Urteil des OLG Köln vom 28.12.2001
OLG Köln: auflage, abgabe, rüge, handbuch, lieferung, versicherung, berechtigung, verordnung, rechtsschutzinteresse, zahlungsunfähigkeit
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 2 W 233/01 + 2 W 236/01
28.12.2001
Oberlandesgericht Köln
2. Zivilsenat
Beschluss
2 W 233/01 + 2 W 236/01
Landgericht Aachen, 3 T 135/01
1. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 23.
Oktober 2001 gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts
Aachen vom 1. Oktober 2001 - 3 T 135/01 - wird nicht zugelassen und als
unzulässig verworfen. Die Kosten des Verfahrens der weiteren
Beschwerde 2 W 233/01 hat die Beteiligte zu 2) zu tragen. 2. Die
sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) vom 23. Oktober 2001
gegen den Beschluß der 3. Zi-vilkammer des Landgerichts Aachen vom
1. Oktober 2001 - 3 T 135/01 - wird nicht zugelassen und als unzulässig
verworfen. Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde 2 W
236/01 hat der Beteiligte zu 3) zu tragen.
G r ü n d e
1.
Mit Schreiben vom 15. Juli 1999 haben sowohl die Beteiligte zu 2) als auch der Beteiligte
zu 3) jeweils die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beteiligten zu
1) beantragt. Durch Beschluß vom 25. August 1999 hat das Amtsgericht den
Eröffnungsantrag "des Gläubigers" zurückgewiesen und der "antragstellenden Partei" die
Kosten des Verfahrens auferlegt. Hiergegen haben die Beteiligte zu 2) und der Beteiligte zu
3) mit Schriftsatz vom 9. September 1999 sofortige Beschwerde eingelegt. Unter dem 10.
November 1999 haben die Beschwerdeführer den Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens für erledigt erklärt, nachdem der Beteiligte zu 1) eine größere Zahlung
erbracht und die Beteiligten sich über weitere Zahlungen verständigt hatten. Dieser
Erledigungserklärung hat sich der Beteiligte zu 1) nicht angeschlossen. Das Landgericht
hat die Rechtsmittel durch Beschluß vom 18. April 2000 zurückgewiesen. Auf die
hiergegen gerichteten sofortigen weiteren Beschwerden hat der Senat mit Beschlüssen
vom 16. Juni 2000 - 2 W 119/00 und 2 W 126/00 - die Entscheidungen des Landgerichts
wegen fehlender Sachverhaltsdarstellung aufgehoben und das Verfahren zur erneuten
Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Durch Beschluß vom 31. Januar 2001
hat die Kammer unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels den Beschluß
des Amtsgerichts Aachen vom 25. August 1999 "klarstellend dahingehend abgeändert, daß
die Eröffnungsanträge der Beteiligten zu 2) und 3) vom 15. Juli 1999 zurückgewiesen
werden." Auf die hiergegen erhobenen Beschwerden der Beteiligten zu 2) und des
Beteiligten zu 3) hat der Senat mit Beschluß vom 28. März 2001, 2 W 39/01 und 2 W 42/01,
die Entscheidung des Landgerichts wiederum aufgehoben und das Verfahren zur erneuten
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Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Mit Beschluß vom 1. Oktober 2001, 3 T
135/01, hat das Landgericht unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde den
Beschluß des Amtsgerichts Aachen vom 25. August 1999 klarstellend dahingehend neu
gefaßt, daß die Eröffnungsanträge zurückgewiesen werden und den Antragstellern die
Kosten "des Verfahrens" auferlegt werden. Hiergegen wenden sich sowohl die Beteiligte
zu 2) als auch der Beteiligte zu 3) mit der sofortigen weiteren Beschwerde vom 23. Oktober
2001, jeweils verbunden mit einem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels.
2.
Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 7 Abs. 3 InsO in Verbindung mit § 1 der
Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zusammenfassung der
Entscheidungen über die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6. November
1998 (GVBl. NW 1998, 550; NZI 1999, 66) zur Entscheidung über die von den Beteiligten
zu 2) und 3) gegen den Beschluß des Landgerichts Aachen vom 1. Oktober 2001
eingelegten Rechtsmittel berufen.
a)
Der Senat läßt die Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde nicht zu. Sie sind
daher als unzulässig zu verwerfen.
Die in der Beschwerdebegründung gestellten Anträge der Gläubiger auf Zulassung des
Rechtsmittels und die mit diesem Antrag jeweils verbundene weitere Beschwerde selbst
sind zwar an sich statthaft. Die Gläubiger wenden sich im Beschwerdeverfahren gegen
eine nach § 6 Abs. 1 InsO anfechtbare Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts, nämlich
gegen einen die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens abweisenden Beschluß, § 34
Abs. 1 InsO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsmittel nach § 7 Abs. 1
Satz 1 InsO sind jedoch nicht gegeben. Nach dieser Bestimmung ist die sofortige weitere
Beschwerde nur zuzulassen, wenn diese darauf gestützt wird, daß die angefochtene
Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht und die
Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten
ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen dabei nebeneinander (kumulativ) gegeben
sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B.: Senat, NZI 2001, 33 [34]; Senat, NZI 2000, 224
[225]; HK/Kirchhof, InsO, 2. Auflage 2001, § 7 Rdnr. 23 f.; Prütting in: Kübler/Prütting, InsO,
Stand: 11. Lfg. November 2001, § 7 Rdnr. 3 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen).
Im vorliegenden Fall bedarf die angefochtene Beschwerdeentscheidung des Landgerichts
Aachen keiner solchen Überprüfung des Senats zur Sicherung einer einheitlichen
insolvenzrechtlichen Rechtsprechung. Die von den Beschwerdeführern mit ihren
Rechtsmitteln angesprochene Frage der Grundsätze der Kostentragung bei einer
einseitigen Erledigungserklärung ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer finden bei der Kostenentscheidung weder
die Billigkeitserwägungen des § 91a ZPO Anwendung noch ist von Bedeutung, inwieweit
ein materiellrechtlicher Anspruch auf Kostenerstattung besteht. Der Senat hat in dem
mehrfach veröffentlichten, in diesem Verfahren ergangenen Beschluß vom 28. März 2001,
2 W 39/01, (NZI 2001, 318 ff.) unter anderem ausgeführt:
"Eine derartige einseitige Erledigungserklärung ist nach absolut herrschender Meinung in
der Rechtsprechung (OLG Celle, NZI 2001, 150; LG Bonn, ZIP 2001, 342 [344f.]; AG Köln,
NZI 2000, 89 [90]; AG Münster, NZI 2000, 444; so auch der Senat bereits für das
Konkursverfahren: NJW-RR 1994, 445 f.; a.A. zu dem Eröffnungsverfahren, jedoch ohne
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Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur: AG
Kleve, DZWIR 2000, 215) und Literatur (Delhaes in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2.
Auflage 2000, S. 155 ff. Rdnr. 52 ff.; HK/Kirchhof, InsO, 2. Auflage 2001, § 14 Rdnr. 36;
Gottwald/Uhlenbruck, Insolvenzrechts-Handbuch, 2. Auflage 2001, § 10 Rdnr. 8; Mönning
in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand: 2. Lieferung November 2000, § 13 Rdnr. 111 ff.; Pape
in: Kübler/Prütting, InsO, Stand: 8. Lieferung November 2000, § 13 Rdnr. 22 ff.;
FK/Schmerbach, InsO, 2. Auflage 2001, § 13 Rdnr. 103 ff.) im Insolvenzeröffnungsverfahren
statthaft. Der Verweis des § 4 InsO auf die Vorschriften der Zivilprozeßordnung bezieht sich
nicht allein auf die ausdrücklich geregelten Paragraphen, sondern darüber hinaus auf die in
der ZPO entwickelten Grundsätze, sofern sie auf das Insolvenzverfahren entsprechend
anwendbar sind und in der Insolvenzordnung keine Regelung besonderer Art getroffen
wurden (Mönning in: Nerlich/Römermann, a.a.O., § 13 Rdnr. 111).
Schließt sich der Schuldner der Erledigungserklärung des Gläubigers nicht an oder
verzichtet er auf die Abgabe einer Erklärung, so müssen entsprechend den Grundsätzen
der einseitigen Erledigung dem Schuldner die Kosten des Insolvenzantragsverfahrens
auferlegt werden, wenn der Antrag ursprünglich zulässig und begründet war und erst durch
die erledigende Zahlung unbegründet geworden ist. Der Gläubiger hingegen hat die
Kosten dann zu tragen, wenn sein Antrag Mängel aufgewiesen hat und das Gericht die
Eröffnung hätte ablehnen müssen (vgl. Pape in: Kübler/Prütting, a.a.O., § 13 Rdnr. 23)."
Diese Ausführungen (vgl. insoweit auch: Beschluß des Senates vom 24. September 2001,
2 W 150/01) haben in der Literatur uneingeschränkte Zustimmung erfahren (z.B.: Beutler,
EWiR 2001, 677). Sie sind entgegen der Auffassung des Landgerichts in dem
angefochtenen Beschluß nicht unklar. Soweit der Senat der Kammer aufgegeben hat, unter
Beachtung der vorstehenden Grundsätze umfassend und eigenständig für jeden
Antragsteller gesondert festzustellen, ob die Gläubiger ursprünglich jeweils ein rechtliches
Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens besaßen und ihre Forderung und den
Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht haben (§§ 13 ff. InsO), handelt es sich um die zunächst
erforderliche Prüfung der Zulässigkeit des Insolvenzeröffnungsantrages. Daneben bedarf
es auch einer Erörterung der weiteren Voraussetzungen, nämlich der ursprünglichen
Begründetheit des Antrages und der Erfüllung der dem Antrag zugrundeliegenden
Forderungen. Hierbei ist dann, ohne Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme (vgl.
FK/Schmerbach, a.a.O., § 13 Rdnr. 113; Gottwald/Uhlenbruck, Insolvenzrechts-Handbuch,
2. Auflage 2001, § 10 Rdnr. 11), auf den "bisherigen Verfahrensstand" abzustellen, weil ein
Parteienstreit allein über die Kostentragungspflicht nicht mit § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO
vereinbar ist (HK/Kirchhof, a.a.O., § 14 Rdnr. 36).
Diese Grundsätze hat das Landgericht bei seiner Entscheidung beachtet und im Rahmen
der Kostenentscheidung sowohl die ursprüngliche Zulässigkeit als auch Begründetheit der
Eröffnungsanträge erörtert. Soweit die Beschwerdeführer hiergegen einwenden, das
Landgericht habe aufgrund der erfolgten ersten Zahlung der 29.000,00 DM zu Unrecht die
Zahlungsfähigkeit des Schuldners bejaht, tatsächlich spreche für die Zahlungsunfähigkeit
indiziell die jahrelange Weigerung auf Ausgleich der Forderungen und die Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung, zudem seien die tatsächlich erfolgten Zahlungen nicht
ausreichend gewesen, um alle fälligen Ansprüche zu begleichen, sind diese Ausführungen
nicht geeignet, die Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde zu rechtfertigen. Diese
Einwendungen richten sich gegen die tatrichterliche Erhebung und Würdigung des
konkreten Sachverhaltes im vorliegenden Einzelfall. Dies stellt - unabhängig von ihrer
Berechtigung - nur eine einzelfallbezogene Rüge der konkreten Rechtsanwendung durch
das Beschwerdegericht ohne grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 7 Abs. 1 ZPO dar.
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Die Rüge der Beschwerdeführer, das Landgericht sei zu Unrecht von einem fehlenden
Rechtsschutzinteresse ausgegangen, weil mit den Anträgen insolvenzfremde Ziele -
Ausschaltung eines lästigen Mitbewerbers - verfolgt worden seien, rechtfertigt
ebensowenig eine Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung. Unabhängig von der Frage, ob es sich hierbei nicht um eine
konkrete Beurteilung des Einzelfalls handelt, beruht die Entscheidung des Landgerichts
nicht auf diesen Ausführungen. Die Kammer hat nämlich die Frage des Bestehens des
notwendigen rechtlichen Interesses ausdrücklich offen gelassen.
3.
Da die Rechtsbeschwerden somit nicht zuzulassen sind, müssen die Rechtsmittel mit der
Kostenfolge aus §§ 4 InsO, 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen werden.
Wert der Verfahren der weiteren Beschwerden:
Verfahren 2 W 233/01: 25.138/91 DM
Verfahren 2 W 236/01: 10.673,10 DM
(jeweils wie Vorinstanz, §§ 37 Abs. 2, 38 S. 2 GKG)