Urteil des OLG Köln vom 14.01.2004
OLG Köln: grobes verschulden, anwartschaft, unterhaltspflicht, versorgung, ausschluss, nummer, splitting, therapie, beschränkung, einsichtsfähigkeit
Oberlandesgericht Köln, 27 UF 181/03
Datum:
14.01.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
27 UF 181/03
Vorinstanz:
Amtsgericht Siegburg, 30a F 338/01
Normen:
BGB § 1587 c Nr. 3
Leitsätze:
Zu den Voraussetzungen eines Ausschlusses des
Versorgungsausgleichs wegen gröblicher Verletzung der
Unterhaltspflicht infolge Alkoholismus.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 15.8.2003 wird der
Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Siegburg vom 18.7.2003
abgeändert:
Von dem Versicherungungskonto der Antragstellerin bei der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Konto Nummer xx xxxxxx x
xxx werden monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich
0,62 EUR bezogen auf den 30.11.2001 auf das
Rentenversicherungskonto des Antragsgegners bei der
Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz, Versicherungsnummer -- -----
- - --- -----
übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in
Entgeltpunkte (Ost) zu übertragen.
Von dem Versicherungungskonto der Antragstellerin bei der
Bundesversi-cherungsanstalt für Angestellte, Konto Nummer xx xxxxxx x
xxx werden monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich
96,68 EUR bezogen auf den 30.11.2001 auf das
Rentenversicherungskonto des Antragsgegners bei der
Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz, Versicherungsnummer -- -----
- - --- ----- übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in
Entgeltpunkte zu übertragen.
Zu Lasten der Anwartschaften der Antragstellerin auf eine
Versicherungsrente bei der Rheinischen Versorgungs- und
Zusatzversorgungskasse, Versicherungsnummer OOO.O-OOOOOOO/O
OO OOOOO werden monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von
2,79 EUR, bezogen auf den 30.11.2001 auf dem vorgenannten
Rentenversicherungskonto des Antragsgegners begründet.
Die Umrechnung der zu begründenden Rentenanwartschaften in
Entgeltpunkte wird angeordnet.Die Kosten des Beschwerdeverfahrens
werden gegeneinander aufgehoben, jedoch bleiben die Gerichtskosten
des Beschwerdeverfahrens außer Ansatz.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.201,08
EUR.
G r ü n d e
1
Die Beschwerde ist nach § 621 e ZPO zulässig und in der Sache auch begründet.
2
Die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c
BGB liegen nicht vor.
3
Soweit der Antragsgegner nicht zum Familienunterhalt beigetragen hat, kann dies unter
den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht als gröbliche Verletzung der
Unterhaltspflicht angesehen werden. Der Tatbestand des § 1587 c Ziff.f. 3 BGB kann
zwar auch durch eine unterlassene Zahlung von Kindes- und Trennungsunterhalt
verwirklicht werden. Vorausgesetzt wird aber immer eine gröbliche Pflichtverletzung, die
nur dann angenommen werden kann, wenn über die Nichterfüllung der Unterhaltspflicht
hinaus weitere objektive Merkmale vorliegen, die dem pflichtwidrigen Verhalten ein
besonderes Gewicht geben. Das lässt sich vorliegend nicht feststellen. Der
Antragsgegner ist alkoholabhängig. Das wusste die Antragstellerin schon, als sie eine
Beziehung mit ihm einging, denn die Parteien haben sich im Rheinischen
Landeskrankenhaus kennengelernt, wo die Antragstellerin arbeitete und der
Antragsgegner als Alkoholiker behandelt wurde. Das Verhältnis der Parteien war daher
von Anfang an mit dem Risiko behaftet, dass der Antragsgegner nicht dauerhaft für die
Familie würde sorgen können. Dass er es trotz der Hilfe der Antragstellerin nicht
geschafft hat, seine Erkrankung zu überwinden, kann ihm nicht als grobes Verschulden
zugerechnet werden. Insbesondere ist nichts dafür dargetan, dass er sich trotz
bestehender Einsichtsfähigkeit und der Fähigkeit, entsprechend dieser Einsicht zu
handeln, einer erfolgversprechenden Therapie verweigert hat. Auch war sein weiteres
Abgleiten für den Fall, dass die Antragstellerin ihn verließ, vorherzusehen. Die Ehe der
Parteien, die rund 2 Jahre nach der Eheschließung zusammengelebt und nach knapp 6
Jahren geschieden worden sind, war auch nicht so kurz, dass dieser Gesichtspunkt
einen Ausschluss oder eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs rechtfertigen
würde.
4
Die am 6.2.1970 geborene Ehefrau und der am 5.12.1964 geborene Ehemann haben
am 27.3.1997 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag ist am 6.12.2001 zugestellt
worden.
5
In der vom 1.3.1997 bis 30.11.2001 dauernden Ehezeit (§ 1587 Absatz 2 BGB) hat der
Antragsgegner keine Versorgungsanwartschaften erworben. Die Antragstellerin hat
ausweislich der Auskünfte der Versorgungsträger folgende Anwartschaften erworben:
6
Bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
7
eine Anwartschaft aus der Rentenversicherung
8
für Arbeiter und Angestellte i.H.v. monatlich 193,35 EUR
9
und eine angleichungsdynamische Anwartschaft
10
i.H.v. monatlich 1,23 EUR.
11
Diese Anwartschaften sind nach § 1587 b Abs. 1 BGB auszugleichen, indem sie in
Höhe der Hälfte des Betrages, also 0,62 EUR und 96,68 EUR, auf das
Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt
Rheinprovinz übertragen werden.
12
2.Bei der Rheinischen Versorgungs- und Zusatz-
13
versorgungskasse eine Anwartschaft auf eine
14
Betriebsrente aus der Zusatzversorgung des
15
öffentlichen Dienstes i.H.v. monatlich 54,51 EUR.
16
Der Wert dieser Versorgung steigt nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise wie der
Wert der gesetzlichen Rentenversicherung oder Beamtenversorgung. Der Ehezeitanteil
der Versorgung ist daher gemäß § 1587 a Abs. 3, 4 BGB in eine dynamische Rente
umzurechnen.
17
Es ergibt sich folgende Berechnung: Die Versicherungsrente ist nach der
Barwertverordnung (Tabelle 1) umzurechnen in einen Barwert von
18
54,51 EUR * 1,8 * 12 = 1177,42 EUR
19
Dieser Betrag ist mit dem für das Ende der Ehezeit geltenden Faktor, hier 0,000
0957429 zu vervielfältigen. Es ergeben sich danach 0,1127 Entgeltpunkte.
20
Multipliziert mit dem für das Ehezeitende maßgeblichen aktuellen Rentenwert von 49,51
ergibt sich eine dynamische Rentenanwartschaft von 5,58 EUR. Davon ist die Hälfte,
also 2,79 EUR nach § 1 Absatz 3 VAHRG zu begründen.
21
Hinsichtlich dieser Anwartschaften ist der Versorgungsausgleich nach § 1 Absatz 3
VAHRG durch das sogenannte Quasi-Splitting vorzunehmen, also durch Begründung
von Rentenanwartschaften auf dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der
Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz.
22
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 1587 b Absatz 6 BGB, 93 a ZPO, 8 GKG.
23