Urteil des OLG Köln vom 06.11.1992

OLG Köln (deklaratorische wirkung, geschäftsführer, eintragung, zeuge, handelsregister, bestellung, wert, zpo, gerät, wirkung)

Oberlandesgericht Köln, 19 U 109/92
Datum:
06.11.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 109/92
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 86 O 190/90
Schlagworte:
Geschäftsführer GmbH deklaratorisch Eintragung
Normen:
HGB §§ 15 I; GMBHG §§ 6 III, 46 NR. 5
Leitsätze:
Ist einem Dritten bekannt, daß die Gesellschafter einer GmbH eine
bestimmte Person zum Geschäftsführer bestellt haben, so kann sich die
GmbH dem Dritten gegenüber darauf berufen, auch wenn die Bestellung
noch nicht ins Handelsregister eingetragen worden ist. Die Eintragung
hat nur deklaratorische Wirkung. Ein Schuldner kann auch an den
wirksam bestellten Geschäftsführer persönlich mit befreiender Wirkung
gegenüber der GmbH leisten.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13.02.1992 verkündete Urteil
der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 86 O 190/90 -
wie folgt teilweise abgeändert und neu gefaßt: Die Beklagte wird
verurteilt, an die Klägerin 530,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem
04.10.1990 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die
weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Von den Kosten des
Rechtsstreits I. Instanz trägt die Klägerin 54 %, die Beklagte 46 %. Von
den Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin 85 %, die Beklagte
15 %. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur teilweise Erfolg.
2
1. Von dem geltend gemachten Kaufpreis für den
3
Computer "A." nebst Zubehör steht der Klägerin nur ein Teilbetrag von insgesamt
530,00 DM zu. Insoweit hat die Beklagte anerkannt, für den bei ihr verbliebenen Monitor
280,00 DM zu schulden. Wie in der mündlichen Verhandlung vom 16.10.1992 im
einzelnen erörtert worden ist, ist jedoch der auf diesen Monitor entfal-lende Teil des
Kaufpreises laut Rechnung vom 21.03.1990 mit 380,00 DM angemessen berechnet.
Hinzu kommen 150,00 DM für die Tastatur, die ebenfalls bei der Beklagten verblieben
4
ist. Auch dieser Punkt ist in der mündlichen Ver-handlung mit den Parteien erörtert
worden.
Ein weiterer Kaufpreisanspruch steht der Klä-gerin nicht zu. Nach dem Ergebnis der
Beweis-aufnahme geht der Senat mit dem Landgericht davon aus, daß der Zeuge S.
den Computer im Auftrag der Beklagten an die Klägerin zur Überprüfung übergeben hat.
Da die Klägerin unstreitig nicht in der Lage ist, das Gerät an die Beklagte
zurückzugeben, hat sie sich insofern wegen positiver Vertragsverletzung einer
vertraglichen Nebenpflicht schadenser-satzpflichtig gemacht, so daß der Kaufpreis-
forderung der Klägerin eine gleich hohe Scha-densersatzforderung der Beklagten
gegenüber-steht. Deshalb ist die Klägerin gehindert, ih-re Kaufpreisforderung über die
oben erwähnten 530,00 DM hinaus durchzusetzen.
5
Der Senat verkennt nicht, daß der Zeuge S. leichtsinnig gehandelt haben mag, als er
das Gerät einem ihm Unbekannten im Geschäft der Klägerin übergab, ohne vorher mit
dem zustän-digen Techniker P., den er kannte, gesprochen zu haben und ohne sich für
das Gerät eine Quittung geben zu lassen. Eine solche Verhal-tensweise ist jedoch
gerade dann, wenn der Zeuge S., wie er geschildert hat, in Eile war, nicht lebensfremd.
Dies um so weniger, als die Parteien bereits vorher in Geschäfts-beziehungen
gestanden hatten und es bis dahin nicht zu Schwierigkeiten gekommen war. Da die
Klägerin zudem im Schriftsatz vom 15.10.1992 eingeräumt hat, daß bei ihr, abgesehen
von dem Zeugen Ke., zur fraglichen Zeit hin und wieder Aushilfskräfte beschäftigt
gewesen seien, ist auch mit Hilfe des Zeugen Ke. die Aussage des Zeugen S. nicht zu
widerlegen. Der Zeuge Sch. hat bereits vor dem Landgericht erklärt, daß er von den
Vorgängen nichts wisse. Unter diesen Umständen bedurfte es der vom Senat zunächst
vorgesehenen Zeugenvernehmungen nicht mehr.
6
1. Die Kostenentscheidung des Landgerichts war
7
jedoch insoweit abzuändern, als der Beklagten die auf den erledigten Teil der
Hauptsache entfallenden Kosten nach § 91 a ZPO aufzuerle-gen waren.
8
Das Landgericht hat unter Anwendung des Rechtsgedankens von § 93 ZPO gemeint,
die Beklagte habe keine Veranlassung zur Klage gegeben und sofort anerkannt. Denn
vor Eintra-gung des Liquidators der Klägerin Dr. Li. ins Handelsregister am 22.05.1991
habe für die Be-klagte keine Klarheit über die Empfangszustän-digkeit hinsichtlich der
Kaufpreisforderung bestanden. Die Beklagte habe nicht erkennen können, ob Dr. Li.
seinerzeit wirksam zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt worden sei. Unstreitig hat
jedoch die Beklagte von der Klägerin im September/Oktober 1990 eine Kopie der
notariellen Anmeldung zum Handels-register erhalten, woraus sich ergab, daß die Firma
der Klägerin geändert und Dr. Li. zum Geschäftsführer bestellt worden war, und zwar in
der Gesellschafterversammlung vom 06.07.1990. Damit war seine Bestellung gemäß
den §§ 6 Abs. 3, 46 Nr. 5 GmbHG nachgewiesen. Die Beklagte hat im Prozeß zu keiner
Zeit in Zweifel gezogen, daß diese Bestellung tatsäch-lich so wie beurkundet erfolgt sei.
Offenbar hat das Landgericht gemeint, die Eintragung der Bestellung im Handelsregister
sei konsti-tutiv. Dies trifft indessen nicht zu, viel-mehr hat die Eintragung nur
deklaratorischen Charakter (vgl. z. B. Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 14. Aufl., § 39
9
Rnr. 15). Da die Beru-fung zum Geschäftsführer der Beklagten bekannt war, konnte sich
die Klägerin ihr gegenüber darauf berufen, auch wenn eine Eintragung ins
Handelsregister nicht erfolgt war (§ 15 Abs. 1 HGB). Von einer "Nichtberechtigung" des
Geschäftsführers Dr. Li., von der das Landge-richt auf S. 8 seines Urteils spricht, kann
unter diesen Umständen nicht die Rede sein.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf beru-fen, daß Dr. Li. Zahlung auf ein Konto "K.
Li. w/d. m." oder Scheckzahlung an seine Adresse in W. verlangte. Da er wirksam zum
Geschäfts-führer bestellt war, konnte die Beklagte mit befreiender Wirkung auch an ihn
leisten (OLG Saarbrücken OLGZ 88, 47; Palandt/Heinrichs, BGB 51. Aufl., § 362 Rnr. 3).
Aus der Konto-bezeichnung geht im übrigen hervor, daß es sich um ein Sonderkonto
handelte. Unter diesem Umständen bestand für die Beklagte kein Grund zur
Zahlungsverweigerung, und sie hat Anlaß zu der späteren Klage gegeben.
10
Dies führt im Ergebnis dazu, daß die Klä-gerin von den Kosten der I. Instanz 54 % zu
tragen hat, die Beklagte 46 %. Bis zur Erledigungserklärung am 30.09.1991 waren ei-ne
Gerichtsgebühr und je eine Anwaltsgebühr nach einem Streitwert von 9.779,83 DM
angefal-len, danach eine weitere Gerichtsgebühr und je 2 Anwaltsgebühren nach einem
Streitwert von 3.591,00 DM. Bei einer Teilerledigungser-klärung ist für den Steitwert nur
der Wert der verbliebenen Hauptsache maßgebend, während die Kosten des erledigten
Teils außer Betracht bleiben (vgl. Senatsbeschluß vom 06.11.1991; OLGR Köln 1992,
11). Dies gilt auch für den Wert der Berufungsinstanz.
11
Im übrigen richtet sich die Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
12
Das Urteil ist nach den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.
13
Streitwert für die II. Instanz: 3.591,00 DM.
14
Wert der Beschwer der Klägerin: 3.061,00 DM.
15
Wert der Beschwer der Beklagten: 530,00 DM.
16