Urteil des OLG Köln vom 23.09.2009

OLG Köln (beschwerde, stpo, konto, stgb, beschwerdeführer, steuerhinterziehung, betrag, höhe, anordnung, arrest)

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 440/09
Datum:
23.09.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 440/09
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 109 Qs 21/09
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers
verworfen.
G r ü n d e :
1
I.
2
Das Amtsgericht Köln hat im Rahmen eines vom Finanzamt für Steuerstrafsachen und
Steuerfahndung Köln geführten Ermittlungsverfahrens gegen die Beschuldigte C mit
Beschluß vom 09.12.2008 zur Sicherung abgabenrechtlicher Ansprüche des Fiskus den
dinglichen Arrest in Höhe eines Betrages von 55.015,65 € in das Vermögen des
Beschwerdeführers angeordnet, weil zu erwarten sei, dass der auf ein der
Verfügungsberechtigung der Beschuldigten unterliegendes Konto des
Beschwerdeführers überwiesene Geldbetrag in Anwendung von § 73 Abs. 3 StGB für
verfallen erklärt werde. Die mit Schriftsatz vom 09.06.2009 näher begründete
Beschwerde vom 13.01.2009 gegen den Arrestbeschluß hat das Landgericht Köln mit
Beschluß vom 13.08.2009 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere
Beschwerde vom 20.08.2009, mit der im wesentlichen das bisherige Vorbringen
wiederholt wird : Die Beschuldigte sei nicht selbst Steuerschuldnerin, sondern nur
Haftungsschuldnerin für Steuerschulden ihres Vaters, und habe daher keine
Steuerhinterziehung begangen; mit dem auf das Konto des Beschwerdeführers
überwiesenen Betrag sei der Rest eines von diesem der Beschuldigten im Jahre 1998
gewährten Darlehens in Höhe von 300.000 DM zurückgezahlt worden.
3
II.
4
Die weitere Beschwerde ist nach § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO zulässig, sie hat jedoch
keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Arrestanordnung des Amtsgerichts zu Recht
bestätigt. Die Voraussetzungen der §§ 111 b Abs. 2 und 5, 111 d, 111 e Abs. 1 StPO in
Verb. mit § 370 AO und § 73 Abs. 1 und 3 StGB sind zutreffend angenommen worden.
Der Senat tritt der angefochtenen Entscheidung bei, die im Hinblick auf das Vorbringen
5
der sofortigen Beschwerde nur Anlaß zu folgenden ergänzenden Ausführungen gibt :
Die Beschuldigte haftet aufgrund des rechtskräftigen Bescheides des Finanzamtes Köln
– West vom 26.01.2000 für Umsatzsteuern der Jahre 1988 bis 1994 ihres Vaters Q C
bzw. von diesem betriebenen Unternehmen in Höhe von ursprünglich rd. 594.000 DM;
davon bestand per 12.11.2008 noch ein Rückstand von 159.866 €.
6
Dass die Beschuldigte auch als Haftungsschuldnerin Steuerpflichtige ist und demnach
Täterin einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO sein kann, ergibt sich aus § 33 Abs. 1
AO, der bestimmt, dass Steuerpflichtiger auch derjenige ist, der für eine Steuer haftet. Im
übrigen geht der Beschwerdeführer selbst zutreffend davon aus, dass eine
Steuerhinterziehung auch im Beitreibungsverfahren begangen werden kann, wie es der
Beschuldigten hier angelastet wird, weil sie im Vermögensverzeichnis vom 17.06.2002
das hier in Rede stehende Depot bei der ABN AMRO Bank verschwiegen hat, das am
28.06.2002 ein Guthaben von rd. 74.000 € aufwies.
7
Das Landgericht hat zutreffend Gründe dafür angenommen, dass der am 25.Mai 2006
auf ein Konto des Beschwerdeführers bei der Stadtsparkasse Köln überwiesene Betrag
von 55.015,65 €, der aus der Auflösung des vorerwähnten Bankdepots stammt, dem
Verfall unterliegt, wobei davon auszugehen ist, dass sich die Verfallsanordnung gem. §
73 Abs. 3 StGB gegen den Beschwerdeführer richten wird.
8
Nach der Rechtsprechung des BGH, die das Landgericht zutreffend herangezogen hat
(vgl BGHSt 45, 235), ist hier von einem sog. "Verschiebungsfall" auszugehen, der
dadurch gekennzeichnet ist, dass der Täter primär im eigenen Interesse einem Dritten
Tatvorteile zuwendet, um sie dem Zugriff des Geschädigten zu entziehen.
9
Abweichend von der Auffassung des Landgerichts kann es aus Sicht des Senats zur
Abgrenzung von der Fallgruppe der "Erfüllungsfälle", für die der Anwendungsbereich
des § 73 Abs. 3 StGB nicht eröffnet ist (vgl BGH aaO) in diesem Zusammenhang
allerdings nicht ohne weiteres dahinstehen, ob in der Überweisung des Betrages auf
das Konto des Beschwerdeführers entsprechend seinem Vorbringen die Erfüllung einer
Darlehensforderung gesehen werden kann.
10
Davon kann indes nicht ausgegangen werden. Die Darlehensurkunde ist schon
inhaltlich unstimmig. Der Darlehensbetrag von 300.000 DM konnte mit jährlich
gleichbleibenden Zins-und Tilgungsleistungen von 21.000 DM auch unter
Berücksichtigung des steigenden Tilgungsanteils bei einer Laufzeit von 10 Jahren
schon rein rechnerisch nicht vollständig zurückgeführt werden. Es ist unglaubhaft, dass
ein international tätiger Geschäftsmann, als welchen sich der Beschwerdeführer
bezeichnet, einen solchen Vertrag – und noch dazu ohne Stellung von Sicherheiten –
abschließt. Es kann auch nicht zutreffen, dass mit dem Betrag von 55.015,65 € der noch
offene Darlehensrest beglichen worden ist. Unter Zugrundelegung der angeblichen
Kreditbedingungen ( 2 % Jahreszinsen und 5 % Tilgung) und der behaupteten
Zahlungen ( 8mal 21.000 DM in den Jahren von 1998 bis 2005 ) belief sich der
Darlehensstand per Ende 2005 auf noch rd. 183.000 DM = rd. 93.550 €. Nach der
Überweisung des umstrittenen Betrages verblieb also rechnerisch eine Restschuld von
rd. 38.550 €, wobei sich zusätzlich die Frage stellt, aus welchen Gründen die
Beschuldigte dem Beschwerdeführer im Jahre 2006 ein Mehrfaches als nach dem
Darlehensbetrag geschuldet zugewendet hat.
11
Hinzukommen die in der gutachtlichen Stellungnahme des Zollkriminalamtes vom
05.09.2008 aufgezeigten Zweifel an der datumsgerechten Fertigung von zumindest zwei
der vorgelegten Quittungen. Weiter ist hinsichtlich der quittierten Barzahlungen von
insgesamt 168.000 DM völlig offen, aus welchen Mitteln die Beschuldigte sie vor dem
Hintergrund fruchtloser Vollstreckungsversuche seitens der Finanzbehörden
aufgebracht haben will.
12
Schließlich ist auch der bereits vom Landgericht herausgestellte Umstand zu
berücksichtigen, dass die Beschuldigte aufgrund ihrer Verfügungsmacht jederzeit Zugriff
auf das Konto hatte und hat und es dazu nutzen konnte, die Gelder aus dem aufgelösten
Bankdepot dort nach Belieben "zu parken" und ebenso wieder abzuziehen.
13
Nach den Gesamtumständen besteht daher der begründete Verdacht, dass die
Beschuldigte mit ihrer Vorgehensweise ohne Zusammenhang mit der behaupteten
Darlehensverbindlichkeit allein bezweckte, die Gelder dem Zugriff des Fiskus zu
entziehen.
14
Zum Arrestgrund kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug
genommen werden, denen mit der weiteren Beschwerde nichts entgegengesetzt wird.
15
Der Aufrechterhaltung der Arrestanordnung steht nicht entgegen, dass sie vor
inzwischen mehr als sechs Monaten getroffen worden ist. Es liegen aus Sicht des
Senats dringende Gründe für die Annahme vor, dass es zur Anordnung des Verfalls
kommt. In diesem Fall kann der Arrest grundsätzlich zeitlich unbeschränkt
aufrechterhalten werden, § 111 b Abs. 3 Satz 3 StPO. Allerdings kann unter Beachtung
des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch bei Vorliegen dringender Gründe eine
zeitliche Begrenzung des Arrestes in Betracht kommen. (vgl Meyer-Goßner, StPO, 52.
Aufl., § 111 b, Randnr. 8 m.w.N.).
16
Der Senat geht aber davon aus, dass nunmehr in angemessener Zeit eine
Entscheidung gem. § 73 StGB über die Anordnung des Verfalls getroffen wird.
17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
18