Urteil des OLG Köln vom 05.07.2005

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Oberlandesgericht Köln, 9 U 190/04
Datum:
05.07.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 190/04
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 85 O 12/04
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.10.2004 verkündete
Zwischen-Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Köln - 85 O 12/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistete.
Gründe
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I. Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Rohbauarbeiten für das Bauvorhaben N-
Straße 186 a - e in T.
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Unter Ziffer 17 des von beiden Parteien unterschriebenen Verhandlungsprotokolls vom
10.9.2001 (AH) heißt es:
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"Für Streitigkeiten wird eine Schiedsgericht vereinbart. Die
Schiedsgerichtsvereinbarung ist in einer gesonderten Urkunde festzulegen. "
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Eine solche gesonderte Vereinbarung erfolgte nicht.
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In dem vorgesehenen Formular der Beklagten über eine Schiedsgerichts-Vereinbarung
(K 12 in AH) heißt es u.a. : " ... wird hiermit vereinbart, dass alle Streitigkeiten aus dem
Vertrage vom ... betreffend... und über die Rechtswirksamkeit dieses Vertrages unter
Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden
werden. Das Schiedsgericht soll nach der Schiedsgericht-Verordung des Deutschen
Beton-Vereins entscheiden ... ."
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Dieses Formular wurde nicht unterzeichnet.
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Mit der Klage hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von Werklohn in Höhe von
65.691,89 EUR nebst 6 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2002 geltend
gemacht.
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Die Parteien haben zunächst darüber gestritten, ob die Klage vor dem ordentlichen
Gericht zulässig ist oder ob ein Schiedsgericht über die Streitigkeit zu befinden hat.
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Das LG hat durch Zwischen-Urteil entschieden und die Klage für zulässig gehalten. Es
hat ausgeführt, die von der Beklagten erhobenen Einrede der Schiedsvereinbarung sei
unbegründet. Allerdings bedürfe es unter Kaufleuten nach § 1031 Abs. 5 ZPO keiner
gesonderten Vereinbarung, auf Grund der Regelung in Ziffer 17 des
Verhandlungsprotokolls hätten die Parteien im vorliegenden Fall eine Vereinbarung
aber noch nicht als abschließend getroffen und bindend angesehen. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf das angefochten Urteil bezug genommen.
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Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Sie hält die Schiedsabrede für
wirksam. Es handele sich nicht um einen Vorvertrag, sondern um die Vereinbarung
eines Schiedsgerichts. Der Hinweis auf die besondere Urkunde nehme Bezug auf §
1031 Abs. 5 ZPO, der unter Kaufleuten nicht gelte. Im übrigen sei es
rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Klägerin auf die fehlende weitere Vereinbarung
berufe, obwohl sie das Verhandlungsprotokoll unterzeichnet habe.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Zwischenurteils die
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Klage als unzulässig abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze
verwiesen.
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II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Rechtsstreit nicht durch ein
Schiedsgericht zu entscheiden ist.
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1. Ein die Zulässigkeit der Klage bejahendes Zwischenurteil ist nach § 280 Abs. 2 S. 1
ZPO selbständig anfechtbar. Das Berufungsgericht entscheidet nur hinsichtlich der
Prozessvoraussetzungen, auf die sich das Zwischenurteil bezieht (vgl. Zöller-Greger,
ZPO,25. Aufl., § 281, Rn 8).
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2. Eine Schiedsvereinbarung ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen.
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Ziffer 17 des Verhandlungsprotokolls vom 10.9.2001 enthält noch keine entgültige
Schiedsvereinbarung im Sinne der §§ 1029, 1031 Abs. 1 ZPO. Nach dem Inhalt von
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Ziffer 17 Satz 2 des Verhandlungsprotokolls soll die Schiedsvereinbarung in einer
gesonderten Urkunde festgelegt werden. Daraus ist zu entnehmen, dass noch ein
zusätzliches Erfordernis gewollt ist. Satz 1 wird präzisiert. Diese erwähnte gesonderte
Urkunde existiert nicht.
Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass die Regelung in Ziffer 17 Satz 2 des
Verhandlungsprotokolls auf § 1031 Abs. 5 ZPO abzielt, wonach
Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, in einer von den
Parteien eigenhändig unterzeichneten besonderen Urkunde enthalten sein müssen.
Diese Vorschrift gilt im nicht gewerblichen Bereich und dient dem Verbraucherschutz
(vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 1031, Rn 8). Wenn die Parteien aber
davon ausgegangen wären, dass es im vorliegenden Fall keiner Vereinbarung in einer
gesonderten Urkunde bedarf, hätte es nahe gelegen, Satz 2 zu streichen. Dies ist aber
nicht geschehen.
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Auch aus dem nicht ausgefüllten und nicht unterschrieben Formular der
"Schiedsgerichts-Vereinbarung" (K 12) lässt sich entnehmen, dass noch keine
Schiedsvereinbarung zustande gekommen ist. Denn - wie sich aus dem Text ergibt -
sollte erst "hiermit", also mit Ausfüllen und Unterzeichnen des Formulars durch die
Parteien, die Schiedsvereinbarung Gültigkeit erlangen. Hinzu kommt, dass nach dem
Formular erst die "Schiedsgericht-Verordnung des Deutschen Beton-Vereins" zugrunde
gelegt werden sollte. Auch diese Vereinbarung ist nicht zustande gekommen.
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Grundsätzlich muss zwar zwischen der Schiedsvereinbarung als solcher und der
Vereinbarung über das Verfahren unterschieden werden, eine Schiedsvereinbarung ist
aber mangels genügender Bestimmtheit unwirksam, wenn das zur Entscheidung
berufene Schiedsgericht weder eindeutig bestimmt noch bestimmbar ist (vgl. BGH NJW
1983, 1276; Reichold in Thomas/Putzo, a.a.O., 1029, Rn 4; Zöller-Geimer, a.a.O., §
1029, Rn 48 m.w.N.; Werner/Pastor, Bauprozess, 11. Aufl., Rn 530). Auch dieser
Gesichtspunkt spricht dafür, dass von einer Schiedsvereinbarung vorliegend nicht
auszugehen ist.
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Die Berufung auf die fehlende Schiedsvereinbarung ist auch nicht als treuwidrig
anzusehen. Die Parteien hatten sich nicht endgültig auf eine Schiedsvereinbarung
festgelegt. Ein Vertrauenstatbestand war noch nicht geschaffen.
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Ob vorliegend die Vorschrift des § 5 AGBG a. F. eingreift, konnte offen bleiben.
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3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F. sind nicht
gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO (vgl. Zöller-Greger,
a.a.O., § 280, Rn 8).
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 65.691,89 EUR
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