Urteil des OLG Köln vom 14.03.2002
OLG Köln: auflösung der gesellschaft, unmöglichkeit, kündigung, gesellschafter, zusammenarbeit, anhörung, kapital, steuerberater, obsiegen, entlastung
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 7 U 112/01
14.03.2002
Oberlandesgericht Köln
7. Zivilsenat
Urteil
7 U 112/01
Landgericht Aachen, 4 O 35/99
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen
om 15. 8. 2001 - 4 O 35/99 - abgeändert und wie folgt neugefasst: Die
Klage wird in Höhe eines Teilbetrages von 3.130,38 DM (= 1.600,54
Euro)nebst anteiliger Zinsen abgewiesen. Im übrigen wird die
Zahlungsklage als derzeit unbegründet abgewiesen. Es wird festgestellt,
dass in die noch zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung der
vormals zwischen den Parteien auf der Grundlage des
Gesellschaftsvertrages vom 3. 11. 1997 bestehenden Gesellschaft
bürgerlichen Rechts folgende Zahlungen des Klägers als unselbständige
Rechnungsposten einzustellen sind: - 15.637,84 DM (= 7.995,50 Euro) -
Zahlung im September 1998 - - 687,29 DM (= 351,41 Euro) - Ausgleich
Gesellschaftskonto - - 1.025,80 DM (= 524,48 Euro) - Umsatzsteuer für
1998 - - 5.347,83 DM (= 2.734,30 Euro) - Honorar Steuerberater - Die
Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache selbst teilweise
Erfolg. Im Einzelnen gilt Folgendes:
I.
1) Der Senat tritt dem Landgericht darin bei, dass die von den Parteien mit Gesell-
schaftsvertrag vom 3. 11. 1997 (Bl. 4 ff. d. GA) gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts
im September 1998 endigte, nachdem ihr die Erreichung des Gesellschafts-zwecks
unmöglich geworden war (§ 726 2. Alt. BGB).
Der Zweck der unter dem Namen "B. Systeme Vertrieb" firmierenden BGB-Gesell-schaft
war auf den Vertrieb und die E r r i c h t u n g von Betonelementen gerichtet.
§ 2 des Gesellschaftsvertrages, der ausdrücklich nur den "V e r t r i e b von Beton-
elementen" umfasst, ist insoweit erweiternd auszulegen. Der Gesellschaftsvertrag ist
ausdrücklich "in Ergänzung zu den bisherigen mündlichen Vereinbarungen" ge-schlossen
worden. Unstreitig sollte aber neben dem Verkauf auch die Errichtung von Betonzäunen
und ähnlichen Betonsystemen Gegenstand der Gesellschaft werden. Dabei lässt sich
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allerdings entgegen der Ansicht des Klägers der Gesellschaftszweck nicht einengend
dahin auslegen, dass ausschließlich Betonsysteme der belgischen Lieferfirma BA.
Betonbau N.V. vertrieben werden sollten. Allein der Umstand, dass die Betonelemente
ausschließlich von der belgischen Firma bezogen wurden, vermag eine dahingehende
Einschränkung nicht zu begründen.
Das Erreichen des vereinbarten Zwecks ist der Gesellschaft nach der Kündigung der
belgischen Lieferantin vom 7. 9. 1998 (Bl. 8, 193 d. GA) unmöglich geworden, da die
Parteien nicht bereit waren, weiteres Kapital in die Gesellschaft einzubringen, um eine
Fortführung der Geschäftstätigkeit zu ermöglichen.
Gemäß § 726 BGB führt das Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks zur - unmit-telbar
wirkenden - Auflösung der Gesellschaft. Es bedarf weder einer einseitigen Kündigung noch
eines gemeinsamen Beschlusses, um die Auflösung der Gesell-schaft herbeizuführen.
Allerdings werden wegen des gravierenden Eingriffs in die Gesellschaftsstruktur an die
Unmöglichkeit hohe Anforderungen gestellt. Eine bloß zeitweilige, vorübergehende oder
durch organisatorische Änderungen zu behebende Unmöglichkeit reicht dazu nicht aus.
Vielmehr muss die Unmöglichkeit eine dauernde und überdies offenbar sein (vgl. etwa:
BGHZ 84, 379 (381); Erman-Westermann, BGB, 10. Aufl., § 726, Rn. 1; MüKo-Ulmer, BGB,
3. Aufl., § 726, Rn.4). Lehnen insbe-sondere die Gesellschafter die für die Fortführung der
Gesellschaft unerlässliche Zu-fuhr weiteren Kapitals ab, so liegt eine durch Kapitalmangel
begründete, offenbare Unmöglichkeit vor (grundlegend: RG JW 1938, 1522 (1523); MüKo-
Ulmer, a.a.O., Rn. 5; Erman-Westermann, a.a.O., Rn. 1 a.E.). Dies war hier der Fall.
Die Schwierigkeiten, in die die Gesellschaft geriet, wurden ausgelöst durch das Kün-
digungsschreiben der belgischen Lieferanten vom 7. 9. 1998. Diese hat ihre Kündi-gung
zum einen darauf gestützt, dass wegen der nur geringen Abnahme von Beton-elementen
eine weitere Zusammenarbeit für sie nicht rentierlich sei. Vor allem hat sie aber auch
beanstandet und eine weitere Zusammenarbeit damit abgelehnt, dass die Gesellschaft trotz
mehrmaliger Mahnungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei. Zwar
hat der Kläger dann noch die bestehenden Verbindlichkeiten mit eigenen Geldmitteln
beglichen. Damit war aber die zu Tage getretenen Krise nicht nachhaltig gelöst. Vielmehr
war eine Fortführung der Gesellschaft nur möglich, wenn ein neuer Lieferant gefunden
wurde und die Parteien bereit und in der Lage waren, weiteres Kapital in die überschuldete
Gesellschaft einzuschießen. An dieser Bereitschaft fehlte es jedoch. Der Beklagte hat auf
die Schreiben des Klägers vom 21. 7. 1998 (Bl. 113 d. GA) und 22. 8. 1998 (Bl. 115 d. GA),
in denen dieser ihn auf den bestehenden Kapitalmangel und auf seine Verpflichtung
hinwies, die bereits eingetretenen Verluste anteilsmäßig aus-zugleichen, keine Zahlungen
an die Gesellschaft geleistet. Hierzu war er auch nach der Kündigung der Lieferantin vom
7. 9. 1998, wie er im Rahmen seiner Anhörung eingeräumt hat, nicht bereit, obschon
spätestens zu diesem Zeitpunkt klar war, dass das Schicksal der Gesellschaft ohne weitere
Kapitalzufuhr besiegelt war. Glei-ches gilt für den Kläger, der bereits zuvor mit Schreiben
vom 22. 8. 1998 darauf ver-wiesen hatte, dass er sein persönliches Limit (nach Ausgleich
verschiedener Gesell-schaftsforderungen) überschritten habe. Beide Parteien waren mithin
nicht willens, die angeschlagene Gesellschaft finanziell so auszustatten, dass sie nach der
Kün-digung der Lieferantin vom 7. 9. 1998 noch fortgeführt werden konnte. Der Gesell-
schaftszweck war dadurch dauernd unmöglich geworden. Die Gesellschaft war kraft
Gesetzes beendet. Eines besonderen Beschlusses bedurfte es dazu nicht.
2) Ist wie im Streitfall eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelöst, so ist aner-kannt (st.
Rspr. vgl. etwa: BGHZ 37, 299 (304 f.) und aus neuerer Zeit: BGH ZIP 2000, 1208 = WM
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2000, 1443 = NJW 2000, 2586), dass die früheren Gesellschafter grundsätzlich daran
gehindert sind, ihre jeweiligen Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegeneinander
isoliert geltend zu machen. Die jeweiligen Forderungen sind vielmehr als unselbständige
Rechnungsposten in eine Auseinandersetzungsrech-nung einzustellen; ein
Zahlungsanspruch besteht nur hinsichtlich des abschließen-den Saldos.
Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Gefahr von Hin- und Herzahlun-gen
während des Auseinandersetzungsverfahrens nicht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn
es nur noch um die Verteilung des letzten Aktivpostens geht oder wenn bereits vor
Abschluss der Auseinandersetzung feststeht, dass einem Gesellschafter ein bestimmter
Betrag in jedem Fall zusteht (vgl. etwa: BGH ZIP 1994, 1846 = WM 1995, 109 = NJW 1995,
188 und ZIP 1999, 1526 = WM 1999, 1827 = NJW 1999, 3557).
Einer dieser Ausnahmefälle ist vorliegend indessen nicht gegeben.
Der erstgenannte Ausnahmefall greift jedenfalls schon deshalb nicht, weil die Ge-sellschaft
bürgerlichen Rechts zum Zeitpunkt ihrer Auflösung im September 1998 noch über
Vermögen verfügte. Wie der Kläger nämlich in seiner Anhörung einge-räumt hat, waren
damals noch von der belgischen Lieferantin erworbene Betonzaun-elemente vorhanden,
die er anschließend auf eigene Rechnung über die von ihm (auch heute noch) betriebene
Gala-Bau verbaut hat. Nach einigen Schwankungen hat er die Menge des so verbauten
Materials mit ca. 20 % der insgesamt von der Fa. BA. Beton N.V. gelieferten Betonelemente
beziffert. Insofern steht mithin noch ein bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigender
Erstattungsanspruch gegenüber dem Kläger offen, dessen Höhe bisher nicht feststeht.
Dass der vorgelegte Jahresab-schluss (Bl. 118 d. GA) sich hierzu nicht verhält, ist
unbeachtlich, weil dort auf einen anderen, hier nicht maßgeblichen Stichtag (31. 10. 1998)
abgestellt wird.
Ebensowenig steht bereits jetzt fest, dass dem Kläger gegenüber dem Beklagten ein
bestimmter Betrag zusteht.
Der Kläger hat geltend gemacht, folgende Zahlungsverbindlichkeiten ausgegli-chen zu
haben:
- gegenüber der Fa. BA. Beton N.V.: 21.898,60 DM
- gegenüber der Raiffeisenbank S. e.G. (Gesellschaftskonto): 687,29 DM
- gegenüber dem Finanzamt G. (Umsatzsteuer 1998): 1.025,80 DM
- gegenüber dem Steuerberater B. (Rechnung v. 20. 5. 99): 5.347,83 DM
(letzteres hilfsweise)
- zusammen: 28.959,52 DM
Soweit es um den Ausgleich der Zahlungsverbindlichkeiten gegenüber der Fa. BA. Beton
N.V. geht, steht indessen bereits jetzt fest, dass bei der Auseinandersetzung nur ein Teil
des in Ansatz gebrachten Betrages zu berücksichtigen ist. Wie sich näm-lich aus dem
vorgelegten Kassenbuch ergibt (Bl. 221 d. GA), belief sich der Kassen-bestand am 1. 9.
1998 auf 21.198,14 DM. Das Kassenbuch weist alsdann insgesamt fünf Zahlungen an die
Galabau aus, so dass danach noch ein Restsaldo von 5.694,16 DM verblieb. Der Kläger
hat danach noch aus seinem Vermögen einen Be-trag von 16.000 DM in die Gesellschaft
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eingeschossen. Aus dem sich daraus erge-benden Saldo von 21.694,16 DM ist die
Darlehensverbindlichkeit gegenüber dem Vater des Klägers in Höhe von 12.300 DM
zurückgeführt sowie eine noch offene Rechnung der Fa. BA. Beton N.V. in Höhe von
9.032,00 DM ausgeglichen worden. Der Kassenbestand belief sich danach noch auf
362,16 DM. Hieraus ergibt sich, dass bei der (noch vorzunehmenden) Auseinandersetzung
überhaupt nur ein Betrag von (16.000,00 DM - 362,16 DM =) 15.637,84 DM zu
berücksichtigen ist. Ob wegen dieser und der weiteren Forderungen Ausgleichsansprüche
bestehen, hängt maß-geblich davon ab, inwieweit der bei Auflösung der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts vorhandene Warenbestand von dem Kläger auf eigene Rechnung
verbaut worden ist. Hierzu haben die Parteien sowohl hinsichtlich der Massen als auch
hinsichtlich des Einstandspreises unterschiedliche Angaben gemacht. Eine Aufklärung
zum Um-fang und Wert des Warenbestandes kommt aus den dargelegten Gründen in dem
vorstehenden Verfahren nicht in Betracht. Es ist mithin noch offen, ob und gegebe-nenfalls
in welcher Höhe dem Kläger nach erfolgter Auseinandersetzung noch ein Anspruch zusteht
. Bei dieser Sachlage bleibt es deshalb bei dem eingangs erwähn-ten Grundsatz, dass
zunächst eine Auseinandersetzungsrechnung zu erstellen ist.
3) Allerdings ist anerkannt, dass in dem wegen Fehlens der abschließenden Ausein-
andersetzungsrechnung verfrühten und deswegen derzeit unbegründeten Leistungs-
begehren als Minus der Feststellungsantrag ohne weiteres enthalten ist, dass eine
bestimmte, derzeit nicht isoliert einklagbare Forderung zu Gunsten des auf Leistung
klagenden Gesellschafters in die zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung ein-gestellt
wird (vgl. etwa: BGH ZIP 1994, 1846 = WM 1995, 109 = NJW 1995, 188 und ZIP 2000,
1208 = NJW 2000, 2586). Bei Anwendung dieser Grundsätze ist eine da-hin gehende
Feststellung zu treffen. Sie bezieht sich auf die oben erwähnten Zah-lungen, die der Kläger
zur Entlastung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wie un-streitig ist, vorgenommen hat,
sowie auf den vom Kläger noch im September 1998 zur Tilgung von Gesellschaftsschulden
geleisteten Betrag (vgl. oben unter 2)), von dem jedoch der in der Kasse noch vorhandene
Betrag abzuziehen ist.
Dagegen kommt es auf den angeblichen Anspruch wegen Wettbewerbsverstoßes bei der
Feststellung, ob die betreffende Forderung in die Auseinandersetzungsrech-nung
einzustellen ist, nicht an. Es kann mithin offenbleiben, ob ein darauf gerichteter Anspruch
überhaupt besteht.
4) Im Ergebnis ergibt sich danach Folgendes:
Die Zahlungsklage ist in Höhe eines Betrages von (21.898,60 DM - 15.637,84 DM =
6.260,76 DM : 2 =) 3.130,38 DM (= 1.600,54 Euro) nebst anteiliger Zinsen endgültig und im
übrigen - wegen eines Betrages von (15.637,84 DM + 687,29 DM + 1.025,80 DM + 5.347,
83 DM = 22.698,76 DM : 2 =) 11.349,38 DM (= 5.802,85 Euro) als der-zeit unbegründet
abzuweisen. Ferner sind nach Ziff. 3) die entsprechenden Feststel-lungen zu treffen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Das beiderseitige Obsiegen und Un-
terliegen ist etwa gleich zu bewerten. Die Entscheidung über die vorläufige Voll-
streckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
III.
Der Senat sieht keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Es geht weder um Rechts-fragen
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von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revi-sionsgerichts.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt (11.805,84 DM + (5.347,83 DM : 2) =)
14.479,75 DM (= 7.403,38 Euro)