Urteil des OLG Köln vom 20.11.1996

OLG Köln (verwaltung, antragsteller, gutachter, beschwerde, gutachten, rechtsgutachten, vertretung, vorbereitung, 1995, aufhebung)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 217/96
Datum:
20.11.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 217/96
Normen:
WEG § 16 ABS. 2 UND ABS. 5;
Leitsätze:
Umlage der Kosten eines Rechtsgutachtens
WEG § 16 Abs. 2 und Abs. 5 Es widerspricht nicht ordnungsgemäßer
Verwaltung, wenn die Gemeinschaft beschließt, zur Prüfung der
Rechtswirksamkeit von Beschlüssen früherer
Wohnungseigentümerversammlungen ein Rechtsgutachten einzuholen.
Die Umlage dieser Kosten scheitert nicht an § 16 Abs. 5 WEG, selbst
wenn es möglich erscheint, daß infolge dieses Gutachtens später gegen
einen Miteigentümer ein Prozeß geführt wird.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
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Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt worden (§ 45 Abs. 1 WEG, §§ 27, 29 FGG). In der Sache hat das
Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf
einer Verletzung des Gesetzes, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO.
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1. Amts- und Landgericht haben es übereinstimmend abgelehnt, den Beschluß der
Wohnungseigentümerversammlung vom 19. Juni 1995 zu TOP 3 b) - Abrechnung der
Kosten eines Rechtsgutachtens zur Rechtmäßigkeit der Beschlüsse der
Wohnungseigentümerversammlung vom 26. April 1994 (3.910,-- DM) zu Lasten der
Wohnungseigentümergemeinschaft - für ungültig zu erklären, da es sich bei den Kosten
des Rechtsgutachtens um solche ordnungsgemäßer Verwaltung handle. Dies läßt
Rechtsfehler nicht erkennen. Gemäß § 16 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer
verpflichtet, unter anderem die Kosten der Verwaltung anteilig zu tragen. Der Begriff der
Kosten der Verwaltung ist im weitesten Sinne zu verstehen (Weitnauer,
Wohnungseigentumsgesetz, 8. Aufl. § 16 Rn. 14). Es handelt sich um all jene Kosten,
die zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich sind
(Henkes/Niedenführ/Schulze, Wohnungseigentumsgesetz, 2. Aufl. § 16 Rn. 16).
Ordnungsmäßig ist, was dem geordneten Zusammenleben in der Gemeinschaft dient
und dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen
entspricht, wobei den Wohnungseigentümern ein gewisser Entscheidungsspielraum
zugebilligt wird (Weitnauer aaO § 21 Rn. 12 m.w.N.).
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Die Einholung des Rechtsgutachtens stellt sich danach als eine Maßnahme
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Die Einholung des Rechtsgutachtens stellt sich danach als eine Maßnahme
ordnungsgemäßer Verwaltung dar, deren Kosten umgelegt werden durften. Zu Recht
weist das Landgericht darauf hin, daß das Gutachten zur Vorbereitung der vom
Antragsteller initiierten Wohnungseigentümerversammlung vom 17. August 1994
eingeholt worden war: Da in dieser Versammlung über die Gültigkeit der Beschlüsse
aus der Eigentümerversammlung vom 26. April 1994 beraten werden sollte, unter den
Wohnungseigentümern Unsicherheit über die Ordnungsmäßigkeit der genannten
Beschlüsse entstanden war und nach dem Willen des Antragstellers eine Abstimmung
über die Aufhebung dieser Beschlüsse herbeigeführt werden sollte, hatte sich für die
Wohnungseigentümergemeinschaft das Bedürfnis nach einer unabhängigen rechtlichen
Bewertung der angegriffenen Beschlüsse ergeben. Dem trug die Verwalterin im
Einverständnis des Verwaltungsbeirats durch die Beauftragung der Gutachter
Rechnung. Die Rüge des Antragstellers, die Einholung des Gutachtens habe nur dazu
gedient, die Verwalterin zu schützen, greift im Hinblick hierauf schon im Ansatz nicht.
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Zu Recht ist das Landgericht des weiteren davon ausgegangen, daß § 16 Abs. 5 WEG
der Umlage der Gutachterkosten nicht entgegensteht. Nach dieser Vorschrift gehören
die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens nach § 43 WEG nicht zu den Kosten der
Verwaltung im Sinne des § 16 WEG, da in diesen Fällen das Gericht nach § 47 WEG
entscheidet, wer die Verfahrenskosten und die außergerichtlichen Kosten der
Beteiligten zu tragen hat. Diese gerichtliche Entscheidung soll nicht durch
Mehrheitsbeschluß der Eigentümer unterlaufen werden können
(Henkes/Niedenführ/Schulze aaO § 16 Rn. 17). Darum geht es im Streitfall nicht. Das
Landgericht weist zutreffend darauf hin, daß das Rechtsgutachten nicht im Rahmen
eines gerichtlichen Verfahrens nach § 43 WEG eingeholt wurde. Die Rechtsbeschwerde
verfolgt diesen Gesichtspunkt daher zu Recht nicht weiter.
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Sie beanstandet aber, die Beauftragung der Gutachter habe deshalb nicht
ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen, weil der Verwalterin seinerzeit bekannt
gewesen sei, daß der Antragsteller zur Frage der Gültigkeit der Beschlüsse aus der
Wohnungseigentümerversammlung vom 26. April 1994 bereits ein gerichtliches
Anfechtungsverfahren eingeleitet hatte. Auch hiermit hat die Rechtsbeschwerde aber
keinen Erfolg. Zwar trifft es zu, daß die Verwalterin bei Einholung des Gutachtens im
Juni 1994 darüber unterrichtet war, daß eine Antragsschrift des Antragstellers bei
Gericht eingereicht worden war. Das Landgericht hat jedoch zu Recht darauf
hingewiesen, daß dies die Einholung des Gutachtens nicht etwa entbehrlich machte.
Die Antragsschrift wurde der Wohnungseigentümergemeinschaft nämlich nach den
Feststellungen des Landgerichts erst Ende September 1994 zugestellt, das heißt nach
der Wohnungseigentümerversammlung, in der nach dem Willen des Antragstellers über
die Aufhebung der streitigen Beschlüsse abgestimmt werden sollte und zu deren
Vorbereitung das Gutachten gerade diente.
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Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang schließlich rügt, die Verwalterin
hätte nach Zustellung der Antragsschrift im September 1994 aus Gründen der
Kosteneinsparung die Rechtsanwälte mit der Prozeßvertretung beauftragen müssen, die
das Rechtsgutachten erstattet hatten, greift auch das nicht. Zum einen ändert dieser
Einwand an der Feststellung, es habe sich bei der vorliegend allein im Streit stehenden
kostenpflichtigen Beauftragung der Gutachter um eine Maßnahme ordnungsgemäßer
Verwaltung gehandelt, nichts: Das Gutachten war bereits über zwei Monate vor
Einschaltung der Prozeßanwälte in Auftrag gegeben worden. Zum anderen verkennt der
Beschwerdeführer aber auch, daß die spätere Beauftragung der Gutachter mit der
Prozeßvertretung nicht zu einer Kosteneinsparung für die
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Wohnungseigentümergemeinschaft geführt hätte. Da die Ausarbeitung eines
Gutachtens stets eine besondere Angelegenheit im Sinne der Bundesgebührenordnung
für Rechtsanwälte darstellt, wird die hierbei anfallende Gebühr nach § 21 BRAGO nicht
auf Prozeßgebühren oder sonstige Gebühren angerecnet
(Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 12.
Aufl., § 21 Rn. 10; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, Bundesgebührenordnung für
Rechtsanwälte, 7. Aufl., § 21 Rn. 8).
2. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Beschwerde des Antragstellers auch
zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den Beschluß der
Wohnungseigentümerversammlung vom 19. Juni 1995 zu TOP 4 - Verteilerschlüssel -
richtet: Der Beschluß mußte nicht notwendig einstimmig gefaßt werden, da er keine
Änderung des festgelegten Verteilungsschlüssels beinhaltet, sondern lediglich die
bereits mit Beschluß vom 1. Dezember 1984 einstimmig festgelegte Regelung
wiederholt. Soweit der Antragsteller rügt, der Beschluß sanktioniere darüber hinaus die
bisherige Praxis, die den 1984 beschlossenen Verteilungsschlüssel jedoch nicht exakt
angewendet habe, bleibt auch dies ohne Erfolg. Das Landgericht hat den
streitgegenständlichen Beschluß in rechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher
Würdigung dahin ausgelegt, daß hier allein die Anwendbarkeit des seinerzeit
beschlossenen Verteilungsschlüssels bestätigt wird und die Abrechnungspraxis, soweit
sie diesen Verteilungsschlüssel zur Grundlage hat. Nach der Auslegung des
Landgerichts enthält der streitgegenständliche Beschluß daher nicht etwa zugleich eine
Genehmigung sämtlicher Abrechnungen der Vergangenheit in all ihren Einzelheiten.
Die vom Antragsteller aufgeworfene Frage, ob und inwieweit einzelne Kostenpositionen
der jeweiligen Abrechnungen möglicherweise nicht unter Anwendung des vereinbarten
Verteilungsschlüssels abgerechnet wurden, wird deshalb durch den Beschluß nicht
beantwortet. Eventuell in diesem Zusammenhang bestehende Einwendungen werden
durch ihn also auch nicht abgeschnitten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Für die Anordnung der Erstattung
außergerichtlicher Kosten besteht keine Veranlassung.
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Wert der weiteren Beschwerde: 8.910 DM
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