Urteil des OLG Köln vom 21.12.1998

OLG Köln (uwg, zpo, beschwerde, umstände, hauptsache, norm, berufsbild, bezug, handwerk, verletzung)

Oberlandesgericht Köln, 6 W 52/98
Datum:
21.12.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 W 52/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 198/97
Schlagworte:
Handwerksrolle
Normen:
ZPO § 91A, 567 FF; HANDWO §§ 1 FF, 6 FF; UWG §§ 1, 13
Leitsätze:
Allein die Nichteintragung in die Handwerksrolle (hier: für das
Straßenbauer-Handwerk) reicht für die Annahme eines
wettbewerbswidrigen Verhaltens (§ 1 UWG) eines
Gewerbebetreibenden, der Arbeiten aus dem Bereich des
Straßenbauer-Handwerks anbietet und ausführt, nicht aus. Hinzutreten
müssen wettbewerbsrelevante Umstände, aus denen sich eine
Beeinflussung der Wettbewerbslage zugunsten des nicht in die
Handwerksrolle Eingetragenen herleiten lassen. Darlegungs- und
beweispflichtig für derartige Umstände ist der Unterlassungsgläubiger.
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 1.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 10. Juni 1998 -
81 O 198/97- wird zurückgewiesen. Die Kosten des
Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
G r ü n d e:
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Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 ff ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige
Beschwerde der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
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Nach der in erster Instanz einvernehmlich herbeigeführten Erledigung der Hauptsache
war die Klägerin (zumindest) wie aus dem angefochtenen Beschluß des Landgerichts
ersichtlich mit den Kosten des Rechtsstreit zu belasten. Unter Berücksichtigung des bis
zur Erledigung der Hauptsache gegebenen Sach- und Streitstandes entspricht diese
Kostenverteilung jedenfalls billigem Ermessen (§ 91 a Abs. 1 ZPO), da die Klägerin -
ohne die übereinstimmende Erledigung der Hauptsache - mit ihrem im vorliegenden
Verfahren geltend gemachten Unterlassungsbegehren aller Voraussicht nach
unterlegen wäre.
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Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob der Beklagte die streitgegenständlichen
Arbeiten ausschließlich in bezug auf Privatgrundstücke beworben und/oder angeboten
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und/oder ausgeführt hat. Auch bedarf es weiter nicht des Eingehens auf die Frage, ob -
selbst wenn der Beklagte mit dem in Rede stehenden Rundschreiben aus September
1997 sowie mit der Rechnung vom 5. Oktober 1997 Arbeiten ausschließlich auf
privatem Grund und Boden beworben und in Ansatz gebracht hat - hierin solche
Tätigkeiten zu sehen sind, die unter das Berufsbild des Straßenbauer-Handwerks i. S.
der Definitionen des § 1 der Verordnung über das Berufsbild und über die
Prüfungsanforderungen im praktischen und im fachtheoretischen Teil der
Meisterprüfung für das Straßenbauer-Handwerk vom 2. September 1987 (BGBl. I, 2135)
fallen und die deshalb gemäß §§ 1 6 ff der Handwerksordnung (HandwO) solchen
selbständigen Handwerksbetrieben vorbehalten sind, die in der Handwerksrolle
eingetragen wurden. Das alles ist hier nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung.
Denn selbst unterstellt, daß es sich bei den streitgegenständlichen Arbeiten um solche
des Straßenbauer-Handwerks handelt und daß folglich dem Beklagten deren Angebot
und Ausführung im Rahmen seines selbständigen Betriebs nur bei entsprechender
Eintragung in die Handwerksrolle gestattet war und ist, können dem Vortrag der
Klägerin gleichwohl die Voraussetzungen des geltend gemachten
Unterlassungsanspruchs nach Maßgabe der §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht
entnommen werden. Denn der hier allein in Betracht zu ziehende Verstoß des
Beklagten gegen die §§ 1 ff, 6 ff HandwO vermag für sich genommen einen der
Prozeßführungsbefugnis und Aktivlegitimation der Klägerin unterfallenden
wettbewerbrechtlichen Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt des "Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch" nicht ohne weiteres zu
begründen. § 1 UWG ist keine Blankettnorm, die (lediglich) der Ausfüllung durch einen
Gesetzesverstoß bedürfte, um das Vorgehen des Verletzers wettbewerbswidrig zu
machen. Ein Gesetzesverstoß begründet vielmehr nur dann zugleich den Vorwurf der
wettbewerblichen Unlauterkeit i. S. von § 1 UWG, wenn dies nach der sittlich-rechtlichen
Wertung, die der verletzten (außerwettbewerbsrechtlichen) Norm zugrundeliegt,
gerechtfertigt und angebracht ist. Steht die Verletzung einer aus Gründen ordnender
Zweckmäßigkeit erlassenen, bestimmten verwaltungs- und wirtschaftspolitischen Zielen
dienenden, sogenannten "wertneutralen" Norm in Rede, liegt regelmäßig ein aus
wettbewerbsrechtlicher Sicht unlauteres Verhalten nur dann vor, wenn der Handelnde
bewußt und planmäßig vorgeht, um sich dadurch einen sachlich ungerechtfertigten
Vorsprung vor seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen (vgl. BGH GRUR
1993, 78/82 -"Österzola"-; BGH GRUR 1993, 397 -"Trockenbau"-; BGH GRUR 1992,
123 -"Kachelofenbauer II"-; BGH GRUR 1980, 246 -
"Praxiseigenes Zahnlabor"-; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Auflage,
Rdn. 646 zu § 1 UWG; Köhler/Piper, UWG, Rdn. 344 zu § 1 UWG - jeweils m.w.N.). Da
die vorbezeichneten Vorschriften der HandwO aber wertneutrale Vorschriften darstellen
( vgl. BGH GRUR 1980,246 -"Praxiseigenes Zahnarztlabor"-; Baumbach/Hefermehl,
a.a.O., Rdn. 632 zu § 1 UWG - m.w.N.), hätte es des Hinzutretens derartiger
wettbewerbsrelevanter Umstände auf Seiten des Beklagten bedurft. Solche können dem
Vortrag der für die Voraussetzungen des geltend gemachten Wettbewerbsverstoßes
darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin jedoch im Streitfall nicht entnommen
werden. Denn inwiefern allein die Nichteintragung in die Handwerksrolle dem
Beklagten überhaupt die Möglichkeit verschafft, die Wettbewerbslage zu seinen
Gunsten zu beeinflussen, geht aus dem Vortrag der Klägerin oder aus dem Sachverhalt
im übrigen nicht hervor. Es ist danach weder erkennbar, daß der Beklagte seine
Angebote und Arbeiten erst durch den Gesetzesverstoß auf dem Markt zur Geltung
bringen könnte, noch, daß deren Vorteilhaftigkeit in bezug auf Preis oder Qualität auf
eben diesem Verstoß gegen die §§ 1 ff, 6 ff HandwO beruhten (vgl.
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Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdn. 646 zu § 1 UWG; Köhler/Piper, a.a.O., Rdn. 345/346
zu § 1 UWG ). Lassen sich dem Vortrag der Klägerin die Voraussetzungen eines zu dem
geltend gemachten Gesetzesverstoß hinzutretenden wettbewerblich unlauteren
Verhaltens des Beklagten nach alledem nicht entnehmen, war das
Unterlassungsbegehren aber von Anfang an unbegründet und rechtfertigt sich die mit
der sofortigen Beschwerde angegriffene Kostenentscheidung des Landgerichts, deren
Abänderung zu Lasten der Klägerin nach dem auch im Beschwerdeverfahren
anwendbaren Verschlechterungsverbot ausscheidet, danach in jedem Fall.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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