Urteil des OLG Köln vom 08.08.1997

OLG Köln (gründung, gesellschaft, wert, gesellschaftsvermögen, beschwerde, sache, gegenstand, anteil, literatur, tätigkeit)

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 204/97
Datum:
08.08.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 204/97
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 4 T 8/97
Schlagworte:
Gegenstandswert der Ergänzungspflegschaft im Rahmen der Gründung
einer BGB-Gesellschaft, an der ein Minderjähriger beteiligt ist
Normen:
KostO §§ 32, 93
Leitsätze:
Für die Wertbestimmung der Rechtshandlungen des
Vormundschaftsgerichts, die sich auf die Gründung einer Gesellschaft
beziehen, ist nicht der Wert des gesamten Gesellschaftsvermögens
maßgeblich, sondern nur der Anteilswert derjenigen Person, zu deren
Fürsorge (-etwa durch Bestellung eines Pflegers-) das Gericht
eingeschaltet wird.
Tenor:
Die weitere Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landgericht Bonn
gegen den Beschluß des Landgerichts Bonn vom 23.04.1997 - 4 T 8/97 -
wird zurückgewiesen. Das Beschwerdeverfahren ist
gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
G r ü n d e
1
Die gemäß § 14 Abs. 3 und Abs. 3 KostO statthafte weitere Beschwerde des
Bezirksrevisors hat in der Sache keinen Erfolg.
2
Das Landgericht hat im angegriffenen Beschluß mit zutreffenden Erwägungen die
Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Kostenansatz zurückgewiesen. In diesem
Kostenansatz ist -im rechtlichen Ansatz zutreffend- für die Festsetzung des
Gegenstandswerts der Ergänzungspflegschaft im Rahmen der Gründung zweier BGB-
Gesellschaften, der auf die Betroffene entfallende Einlagewert gemäß §§ 32, 93 KostO
zugrunde gelegt worden.
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Die gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 KostO zu erhebende Gebühr orientiert sich grundsätzlich
an dem Wert des Gegenstandes, auf den sich die Rechtshandlung bezieht. § 93 Abs. 1
Satz 2 KostO stellt für Fälle der Mitberechtigung klar, daß nur der Wert des Anteils des
Fürsorgebedürftigen wertbestimmend ist. Aus dieser Regelung leitet die zutreffende, in
Rechtsprechung und Literatur herrschende Auffassung ab, daß für die Wertbestimmung
der Rechtshandlungen, die sich auf die Gründung einer Gesellschaft beziehen, der
Anteilswert des Fürsorgebedürftigen maßgeblich ist (vgl. BayObLG Rpfleger 1989, 62;
Amtsgericht Siegen, Rpfleger 1985, 459; Waldner in Rohs/Wedewer, KostO, Stand:
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1997, § 93 Rn. 12; Mümmler, KostO, 11. Aufl., S. 931; Hartmann, Kostengesetze, 25.
Aufl., § 93 KostO Rn. 5). Die demgegenüber in der Literatur vereinzelt vertretene
Auffassung (Korintenberg-Lappe, KostO, 13. Aufl., § 93 Rn. 28 f; Lappe in Rpfleger
1985, 459 f.), nach der bei der Gründung einer Gesellschaft nicht der Anteil des
Fürsorgebedürftigen am Gesellschaftsvermögen, sondern das gesamte
Gesellschaftsvermögen den Wert der Sache bestimmt, findet im Gesetz keine Stütze.
§ 93 Abs. 1 Satz 2 KostO stellt schon nach seinem Wortlaut auf die Beteiligung des
Fürsorgebedürftigen am Gesamtvermögen ab, ohne nach einzelnen Rechtshandlungen
zu unterscheiden. Die gesetzliche Regelung beruht auf dem Gedanken, daß die
Pflegerbestellung nach § 1909 BGB in diesen Fällen auf den Schutz eines konkreten
Vermögensinteresses des Fürsorgebedürftigen beschränkt ist. Nur dieser
Vermögenswert ist im vorliegenden Fall Gegenstand eines Interessenkonflikts für die
personensorgeberechtigten Eltern und damit Anlaß der Pflegerbestellung.
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Das gesamte Gesellschaftsvermögen wird nicht dadurch Gegenstand
vormundschaftgerichtlicher Tätigkeit, weil der Pfleger an der Gründung der "ganzen"
Gesellschaft mitzuwirken hat. Die fürsorgliche Tätigkeit des Gerichts und des Pflegers
ist vielmehr in dem umschriebenen Sinne gegenständlich umgrenzt.
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Die von Lappe vertretene Auffassung ist schließlich auch deshalb abzulehnen, weil sie
bei geringfügigen Beteiligungen Fürsorgebedürftiger an größeren Gesellschaften zu
inakzeptablen Wertfestsetzungen führt, in dem sie auf das gesamte
Gesellschaftsvermögen abstellt. Dies könnte leicht dazu führen, daß die Gerichtskosten
für die Bestellung des Ergänzungspflegers den Wert der Beteiligung des
Fürsorgebedürftigen an der Gesellschaft übersteigen. Derartig unbillige und den
Beteiligungsbesitz Fürsorgebedüftiger erschwerende Ergebnisse hat der Gesetzgeber
durch § 93 Abs. 1 Satz 2 KostO gerade ausschließen wollen.
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Wie das Landgericht in dem angegriffenen Beschluß zutreffend ausgeführt hat, ist der für
die Wertfestsetzung im vorliegenden Fall maßgebliche Anteil der Betroffenen an den
beiden Grundstücksgesellschaften auf 3.659.000,00 DM zu beziffern. Dem
Kostenansatz ist gleichwohl ein rechnerisch unzutreffender Geschäftswert von
5.145.000,00 DM zugrunde gelegt worden. Im Beschwerdeverfahren gegen den
Kostenansatz sind die Gerichte -wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat-
gehindert, die Kostenrechnung, soweit sie nicht angegriffen ist, von Amts wegen zu
ändern (Hartmann, a.a.O., § 14 Rn. 15). Die Beteiligten haben aber die Möglichkeit, die
Beschwerde gegen die Kostenrechnung zu erweitern, oder nach § 31 KostO den
Geschäftswert nach Maßgabe der vorstehenden Überlegungen festsetzen zu lassen, so
daß er bei einem dann zu erstellenden neuen Kostenansatz zu berücksichtigen ist.
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Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen folgt aus § 14 Abs. 5 KostO.
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