Urteil des OLG Köln vom 22.10.1996
OLG Köln: fahrzeug, persönliche daten, glaubwürdigkeit, versicherungsnehmer, wirtschaftliches interesse, persönliche anhörung, versicherte sache, entwendung, polizei, batterie
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Schlagworte:
Normen:
Leitsätze:
1
2
Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Oberlandesgericht Köln, 9 U 64/96
22.10.1996
Oberlandesgericht Köln
9. Zivilsenat
Urteil
9 U 64/96
Persönliche Glaubwürdigkeit des angeblich bestohlenen
Versicherungsnehmers;Versicherung, Kaskoversicherung, Nachweis des
Diebstahls,
ZPO §§ 141, 286; AKB § 12
Der Nachweis eines Kfz-Diebstahls allein aufgrund einer Anhörung des
Versicherungsnehmers gem. § 141 ZPO setzt dessen Zuverlässigkeit
und Redlichkeit voraus. Sie fehlen, wenn neben anderen, an sich
unbedeutenderen Ungereimtheiten keine Erklärung dafür gegeben
werden kann, daß jedenfalls der Kraftfahrzeugschein nach einigen Tagen
an der polnischweißrussischen Grenze auftaucht.
rechtskräftig
Entscheidungsgründe:
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der
Kläger hat den ihm obliegenden Beweis, daß sein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug
vom Typ Ford Mondeo GLX im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. I. b) der Allgemeinen
Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung ( AKB ) entwendet worden ist, nicht erbracht
und kann diesen Beweis auch nicht erbringen. Der Versicherungsnehmer trägt in der
Kraftfahrtversicherung die Beweislast dafür, daß die versicherte Sache ihm tatsächlich
entwendet worden ist. Allerdings kommen dem Versicherungsnehmer nach ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der Senat folgt, hinsichtlich der Darlegung und des
Nachweises des Versicherungsfalles grundsätzlich Beweiserleichterungen zugute, da er in
der Regel keine Zeugen oder sonstigen Beweismittel für die Entwendung des Fahrzeugs
beibringen kann und ansonsten der Wert der Diebstahlsversicherung in den häufigen
Fällen fehlender Tataufklärung von vornherein in Frage gestellt wäre. Es genügt daher,
wenn der Versicherungsnehmer einen Sachverhalt darlegt und erforderlichenfalls
nachweist, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluß
auf die in den Versicherungsbedingungen genannte Entwendung zuläßt ( BGH r+s 1984,
24 = VersR 1984, 29; r+s 1994, 478 = VersR 1994, 1185; r+s 1995, 288 = VersR 1995, 909
= NJW 1995, 2169; r+s 1996, 92 = VersR 1996, 319 = NJW 1996, 993 ). Im Normalfall ist
insoweit die Feststellung von Beweisanzeichen ausreichend, denen hinreichend deutlich
das äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls entnommen werden
kann. Ein solches äußeres Bild liegt in der Regel dann vor, wenn der
Versicherungsnehmer darlegt und gegebenenfalls beweist, daß er das Fahrzeug zu einer
bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und es später nicht mehr vorgefunden
hat ( BGH VersR 1977, 368; VersR 1992, 868; r+s 1995, 288 = VersR 1995, 909 = NJW
1995, 2169, 2170; r+s 1996, 341; Stiefel-Hofmann, Kraftfahrtversicherung, § 12 AKB Rn. 33
). Der Kläger hat vorliegend zwar Tatsachen, die das äußere Bild eines Kfz-Diebstahls
ergeben, substantiiert vorgetragen. Diese Tatsachen müssen indes von dem
Versicherungsnehmer in vollem Umfang bewiesen werden ( BGH r+s 1991, 221; OLG Köln
r+s 1991, 222; OLG-Report Köln 1995, 8; OLG Düsseldorf r+s 1996, 343 ). Diesen Beweis
vermag der Kläger, nachdem die Beklagte sein Vorbringen jedenfalls in der
Berufungsinstanz bestreitet, nicht zu führen. Nach seinen eigenen Angaben im Termin zur
mündlichen Verhandlung vom 24.09.1996 stehen dem Kläger nämlich für das Abstellen
und das Nichtwiederauffinden seines Kraftfahrzeuges Zeugen nicht zur Verfügung. Soweit
der Kläger als Beweis für das Abstellen seines Kraftfahrzeuges am 25.10.1994 die
Inaugenscheinnahme eines von ihm angefertigten Videofilmes anbietet, bestehen bereits
Bedenken, ob es sich insoweit um ein geeignetes Beweismittel handelt. Denn dem Senat
ist die Örtlichkeit, an der der Kläger sein Fahrzeug abgestellt haben will, nicht bekannt.
Auch wenn diese also auf dem Videofilm gut zu erkennen sein sollte, wie der Kläger
vorträgt, kann der Senat die auf dem Videofilm ersichtliche Lokalität nicht dem behaupteten
Abstellort zuordnen. Erst recht ist weder ersichtlich noch näher vorgetragen, wie sich der
Zeitpunkt des Abstellens des Kraftfahrzeuges zuverlässig aus einem Videofilm ergeben
soll. Wie dem Senat bekannt ist, kann man zwar in einen Videofilm ein Datum einblenden;
dieses muß aber zuvor eingestellt werden, kann also auch beliebig verändert werden. Ein
eventuell auf dem Videofilm erkennbares Datum läßt daher einen zuverlässigen
Rückschluß, daß sich das Dargestellte an dem angegebenen Tag zur angegebenen
Uhrzeit ereignet hat, nicht zu. Ob diese Bedenken durchgreifen, kann aber letztlich
dahinstehen. Denn der Nachweis des Abstellens eines Fahrzeuges genügt für sich allein
nicht den Anforderungen an den Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäß
versicherten Entwendung ( OLG Hamm VersR 1992, 308 ). Für das Nichtwiederauffinden
seines Pkw am 6.11.1994 steht dem Kläger aber kein Beweismittel zur Verfügung.
Insbesondere stellt der vom Kläger benannte Zeuge Brenden ein geeignetes Beweismittel
nicht dar. Der Kläger benennt diesen Zeugen zum Beweis seiner Behauptung, er habe sich
nach dem behaupteten Entdecken des Diebstahls ins Krankenhaus begeben und dem dort
stationär untergebrachten Zeugen vom Nichtwiederauffinden seines Kraftfahrzeuges
berichtet. Ebensowenig wie für den Nachweis des Mindestmaßes an Tatsachen, die den
Schluß auf das äußere Bild einer versicherten Entwendung erst ermöglichen, die Anzeige
des behaupteten Diebstahls bei der Polizei ausreichend ist ( BGH r+s 1993, 169, 170 =
VersR 1993, 571 = NJW-RR 1993, 719; OLG Hamm r+s 1995, 446, 447 ), reicht nämlich
auch der Umstand aus, daß der Versicherungsnehmer verschiedenen Personen berichtet
hat, sein Fahrzeug sei entwendet worden. Auch und insbesondere derjenige, der eine
Fahrzeugentwendung nur vortäuscht, wird bemüht sein, Dritten gegenüber eine glaubhaft
klingende Schilderung von der angeblichen Fahrzeugentwendung abzugeben ( OLG
Hamm VersR 1992, 49; OLG Köln SP 1994, 22 ). Der dem Versicherungsnehmer
obliegende Beweis des äußeren Bildes eines Kraftfahrzeugdiebstahls kann allerdings
auch dadurch geführt werden kann, daß das Gericht allein den Angaben des Klägers,
gegebenenfalls nach seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO, Glauben schenkt und sich im
Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses nach § 286 ZPO die
Überzeugung von einer tatsächlich stattgefundenen Entwendung verschafft. Dies setzt
jedoch voraus, daß der Kläger uneingeschränkt glaubwürdig, d.h. zuverlässig und redlich
ist ( BGH r+s 1993, 169, 170 = VersR 1993, 571; r+s 1995, 288 = VersR 1995, 909 = NJW
1995, 2169; r+s 1996, 92 = VersR 1996, 319 = NJW 1996, 993; r+s 1996, 125 = VersR
1996, 575; OLG Köln r+s 1991, 156, 157; SP 1994, 22; SP 1994, 159 ). Dies ist vorliegend
jedoch nicht der Fall. Der Senat verkennt nicht, daß nicht der unredliche, sondern der
redliche Versicherungsnehmer der Regelfall ist ( BGH VersR 1984, 29 = r+s 1984, 24; r+s
1996, 125 = VersR 1996, 575 ). Von einem Regelfall kann aber nicht mehr ausgegangen
werden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die den Versicherungsnehmer als
unglaubwürdig erscheinen lassen oder doch schwerwiegende Zweifel an seiner
Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptung der
Entwendung aufdrängen, wobei solche Tatsachen aber feststehen, d.h. unstreitig oder
bewiesen sein müssen ( BGH r+s 1996, 125f = VersR 1996, 575; OLG Hamm r+s 1994, 4, 5
). Derartige unstreitige Tatsachen liegen hier vor. Gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers
sprechen folgende - weitgehend von dem Landgericht bereits in anderem Zusammenhang
erörterte - Umstände: 1. Das Fahrzeug des Klägers ist - dies steht nach der Überzeugung
des Senates fest - mit dem OriginalFahrzeugschein für das Fahrzeug des Klägers von
Polen nach Weißrußland ausgeführt worden. Dies war aber nur mit Einverständnis und
unter Mithilfe des Klägers möglich, da dieser den Fahrzeugschein bei der
Anzeigenerstattung am 06.11.1994 der Polizei vorlegte. Wäre der Fahrzeugschein - was
allerdings der Kläger selbst nicht behauptet - mit dem Fahrzeug entwendet worden, hätte er
nicht in den Besitz des Klägers zurück gelangen können. Daß das Fahrzeug des Klägers
mit dem Original-Fahrzeugschein ausgeführt worden ist, ergibt sich aus folgenden
Erwägungen: Bei der Ausfuhr von Polen nach Weißrußland verwendeten die Personen, die
das Fahrzeug führten, einen Fahrzeugschein, der auf das Fahrzeug paßte, also die
zutreffenden Fahrzeugdaten, ferner die Personalien des Klägers enthielt und bei den
Grenzbehörden keine Bedenken an seiner Echtheit aufkommen ließ. Dies steht, wenn es
nicht schon als unstreitig angesehen werden kann, jedenfalls aufgrund der vom
Landgericht eingeholten amtlichen Auskunft des Bundeskriminalamtes vom 16.01.1996
fest. Soweit die Berufungsbegründung ausführt, es könne sich hierbei auch um einen
gefälschten Fahrzeugschein gehandelt haben, es gebe professionelle Banden, die
Fahrzeugpapiere so fälschen könnten, daß es beim Grenzübertritt von den kontrollierenden
Beamten nicht bemerkt werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es leuchtet schon
nicht ein, warum ein "echter" Dieb einen Fahrzeugschein auf die Personalien des Klägers
hätte fälschen sollen, selbst wenn ihm dies möglich gewesen sein sollte. Denn ihm mußte
klar sein, daß er mit dem Fahrzeug eine nicht unbeträchtliche Strecke von dem
Diebstahlsort bis zur polnisch-weißrussischen Grenze zurücklegen mußte und hierfür
erhebliche Zeit benötigen würde. Er mußte deshalb damit rechnen, daß der Diebstahl
zwischenzeitlich entdeckt und gemeldet worden wäre. In diesem Fall wäre er bei einer
Abfrage, ob das Fahrzeug als gestohlen gemeldet war, wie sie tatsächlich auch erfolgte,
entdeckt worden. Es erscheint lebensfremd, daß das Mitglied einer vom Kläger ins Feld
geführten "professionellen Bande" ein solches Risiko eingehen sollte. Ein Dieb hätte statt
dessen den Fahrzeugschein und sonstige Papiere auf einen Phantasienamen ausstellen
und das Fahrzeug mit einem falschen Kennzeichen versehen oder eine sogenannte
"Dublette" anfertigen, also das Fahrzeug mit Kennzeichen und Papieren ausstatten
können, die zu einem tatsächlich existierenden Fahrzeug gehörten. Eine Entdeckung wäre
bei diesem Vorgehen nicht zu befürchten gewesen. Hinzu kommt, daß ein ADAC-
Schutzbrief - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - nicht alle
relevanten persönlichen Daten des Inhabers, die in einem Fahrzeugschein eingetragen
sind, enthält, insbesondere nicht das Geburtsdatum. Entgegen dem Vortrag des Klägers
können die "professionellen Täter" daher auf diesem Wege nicht alle Angaben erhalten
haben, die sie für eine Fälschung des Fahrzeugscheines benötigten. Soweit der Kläger
demgegenüber in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er habe sein Geburtsdatum
in dem ADACSchutzbrief vermerkt, ist dies nach der Überzeugung des Senats bloße
Schutzbehauptung und unbeachtlich. Denn zum einen hat der Kläger diesen in Anbetracht
der schon vom Landgericht eingeholten amtlichen Auskunft des Bundeskriminalamtes vom
16.01.1996 bedeutsamen Umstand erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
erwähnt, nachdem ihm vorgehalten worden war, ein Dieb habe sein Geburtsdatum dem
ADAC-Schutzbrief nicht entnehmen können. Zum anderen hat der Kläger auch keinen
Grund angegeben, weshalb er sein Geburtsdatum in dem ADAC-Schutzbrief vermerkt
haben will. Welchen Sinn dies hätte haben sollen, ist überdies nicht ersichtlich. Auch die
sogenannte Halteranfrage, auf die der Kläger sich beruft, stellt nach Auffassung des
Senates keinen Weg dar, den "professionelle Täter" beschreiten, um an persönliche Daten
des Halters eines entwendeten Kraftfahrzeuges zu gelangen. Denn nach § 39 Abs. 1 StVG
dürfen zwar bestimmte Auskünfte aus dem Zentralregister erteilt werden, wenn der
Antragsteller sich darauf beruft, sie zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen im
Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr etc. zu benötigen und das
Kennzeichen angeben kann. Geburtsdatum und Geburtsort gehören aber nicht zu den auf
diese Weise zu übermittelnden Daten. Nur unter den engeren Voraussetzungen des Abs. 2
der vorgenannten Vorschrift und unter Angabe von Fahrzeugdaten oder Personalien des
Halters könnten diese weiteren Daten mitgeteilt werden. Die "professionellen Täter" hätten
also jedenfalls zwei Anfragen nacheinander bei dem Kraftfahrtbundesamt stellen müssen;
zunächst, um gemäß § 39 Abs. 1 StVG nähere Fahrzeugdaten oder den Namen des
Kraftfahrzeughalters zu erfahren, sodann unter Verwendung dieser Angaben mit dem Ziel,
das Geburtsdatum mitgeteilt zu erhalten. Schon der hierfür erforderliche Zeitaufwand, der
wiederum das Risiko einer Entdeckung des Diebstahles erhöhen und folglich die
Möglichkeit der unbemerkten Ausfuhr des Pkw erschweren würde, schreckt nach
Auffassung des Senates "professionelle Täter" von der Beschreitung dieses Weges ab.
Vorliegend stand die für die Durchführung solcher Anfragen erforderliche Zeit offensichtlich
auch nicht zur Verfügung. Denn bereits am 28.10.1994 - nur 3 Tage nach dem Abstellen
des Pkw durch den Kläger - wurde das Fahrzeug von Polen nach Weißrußland ausgeführt.
Vor allem aber ist eine Halteranfrage für einen Dieb nicht risikolos. Denn nach § 39 Abs. 3
Satz 2 in Verbindung mit § 35 Abs. 3 Sätze 2 und 3 StVG werden Aufzeichnungen über das
Ersuchen geführt und bis zum Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung der
Aufzeichnung folgt, aufbewahrt. Ein Dieb würde also durch eine Halteranfrage eine Spur
hinterlassen, die auch nach geraumer Zeit noch zu seiner Entdeckung führen könnte. Daß
es Aufzeichnungen im dargestellten Sinne gibt, wissen sicherlich auch die vom Kläger
angeführten "professionellen Täter" oder ahnen es zumindest. Aus diesen Gründen ist es
lebensfremd anzunehmen, "professionelle Täter" würden über eine derartige Halteranfrage
beim Kraftfahrtbundesamt persönliche Daten des Halters eines entwendeten
Kraftfahrzeuges zu ermitteln versuchen, obwohl es - wie ausgeführt - risikoärmere
Möglichkeiten gibt, ein solches Fahrzeug aus der Bundesrepublik Deutschland
auszuführen. Woher die "professionellen Täter" das Geburtsdatum des Klägers sonst
erfahren haben sollten, ist weder ersichtlich noch dargetan. Aufgrund dessen steht daher
fest, daß das Fahrzeug des Klägers nicht mit einem gefälschten, sondern dem echten
Fahrzeugschein ausgeführt worden ist. Wenn der Kläger diesen später unstreitig der
Polizei vorlegte, kann das nur so zu erklären sein, daß er ihn zur Verfügung gestellt hatte
und an der "Ausfuhr" beteiligt war. 2. Weiterhin ist es unglaubhaft, daß der Kläger am
6.11.1994 nach seinem Fahrzeug gesehen haben will, weil es in der Nacht gefroren habe.
Das Fahrzeug hatte zuvor 12 Tage gestanden, ohne daß der Kläger sich Sorgen gemacht
hätte. Zu Recht weist das Landgericht auch darauf hin, daß man bei einem neuwertigen
Pkw ( hier: ca. 10 Monate alt ) um die Batterie nicht besorgt sein muß. Dem kann man auch
nicht entgegen halten, bei dem Fahrzeug hätten Probleme "mit der Elektronik" bestanden.
Denn die Elektronik eines Kraftfahrzeuges ist etwas anderes als die "Batterie" und bietet
erst Recht keinen Anlaß, sich nach einer kalten oder gar nur kühlen Nacht Sorgen zu
machen. 3. Zugleich ergibt sich hieraus, daß der Kläger sich schon in erster Instanz selbst
widersprochen hat, indem er einmal die Batterie als Grund seiner Sorge um das Fahrzeug
angegeben hat, sodann die Elektronik. Ein weiterer Widerspruch ist darin zu sehen, daß er
zunächst von Frost, dann - nachdem die Beklagte seinen diesbezüglichen Vortrag durch
Vorlage einer Auskunft der Firma M.-data vom 01.12.1994 widerlegt hatte - von Rauhreif
3
gesprochen hat. Widersprüche im Vortrag des Versicherungsnehmers im Prozeß sind aber
geeignet, Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit zu begründen ( OLG Köln r+s 1991, 222; SP
1994, 22; OLG Hamm r+s 1995, 446, 447 ). Rauhreif - darauf sei nur am Rande verwiesen -
stellt erst recht keinen Anlaß dar, um Batterie oder Elektronik eines noch vergleichsweise
jungen Fahrzeuges besorgt zu sein. 4. Zu Recht weist die Beklagte in der
Berufungserwiderung ferner darauf hin, daß auch der zeitliche Ablauf bedenklich stimmt,
wenn der Kläger nach Entdeckung des angeblichen Diebstahls nicht als erstes zur Polizei
gegangen ist, sondern zunächst noch - als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen -
seinen geplanten Besuch im Krankenhaus absolvierte. Dies ist um so erstaunlicher - unter
der Prämisse eines "echten" Diebstahls -, als der Kläger in anderem Zusammenhang ( der
Eintragung ins Notizbuch; siehe nachfolgend ) geltend macht, daß er noch geraume Zeit
später "sehr aufgeregt" gewesen sei. Dies zeigt, daß der Vortrag des Klägers in sich nicht
stimmig ist, sondern zu einzelnen Einwendungen der Beklagten jeweils Erklärungen
gesucht werden, die sich zu dem sonstigen Vorbringen in Widerspruch setzen. 5. Gegen
die Glaubwürdigkeit des Klägers spricht auch die Eintragung "Auto geklaut!" in seinem
Notizbuch. Diese läßt nur den Schluß zu, daß sie allein der Schaffung eines Beweismittels
dienen sollte, sei es gegenüber den Ermittlungsbehörden, sei es gegenüber der Beklagten.
Sie begründet daher ebenfalls Bedenken bezüglich der Glaubwürdigkeit des Klägers. Dies
gilt jedenfalls in Anbetracht der Tatsache, daß es sich unstreitig um die einzige Eintragung
überhaupt handelt. Die Erklärung, die der Kläger in der Berufungsbegründung gibt,
überzeugt demgegenüber nicht. Es mag sein, daß der Diebstahl eines Pkw ein
einschneidendes Ereignis ist; er mag auch zum Abbruch der Kur geführt haben. Man mag
dem Kläger schließlich noch folgen, daß man ein solches Ereignis in ein Tagebuch o.ä.
einträgt, wenn man ein solches führt. Gerade letzteres hatte der Kläger aber weder bis zum
06.11.1994 noch in der Folgezeit getan. Offensichtlich hat der Kläger das Notizbuch also
erst aus Anlaß des Fahrzeugdiebstahls angeschafft, dann aber nicht weitergeführt. Das ist
mit der behaupteten Aufregung nicht zu erklären. 6. Die Redlichkeit des Klägers wird
überdies durch die Tatsache in Frage gestellt, daß in seinem Telefonregister die Seiten mit
dem Buchstaben "W" fehlten. Es kann nach der Überzeugung des Senates kein Zufall sein,
daß gerade die Seiten fehlten, auf denen der Name "W." - also der Person, die das
Fahrzeug des Klägers von Polen nach Weißrußland ausführte - einzutragen gewesen
wäre. Daß genau diese Seiten fehlten, läßt darauf schließen, daß tatsächlich der Name W.
im Telefonregister des Klägers eingetragen war, er dies aber nach dem Verschwinden
seinen Pkw und der Kontrolle des W. bei der Ausreise aus Polen verbergen wollte. Aus
dieser Absicht wiederum folgt, daß der Kläger insoweit offensichtlich etwas zu verbergen
hatte, nämlich seine Beteiligung an der Wegschaffung des Kraftfahrzeuges. 7. Schließlich
bestand für den Kläger auch ein Motiv, sein Fahrzeug verschwinden zu lassen, nämlich die
unstreitigen technischen Probleme, die Gegenstand des Verfahren 12 O 290/94 LG Aachen
waren. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, der Kläger habe in jenem Rechtsstreit bereits
eine "günstige Prozeßsituation" erreicht, weil Beweisbeschluß ergangen sei. Diese
Schlußfolgerung entbehrt der Grundlage. Die Tatsache, daß Beweisbeschluß ergangen
war, besagt allenfalls, daß der Kläger in jenem Verfahren Mängel schlüssig vorgetragen
hatte. Ob solche tatsächlich bestanden und beweisbar waren, war unverändert offen. Auch
ein derartiges wirtschaftliches Interesse an der Versicherungsleistung ist - neben anderen,
hier vorliegenden Umständen - geeignet, die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers
zu erschüttern ( BGH VersR 1984, 29, 30 )
Mögen einzelne der angeführten Umstände, die gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers
sprechen, für sich betrachtet nicht ausreichen, um die für ihn sprechende
Redlichkeitsvermutung zu erschüttern, stellen sie doch bei der gebotenen Gesamtschau (
BGH VersR 1990, 173, 174; r+s 1996, 125, 126 = VersR 1996, 575 ) ausreichende konkrete
4
5
Tatsachen dar, die den Kläger als unglaubwürdig erscheinen lassen oder doch
schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit der von ihm
aufgestellten Behauptung der Entwendung aufdrängen. Eine persönliche Anhörung des
Klägers scheidet nach alldem aus. Kann der Kläger demnach den ihm obliegenden Beweis
des äußeren Bildes eines bedingungsgemäß versicherten Kraftfahrzeugdiebstahls nicht
führen, hat das Landgericht seine Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung war daher
zurückzuweisen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers: 31.500,-- DM