Urteil des OLG Köln vom 19.05.1993

OLG Köln (halle, angebot, auftrag, sanierung, errichtung, hinweispflicht, herstellung, werk, ausdrücklich, anfang)

Oberlandesgericht Köln, 13 U 2/93
Datum:
19.05.1993
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 2/93
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 10 O 326/90
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. Dezember 1992 verkündete
Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 10 O 326/90 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin. Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, weil das
angefochtene Urteil zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlichen
Werklohns gemäß § 631 BGB verneint hat.
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Dabei kann offenbleiben, ob der Anspruch der Klägerin tatsächlich 66.380,04 DM
beträgt, von dem sie einen Teilbetrag von 50.184,95 DM in der in der
Berufungsbegründung bestimmten Reihenfolge geltendmacht. Denn auch ein
Anspruch in dieser Hö-he besteht nicht, weil der Beklagte einen Anspruch auf
Vorschußzahlung wegen der Feuchtigkeit in der Halle hat, der mehr als 66.380,04
DM beträgt.
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Nach den eindeutigen Feststellungen des Sachver-ständigen, die mit den
Feststellungen des von der Klägerin beauftragten Sachverständigen über-
einstimmen, ist das Ziegelmauerwerk der Halle fehlerhaft, weil es nur in 24 cm Dicke
errichtet ist. Ein solches Mauerwerk kann das Eindringen von Feuchtigkeit durch
Schlagregen nicht verhindern. Es hätte nach den technischen Regeln wenigstens 31
cm stark sein müssen.
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Der Klägerin ist zuzugeben, daß insoweit der von dem Beklagten beauftragte
Architekt das Mauerwerk falsch geplant hat. Dieser Planungsfehler entla-stet sie
jedoch im Verhältnis zum Beklagten nicht.
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Die Klägerin war gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B - dieses Regelwerk lag dem Bauvertrag
zugrunde - verpflich-tet, auf ihre Bedenken gegen die Ausführung des Mauerwerks in
24 cm Dicke hinzuweisen. Daß sie einen solchen zuverlässigen Hinweis gegeben
hat, trägt sie substantiiert nicht vor. Unstreitig hat sie keinen schriftlichen Hinweis
erteilt. Zwar mag ein zuverlässiger mündlicher Hinweis zur Erfül-lung der dem
Bauunternehmer insoweit obliegenden Pflicht ebenfalls ausreichen. Von der
Erteilung eines solchen Hinweises kann indes nicht ausgegan-gen werden.
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Ihr Geschäftsführer will Anfang Oktober 1989 auf der Baustelle den Beklagten gefragt
haben, ob al-lein die Steine des Mauerwerks das Innenleben der Halle vor Kälte und
Nässe schützen sollten. Darauf habe der Beklagte erwidert, das gehe schon in
Ordnung. Er habe sich mit dem Steinehersteller in Verbindung gesetzt. Ein solches
Mauerwerk sei aus-reichend. Dem habe der Architekt beigepflichtet.
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Eine solche Äußerung des Geschäftsführers der Klägerin ist nicht geeignet, die
dieser obliegen-de Hinweispflicht zu erfüllten. Der Hinweis muß geeignet sein, dem
Bauherren nachdrücklich die Gefahren aus der geplanten und beabsichtigten
Errichtung des Mauerwerks vor Augen zu führen. Die Klägerin hätte deshalb
ausdrücklich darauf hinwei-sen müssen, daß das Mauerwerk nicht vor Feuchtig-keit
durch Schlagregen schützen könne. Mit der Er-widerung des Beklagten, er habe sich
mit dem Stei-nehersteller in Verbindung gesetzt, durfte sich die Klägerin nicht
begnügen. Sie mußte vielmehr eindringlich dem Beklagten und seinem Architekten
erläutern, daß nach ihrer Erfahrung als Bauunter-nehmerin das Mauerwerk in der
geplanten Stärke keinesfalls zum Schutz vor Schlagregen ausreichend sei.
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Einen solchen ausführlichen und unmißverständli-chen Hinweis hat die Klägerin
nach ihrem eigenen Vorbringen nicht erteilt, so daß von einer Verlet-zung der
Hinweispflicht ohne Beweisaufnahme auszu-gehen ist.
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Die Verletzung der Hinweispflicht führt dazu, daß die Klägerin im Verhältnis zum
Beklagten allein für den Schaden verantwortlich ist, sich insbe-sondere nicht darauf
berufen kann, der Beklagte müsse sich den Planungsfehler seines Architekten
anspruchsmindernd anrechnen lassen. Ein Mitver-schulden des Bauherren und
seines Architekten als Erfüllungsgehilfen kommt nur dann in Betracht, wenn der
Bauunternehmer seine Prüfungs- und Hin-weispflichten nur fahrlässig verletzt hat.
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Unter-läßt er den Hinweis auf erkannte Mängel, so ist er immer allein für den
Schaden verantwortlich (vgl. BGH Baurecht 1991, Seite 79 m.w.N.). So liegt es hier,
denn die Klägerin trägt selbst vor, daß sie die unzureichende Mauerstärke im
Hinblick auf Feuchtigkeitsschutz vor Schlagregen erkannt hat.
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Haftet die Klägerin mithin für den Baumangel in vollem Umfang, kann der Beklagte
mit Recht die Ko-sten der Sanierung im Vorschußwege verlangen.
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Als Sanierung kommt nur in Betracht die Anbringung eines wasserabweisenden
Außenputzes oder die au-ßenseitige Anbringung einer Verblendschale.
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Außenputz kostet netto 23.300,80 DM. Diese Kosten hätte der Beklagte auch
aufbringen müssen, wenn er sich von vornherein entschieden hätte, es bei dem
Mauerwerk von 24 cm Dicke zu belassen, aber zusätzlich einen Außenputz als
Feuchtigkeitsschutz aufzubringen. Sie stellen daher insgesamt Sowieso-kosten dar.
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Die nachträgliche Herstellung einer Verblend-schale kostet netto 59.935,40 DM.
Außerdem muß das Dach vergrößert werden, weil ein größerer Dachüberstand
hergestellt werden muß. Das kostet nachträglich rund 30.000,00 DM netto. Die Sanie-
rungskosten stellen sich daher insgesamt auf rund 104.000,00 DM brutto.
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Als Sowiesokosten sind abzusetzen die Herstellung eines qualitativ einwandfreien
einschaligen Mauer-werks mit 24.530,97 DM und für die Herstellung ei-nes größeren
Daches 2.414,32 DM. Diese beiden Net-tobeträge ergeben zusammen brutto
30.717,63 DM.
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Abzüglich dieser Sowiesokosten stellen sich die Sanierungskosten auf 73.282,37
DM, übersteigen al-so die von der Klägerin selbst errechnete Werk-lohnforderung bei
weitem.
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Der Beklagte ist auch berechtigt, die Sanierung durch nachträgliche Errichtung einer
Verblend-schale vornehmen zu lassen. Wäre er von Anfang an darauf hingewiesen
worden, das Mauerwerk von 24 cm Dicke sei unzureichend, hätte er nach Auf-
fassung des Senates stärkeres Mauerwerk in Auftrag gegeben. Stärkeres Mauerwerk
einschließlich des größeren Dachüberstandes hätte netto 26.945,29 DM mehr
gekostet (24.530,97 DM für das Mauerwerk und 2.414,32 DM für das größere Dach).
Außenputz hätte demgegenüber 23.200,80 DM netto gekostet. Der Mehrbetrag für
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Mauerwerk von rund 3.700,00 DM gegenüber den Kosten eines Außenputzes wäre
so ge-ring gewesen, daß ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, der
Beklagte hätte sich für stärkeres Mauerwerk entschieden, da er unstreitig aus opti-
schen Gründen die Errichtung der Halle in Ziegel-mauerwerk wünschte.
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Ohne rechtlichen Belang ist, daß der Beklagte die Sanierung bislang noch nicht hat
durchführen las-sen. Das beruht ersichtlich darauf, daß er wegen der Mängel einen
Rechtsstreit führt.
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Ob das Werk der Klägerin darüber hinaus noch ande-re Mängel aufweist, bedarf
keiner Entscheidung.
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Ein hilfsweiser Anspruch wegen der Halle 2 oder auf Bildung eines neuen Preises
nach § 2 Nr. 3 VOB/B für die errichtete Halle nebst Wohn-haus steht der Klägerin
nicht zu.
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Sie hatte zunächst auch ein Angebot für die La-gerhalle 2 abgegeben, wie aus ihrem
Leistungsver-zeichnis folgt. Mit Schreiben seines Architekten vom 17.07.1989 hat der
Beklagte den Auftrag jedoch ausdrücklich nur für Wohnhaus mit Doppelgarage und
eine Halle erteilt. Erst mit Schreiben vom 15.11.1989 ist der Auftrag für Fundamente
für Hal-le 2 erteilt worden.
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Rechtlich ist das als neues Angebot zum Vertrags-schluß zu werten. Denn das im
Leistungsverzeichnis liegende Angebot der Klägerin für Halle 2 ist durch das
Schreiben des Beklagten vom 17.07.1989 nicht angenommen worden. Das neue
Angebot vom 15.11.1989 wurde zu den Modalitäten des Auftrags-schreibens vom
17.07.1989 erteilt. Auf dieses Angebot hat die Klägerin am 23.11.1989 erwidert,
Berechnungsgrundlage für die Halle 2 seien ihre Einheitspreise ohne Abzug, also
ohne Nachlaß von 10,4 %.
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Rechtlich ist dieses Schreiben als Ablehnung des Angebotes verbunden mit einem
neuen Antrag zu werten, § 150 Abs. 2 BGB. Diesen neuen Antrag der Klägerin auf
Vertragsschluß in abgeänderter Form hat der Beklagte unstreitig nicht angenommen,
denn die Halle 2 ist nicht errichtet worden. Ein Bauvertrag bezüglich der Halle 2 ist
damit nicht geschlossen worden. Von einer Auftragskündigung durch den Beklagten
kann nicht ausgegangen werden, so daß auch ein Anspruch nach § 649 BGB oder §
8 Nr. 1 VOB/B nicht besteht.
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Ein Anspruch der Klägerin hinsichtlich des erteil-ten Bauauftrags auf neue
Preisbildung nach § 2 Nr. 3 VOB/B besteht ebenfalls nicht.
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Das ursprüngliche Angebot der Klägerin belief sich auf 485.388,62 DM. Die Klägerin
hat es später auf 456.000,00 DM brutto reduziert.
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In dem ursprünglichen Angebot war die Halle 2 mit 143.351,12 DM Baukosten
enthalten. Damit betrug der ursprüngliche Preis für die Halle 2 etwa 29,53 % des
gesamten Angebotes. Das anschließend im Preis reduzierte Angebot belief sich also
ohne die Halle 2 (abzüglich 29,53 %) auf 321.343,20 DM.
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Die Klägerin hat nunmehr einen ungekürzten Werk-lohnanspruch von 323.972,90 DM
errechnet. Danach kann von einer Mengenabweichung im Hinblick auf den der
Klägerin erteilten Auftrag nicht ausge-gangen werden, so daß auch ein Anspruch auf
neue Preisbildung nicht besteht.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Streitwert der Berufung und Wert der Beschwer der Klägerin: 50.184,95 DM.
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