Urteil des OLG Köln vom 06.06.1997

OLG Köln (internationale zuständigkeit, kläger, mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit, gegen die guten sitten, firma, zpo, stgb, zuständigkeit, gerichtliche zuständigkeit, zahlungsunfähigkeit)

Oberlandesgericht Köln, 3 U 139/96
Datum:
06.06.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 U 139/96
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 1 0 368/95
Schlagworte:
Konkursanfechtung Konzernhaftung international Zuständigkeit
Normen:
KO §§ 32 ff., BGB §§ 823 ff., ZPO § 32
Leitsätze:
1. Bei Konkursanfechtungsklagen ist auch im Falle der
Absichtsanfechtung das Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes des
Anfechtungsschuldners zuständig. 2. Konkursanfechtungsklagen haben
ihre Grundlage im Konkursrecht und unterfallen deshalb nicht dem
Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Vollstreckung gerichtlicher Entscheidung in Zivil- und Handelssachen
vom 16.09.1988 (BGBl 1994 II 2658). 3. Zur internationalen
Zuständigkeit bei Ansprüchen aus Konzernhaftung/Delikt.
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 17. September 1996
verkündete Teilurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts A. - 1 0 368/95
- abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit über sie
durch das Teilurteil entschieden worden ist. Die Kosten des
Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.500,00 DM abwenden, wenn
nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit durch Vorlage
einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger ist durch Beschluß des Amtsgerichts A. vom 29. Juli 1994 (19 N 105/94) zum
Konkursverwalter über das Vermögen der Firma M. Automation Technology (MAT)
GmbH in A. bestellt worden. Er nimmt den Beklagten aus Konzernhaftung, unerlaubter
Handlung und Konkursanfechtung in Anspruch. Bis Mitte des Jahres 1990 waren an der
Gemeinschuldnerin, die über ein Stammkapital in Höhe von 500.000,00 DM verfügte,
zwei Gesellschafter beteiligt. Die Me. A/S in S./Norwegen hielt Anteile im Wert von
350.000,00 DM und ein Herr S. solche im Werte von 150.000,00 DM. Geschäftsführer
der Firma Me. A/S waren der Beklagte und seine Ehefrau H.N., Geschäftsführer der
Gemeinschuldnerin war seinerzeit ein Herr B.. Der Beklagte war und ist Inhaber von 20
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% der Aktien der Firma Me. A/S. Unter dem 02. Juli 1991 übertrug die Me. A/S ihre
Gesellschaftsanteile an der Gemeinschuldnerin an die Firma M. Automation Technology
(MAT) in B., deren Geschäftsführer der Bruder des Beklagten war. Herr S. übertrug am
26. September 1991 ebenfalls die Gesellschaftsanteile an der Gemeinschuldnerin an
die Firma MAT B.. Unter dem 14. Juni 1993 schloß die Gemeinschuldnerin, vertreten
durch ihren Geschäftsführer, Herrn G., mit der Firma M. Automation Technology Inc.,
Newport News, V., einen Vertrag über den Transfer von Technologie aus dem Bereich
der Lagerung und Wiederauffindung. Darin wurde der Gemeinschuldnerin das Recht
eingeräumt, die gesamte von der MAT Inc. entwickelte Systemtechnologie zu nutzen.
Zuvor, spätestens bis zum 31. Dezember 1993 sollte die Gemeinschuldnerin eine
Summe von 150.000 US Dollar an die MAT Inc. zahlen. Zu einem Technologietransfer
ist es nicht gekommen.
Unter dem 28. Dezember 1993 stellte der Beklagte der Gemeinschuldnerin unter dem
Absender "Me. of V. Inc." eine Summe von 14.800,00 DM in Rechnung und bat darum,
eine entsprechende Banktratte an ihn nach Norwegen zu senden. Mit Schreiben vom
29. Dezember 1993 forderte der Beklagte die Gemeinschuldnerin unter Bezugnahme
auf das Schreiben vom Vortag auf, Banktratten über 25.160,00 DM und 255.000,00 DM
an ihn zu senden. Die Gemeinschuldnerin übersandte dem Beklagten mit Schreiben
vom 05. Januar 1994 zwei Verrechnungsschecks in Höhe der vorgenannten Beträge. In
einem Telefax vom 27. Januar 1994 teilte der Beklagte der Gemeinschuldnerin mit, daß
die Ausstellung der Schecks auf ihn nicht seinen Anweisungen entsprochen habe; er
habe darum gebeten, die Schecks auf die Firmen Me. of V. Inc. und M. Automation
Technology auszustellen. Mit Schreiben vom 01. Februar 1994 setzt die F.bank
(Norwegen) die Gemeinschuldnerin davon in Kenntnis, daß ihr die MAT A/S B.
Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin abgetreten habe und sie die Forderungen
ihrerseits an die MAT A/S in Luxemburg verkauft habe. Die Gemeinschuldnerin
veranlaßte am 07. Februar 1994 die Überweisung einer Summe von 315.000,00 DM an
die Fa. MAT A/S in Luxemburg. Diesen Betrag, die Valuta der Verrechnungsschecks
und eine weitere Summe von 25.000,00 DM macht der Kläger mit der Klage geltend.
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Er hat behauptet, der Beklagte stehe infolge seiner Beteiligung an der Me. an der Spitze
eines Konzerns und habe seine Leitungsmacht zu seinem Zwecke mißbraucht.
Forderungen der Firma MAT A/S Norwegen gegen die Gemeinschuldnerin hätten nicht
bestanden. Im Gegenteil hätte der Gemeinschuldnerin gegen die norwegische
Muttergesellschaft ein Anspruch in Höhe von 635.923,25 DM zugestanden. Die
Vereinbarung über den Technologietransfer benachteilige die Gemeinschuldnerin
einseitig.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten zu veurteilen, an ihn 620.160,00 DM nebst 4 % Zinsen ab
Klagezustellung (13.02.1996) zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat behauptet, eine Beherrschung der Gemeinschuldnerin durch ihn oder durch die
Firma Me. habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Der Betrag von 255.000,00 DM sei an
die Firma MAT Inc. USA, an der er nicht beteiligt sei, geflossen. Die Summe von
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350.000,00 DM habe der Prokurist der Gemeinschuldnerin an die Firma MAT in
Luxemburg, an der der Beklagte gleichfalls nicht beteiligt sei, überwiesen.
Das Landgericht hat den Beklagten durch ein am 17. September 1996 verkündetes
Teilurteil - 1 0 368/95 - zur Zahlung von 570.000,00 DM nebst Zinsen verurteilt. Es hat
die Voraussetzungen einer Konkursanfechtung als gegeben angesehen. Wegen
weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der
Begründung der Kammer wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils (Bl. 123-131 d. A.) Bezug genommen.
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Gegen dieses am 24. September 1996 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24.
Oktober 1996 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am
23. Dezember 1996 begründet.
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Er verweist darauf, daß die Gemeinschulderin nur mit der Firma MAT A/S B. in
gesellschaftsrechtlichen Beziehungen gestanden habe. Der Beklagte rügt ferner die
internationale Zuständigkeit des Landgerichts A.. Er meint, auch nicht der richtige
Anfechtungsgegner zu sein. Eine Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin habe
zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.
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Der Beklagte beantragt,
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das Teilurteil des Landgerichts A. vom 17. September 1996 - 1 0 368/95 - aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
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ihm nachzulassen, erforderliche Sicherheiten durch selbstschuldnerische Bürgschaft
einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu
stellen.
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und behauptet, auch die Firma MAT USA
habe unter dem faktischen Einfluß des Beklagten bestanden. Die Zahlungsunfähigkeit
der Gemeinschuldnerin habe spätestens Anfang 1994 vorgelegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in beiden
Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20
Die prozessual bedenkenfreie Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
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Das Landgericht A. ist für die Entscheidung der dem Teilurteil zugrundeliegenden
Forderungen international nicht zuständig. § 512 a ZPO gilt nach einhelliger Auffassung
nicht für die internationale Zuständigkeit (Zöller/Gummer, ZPO, 20. Aufl., § 512 a Rz. 5;
Zöller/Geimer IZPR, Rn. 94 m. zahlr. w. Nachw.). Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in
Norwegen. Einen Gerichtsstand des Vermögens etwa dergestalt, daß der Beklagte über
Konten in Deutschland verfügt, behauptet der Kläger nicht.
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Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts A. unter dem Gesichtspunkt der
Konkursanfechtung ist weder nach dem Luganer Abkommen noch nach § 32 ZPO
gegeben. Entgegen der Auffassung in dem angefochtenen Urteil fallen
Anfechtungsklagen des Konkursverwalters nicht unter das Luganer Abkommen. Nach
Art. 1 Abs. 2 Ziffer 2 des Luganer Abkommens sind Konkursverfahren von dem
Abkommen nicht erfaßt. Anfechtungsklagen des Konkursverwalters sind keine Zivil- und
Handelssachen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Luganer Abkommens; sie haben
vielmehr ihre Rechtsgrundlage im Konkursrecht (BGH NJW 1990, 990, 991; Kropholler,
Europäisches Zivilprozeßrecht, 5. Aufl. 1996, Art. 1 Rz. 33). Da das europäische
Übereinkommen über Insolvenzverfahren erst am 01. Januar 1999 in Kraft treten wird
(Flessner IPRAX 1997, 1, 2) richtet sich die internationale Zuständigkeit nach der
örtlichen Zuständigkeit (Geimer, IZPR, 2. Aufl., Seite 251 m. w. N.). Bei
Konkursanfechtungsklagen ist auch im Falle der Absichtsanfechtung nach heute
herrschender Meinung das Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes des
Anfechtungsschuldners zuständig; der Anfechtungsanspruch ist kein deliktischer
Schadensersatzanspruch (BGH, NJW 1990, 990, 991; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 10. Aufl., §
29 Rz. 51 m.w.N.; Kilger/Karsten Schmidt, KO, 16. Aufl., § 29 Anm. 22; Jaeger, KO, 9.
Aufl., 1997, § 37 Rz. 141 m.zahlr.w.Nachw. auch zur abweichenden Auffassung des
Reichsgerichts). Sinn der §§ 29 ff. KO ist es, Verkürzungen der Masse, die mit dem
Zweck der gleichmäßigen Befriedigung der Konkursgläubiger unvereinbar sind,
rückgängig zu machen. Ein Unwerturteil über die Handlungen des Anfechtungsgegners
ist damit nicht verbunden.
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Das Landgericht A. ist auch unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs aus
Konzernhaftung weder nach Art. 5 Nr. 3 des Luganer Abkommens noch nach § 32 ZPO
international zuständig.
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Die konzernrechtliche Haftung knüpft an die mißbräuchliche Ausnutzung einer das
Unternehmen beherrschenden Stellung an, weshalb hierdurch der Gerichtsstand der
unerlaubten Handlung begründet wird (Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., §
32 Rz. 15). Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist dann gegeben, wenn der
Kläger schlüssig Tatsachen darlegt, aus denen sich das Vorliegen einer unerlaubten
Handlung ergibt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 20. Aufl., § 32 Rz. 18). Der Kläger hat die
Voraussetzungen für einen Anspruch aus Konzernhaftung gem. § 302 Aktiengesetz
analog nicht schlüssig dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung (BGHZ 95, 330, 341 ff;
BGHZ 107, 7, 15 ff; BGHZ 115, 187, 192 ff; BGHZ 122, 123, 126 ff) sind die Vorschriften
über den aktienrechtlichen Vertragskonzern grundsätzlich auf den qualifiziert faktischen
GmbH-Konzern analog anwendbar. Vorliegend findet § 17 Aktiengesetz indes keine
Anwendung. Der Kläger hat die Unternehmenseigenschaft des Beklagten nicht
schlüssig dargetan. Natürliche Personen sind nach der Rechtsprechung des BGH nur
dann Unternehmen, wenn sie außerhalb der Gesellschaft unternehmerische Interessen
verfolgen, die stark genug sind, die ernste Besorgnis zu begründen, daß sie ihretwillen
zum Nachteil der Gesellschaft handeln werden (BGHZ 95, 330, 337; BGHZ 115, 187,
189 f; BGH NJW 1994, 446). Der Kläger hat nicht hinreichend substantiiert dargelegt, an
welchen anderen Gesellschaften mit welchem Geschäftsgegenstand außer der Me. AS
in Norwegen und in welcher Form der Beklagte beteiligt bzw. tätig gewesen sein soll.
Sein Beweisantrag, Auskünfte der Handelsregister zu den gesellschaftsrechtlichen
Verhältnissen der verschiedenen Me.- und M.firmen einzuholen, stellt mangels näherer
Darlegung der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung einen unzulässigen
Ausforschungsbeweis dar.
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Ein Anspruch des Klägers aus Konzernhaftung scheitert darüber hinaus an einem
weiteren Grund: Für die analoge Anwendung des § 302 Aktiengesetz auf den GmbH-
Konzern ist es erforderlich, daß ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag
besteht, bzw. - bei Fehlen eines solchen Vertrages - daß das herrschende Unternehmen
die dauerhafte und umfassende Leitungsmacht über das beherrschte Unternehmen hat
(BGHZ 95, 330, 344; BGHZ 107, 7, 17). Der Kläger hat nicht schlüssig dargetan, daß der
Beklagte die dauerhafte und umfassende Leitungsmacht über die Gemeinschuldnerin
gehabt hat. Der Vortrag des Klägers läßt zwar den Schluß zu, daß der Beklagte einen
gewissen Einfluß auf die Geschäfte der Gemeinschuldnerin gehabt hat. Für die
Annahme einer dauerhaften und umfassenden Leitungsmacht reicht er jedoch nicht aus.
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Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts A. ist auch unter dem Gesichtspunkt
des § 823 Abs. 2 BGB in Verb. mit § 283 c StGB weder nach dem Luganer Abkommen
noch nach § 32 ZPO gegeben.
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In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 des Luganer
Übereinkommens die Anwendbarkeit des Übereinkommens auch dann ausgeschlossen
ist, wenn Schadensersatzansprüche wegen einer Konkursstraftat geltend gemacht
werden. Denn jedenfalls ist eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens
nicht begründet, da der Kläger die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung nicht
schlüssig dargetan hat. Aus dem Klägervortrag ergibt sich nicht, daß der Beklagte
gegen ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verstoßen hat. Für die
behauptete Anstiftung zu einer Gläubigerbegünstigung fehlt es schon an der
erforderlichen Haupttat des Zeugen H. nach § 283 c StGB. Der Kläger hat nicht
schlüssig dargetan, daß der Zeuge H. einem Gläubiger eine Befriedigung gewährt hat,
die dieser nicht zu beanspruchen hatte.
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Hinsichtlich der Zahlung von 315.000,00 DM an die M. AS in Luxemburg behauptet der
Kläger, dieser Forderung hätten weit höhere Gegenforderungen der Gemeinschuldnerin
gegen die MAT B. aufrechenbar gegenüber gestanden. Der Kläger bestreitet im
Berufungsverfahren nicht mehr, daß tatsächlich eine Hauptforderung von 315.000,00
DM gegen die Gemeinschuldnerin bestanden hat. Das folgt schon daraus, daß nach
Auffassung des Klägers der Tatbestand einer Gläubigerbegünstigung gem. § 283 c
StGB verwirklicht worden ist. § 283 c StGB greift nur ein, wenn ein Gläubiger eine ihm
nicht zustehende Befriedigung erhält. Bei Leistung an einen Nichtgläubiger kommt
dagegen nur die Anwendung von § 283 StGB in Betracht. Der Kläger hat indes die
behaupteten Gegenforderungen nicht substantiiert dargetan, obwohl ihm dies anhand
der Unterlagen der Gemeinschuldnerin möglich gewesen wäre. Darüber hinaus
scheitert die Strafbarkeit des Zeugen H. nach § 283 c StGB an dessen Kenntnis der
Zahlungsunfähigkeit. Der Kläger hat in der Klageschrift behauptet, der
Gemeinschuldnerin sei durch die Ausführung der streitgegenständlichen Zahlungen
sämtliche Liquidität entzogen worden. Es sei mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß das Konkursverfahren hätte vermieden
werden können, wenn es nicht zu dem unberechtigten Entzug der Liquidität gekommen
wäre. Er hat damit geltend gemacht, daß die Zahlungsunfähigkeit der
Gemeinschuldnerin gerade durch Ausführung der streitgegenständlichen Zahlungen
herbeigeführt worden ist. Eine Strafbarkeit nach § 283 c StGB kommt aber nur in
Betracht, wenn die Befriedigungshandlung bei Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit
vorgenommen worden ist (Leipziger Kommentar/Tiedemann, StGB, 10. Aufl., § 283 Rz.
1). Im zweiten Rechtszug hat der Kläger behauptet, Anfang 1994 seien die meisten der
nunmehr im Konkursverfahren angemeldeten Forderungen von insgesamt annähernd
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1,9 Millionen Deutsche Mark bereits fällig gewesen, ohne dies näher zu konkretisieren.
Selbst wenn der Senat davon ausgeht, daß bei Vornahme der Zahlungen Anfang 1994
die nach § 283 c StGB erforderliche Zahlungsunfähigkeit gegeben war, fehlen jedenfalls
Darlegungen zur Kenntnis des Zeugen H. von der Zahlungsunfähigkeit der
Gemeinschuldnerin. Der Kläger behauptet im Gegenteil, daß der Zeuge H. in das
Buchwerk der Gemeinschuldnerin keinen hinreichenden Einblick gehabt habe.
Durch die Zahlung von 255.000,00 DM hat der Zeuge H. eine fällige Forderung der MAT
Inc. V./USA erfüllt. Es fehlt insoweit an einer inkongruenten Befriedigung. Die Forderung
der MAT Inc. USA ergibt sich aus den §§ 11, 12 der Vereinbarung vom 14. Juni 1993, in
denen eine Vorleistungspflicht der Gemeinschuldnerin bis spätestens 31. Dezember
1993 vorgesehen ist. Die Bedenken, die von dem Kläger gegen die Ausgewogenheit
des Vertrages vorgetragen werden, sind nicht ausreichend, um die Unwirksamkeit des
Vertrages nach § 138 BGB anzunehmen. Wenn die Vereinbarung tatsächlich dazu
gedient haben sollte, der Gemeinschuldnerin zu Lasten ihrer Gläubiger die letzten
liquiden Mittel zu entziehen, dann hätte dies dem Zeugen G., der als ehemaliger
Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin den Vertrag geschlossen hat, bewußt sein
müssen. Der Kläger hat aber keinerlei Umstände vorgetragen, die auf ein subjektiv
sittenwidriges Verhalten des Zeugen G. bei Abschluß des Vertrages hindeuten würden.
Auch die pauschale Behauptung des Klägers, der Vertrag sei ein Knebelungsvertrag
und wäre unter Dritten so nie geschlossen worden, reicht nicht aus, um die
Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB anzunehmen.
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Zur Begleichung der Forderung der MAT Inc. USA hat der Zeuge H. einen Scheck über
255.000,00 DM an den Beklagten als Empfangsboten der MAT übesandt. Die
Weiterleitung des Geldes an die Gläubigerin hat der Beklagte durch Urkunden belegt.
Darüber hinaus fehlt es auch bei der Überweisung der 255.000,00 DM an der
erforderlichen Kenntnis des Zeugen H. von der Zahlungsunfähigkeit der
Gemeinschuldnerin.
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Da nach alledem der Kläger nicht schlüssig dargetan hat, daß der Zeuge H. den
Tatbestand des § 283 c STGB verwirklicht hat, kommt auch keine Anstiftung des
Beklagten zur Gläubigerbegünstigung in Betracht.
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Das Landgericht A. ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung
nach § 826 BGB international zuständig. Der Beklagte hat die Gemeinschuldnerin nicht
in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt.
Hinsichtlich der Zahlung von 255.000,00 DM ergibt sich das schon daraus, daß der
Beklagte nur auf die Erfüllung einer ohnehin fälligen Verbindlichkeit hingewirkt hat.
Selbst wenn die Erfüllung eine nach den §§ 29 ff. KO anfechtbare Rechtshandlung
darstellen sollte, wären hierdurch nicht gleichzeitig die Voraussetzungen des § 826
BGB erfüllt (BGH, NJW 1990, 990, 991).
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Hinsichtlich der Zahlung von 315.000,00 DM an die MAT AS in Luxemburg liegen die
Voraussetzungen des § 826 BGB ebenfalls nicht vor. Der Beklagte hat keine
Schädigungshandlung begangen. Er hat sich durch seinen Geprüftvermerk allenfalls
zum Umrechnungskurs und zum Bestehen und der Höhe der Forderungen geäußert. Zu
der Frage der Aufrechenbarkeit mit Gegenforderungen der Gemeinschuldnerin hat er
hingegen nicht Stellung genommen. Daß der Zeuge H. nicht aufgerechnet hat, kann
nicht dem Beklagten angelastet werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Streitwert: 570.000,00 DM
36
Beschwer des Klägers: über 60.000,00 DM
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