Urteil des OLG Köln vom 02.04.2004

OLG Köln: agb, bürgschaftsvertrag, kredit, verweigerung, verkehr, bürge, form, datum

Oberlandesgericht Köln, 19 W 11/04
Datum:
02.04.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
19 W 11/04
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 16 O 367/03
Tenor:
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts
Köln vom 27.01.2004 - 16 O 367/04 - abgeändert.
Die vom Beklagten beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht wegen
fehlender
Erfolgsaussicht zu verweigern.
Gründe:
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Das Landgericht hat dem Beklagten Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert,
die Rechtsverteidigung des Beklagten habe keine Aussicht auf Erfolg, weil der Beklagte
sich wirksam für Ansprüche der Klägerin gegen deren Schuldner G aus dem Darlehn-
und Getränkebezugsvertrag vom 20.06.2001 verbürgt habe.
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Mit dieser Begründung ist die Entscheidung nicht haltbar.
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Das Landgericht hat erkannt, dass es sich bei der Bürgschaft des Beklagten um eine
Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt. Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern kann mit
Verbrauchern in AGB nicht wirksam vereinbart werden (vgl. Palandt-Sprau, 63. Aufl. und
Vorauflagen, Einf v 765, Rn 14). Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist eine den
Gläubiger besonders privilegierende und für den Bürgen besonders riskante Form der
Bürgschaftsverpflichtung, bei der der Bürge zuerst zahlen muss und mit seinen nicht
offensichtlich oder liquide beweisbaren Einwendungen auf den Rückforderungsprozess
gemäß § 812 BGB verwiesen wird. Ihre Übernahme ist deshalb, soweit auf den
Bürgschaftsvertrag die §§ 305 ff. BGB n.F. anwendbar sind, in AGB nur gegenüber
Gesellschaften und (geschäftlich erfahrenen) Kaufleuten möglich (vgl. Erman-Seiler, 10.
Aufl. vor § 765 Rn 12), zu denen der Beklagte ersichtlich nicht gehört. Im
nichtkaufmännischen Verkehr verstößt die formularvertragliche Vereinbarung gegen §§
3 und 9 AGBG.
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Hinzukommt, dass die Klägerin im Bürgschaftsvertrag die Einreden aus § 770 BGB
ausgeschlossen hat, eine Regelung, die ebenfalls einer AGB-Prüfung nicht standhält
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(vgl. MK-Basedow, 4. Aufl. § 307 Rn 296).
Hinzukommt ferner, dass die Klägerin im Vertrag mit dem Hauptschuldner als Sicherung
für den Kredit lediglich eine selbstschuldnerische Bürgschaft vereinbart hatte und nicht
etwa eine Bürgschaft auf erstes Anfordern.
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Bei dieser Rechtslage kann die Klage keinen Erfolg haben, die Rechtsverteidigung des
Beklagten ist also aussichtsreich.
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Der Beklagte hat jedoch bisher keine brauchbaren Angaben zu den persönlichen
Verhältnissen gemacht. Dies wird innerhalb einer vom Landgericht zu setzenden Frist
unter Hinweis darauf, welche Angaben fehlen oder zu ergänzen sind, nachzuholen sein.
Geschieht dies nicht, muss der Beklagte trotz der Erfolgsaussicht seiner Verteidigung
mit Verweigerung der Prozesskostenhilfe rechnen.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
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