Der Kläger hat die Gläubigerforderungen durch Vorlage der Insolvenztabelle, die gem. §
178 Abs. 3 InsO hinsichtlich der festgestellten Forderungen einem rechtskräftigen Urteil
gleichsteht, hinreichend dargelegt. Es ist nicht erforderlich, dass der Kläger angibt,
welche der Gläubigerforderungen auf den gegenüber dem Beklagten geltend
gemachten Anspruch entfallen. Sinn und Zweck des § 171 Abs. 2 HGB ist es, einen
"Wettlauf der Gläubiger" zu verhindern. Der Insolvenzverwalter muss die eingezogenen
Einlagen zur gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger entsprechend ihrem
jeweiligen Rang und der auf sie entfallenden Insolvenzquote einsetzen.
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3.2. Der Beklagte kann eventuelle Schadensersatzansprüche gegen die
Treuhandkommanditistin auf Befreiung von der Freistellungsverpflichtung aufgrund
behaupteter Falschberatung bzw. unterlassener Aufklärung dem Anspruch der
Gläubiger nicht entgegen halten. Die Aufrechnung ist gegenüber dem Kläger als
Sachwalter der Gesellschaftsgläubiger nach § 242 BGB ausgeschlossen. Der Vorrang
der Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger der S.-KG wird nur gewahrt, wenn die
Treugeber, die die Ausschüttungen erhalten haben, gegenüber den Gläubigern der
Gesellschaft nicht mit eigenen Schadensersatzansprüchen aufrechnen und so die sie
als Treugeber zumindest wirtschaftlich treffende Haftung für die Einlagepflicht entwerten
können. Der Zweck der vom Beklagten geschuldeten Leistung, der auch darin liegt, die
Treuhandkommanditistin überhaupt in die Lage zu versetzen, ihren Ansprüchen
gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nachzukommen, schließt eine
Leistungserfüllung durch Aufrechnung aus, die letztlich zu Lasten der
Gesellschaftsgläubiger geht. Dies gilt insbesondere in Fällen der vorliegenden Art, in
denen die Treuhandkommanditistin regelmäßig selbst nicht über die erforderlichen
Mittel verfügt und die Ausschüttungen unmittelbar den Anlegern zu gute gekommen
sind. Die Treugeber-Kommanditisten sollten durch die Einschaltung des Treuhänders
rechtlich nicht besser gestellt werden, als wenn sie eine unmittelbare
Kommanditistenstellung erworben hätten (BGH NJW 1980, 1162; OLG Düsseldorf, ZIP
1991, 1494). Das Aufrechnungsverbot bedeutet damit, dass bei den Anlegern das
wirtschaftliche Risiko treuwidrigen bzw. schädigenden Verhaltens der Treugeber
verbleibt, dass sie andernfalls zumindest teilweise auf die Gläubiger der KG abwälzen
könnten (OLG Nürnberg, Urt. v. 17.1.2007 - 2 U 782/06 - in einem Parallelverfahren;
ebenso OLG Rostock, Urt. v. 19.12.2007 - 6 U 132/07 -; OLG München, Beschl. v.
17.1.22008 - 7 U 21181/06 -; OLG Bamberg, Urt. v. 7.1.2008 - 4 U 84/07 -; OLG
Düsseldorf, Urt. v. 14.3.2008 - I-16 U 108/07 -; Strohn, in
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Anh. B zu § 177a Rn 102).
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In diesem Einwendungsausschluss liegt kein Nachteil, der sich gerade aus der
Abtretung ergibt und daher unter dem Gesichtspunkt einer Inhaltsänderung zur
Unwirksamkeit der Abtretung nach § 399 BGB führen würde. Aus den oben genannten
Erwägungen können die Anleger auch gegenüber der Forderung der
Treuhandkommanditisten auf Leistung der Einlage mit Schadenersatzansprüchen oder
Prospekthaftungsansprüchen gegen den Treuhänder solange nicht aufrechnen, wie die
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Einlage zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger benötigt wird (Strohn, in
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Anh. B zu § 177a Rn 102). Lediglich
einem Regressanspruch der Treuhänderin nach Befriedigung der
Gesellschaftsgläubiger könnten die Anleger eventuelle Schadensersatzansprüche
entgegenhalten. Auch insoweit hat sich daher die Rechtsstellung des Beklagten durch
die Abtretung nicht verschlechtert.
Darüber hinaus ist aber auch ein Anspruch des Beklagten aus Prospekthaftung oder
fehlerhafter Beratung gegenüber der Q. GmbH nicht hinreichend vorgetragen und auch
nicht ersichtlich. Auf das sich nunmehr verwirklichende Risiko der Haftung gemäß §§
171, 172 Abs. 4 HGB wird in § 13 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages hinreichend
deutlich hingewiesen.
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Aus dem Prospekt (Anl. K 18, dort S. 59) ergab sich auch, dass für die
Weiterveräußerung der Kommanditbeteiligung kein geregelter Markt besteht.
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4. Der abgetretene Freistellungsanspruch ist fällig. Aus Ziffer IV der
Abtretungsvereinbarung, wonach der vom Insolvenzverwalter gem. §§ 172 Abs. 4, 171
Abs. 1 HGB gegen die Zedentin geltend zu machende Anspruch bis zum 31.08.2010
gestundet wird, ergibt sich kein Aufschub der Fälligkeit gegenüber den einzelnen
Treugebern. Nach Ziff. III ist die Abtretung nur erfüllungshalber erfolgt, d.h. der Kläger
hat bei Fortbestand seiner ursprünglichen Forderung gegen die
Treuhandkommanditistin eine zusätzliche Befriedigungsmöglichkeit aus dem
abgetretenen Freistellungsanspruch erhalten. Gleichzeitig hat er sich verpflichtet,
vorrangig die Anleger in Anspruch zu nehmen. Die Stundung betrifft nur die
Inanspruchnahme der Treuhandkommanditistin und wirkt nur zu ihren Gunsten. Ihr
Zweck liegt allein in der Hemmung der Verjährung eventueller Ansprüche gegen die
Treuhandkommanditistin.
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5. Dem Anspruch stehen weder § 172 Abs. 5 HGB noch die Einrede der Verjährung
entgegen.
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Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass
die Ausschüttungen nicht aus Gewinnen, sondern nur aus Liquiditätsüberschüssen
erfolgt seien. Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte sich im Innenverhältnis
überhaupt auf § 172 Abs. 5 HGB berufen kann, schützt diese Vorschrift nur das
Vertrauen des Kommanditisten in die Richtigkeit der Bilanzen. Die Ausschüttungen
waren indes in den Bilanzen nicht als Gewinnausschüttungen dargestellt, vielmehr
wiesen die festgestellten Jahresabschlüsse gerade Verluste aus.
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Der Anspruch ist schließlich auch nicht ganz oder teilweise verjährt. Der
Freistellungsanspruch unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist, also vor dem
1.1.2002 der Frist von 30 Jahren, die ab 1.1.2002 in die jetzt geltende Verjährungsfrist
von 3 Jahren übergegangen ist. Grundsätzlich beginnt die Verjährung zwar bereits mit
der Entstehung des Freistellungsanspruchs d.h. dem Zeitpunkt der Ausschüttungen.
Indes haben die Parteien konkludent etwas anderes vereinbart, nämlich die Fälligkeit
erst mit Inanspruchnahme des Treuhandkommanditisten. Zwar fehlt es hierzu an einer
ausdrücklichen Regelung in dem Treuhandvertrag, jedoch ergibt sich dies aus den
Umständen. Wäre der Freistellungsanspruch mit der Entstehung der
Zahlungsverpflichtung gemäß §§ 171, 172 Abs. 4 HGB für die Treuhandkommanditistin
fällig geworden, hätte diese an den Ausschüttungen gegenüber den Anlegern ein
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Zurückbehaltungsrecht geltend machen können (§ 257 S. 2 BGB). Das war aber gerade
nicht gewollt, vielmehr sollten die Ausschüttungen unmittelbar an die Anleger erfolgen.
Angesichts des bestehenden Treuhandverhältnisses kann aber nicht angenommen
werden, dass die Treuhandkommanditistin ohne jede Sicherung das Risiko
übernehmen sollte, dass sie noch gemäß §§ 171, 172 Abs. 4 HGB in Anspruch
genommen werden kann, während ihr Freistellungsanspruch gegen die Treugeber
bereits verjährt ist. Für diese Risikokumulierung bei der Treuhänderin ist ein
nachvollziehbarer Grund nicht erkennbar. Deshalb ist davon auszugehen, dass die
Parteien einen Gleichlauf der Verjährung von Haftungsanspruch gemäß §§ 171, 172
Abs. 4 HGB und Freistellungsanspruch vereinbart haben, weil nur so das Ziel des
Vertrages, die Treuhandkommanditistin im Innenverhältnis wirtschaftlich von der
Haftung weitgehend freizustellen, erreicht werden konnte. Anhaltspunkte dafür, dass die
Anleger gegenüber einem unmittelbaren Gesellschafter wirtschaftlich besser gestellt
werden sollten und deshalb ein Auseinanderfallen der Verjährung gewollt war, vermag
der Senat nicht zu erkennen.
Der abweichenden Ansicht des vom Kläger vorgelegten Urteils des Landgerichts
Duisburg vom 14.8.2008 (5 S 114/07) vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Das
Landgericht Duisburg geht in diesem Urteil davon aus, dass die Verjährung des
abgetretenen Anspruchs bereits mit dem Zeitpunkt der jeweiligen Ausschüttungen
beginnt, da der Freistellungsanspruch bereits zu diesem Zeitpunkt entsteht und fällig
wird, und nicht erst mit der Inanspruchnahme des Treuhänders durch die
Gesellschaftsgläubiger bzw. den Insolvenzverwalter. Dem ist jedenfalls für die hier
vorliegende Konstellation einer garantierten, gewinnunabhängigen Ausschüttung nicht
zu folgen. Nach § 13 Abs. 5 und 6 des Gesellschaftsvertrages, der auch Grundlage des
Treuhandvertrages ist, sollten die Ausschüttungen nicht aus dem Gewinn, sondern aus
nach Abzug bestimmter laufender Kosten verbleibenden Mietzinsüberschüssen und
ohne Rücksicht darauf, ob die Kapitalkonten unter den Stand der Kapitaleinlage
abgesunken sind, erfolgen. Das Risiko einer Inanspruchnahme aus § 172 Abs. 4 HGB
haben die Beteiligten seinerzeit in Kauf genommen, hierauf wurde in § 13 Abs. 6 des
Gesellschaftsvertrages hingewiesen. Dem widerspräche es, wenn die
Treuhandkommanditistin gehalten wäre, den Freistellungsanspruch - der zudem mit
einem Zurückbehaltungsrecht an den Ausschüttungen verbunden ist - bereits mit der
Ausschüttung und nicht erst bei einer eventuellen Inanspruchnahme durch die
Gläubiger der Gesellschaft geltend zu machen.
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6. Aus der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Gesellschafterhaftung
eines Treuhandgesellschafters ergibt sich weder hinsichtlich der Wirksamkeit der
Abtretung noch der Voraussetzungen des Freistellungsanspruchs eine andere Wertung.
Der Bundesgerichtshof hat in zwei neueren Entscheidungen eine unmittelbare Haftung
eines Anlegers, der sich über einen Treuhandgesellschafter an einer
Personengesellschaft beteiligt hat, abgelehnt (BGH Urt. v. 12.2.2009 - III ZR 90/08 - zu
§§ 171, 172 HGB und Urt. v. 11.11.2008 - XI ZR 468/07 - ZIP 2008, 2354 = NZG 2009,
57 zu §§ 128, 130 HGB). Diesen Entscheidungen lässt sich indes nicht entnehmen,
dass die Anleger auch wirtschaftlich nicht haften sollen. Vielmehr begründet der
Bundesgerichtshof die Ablehnung einer Analogie zu § 128 HGB ausdrücklich damit,
dass die Gesellschaftsgläubiger deshalb nicht schutzwürdig seien, weil sie mittelbar auf
das Vermögen der Treugeber dadurch zurückgreifen könnten, dass sie im Rahmen
einer Vollstreckung gegen den Treuhandgesellschafter dessen Aufwendungsersatz-
und Freistellungsansprüche pfänden können (BGH, Urt. v. 11.11.2008 Rn 24). In der
Entscheidung vom 12.2.2009 (III ZR 90/08) hat der Bundesgerichtshof das Bestehen
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eines Freistellungsanspruchs im Innenverhältnis offen gelassen.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Der Senat lässt die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im
Hinblick auf das beim Bundesgerichtshof anhängige Revisionsverfahren II ZR 224/08
zu. Das Revisionsverfahren, welches die Entscheidung des Landgerichts Duisburg vom
14.8.2008 zum Gegenstand hat, betrifft ebenfalls einen G.-Fonds und damit einen
vergleichbaren Sachverhalt.
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