Urteil des OLG Köln vom 06.04.2000
OLG Köln: geschäftsführung ohne auftrag, versicherungsschutz, rückgriff, haftpflichtversicherer, öffentlich, verordnung, staatshaftung, innenverhältnis, versicherungspflicht, kreis
Oberlandesgericht Köln, 7 U 195/99
Datum:
06.04.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 U 195/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 5 O 126/99
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln
vom 03.08.1999 - 5 O 126/99 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die
Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung
der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 9.000,00 DM abwenden,
wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung
durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und
selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen
zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen. Die Revision gegen dieses
Urteil wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin ist Haftpflichtversicherer eines Sonderkraftfahrzeugs zum Transport von
Rollstuhlfahrern mit dem amtlichen Kennzeichen ......... Halter dieses Fahrzeugs ist der
A.-S.-Bund in K..
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Am 03.01.1997 verursachte der beim A.-S.-Bund eingesetzte Zivildienstleistende M. bei
einer Sondertransportfahrt schuldhaft einen Verkehrsunfall. Dabei wurde die
Rollstuhlfahrerin K.K., deren Rollstuhl auf der Ladefläche des Sonderkraftfahrzeuges
ordnungsgemäß befestigt war, schwer verletzt. Sie verstarb am 06.01.1997 an den
Folgen des Unfalls. Außerdem wurden ein entgegenkommender Kraftomnibus sowie
ein am Straßenrand geparktes Fahrzeug beschädigt.
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Die Klägerin regulierte die von den Geschädigten geltend gemachten immateriellen und
materiellen Schäden und hat folgende Zahlungen geleistet:
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an die Erben der getöteten Frau K.:
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ein Schmerzensgeld von 6.000,00 DM,
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Kosten einer ärztlichen Auskunft: 92,00 DM,
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Beerdigungskosten (pauschal): 20.500,00 DM,
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Anwaltskosten: 2.939,74 DM,
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Behandlungskosten: 2.409,84 DM
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Zusammen: 31.941,58 DM
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für Schäden am PKW (Halterin W.):
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Sachverständigenkosten: 447,50 DM,
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Reparaturkosten: 4.593,56 DM,
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Nutzungsausfall: 245,00 DM
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Zusammen: 5.286,06 DM
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für Schäden an dem Kraftomnibus (Halterin: Regionalverkehr K. GmbH):
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Reparaturkosten: 19.451,22 DM,
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Vorhaltekosten: 2.276,96 DM
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Zusammen: 21.728,18 DM
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- sonstige Kosten:
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Kosten eines Strafaktenauszuges: 96,60 DM
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Reinigungskosten der Stadt K.: 233,00 DM
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Zusammen: 329,60 DM
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Die Klägerin nimmt mit der vorstehenden Klage die beklagte Bundesrepublik im Wege
des bereicherungsrechtlichen Rückgriffs und des Gesamtschuldnerausgleichs auf
Zahlung der von ihr erbrachten Versicherungsleistungen in Anspruch.
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Dazu hat sie im wesentlichen geltend gemacht:
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Soweit es um den Ausgleich der immateriellen Schäden gehe, habe sie an die Erben
der getöteten Frau K. ein Schmerzensgeld von 6.000,00 DM gezahlt, ohne dazu
verpflichtet zu sein. Mitversichert im Sinne des § 10 Abs. 2 c) AKB sei der
Zivildienstleistende M. nur dann, wenn gegen ihn Schadensersatzansprüche aufgrund
gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts geltend gemacht werden.
Dies sei aber nicht der Fall, weil sich die Haftung der Zivildienstleistenden nach
Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) und damit nach öffentlich-
rechtlichen Vorschriften richte. Da der A.-S.-Bund in keinem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis zu der beklagten Bundesrepublik stehe, sei überdies auch § 10 Abs. 2
f) AKB nicht einschlägig. Eine Versicherungspflicht nach § 3 Nr. 1 PflVersG habe
danach niemals bestanden, so dass die Zahlung des Schmerzensgeldes ohne
Rechtsgrund erfolgt sei.
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Hinsichtlich der materiellen Schäden habe sie zwar gegenüber den Geschädigten nach
§§ 3 Nr. 1, 9 S. 2 PflVersG die Ansprüche erfüllen müssen, im Innenverhältnis zu der als
Gesamtschuldnerin haftenden Bundesrepublik habe jedoch diese den Schaden allein
zu tragen, weil der Zivildienstleistende den Unfall schuldhaft verursacht habe, sie selbst
aber für die Unfallfolgen nur aus Gefährdungshaftung einzustehen habe.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 59.295,42 DM nebst 7,5 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages hat sie im wesentlichen darauf
verwiesen, dass ein Bereicherungsanspruch schon deshalb scheitere, weil die Klägerin
in Kenntnis dessen, dass sie zur Zahlung des Schmerzensgeldes nicht verpflichtet sei,
geleistet habe. Ebensowenig bestehe ein Aufwendungsersatzanspruch aus
Geschäftsführung ohne Auftrag.
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Überdies könne die Eintrittspflicht der Klägerin als Haftpflichtversicherer nicht davon
abhängen, ob (zufällig) ein Zivildienstleistender und nicht ein Angestellter der
Beschäftigungsstelle das Sonderkraftfahrzeug geführt habe. Die Auffassung der
Klägerin, § 10 Abs. 2 c) AKB greife bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden nicht ein,
führe im übrigen zu dem unhaltbaren Ergebnis, dass der Dienstherr im Falle
grobfahrlässigen Handelns bei dem Zivildienstleistenden Rückgriff nehmen könne. Dies
laufe aber dem Schutzgedanken des § 10 Abs. 2 c) AKB zuwider und führe außerdem
zu dem wirtschaftlich nicht vertretbaren Ergebnis, dass die Beklagte die Rolle des
Haftpflichtversicherers übernehme und auf diese Weise die Klägerin trotz voller
Prämienzahlungen von ihren Leistungspflichten entlastet werde.
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Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich des
geleisteten Schmerzengeldes hat es, insoweit der Klägerin folgend, den
bereicherungsrechtlichen Rückgriff zugelassen und in diesem Zusammenhang darauf
verwiesen, dass die Voraussetzungen für eine Eintrittspflicht der Klägerin nach § 3 Nr. 1
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PflVersG i.V.m. § 10 Abs. 2 c) und f) AKB nicht gegeben seien. Hinsichtlich des
materiellen Schadens seien beide Parteien als Gesamtschuldner anzusehen, im
Innenverhältnis habe diesen jedoch die Beklagte in entsprechender Anwendung des §
254 BGB allein zu tragen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 11.08.1999 zugestellte Urteil mit bei Gericht am
13.09.1999 (Montag) eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie innerhalb
der ihr bis 15.11.1999 gewährten Fristverlängerung mit bei Gericht am gleichen Tage
eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
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Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere
verweist sie darauf, dass die Vorschrift des § 839 BGB, aus der sich die Haftung der
Bundesrepublik in Verbindung mit Artikel 34 GG ergebe, sehr wohl als Anspruchsnorm
privatrechtlichen Inhalts verstanden werden könne und deshalb § 10 Abs. 2 c) AKB
Anwendung finde. Zu bedenken sei überdies, dass bei der Teilnahme am allgemeinen
Straßenverkehr unter Ausschluss des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB der Grundsatz der
haftungsrechtlichen Gleichbehandlung gelte. Dann sei es aber nur konsequent, auch
den Haftungsgrund unabhängig davon, ob er sich aus privatrechtlichen oder öffentlich-
rechtlichen Bestimmungen ergebe, gleich zu behandeln.
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Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die zur
Verurteilung der Beklagten führenden Feststellungen des Landgerichts.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der beiderseits gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen
ergänzend Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht gegenüber der beklagten
Bundesrepublik der mit der Klage verfolgte Zahlungsanspruch unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt zu. Die Klage ist deshalb unter Abänderung des angefochtenen Urteils
abzuweisen.
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I.
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1. Der vorstehenden Klage liegt eine Fallgestaltung zugrunde, bei der ein
Zivildienstleistender bei der Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr mit einem
haftpflichtversicherten Fahrzeug der Beschäftigungsstelle schuldhaft einen
Verkehrsunfall verursacht. Ob in einem solchen Fall der Anspruch des
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Geschädigten gegen die Bundesrepublik wegen Verschuldens des
Zivildienstleistenden (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) unter den
Versicherungsschutz fällt, ist bisher, soweit ersichtlich, höchstrichterlich nicht
entschieden worden. Allerdings hat sich der Senat schon mit (Teil-) Aspekten der
sich bietenden Problematik befasst (vgl. Urteil vom 07.12.1995 - 7 U 56/95 -), die
Frage aber letztlich auf sich beruhen lassen, weil es für den Kläger bei der in
jenem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachgestaltung unzumutbar war, zunächst
den Haftpflichtversicherer zu verklagen. Dem hat sich der Bundesgerichtshof
angeschlossen (BGH NJW 1997, 2109 = VersR 1997, 967).
1. Die nunmehr zu entscheidende Frage ist dahin zu beantworten, dass bei
Fallkonstellationen der vorliegenden Art sowohl wegen der immateriellen als auch
der materiellen Schäden Versicherungsschutz in erweiternder Auslegung des § 10
Abs. 2 c) AKB besteht mit der Folge, dass im Verhältnis der Parteien zueinander
die Klägerin als Haftpflichtversicherer allein haftet und ihr deshalb der Rückgriff
gegen die Beklagte, auf welche Rechtsgrundlage er auch immer gestellt wird,
verwehrt ist. Dabei verkennt der Senat nicht, dass einer ausdehnenden Auslegung
der Allgemeinen Kraftfahrtversicherungsbedingungen prinzipiell enge Grenzen
gesetzt sind. Die Auslegung oder analoge Anwendung der hier in Rede stehenden
Bestimmung des § 10 Abs. 2 c) AKB ist andererseits entgegen der Ansicht der
Klägerin nicht im Hinblick auf den Vertragscharakter der allgemeinen
Kraftfahrtversicherungsbedingungen grundsätzlich ausgeschlossen. Die Regelung
entspricht nämlich wörtlich dem § 2 Abs. 2 Nr. 3 der Verordnung über den
Versicherungsschutz in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (KfzPflVV).
Dann ist aber eine Auslegung jedenfalls insoweit zulässig, als die gesetzlichen
Vorgaben beachtet werden. Die Versicherungsbedingungen wollen der genannten
Verordnung genügen. Sie bestimmen den Kreis der Mitversicherten wie § 2 Abs. 2
der Verordnung. Dann ist aber eine erweiternde oder analoge Anwendung nach
den Grundsätzen zur Auslegung von Rechtsnormen möglich.
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Geht man allein vom Wortlaut der Vorschrift aus, so spricht dieser gegen die hier
vertretene Auffassung, weil der als Fahrer eines Sonderfahrzeuges eingesetzte
Zivildienstleistende im Hinblick auf die Regelung des Artikel 34 GG für den
eingetretenen Schaden nicht einzustehen hat und deshalb Schadensersatzansprüche
aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen ihn nicht
erhoben werden können.
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Diese allein am Wortlaut orientierte Auffassung berücksichtigt jedoch nicht hinreichend,
dass die Amtshaftung entwicklungsgeschichtlich und rechtssystematisch zum Bereich
der unerlaubten Handlungen gehört, also zu allererst dem Privatrecht zuzuordnen ist. §
839 BGB bildet einen Sondertatbestand der unerlaubten Handlung (BGHZ 34, 375
(380)), der die Haftung der Beamten behandelt und dabei nicht zwischen
Amtspflichtverletzungen im privatrechtlichen Wirkungskreis der Beamten einerseits und
solchen im hoheitlichen Tätigkeitsbereich andererseits unterscheidet (BGHZ 34, 99
(104) = NJW 1961, 658 (600)). Art. 34 S. 1 GG verlagert (lediglich) bei Handlungen in
Ausübung eines anvertrauten öffentlichen Amtes (= hoheitlicher Tätigkeitsbereich) die
aus § 839 BGB den handelnden Amtswalter persönlich treffende
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Schadensersatzverpflichtung auf den Hoheitsträger und wirkt damit als
verfassungsrechtlich verbürgte befreiende Schuldübernahme (vgl. Ossenbühl,
Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 10 m.w.N.; Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen,
§ 839, Rd. 22). Die Eigenart der Amtshaftung besteht also darin, dass sie von der
persönlichen Haftung des handelnden Amtswalters ausgeht und diese Haftung auf den
Staat überleitet. Es handelt sich insoweit um eine mittelbare Staatshaftung, nicht um
eine unmittelbare Staatshaftung, die als unmittelbares Zurechnungssubjekt den Staat
selbst ansprechen müsste. Daraus folgt, dass Art. 34 GG auch heute noch nicht als
"originäre" Anspruchsgrundlage, sondern "angeseilt" an § 839 BGB als bloße
Passivlegitimationsnorm verstanden werden muss (Ossenbühl a.a.O., S. 11 m.w.N.).
Wenn also Art. 34 GG von "Verantwortlichkeit" spricht, so ist damit die in § 839 BGB
bestimmte Verantwortung gemeint, die durch Artikel 34 GG lediglich in Bezug auf die
Passivlegitimation verschoben wird.
In seinem rechtsdogmatischen Ausgangspunkt beruht mithin das Amtshaftungsrecht auf
einer gesetzlichen Haftungsbestimmung privatrechtlichen Inhalts. Dies wird auch daran
deutlich, dass in Teilbereichen eine Haftungsverlagerung nicht stattfindet, die
Eigenhaftung des Beamten vielmehr bestehen bleibt. Dies gilt etwa nach § 5 RBHG für
die Gebührenbeamten, zu denen die Bezirksschornsteinfegermeister bei der
Bauabnahme und Brandstättenschau (BGHZ 62, 372) und die Vermessungsingenieure
zählen wie auch der Notar, für den allerdings in § 19 BNotO eine besondere
Haftungsgrundlage existiert. Besondere Regelungen bestehen ferner hinsichtlich der
Beschränkung der Staatshaftung für Ausländer, wonach im Einzelfall die persönliche
Haftung des Beamten sowohl des Bundes als auch der Länder bestehen bleiben kann
bzw. verschiedentlich nach der derzeitig geltenden Gesetzeslage bestehen bleibt (vgl.
zum Sachstand: Ossenbühl, a.a.O., S. 98 ff.). Dies weist aber darauf hin, dass unter die
gesetzlichen Haftungsbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auch jene über die
Amtshaftung fallen. Die privatrechtliche Grundlage des Amtshaftungsanspruchs wird
durch die - dem öffentlichen Recht zuzuordnende - Zurechnungsnorm des Art. 34 GG
nicht geändert. Demzufolge läßt sich aus den §§ 1 ff. Kraftfahrzeug-
Haftpflichtversicherungsverordnung (KfzPflVV), die den gesetzlichen Rahmen für die
allgemeinen Kraftfahrtversicherungsbedingungen (AKB) bilden, auch nicht entnehmen,
dass im Amtshaftungsrecht wurzelnde Ansprüche vom Versicherungsschutz
ausgenommen werden sollten. Aus der Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 6 KfzPflVV, die mit
§ 10 Abs. 2 f) AKB inhaltlich übereinstimmt, ergibt sich sogar, dass nach dem Willen des
Gesetzgebers (gerade auch) die Fälle des Art. 34 GG unter die Vorschrift fallen sollen
(typischer Fall: Schädigung eines Dritten auf einer Dienstfahrt mit der Folge eines
Anspruchs des Dritten gegen die Anstellungskörperschaft des Versicherungsnehmers
nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG).
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1. Darüber hinaus führt die bloße Wortinterpretation im Rahmen des § 10 Abs. 1 und
2 AKB zu nicht hinnehmbaren Unzuträglichkeiten, wenn der Unfall durch den
Zivildienstleistenden grobfahrlässig verursacht wird. In diesem Fall hat er nämlich
seinem Dienstherrn im Wege des Rückgriffs (§ 34 Abs. 1 ZDG) den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen, während er im anderen Falle, dass sich der
Versicherungsschutz auch auf ihn erstreckt, einer solchen Belastung nicht
ausgesetzt wird. Dieser Wertungswiderspruch verstärkt sich noch dadurch, dass er
haftungsrechtlich schlechter gestellt wird als etwa Wehrdienstpflichtige, die mit
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Dienstkraftfahrzeugen aufgrund grobfahrlässigen Verschuldens in einen Unfall
verwickelt werden. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 PflVG hat nämlich die gemäß § 2 Abs. 1
Nr. 1 PflVG von der Versicherungspflicht befreite Beklagte bei Schäden der in § 1
PflVG bezeichneten Art für den Fahrer (wehrpflichtigen Soldaten) in gleicher
Weise und gleichem Umfang einzutreten wie ein Versicherer bei Bestehen einer
Haftpflichtversicherung. Ein Rückgriff gegen den Fahrer ist nach Maßgabe des § 2
Abs. 2 S. 4 PflVG ausgeschlossen. Anders als der Zivildienstleistende haftet
demnach der wehrdienstpflichtige Soldat in einem vergleichbaren Fall nicht. Für
eine solche systemwidrige Konsequenz gibt es keinen rechtfertigenden Grund.
Die Beklagte verweist überdies mit Recht darauf, dass die von der Klägerin
vertretene Auffassung zu einer nicht gerechtfertigten Entlastung des
Haftpflichtversicherers für den Fall führt, dass das Sonderkraftfahrzeug von einem
Zivildienstleistenden geführt wird.
1. Fällt aber danach der Zivildienstleistende M. als Fahrer des
Sonderkraftfahrzeuges in den Kreis der mitversicherten Personen im Sinne des §
10 Abs. 2 c) AKB, so stehen der Klägerin gegenüber der Beklagten weder
Bereicherungsansprüche noch Ansprüche aus einem zwischen den Parteien etwa
bestehenden Gesamtschuldnerverhältnis zu, weil die Klägerin gem. § 3 Nr. 9
PflVG im Verhältnis der Gesamtschuldner zueinander allein verpflichtet ist.
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II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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III.
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Die Rechtssache behandelt Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, die noch
nicht entschieden sind und wichtige Problemkreise betreffen, zu denen verschiedene
Ansichten vertretbar sind. Der Senat läßt deshalb die Revision gemäß § 546 Abs. 1 Nr.
1 ZPO zu.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer der Klägerin:
59.295,42 DM
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