Urteil des OLG Köln vom 09.12.2000

OLG Köln: nachträgliche bewilligung, örtliche zuständigkeit, wichtiger grund, wohnsitzverlegung, bedürfnis, bezirk, vergütung, meinung, datum, gerichtsstand

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 178/00
Datum:
09.12.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 178/00
Vorinstanz:
Amtsgericht Geilenkirchen, 9 UR II 17/98
Tenor:
Das Amtsgericht Geilenkirchen ist zur Entscheidung über den
Bewilligungs- und Vergütungsfestsetzungsantrag berufen.
GRÜNDE:
1
In der vorliegenden Beratungshilfesache hatte sich die damals in Geilenkirchen
wohnhafte Antragstellerin im Jahre 1998 wegen einer Bürgschaftsangelegenheit gegen
eine Spar- und Darlehenskasse L. an ihre jetzigen Verfahrensbevollmächtigten
gewendet, die sodann beim Amtsgericht Geilenkirchen für die Angelegenheit
Beratungshilfe beantragten. Das Amtsgericht - Rechtspfleger - wies die Anwälte darauf
hin, dass sich die Erteilung eines Berechtigungsscheins erübrige, weil diese nach
Erledigung der Angelegenheit die nachträgliche Bewilligung beantragen und
gleichzeitig abrechnen könnten. In der Folgezeit ergingen in gewissen Zeitabständen
durch das Amtsgericht Sachstandsanfragen. Schließlich legten die Anwälte mit
Schreiben vom 30.10.2000 ihr Vergütungsfestsetzungsgesuch vor verbunden mit dem
Antrag auf nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe. Da sich dem Antrag
entnehmen ließ, dass die Antragstellerin ihren Wohnsitz inzwischen nach Wegberg
verlegt hatte, erklärte sich das Amtsgericht Geilenkirchen - Rechtspfleger - durch
Beschluss vom 6.11.2000 für örtlich unzuständig und verwies die Sache an das
Amtsgericht Erkelenz. Das Amtsgericht Erkelenz - Rechtspfleger - hat sich durch
begründeten Beschluss vom 23.11.2000 ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die
Sache zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts gemäß §§ 5 BerHG, 5 Abs. 1 S.
1 FGG dem Senat vorgelegt.
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Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1,
erste Alternative FGG sind gegeben. Die beiden beteiligten Amtsgerichte streiten über
die nach § 4 Abs.1 BerHG zu beurteilende örtliche Zuständigkeit zur Entscheidung über
die nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe und Festsetzung der Vergütung aus
der Landeskasse. In diesem Fall kann auch der Rechtspfleger die
Zuständigkeitsbestimmung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts herbeizuführen,
dem die Erledigung des Geschäfts, also die Entscheidung über die Gewährung von
Beratungshilfe übertragen ist (§ 24 a RpflG).
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Vorliegend hat gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG das Amtsgericht Geilenkirchen über den
Bewilligungs- und Vergütungsfestsetzungsantrag zu entscheiden, so dass es für örtlich
zuständig zu erklären ist. Gemäß der vorgenannten Vorschrift entscheidet über den
Antrag auf Beratungshilfe das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Ratsuchende seinen
allgemeinen Gerichtsstand hat. Das ist bei der Antragstellerin der Wohnsitz, wobei der
Fall die Besonderheit hat, dass erst jetzt über die Bewilligung von Beratungshilfe auf
den weiteren nach § 4 Abs. 2 S. 4 BerHG gestellten Antrag zu entscheiden ist, den die
Anwälte nach dem Hinweis des Amtsgerichts Geilenkirchen ihrem Vergütungsantrag
beigefügt haben, und dass zum Zeitpunkt dieses Antrages die Antragstellerin nunmehr
im Bezirk des Amtsgerichts Erkelenz wohnt. Der Umstand kann jedoch - anders als in
den noch vor der mit Gesetz vom 14.9.94 erfolgten Neuregelung des BerHG (BGBl. I
2323) ergangenen Senatsbeschlüssen (Rpfleger 89, 112, 113 und 90, 126), die zu einer
Entscheidungskonzentration für das Bewilligungs- und Festsetzungsverfahren geführt
hat - die örtliche Zuständigkeit dieses Amtsgerichts zur Entscheidung über die
nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe nicht begründen. Entscheidend ist, dass
seit 1998 beim Amtsgericht Geilenkirchen ein bislang weder beschiedener noch
zurückgenommener Antrag der Antragstellerin auf Beratungshilfe vorliegt. Damit
scheidet bei einer Wohnsitzverlegung über die Grenzen eines Gerichtsbezirks eine
Zuständigkeitskonkurrenz zwischen den Amtsgerichten des bisherigen und des neuen
Wohnsitzes aus. Die hier durch den Wohnsitz begründete Eingangszuständigkeit des
Amtsgerichts bleibt bis zum Abschluss des Verfahrens bestehen, d.h. unabhängig
davon, ob - wie hier - nunmehr zusammen mit dem Vergütungsfestsetzungsgesuch um
nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe gebeten wird und zu diesem Zeitpunkt die
Antragstellerin aber ihren Wohnsitz über die Grenzen des Bezirks verändert hat.
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Deshalb kann hier dahinstehen, ob sich die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts
Geilenkirchen ohnehin jedenfalls aus dem Umstand ergibt, dass bei der Antragstellerin
das Bedürfnis für die Beratungshilfe bereits mit ihrem Antrag im Jahre 1998 und nicht
erst nach der Wohnsitzverlegung aufgetreten war. Es wird nämlich die Meinung
vertreten, dass es bei der Frage, welches Gericht gemäß § 4 BerHG für die Bewilligung
von Beratungshilfe örtlich zuständig ist, stets auf den Wohnsitz des Antragstellers
bei
Auftreten des Bedürfnisses
Bewilligung zugrundeliegenden Antrags ankommt, so dass der vorliegende Antrag auf
nachträgliche Bewilligung auch deshalb die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts
Erkelenz nicht hätte begründen können (näher dazu OLG Hamm Rpfleger 95, 365).
5
Für den Streitfall, dass ein Amtsgericht seine örtliche Zuständigkeit aufgrund veränderter
Umstände (wie hier wegen der Wohnsitzverlegung) verneint, besteht daher auch für
eine entsprechende Anwendung des § 46 Abs.1 S. 1 FGG, wonach das
Vormundschaftsgericht ein anhängiges Verfahren an ein anderes Gericht abgeben
kann, wenn hierfür ein wichtiger Grund besteht, anders als bei Vormundschafts-,
Betreuungs- und Pflegschaftssachen in Beratungshilfesachen ersichtlich kein
vergleichbares Bedürfnis.
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